Dispersion (Chemie)

Dispersionen in der schematischen Einteilung der Stoffe

Eine Dispersion zu lat. dispergere ‚verteilen‘, ‚ausbreiten‘, ‚zerstreuen‘ ist in der Kolloidchemie und in der Verfahrenstechnik ein heterogenes Gemisch aus mindestens zwei Stoffen, die sich nicht oder kaum ineinander lösen oder chemisch miteinander reagieren. Dabei sind ein oder mehrere Stoffe als sogenannte disperse Phase fein verteilt in einem anderen kontinuierlichen Stoff, dem sogenannten Dispersionsmedium.[1]

  • Synonyme für disperse Phase: dispergierte Phase, innere Phase, Nebenphase[2]
  • Synonyme für Dispersionsmedium: Dispersionsmittel, Dispergens, kontinuierliche Phase, äußere Phase, Hauptphase

Die einzelnen Phasen können deutlich voneinander abgegrenzt und in der Regel durch physikalische Methoden wieder voneinander getrennt werden (z. B. Filtrieren, Zentrifugieren), oder sie entmischen sich von selbst (Sedimentieren).

Der Begriff der Dispersion wird darüber hinaus in der Oberflächenchemie vereinzelt im Sinne eines ‚Ausgebreitetseins‘ als dimensionslose Zahl für das Verhältnis von Oberflächenatomen zu Gesamtatomen eines Festkörpers oder Nanoteilchens gebraucht.

Einteilung nach Teilchengröße

Nach ihrer Teilchengröße lassen sich disperse Systeme wie folgt einteilen:[3]

Dispergiergerät für die Herstellung von Dispersionen im Labor
ArtTeilchengrößeMerkmaleBeispiel
molekulardisperses System< 1 nmGrenzen zwischen disperser Phase und Dispersionsmedium nicht sichtbar;

mechanische Trennung durch Nanofiltration möglich; Kaskaden von Gaszentrifugen ermöglichen bei Gasgemischen ggf. eine An-, bzw. Abreicherung.

echte Lösung / fluide Phasen
kolloiddisperses System1 nm bis 1 µmGrenzen zwischen disperser Phase und Dispersionsmedium unter Ultramikroskop sichtbar; Brownsche Bewegung erkennbar;

Bei Flüssigkeiten ist eine Trennung durch Ultrazentrifugen, oder Ultrafiltration möglich.

Proteinlösungen
grobdisperses System> 1 µmGrenzen zwischen disperser Phase und Dispersionsmedium oft ohne Mikroskop sichtbar; Brownsche Bewegung nicht merklich;

Bei Flüssigkeiten ist eine Trennung durch Zentrifugen, oder Filtration möglich.

Milchfettkügelchen

Sind in einer Dispersion alle Teilchen von etwa derselben Größe, spricht man von einem monodispersen, homodispersen oder isodispersen System, bei unterschiedlichen Teilchengrößen von heterodispersen[2] oder polydispersen Systemen.

Einteilung nach Aggregatzuständen

Übersicht

Bei zweiphasigen Dispersionen gibt es abhängig von den Aggregatzuständen insgesamt acht Dispersionsarten:[4]

 disperse Phase
flüssig (in …)gasförmig (in …)fest (in …)
Dispersions-
medium  
flüssigEmulsionSchaumSuspension
gasförmigAerosol, flüssig
(Nebel)
Gasmischung,
keine Dispersion!
Aerosol, fest
(Rauch)
festporöser Festkörper
(fester Schaum),
durchfeuchtet
poröser Festkörper
(fester Schaum),
trocken
feste Mischung,
gefügedicht
 

Dabei ist jedoch die Zuordnung der inneren Phase zu einem festen, oder flüssigen Aggregatzustand manchmal problematisch. So zeigen fein verteilte feste, wie flüssige Stoffe in einem gasförmigen Dispergens analoge Fließeigenschaften.[3] Eine Gasmischung ist mikroskopisch betrachtet immer homogen und daher keine Dispersion (dies gilt auch, wenn makroskopisch betrachtet Konzentrationsgradienten vorliegen).

Beispiele

Bezeichnungdisperse PhaseDispersionsmediumBeispiele
„Dispersion“Feststoff und
Flüssigkeit
FlüssigkeitPolymerdispersion, Milch (Milchfett ist emulgiert, Kasein ist suspergiert), Kakao (Getränk)
Feststoffgemisch/
Feststoffgemenge
FeststoffFestkörperGranit, Konglomerat (Gestein), Kies im Beton, Pigmente in ausgehärteten Anstrichen
SuspensionFestkörperFlüssigkeitKalkmilch, Scheuermilch, naturtrüber Apfelsaft, Marmelade, Gletschermilch
AerosolFestkörperGasRauch, Feinstaub in der Luft, Sandstrahlen, Sandsturm, Schneefall, pyroklastischer Strom, Pulver, Puder
EinschlussFlüssigkeitFestkörpernasser Badeschwamm, Trübung in Bernstein, feuchter poröser Backstein
EmulsionFlüssigkeitFlüssigkeitMilch, Butter, Hautcreme, Lotion
AerosolFlüssigkeitGasNebel, Wolken, Regen
poröser Körper,
fester Schaum
GasFeststoffSchaumstoff, Porenbeton, Metallschaum, Luftblasen in Eis
SchaumGasFlüssigkeitSeifenschaum, ausperlender Sekt, Colaschaum, Löschschaum, Schlagsahne
Bezeichnungdisperse PhaseDispersionsmediumBeispiele
BiofluidErythrozytenFlüssigkeitBlut
BiokolloidApatitKollagenKnochen
GelMakromoleküleLösungsmittelLeime, Gele
MizellenAggregateFlüssigkeitSeife, Farbstoffe

Literatur

Einzelnachweise

  1. Wilfried J. Bartz: Expert Praxislexikon Tribologie Plus: 2010 Begriffe für Studium und Beruf. expert verlag, 2000, ISBN 3-8169-0691-5, S. 36 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  2. a b Müfit Bahadir, Harun Parlar, Michael Spiteller: Springer Umweltlexikon. Springer, 2000, ISBN 3-642-56998-6, S. 328 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  3. a b Karl-Heinz Näser, Dieter Lempe, Otfried Regen: Physikalische Chemie für Techniker und Ingenieure. Stark überarbeitete Auflage. VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig 1988, ISBN 3-342-00277-8, S. 91.
  4. Vgl. Gerhard Lagaly, Oliver Schulz, Ralf Zimehl: Dispersionen und Emulsionen. Eine Einführung in die Kolloidik feinverteilter Stoffe einschließlich der Tonminerale. Steinkopff, Darmstadt 1997, ISBN 3-7985-1087-3, S. 3.

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