Divided government

Unter divided government (deutsch „geteilte Regierung“) versteht man das Auseinanderfallen der Parteizugehörigkeit des amerikanischen Präsidenten und der Parteizugehörigkeit der Mehrheit des Kongresses (bestehend aus Senat und Repräsentantenhaus). Gehören Mehrheit in beiden Kongresskammern und Präsident derselben Partei an, so spricht man vom unified government (deutsch: „vereinte Regierung“). Die Begriffe divided government und unified government finden auch in den US-Bundesstaaten in Bezug auf Gouverneur und Bundesstaatsparlamente Anwendung.

Beschreibung

Jüngste Beispiele dafür sind Beginn und Ende der Wahlperiode von George W. Bush. Bei den Wahlen des Jahres 2004 erreichte seine Republikanische Partei jedoch die Mehrheit im Kongress. Aufgrund der Terroranschläge am 11. September 2001 jedoch wurden die Probleme des divided government nicht so deutlich, wie dies zum Beispiel unter Bill Clinton ab 1995 der Fall war. Angesichts der Terroranschläge und gesamtnationalem Interesse herrschte weitestgehend ein überparteilicher Konsens. Auch zwischen dem Jahr 2007, als die Republikaner die Mehrheit im Kongress verloren, und dem Jahr 2009, als sie auch das Präsidentenamt an Barack Obama verloren, gab es ein divided government. Seit Januar 2011 gab es erneut ein divided government, da die Demokraten in den Wahlen von 2010 die Mehrheit im Repräsentantenhaus an die Republikaner verloren. Auch nach den Wahlen 2012 bleibt diese Lage bestehen, da Obama wiedergewählt wurde und sowohl die Republikaner im Haus als auch die Demokraten im Senat ihre Mehrheiten verteidigen konnten. Nach den Wahlen 2014 konnten die Republikaner darüber hinaus auch eine Mehrheit im Senat erringen. Nach der Wahl von Donald Trump zum Präsidenten hatten die USA ab Januar 2017 wieder eine „vereinte Regierung“, da seine Republikaner auch ihre Mehrheiten im Kongress verteidigen konnten. Infolge der Midterm-Wahlen 2018 trat ab Januar 2019 jedoch mit Rückeroberung der Mehrheit im Repräsentantenhaus durch die Demokraten wieder eine geteilte Regierung ein.

Da die Wahlsysteme der US-Bundesstaaten ebenfalls eine getrennte Wahl zwischen Gouverneur, der auf Bundesstaatsebene die Position eines Staats- und Regierungschefs ausübt, sowie der Legislative vorsehen, kann eine geteilte Regierung also auch hier auftreten, falls Gouverneur und die Mehrheit in einer oder beiden Kammern der Bundesstaatsparlamente unterschiedlicher Parteien angehören. Derzeit gibt es in 20 der 50 Bundesstaaten eine geteilte Regierung.

Der Begriff findet in der Politikwissenschaft Verwendung. Auch die funktionalen und strukturellen Aufgabenteilung von Bundestag und Bundesrat werden manchmal als divided government beschrieben. Im französischen Regierungssystem spricht man von cohabitation.

Konsequenzen

Im präsidentiellen Regierungssystem sind Parlament und Regierung strikt voneinander getrennt. Sie bilden also im Gegensatz zu einer Koalition in parlamentarischen Systemen weder eine Handlungseinheit noch einen politischen Akteur. Gleichzeitig sind die beiden Gewalten in der Politikgestaltung aufeinander angewiesen. Aufgrund des ohnehin schon komplizierten Gesetzgebungsverfahren in den USA kommen nachhaltige Regelungen eigentlich nur dann zustande, wenn sich die Mehrheiten im Kongress und der Präsident einigen. Bei divided government werden die institutionellen Rivalitäten noch durch parteipolitische Konkurrenz verstärkt[1], was zwar bedeutet, dass Verhandlungen zwischen unterschiedlichen Interessen gefördert werden, aber gleichzeitig auch Transparenz verloren geht. Es wird für die Bürger demnach schwieriger, Politikergebnisse Einzelnen oder Parteien zuzuschreiben, wodurch auch die Informationsbeschaffung über Parteien oder Kandidaten deutlich aufwendiger wird.

Aufgrund der Notwendigkeit, mit mehreren Akteuren mit divergierenden Interessen zu verhandeln, wird das System ineffizienter und ineffektiver, wodurch das System Gefahr läuft, nicht mehr praktikabel zu sein.[2] Im schlimmsten Fall entwickelt sich diese Problematik zu einem Stillstand, in dem sich Parlament und Regierung gegenseitig blockieren, was in der Fachsprache gridlock ("Politikstau") genannt wird.[3] Dieser Fall tritt spätestens dann ein, wenn in der Bevölkerung eine Nachfrage nach einer legislativen Agenda besteht, die aber nicht befriedigt werden kann, weil keine Gesetze verabschiedet werden können. Gesetzesentwürfe müssen von beiden Häusern des Kongresses, auf bundesstaatlicher Ebene von beiden Parlamentskammern (lediglich Nebraska hat nur eine Kammer), verabschiedet werden und vom Präsident bzw. Gouverneur gebilligt werden. In der Tat liegt bei divided government eine deutlich höhere Anzahl an Vetos vor als bei unified governments.[4] Ein Veto des Präsidenten kann nur mit Zweidrittelmehrheiten aufgehoben werden. Auch in den Bundesstaaten liegt die Hürde zur Überstimmung eines Vetos oft bei einer Zweidrittelmehrheit in den Parlamentskammern.[5]

Divided governments seit 1901

Bei den folgend fett gedruckten Zeitspannen liegt jeweils eine geteilte Regierung vor. Der kurze Zeitraum zwischen der Konstituierung des neugewählten Kongresses und der Amtseinführung des Präsidenten der Vereinigten Staaten ist in der Tabelle nicht gesondert dargestellt. Die Buchstaben beziehen sich auf die jeweilige Partei, die in einer oder beiden Kongresskammern über eine Mehrheit verfügt, bzw. welche Partei den Präsidenten stellt. D und ein blauer Hintergrund steht für die Demokratische Partei, R und ein roter Hintergrund für die Republikanische Partei.

JahrePräsidentSenatRepräsentantenhaus
1901–1903Theodore RooseveltRR
1903–1905RR
1905–1907RR
1907–1909RR
1909–1911William Howard TaftRR
1911–1913RD
1913–1915Woodrow WilsonDD
1915–1917DD
1917–1919DD
1919–1921RR
1921–1923Warren G. HardingRR
1923–1925Calvin CoolidgeRR
1925–1927RR
1927–1929RR
1929–1931Herbert HooverRR
1931–1933RD
1933–1935Franklin D. RooseveltDD
1935–1937DD
1937–1939DD
1939–1941DD
1941–1943DD
1943–1945DD
1945–1947Harry S. TrumanDD
1947–1949RR
1949–1951DD
1951–1953DD
1953–1955Dwight D. EisenhowerRR
1955–1957DD
1957–1959DD
1959–1961DD
1961–1963John F. KennedyDD
1963–1965Lyndon B. JohnsonDD
1965–1967DD
1967–1969DD
1969–1971Richard NixonDD
1971–1973DD
1973–1975Richard Nixon,
Gerald Ford
DD
1975–1977Gerald FordDD
1977–1979Jimmy CarterDD
1979–1981DD
1981–1983Ronald ReaganRD
1983–1985RD
1985–1987RD
1987–1989DD
1989–1991George H. W. BushDD
1991–1993DD
1993–1995Bill ClintonDD
1995–1997RR
1997–1999RR
1999–2001RR
2001–2003George W. BushR/DA1R
2003–2005RR
2005–2007RR
2007–2009DD
2009–2011Barack ObamaDD
2011–2013DR
2013–2015DR
2015–2017RR
2017–2019Donald TrumpRR
2019–2021RD
2021–2023Joe BidenDA2D
2023–2025DR
A1 
Von Januar bis Juni 2001 erhielten sowohl Demokraten als auch Republikaner 50 Sitze. Im Falle eines Unentschiedens bei Abstimmungen hatte der amerikanische Vizepräsident Dick Cheney von den Republikanern, der sonst nicht stimmberechtigt ist, in seiner Rolle als Senatspräsident das entscheidende Votum abzugeben. Im Juni 2001 trat der republikanische Senator Jim Jeffords der Demokratischen Fraktion bei, sodass diese von da an eine Mehrheit im Senat hatte.
A2 
Sowohl Demokraten als auch Republikaner verfügten über 50 Senatssitze. Im Falle eines Unentschiedens bei Abstimmungen kann die Vizepräsidentin Kamala Harris, eine Demokratin, das entscheidende Votum abgeben.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. James L. Sundquist: Needed: A Political Theory of the New Era of Coalition Government in the United States, in: Political Science Quarterly, Vol. 103, S. 613–635.
  2. Morris Fiorina: Divided Government, Allyn and Bacon, 1996 ISBN 978-0321121844, S. 85.
  3. Ulrike Ehnes, Patrick Labriola, Jürgen Schiffer: Politisches Wörterbuch zum Regierungssystem der USA, Oldenbourg Wissenschaftsverlag, 2001 ISBN 3-486-25750-1, S. 170.
  4. Wolfgang Jäger: Der Präsident S. 151, in: Chistoph M. Haas, Wolfgang Jäger: Regierungssystem der USA: Lehr- und Handbuch, Oldenbourg Wissenschaftsverlag, 2007 ISBN 978-3486584387.
  5. Chistoph M. Haas, Wolfgang Jäger: Regierungssystem der USA: Lehr- und Handbuch, Oldenbourg Wissenschaftsverlag, 2007 ISBN 978-3486584387, S. 467 ff.