Dimensionslose Kennzahl

Eine dimensionslose Kennzahl, Ähnlichkeitskennzahl oder auch Kenngröße ist ein Parameter in einem dimensionslosen mathematischen Modell eines physikalischen Zustands oder Prozesses. Wenn zwei Zustände oder Prozesse durch dasselbe mathematische Modell definiert sind, lassen sich genau dann alle Größen des einen in die des anderen mit einer gegebenen Transformationsregel umrechnen, wenn die dimensionslosen Kennzahlen dieselben Werte aufweisen. Beide Prozesse oder Zustände sind dann einander ähnlich. Dimensionslose Kennzahlen ergeben sich meist durch eine Entdimensionalisierung des mathematischen Modells.

Die Bezeichnung als dimensionslose Kennzahl steht bei physikalischen Größen mit der heutigen Auffassung im Widerspruch, wonach jede physikalische, auch technische, Größe eine Dimension hat, und sei es eine Größe der Dimension Zahl mit der Einheit Eins, Einheitenzeichen 1, wobei dieses Zeichen aber fast immer weggelassen wird. Wenn sich eine Kennzahl ohne eine Einheit angeben lässt, so ist sie dennoch im Internationalen Einheitensystem prinzipiell nicht dimensionslos.

Vorteile

Der Vorteil der dimensionslosen Kennzahlen liegt in der Möglichkeit, durch wenige, beispielhafte Messungen im Modellversuch die Lösung für beliebige andere Fälle zu ermitteln, bei denen die dimensionslosen Kennzahlen gleich groß sind wie im Modellversuch.

Anwendungsgebiete

Dimensionslose Kennzahlen oder auch Größen der Dimension Zahl charakterisieren physikalische Vorgänge, die sich aus der Ähnlichkeitstheorie beziehungsweise der Dimensionsanalyse ergeben.

Das Hauptanwendungsgebiet für dimensionslose Kennzahlen in der technischen Mechanik nennt man Ähnlichkeitsmechanik (→ Buckinghamsches Π-Theorem, Dimensionsanalyse):

Formel zur Dimensionsanalyse

Die Anzahl der beteiligten Messgrößen abzüglich der Anzahl der enthaltenen Basiseinheiten (Grunddimensionen) ergibt die Anzahl der Kennzahlen (dimensionslosen Gruppen).

In der Fluiddynamik wird zum Beispiel die Umströmung eines Körpers durch die Navier-Stokes-Gleichung in Verbindung mit der Kontinuitätsgleichung sowie Randbedingungen (Geometrie des Körpers und anderer Begrenzungen) beschrieben. Die Koeffizienten der dimensionslosen Navier-Stokes-Gleichung sind die Reynolds-Zahl, Froude-Zahl und im instationären Fall die Keulegan-Carpenter-Zahl.

Die Froude-Zahl hat auf Probleme mit einer freien Oberfläche einen Einfluss, ist also in Schiffbau und Offshoretechnik relevant, und beschreibt beispielsweise, wie lang ein Schiff im Vergleich zu Wellen ist, die sich mit derselben Geschwindigkeit ausbreiten mit der das Schiff fährt. Die Reynolds-Zahl beschreibt die Wirkung der Viskosität. Die Keulegan-Carpenter-Zahl kann beispielsweise dimensionslos beschreiben, welche Wirkung Seegang auf Offshore-Strukturen ausübt.

Beispiel

Wenn man beispielsweise für eine Serie von Reynolds-Zahlen und Anströmwinkeln den Widerstand und dynamischen Auftrieb pro Länge an einem bestimmten Profil im verkleinerten Maßstab gemessen hat, kann man die Ergebnisse auf beliebig große Profile derselben Querschnittsgestalt umrechnen, indem man darauf achtet, dass die Reynolds-Zahl dieselbe wie bei der Messung ist.

Schiffbau-Versuchsanstalten leben teilweise davon, die Umströmung fahrender Schiffe im Modellmaßstab nachzubilden und müssten eigentlich sowohl die Reynolds-Zahl als auch die Froude-Zahl des Schiffes nachbilden. Weil dies nicht möglich ist, solange man nicht riesige Modelle im Maßstab 1:4 in Quecksilber statt Wasser fahren lässt, beschränkt man sich auf die Einhaltung der Froude-Zahl und korrigiert die Messergebnisse empirisch, indem man den Reibungswiderstand von der Reynolds-Zahl des Modells auf die der Großausführung umrechnet.

Weitere Anwendungsgebiete

Man kennt Kennzahlen in:

Liste von Kennzahlen (Kenngrößen)

NameFormelzeichenAnmerkung
Abbe-Zahlν
Archimedes-ZahlAr
Arrhenius-Zahlγ
Atwood-ZahlAt
Auftriebsbeiwertca
BegasungszahlQ
Biot-ZahlBi
Bodenstein-ZahlBo
Bond-ZahlBoauch Eötvös-Zahl
Brinkman-ZahlBr
Bulk-Richardson-Zahl
Cauchy-ZahlCa
Colburn-ZahlJ
Courant-ZahlCo
Damköhler-ZahlDa
Dean-ZahlDe
Deborah-ZahlDe
Druckverlustbeiwertζ
Druckzahlψ
Durchflusszahlφ
Eckert-ZahlEc
Ekman-ZahlEk
Elsasser-Zahl
Eötvös-ZahlEoauch Bond-Zahl
Ericksen-ZahlEr
Euler-ZahlEu
Fourier-ZahlFo
Froude-ZahlFr
Galilei-ZahlGa
Graetz-ZahlGz
Grashof-ZahlGr
Hagen-ZahlHg
Hartmann-ZahlHa
Hatta-ZahlHa
Helmholtz-ZahlHe
Hinterland-VerhältnisHl
Jakob-ZahlJa
KapillarzahlCa
Karlovitz-ZahlKa
Kavitationszahlσ
Keulegan-Carpenter-ZahlKC
Knudsen-ZahlKn
Laplace-ZahlLaauch Suratman-Zahl
Laufzahlσ
Laval-ZahlM*
Leistungszahlλ
Lewis-ZahlLe
Ljascenko-ZahlLjOmega-Zahl
Mach-ZahlMa
Marangoni-ZahlMg
Markstein-Zahl
Morton-ZahlMo
Nahme-ZahlNaauch Nahme-Griffith-Zahl
Newton-ZahlNe
Nußelt-ZahlNu
Ohnesorge-ZahlOh
Péclet-ZahlPe
PhasenübergangszahlPhKehrwert der Stefan-Zahl
Prater-Zahlβ
Prandtl-ZahlPr
Rayleigh-ZahlRa
Reynolds-ZahlRe
Richardson-Zahl
Rohrreibungszahlλ
Rossby-ZahlRo
Schmidt-ZahlSc
Schnelllaufzahlλ
Sherwood-ZahlSh
SiedekennzahlBonach boiling number
Sommerfeld-ZahlSo
Stanton-ZahlSt
Stefan-ZahlSteKehrwert der Phasenübergangszahl
Stokes-ZahlSt
Strouhal-ZahlSr
Strömungswiderstandskoeffizientcw
Suratman-Zahlauch Laplace-Zahl
Taylor-ZahlTa
Thiele-ModulΦ
Weber-ZahlWe
Weisz-ModulΨ
Weissenberg-ZahlWs

Weblinks