Mineralölsteuer
Die Mineralölsteuer, auch Kraftstoffsteuer, war bis Mitte 2006 eine Steuerart, die auf den Verbrauch von Mineralöl und andere Energieträger als Verbrauchsteuer erhoben wurde. In Deutschland wurde sie 2006 durch die Energiesteuer abgelöst.
Geschichte
Es handelt sich um eine sehr alte Steuer, die seit langer Zeit erhoben wird. Als Vorläufer wurde 1879 der „Petroleumszoll“ eingeführt.[1] Im Jahr 1930 ersetzte die Mineralölsteuer den Petroleumszoll.[2] Die Einnahmen daraus waren damals noch zweckgebunden für den Straßenunterhalt. Seit 1939 wird auch Dieselöl besteuert. 1960 wurde eine Steuer auf Heizöl eingeführt (möglicherweise eine Reaktion auf die Kohlekrise in Deutschland[3]).[4]
Allgemeines
Die Mineralölsteuer belastet unter anderem den motorisierten Individualverkehr, die Eisenbahn (soweit nicht elektrisch betrieben), die Allgemeine Luftfahrt und den Lkw-Verkehr, nicht dagegen den internationalen Luftverkehr: Dessen Treibstoffe sind in den meisten Ländern steuerfrei. Vorschläge bzw. Versuche, eine supranationale Kerosinsteuer – zum Beispiel zugunsten der Vereinten Nationen – einzuführen, scheiterten bislang.
Die Nutzer des Straßennetzes sollen mittels Mineralölsteuer die Kosten für Bau und Erhaltung des Straßennetzes zahlen („Verursacherprinzip“); außerdem sollen externe Kosten, die durch den Straßenverkehr entstehen, internalisiert werden. Eine Studie des Umweltbundesamtes (UBA) ermittelte 2007 für Deutschland externe Kosten von etwa 3 ct pro gefahrenem Kilometer. Darin enthalten sind Kosten, die nur schwer zu quantifizieren sind bzw. die nur fallweise anfallen. Zum Beispiel wurden Lärmkosten berechnet; diese können nur anfallen, wenn der Lärm eines Autos tatsächlich Dritte erreicht (Lärm-Immission, Lärmbelästigung).
Es ist allerdings ein schwieriges und komplexes Unterfangen, sämtliche gesellschaftliche Kosten des Straßenverkehrs zu ermitteln.
EU-Regelung
Die EU schreibt ihren Mitgliedsländern seit dem 1. Januar 2004 Mindest-Mineralölsteuersätze vor (Richtlinie 2003/96/EG zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischer Energie, EU-Energiesteuerrichtlinie).[5]
Ungleichbehandlung von Diesel und Benzin – „Dieselprivileg“
Bei der Energie- und Mineralölsteuer gibt es eine steuerliche Ungleichbehandlung von Benzin und Diesel, dies wird von den Medien in Deutschland und Österreich häufig als Dieselprivileg bezeichnet (Vergleich der Energiesteuersätze 2007 (Deutschland), Mineralölsteuer (Österreich)). In Deutschland wurden dadurch im Zeitraum von 1990 bis 2015 Dieselfahrzeuge im Vergleich zu Benzinfahrzeugen um ca. 254 Mrd. Euro geringer besteuert.[6] Im Gegenzug werden Fahrzeuge mit Dieselmotor mit einer nach Hubraum gestaffelten, höheren Kfz-Steuer belegt. Dies führt dazu, dass sich der höhere Anschaffungspreis eines Dieselfahrzeugs erst ab einer gewissen Jahresfahrleistung amortisiert.
Diese gesonderte Behandlung von Diesel- und Benzinfahrzeugen ist ein europaweites Phänomen. Sie hat eine lange Tradition. Die ursprüngliche Idee dahinter war wohl die steuerliche Entlastung des gewerblichen und bäuerlichen Lkw- bzw. Traktorbetriebes, der in der Regel auf Dieselfahrzeugen beruhte, gegenüber dem privaten Pkw-Verkehr.[7] In der Nachkriegszeit waren teilweise auch andere politische Gründe im Spiel.[8] Am 31. Oktober 2003 trat in der Europäischen Union die Richtlinie 2003/96/EG „zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom“ in Kraft.[9] Ziel dieser Richtlinie war es, die europaweiten Kraftstoffpreise in den EU-Ländern aneinander anzugleichen und Mindeststeuersätze festzulegen. In Paragraph 19 der Richtlinie wurde für Dieselkraftstoff eine Ausnahmeregelung getroffen. Es hieß dort:
„Für Dieselkraftstoffe, die insbesondere von gemeinschaftsweit tätigen Güterkraftverkehrsunternehmern verwendet werden, ist die Möglichkeit einer besonderen steuerlichen Behandlung einschließlich von Maßnahmen, die die Einführung eines Systems von Straßennutzungsgebühren ermöglichen, vorzusehen, um die Wettbewerbsverzerrungen in Grenzen zu halten, denen die Wirtschaftsbeteiligten ausgesetzt sein könnten.“
In der Folgezeit blieb Diesel in praktisch allen EU-Ländern steuerlich begünstigt. Die Differenz in der Besteuerung von Diesel und Benzin war in Deutschland besonders groß. Für 2018 wurden 65,45 Cent Energiesteuern pro Liter Benzin, und 47,04 Cent pro Liter Diesel angegeben, also gute 18 Cent Unterschied. Die ursprüngliche Intention der Politik war gewesen, den privaten Kraftstoffverbrauch steuerlich mehr zu belasten, um ein Umsteigen auf den öffentlichen Verkehr zu fördern. Der hauptsächlich dieselbetriebene gewerbliche Lastwagen-Güterverkehr sollte davon ausgenommen bleiben. Es wurde jedoch versäumt, die steuerliche Begünstigung auf den gewerblichen Verkehr zu beschränken und Diesel-Pkw wurden plötzlich auch für den Privatverkehr deutlich attraktiver. Die Anzahl an produzierten Diesel-Pkws stieg drastisch an.[10]
Praktisch alle Umweltverbände und auch viele Wirtschaftsexperten sprechen sich mittlerweile für eine Reduzierung oder Abschaffung der steuerlichen Begünstigung von Dieselkraftstoff aus, da dies falsche Anreize schaffe.[11][12]
Nationale Regelungen
- das Energiesteuergesetz (Deutschland) regelt die Mineralölsteuer in Deutschland
- die Mineralölsteuer in Österreich
- die Mineralölsteuer in der Schweiz
Weblinks
- Uwe Kunert et al. / DIW Berlin: Die Abgaben auf Kraftfahrzeuge in Europa im Jahr 2005. Forschungsprojekt im Auftrag des Bundesministeriums der Finanzen. PDF, 167 Seiten.
Literatur
- Uwe Kunert, Hartmut Kuhfeld, Stefan Bach, Abdulkerim Keser: Die Abgaben auf Kraftfahrzeuge in Europa (= Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung. Sonderheft. 174). Duncker & Humblot, Berlin 2003, ISBN 3-428-11143-5.[13]
Einzelnachweise
- ↑ Die Mineralölsteuer
- ↑ Mineralölsteuer ursprünglich zweckgebunden für den Straßenunterhalt
- ↑ siehe auch www.konrad-adenauer.de: Energiepolitik
- ↑ www.statistischebibliothek.de (1960): Finanzen und Steuern (PDF; 0,6 MB)
- ↑ europa.eu: Darstellung der EU (Stand April 2014)
- ↑ Manfred Schäfers: Steuervorteil von 254 Milliarden Euro an der Diesel-Tanksäule. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 24. Mai 2017, abgerufen am 24. Mai 2017.
- ↑ Guido Gluschitsch: Was ist dran am Streit übers Dieselprivileg? In: Der Standard. 22. August 2024, abgerufen am 30. August 2025.
- ↑ Hubert Daum: Historiker deckt auf: Die wahre Geschichte des „Dieselprivilegs“. In: Kronen Zeitung. 6. Oktober 2021, abgerufen am 30. August 2025.
- ↑ a b RICHTLINIE 2003/96/EG DES RATES vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom. In: Amtsblatt der Europäischen Union. L 283, 31. Oktober 2003, S. 51–70 (europa.eu [PDF]).
- ↑ Louis Koch: Warum Diesel so günstig ist und was das den Staat kostet: Das „Diesel-Privileg“. In: wahl.de. 30. Januar 2018, abgerufen am 30. August 2025.
- ↑ Franz Hubik: Das müssen Sie in der Dieseldebatte wissen. 11. Dezember 2017, abgerufen am 30. August 2025.
- ↑ Gero Rueter: Bald Ende des Dieselprivilegs? In: Deutsche Welle. 21. September 2017, abgerufen am 30. August 2025.
- ↑ Leseprobe.