Dieter Becken

Dieter Becken (* 14. Mai 1949) ist ein deutscher Unternehmer. Ab dem Jahr 1978 schuf er in Hamburg eine Gruppe von Immobilien- und Investmentunternehmen, die auf Entwicklung, Bau, Finanzierung und Vermögensverwaltung von Gewerbe- und Wohngebäuden spezialisiert ist. Von 2014 bis 2018 war er auch Mitglied des Aufsichtsrats der HSV Fußball AG.

Privates

Dieter Friedrich Wilhelm Becken wurde als ältester Sohn einer Bauerstochter und eines Bauhandwerkers in einem kleinen Dorf zwischen Bad Doberan und Rostock in Mecklenburg-Vorpommern geboren. Mit drei Geschwistern wuchs er bis zum Alter von elf Jahren auf dem großelterlichen Hof auf. Im Herbst 1960 floh er mit seinen Eltern nach Hamburg, nachdem der Vater aus politischen Gründen in der DDR vorübergehend verhaftet worden war. Nach Zwischenstationen in Flüchtlingslagern erlebte Becken seine Jugend in Tornesch. Parallel zu einer Maurerlehre erlangte er auf dem Zweiten Bildungsweg das Abitur. Anschließend studierte er Architektur in Hamburg und Ingenieurwissenschaften in Hannover. Beide Studiengänge schloss er mit dem Diplom ab.[1][2][3]

Becken ist verheiratet und hat eine Tochter, die das Family-Office der Familie leitet. Sein Schwiegersohn ist Geschäftsführer einer Gesellschaft der Unternehmensgruppe.[3]

Beruflicher Werdegang

Unmittelbar nach erfolgreichem Abschluss des Studiums gründete Becken im Jahr 1978 ein Ingenieurbüro, das zunächst Betonschalungen konstruierte sowie Wohnimmobilien plante und baute.[3] In den 1980er Jahren begann er Bürogebäude zu entwickeln. Als erstes Projekt wurde 1991 das Victoria Office mit 19.800 m² in der Hamburger City Süd fertiggestellt.[4] In den Folgejahren entstanden in Zusammenarbeit mit namhaften Architekten wie Hadi Teherani und Jan Störmer weitere spektakuläre, innovative Gebäude in Hamburg. Dazu zählen unter anderem der Berliner Bogen am Anckelmannsplatz, das Deichtorcenter an der Willy-Brandt-Straße, das Hanse-Forum am Axel-Springer-Platz, das Doppel-X-Hochhaus am Heidenkampsweg sowie das Berliner-Tor-Center an der Straße Beim Strohhause.[5] Die erforderlichen Grundstücke erwarb er vielfach von der Hansestadt Hamburg mit dem Versprechen, durch die geplanten Immobilien namhafte Unternehmen wie Warner Brothers, IBM und IKB Bank am Standort zu halten. Gleichzeitig trug Becken maßgeblich zur Stadterneuerung von Hamburg-Hammerbrook bei; der Stadtteil war im Zweiten Weltkrieg fast vollständig zerstört und erst ab den 1980er Jahren zunächst als Bürostadt wieder aufgebaut worden.[6]

Nicht umsetzen konnte Becken die ursprünglich auf einer Idee des Ehepaars Alexander Gérard und Jana Marko basierenden und später vom Architekturbüro Herzog & de Meuron konkretisierten Pläne, in Hamburg auf dem historischen Kaispeicher A eine Konzerthalle zu errichten: Da die Banken eine Finanzierung des für die heutige Elbphilharmonie geplanten Investorenmodells mangels Sicherheiten ablehnten, kaufte die Hansestadt Hamburg die Initiatoren Gérard und Becken im November 2004 aus dem Projekt heraus.[7] Keine Zustimmung des Senats fand der vom Architekten Teherani und Becken im Jahr 2006 präsentierte Vorschlag der Living Bridge: Auf einer Länge von gut 700 Metern sollte diese die Hamburger Hafencity mit dem südlichen Kleinen Grasbrook verbinden; in einer Höhe von 18 Metern über der Norderelbe waren eine Straße und darüber fünf Geschosse mit Gastronomie, Büros, 1000 Wohnungen sowie Parkanlage vorgesehen.[8]

Am Jahresende 2006 verkaufte Becken seinen damaligen Bestand von 22 Immobilien zum angeblichen Preis von 650 Millionen Euro an die US-Bank Morgan Stanley,[9] nur um im Jahr darauf mit deutschlandweiten Investitionen neu zu starten.[10]

Sein zunächst als Einzelkaufmann geführtes Unternehmen stellte Becken ab dem Jahr 2007 auf Kapitalgesellschaften mit Holdingstruktur um und führte eine Managementebene ein. Sukzessive wurden unterhalb der Holding operative Gesellschaften etabliert.[2] Zur langfristigen Sicherung des Unternehmensbestands entstand für die Holding ein Verwaltungsrat, der im Jahr 2019 seine Arbeit aufnahm.[11] Weiter wurde der familienfremde Manager Jörn Stobbe im Jahr 2021 für die Holding zum Sprecher der Geschäftsführung bestellt.[12] Die Firmengruppe hat ihren Hauptsitz im Hamburger Finnlandhaus sowie Niederlassungen in Frankfurt, München und Berlin. Sie zählt zu den kapitalstärksten Unternehmen in Deutschland.[2]

Im Jahr 2014 erwarb Becken gemeinsam mit des US-Finanzinvestor Castlelake 109 von der HASPA genutzte und in 2007 an einen amerikanischen Hedgefonds veräußerte Immobilien; bis 2018 wurde das sogenannte Kontor-Portfolio an verschiedene Projektentwickler und Fonds weiter veräußert.[5][13]

Mit Hansainvest als Kapitalverwaltungsgesellschaft (Service-KVG) legte die Becken-Gruppe im Jahr 2017 den ersten eigenen Spezialfonds für deutsche Bürogebäude auf.[14] Der erste Fonds zur Finanzierung von Projektentwicklungen wurde im Jahr 2020 platziert.[15]

Mit Wirkung zum Jahresbeginn 2022 erwarb Becken die Mehrheit der Gesellschaftsanteile am in Frankfurt ansässigen Fondsmanager Industria Wohnen GmbH, der hauptsächlich Immobilien-Spezialfonds und Publikumsfonds mit Fokus Wohnen Deutschland betreut.[16][17]

Im Jahr 2022 wurde Becken für sein Lebenswerk mit dem Hamburger Gründerpreis ausgezeichnet.[3]

Aufsichtsrat beim Hamburger SV

Becken war von Juli 2014 bis Februar 2018 Mitglied des Aufsichtsrats der HSV Fußball AG.[18][19]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Rainer Horn: Vom Maurer zum Millionär, Immobilien. Dieter Becken – einer der größten privaten Bauherren Hamburgs, Hamburger Abendblatt, 16. Juli 2002
  2. a b c o. V.: Zur Person: Dieter Becken, in: Die Welt, 28. November 2018; abgerufen: 15. Juni 2022
  3. a b c d Martin Kopp: Der Mann, der mit seinen Gebäuden Hamburg prägt, in: Hamburger Abendblatt, 5. September 2022; abgerufen: 6. September 2022
  4. o. V.: Morgan Stanley verkauft letzte Tranche; in: Immobilien Zeitung 49 vom 7. Dezember 2017, S. 18
  5. a b Ulrich Gaßdorf: Immobiliencoup: Hamburger kauft Häuser mit 50 Haspa-Filialen, in: Hamburger Abendblatt, 7. Januar 2014; abgerufen: 15. Juni 2022
  6. Thilo Hopert: Hammerbrook: Wissens- und Sehenswertes / Bürostadt im Wandel, in: Statistikamt Nord: Hamburger Stadtteilprofile, Stand: Jan 2019; abgerufen: 20. Juni 2022
  7. Andreas Dey et al.: Elbphilharmonie: Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, in: Hamburger Abendblatt vom 16. Dezember 2013; abgerufen: 26. Juni 2022
  8. Oliver Schirg: Bauwerke: Hamburgs verrückte Ideen - und was aus ihnen geworden ist, in: Hamburger Abendblatt vom 23. Februar 2017; abgerufen: 26. Juni 2022
  9. Axel Tiedemann: Immobilien: Bürogebäude für 670 Millionen Euro verkauft, in: Hamburger Abendblatt, 25. Januar 2007; abgerufen: 15. Juni 2022
  10. v.m.: Dieter Becken: Immobilien als Lebens(t)raum, in: Hamburger Abendblatt, 14. Oktober 2017; abgerufen: 15. Juni 2022
  11. o. V.: Becken gründet Verwaltungsrat für Zukunft des Familienunternehmens, in: Deal-Magazin, 17. April 2019; abgerufen: 15. Juni 2022
  12. o. V.: Becken: Stobbe startet als Sprecher der Geschäftsführung, in: Immobilienmanager, 10. September 2021; abgerufen: 16. Juni 2022
  13. o. V.: Kontor-Reste sind verkauft; in: Immobilien Zeitung 31 vom 2. August 2018, S. 18
  14. o. V.: Becken startet Core-plus-Spezialfonds; in: Immobilien Zeitung 41 vom 12. Oktober 2017, S. 3
  15. Alena Höll: Becken Invest holt Michael Amann in die Geschäftsführung; in: Handelsblatt Real Estate Newsletter, 10. September 2020
  16. o. V.: Becken holt sich Industria; in: Immobilien Zeitung 43 vom 28. Oktober 2021, S. 11
  17. o. V.: Becken-Gruppe übernimmt Industria Wohnen; in: cash-online, 22. Oktober 2021; abgerufen: 19. Juni 2022
  18. Initiative HSV Plus Teammitglieder Dieter Becken (Memento desOriginals vom 25. Mai 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.hsvplus.de
  19. Götz Bonsen: Hauptversammlung der HSV-AG: HSV hat neuen Aufsichtsrat – doch für wie lange? | shz.de. Abgerufen am 7. Mai 2020.