Dani Karavan

Dani Karavan (Berlin 2008)
Straße der Menschenrechte Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg
Tzaphon vor dem Landtagsgebäude Nordrhein-Westfalen

Dani Karavan, hebräisch דני קרוון (* 7. Dezember 1930 in Tel Aviv, Völkerbundsmandat für Palästina; † 29. Mai 2021 ebenda, Israel[1][2]), war ein israelischer Bildhauer. Er gestaltete großformatige, begehbare Kunstwerke, die zuweilen der Land Art zugerechnet werden.

Leben

Dani Karavan wurde 1930 in Tel Aviv als Sohn von Abraham und Zehava Karavan geboren, die beide 1920 nach Israel eingewandert waren. Abraham war von Anfang der 40er bis Ende der 60er Jahre der leitende Landschaftsarchitekt der Stadt Tel Aviv.[3]

Dani Karavan war Schüler des Neuen Gymnasiums in Tel Aviv[4], begann aber bereits im Alter von 14 Jahren ein Studium der Malerei im Tel Aviver Atelier von Yehezkel Streichman (1906–1993) und Avigdor Stematsky (1908–1989).[5] 1946 setzte er seine Ausbildung bei Marcel Janco und später bei Mordechai Ardon in Jerusalem (1949) fort. Karavan war Maler im Kibbuz Harel, dessen Gründungsmitglied er 1948 war. Im Jahr 1956 reiste er nach Florenz, um an der Accademia di Belle Arti Freskomalerei zu studieren, und später nach Paris, um an der Académie de la Grande Chaumière zu studieren.[3]

Seit den frühen sechziger Jahren entwarf Karavan Bühnenbilder für Theater, Tanz und Oper und arbeitete unter anderem mit der Batsheva Dance Company, Martha Graham und Gian Carlo Menotti zusammen. Zur gleichen Zeit schuf er ein steinernes Flachrelief in der Versammlungshalle der Knesset in Jerusalem (Pray for the Peace of Jerusalem, 1965–1966) und seine erste ortsspezifische Umweltskulptur – das Negev Monument (Be'er Sheva, Israel 1963–1968), das zu einem Meilenstein der Umweltkunst wurde.[3]

1976 vertrat Karavan Israel auf der Biennale von Venedig, und ein Jahr später wurde er zur Teilnahme an der Documenta 6 in Kassel eingeladen.

Dani Karavan war verheiratet und Vater von drei Kindern. Er lebte und arbeitete in Tel-Aviv und Paris.[3]

Werk

© Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)
Skulptur „Ma’alot“ auf dem Heinrich-Böll-Platz in Köln. Die Gesamtgestaltung des Platzes (1982–1986) stammt ebenfalls von Dani Karavan.[6]

In Cergy-Pontoise gestaltete Karavan 1980 die Axe Majeur, eine rund drei Kilometer lange, skulpturale Landschaftsachse mit zwölf thematischen Stationen als identitätsstiftende Anlage für die Trabantenstadt Cergy-Pontoise bei Paris. Cergy Saint-Christophe erstreckt sich von einem Industriegebiet, in welchem ein streng gefasster Wasserlauf im Neorenaissance-Park die Mittelachse bildet, durch den Bahnhof, weiter über den Marktplatz und die Einkaufsmeile. Sie durchquert einen vom Architekten Ricardo Bofill gestalteten pompösen, sozialen Wohnungsbaukomplex mit zentralem 36 Meter hohem Obelisken und mündet in eine mehrere Fußballplätze große, geometrisch geteilte Parkanlage. Diese Anlage mit ihrem Arrangement aus Betonsäulen und Freitreppe gibt an der Hangkante des Tales den Blick über eine künstlich angelegte Insel auf der anderen Seite der Oise frei und knüpft konzeptionell an die großen, historisch bedeutsamen Achsen von Paris an.

1988/1993 schuf Karavan die Außenskulptur Die Straße der Menschenrechte (The Way of Human Rights) als Kunst am Bau des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg. Ab 1995 gehörte er der Jury des Internationalen Nürnberger Menschenrechtspreises an.

1990 stellte Karavan die kreisrunde Gusseisenskulptur „Tzaphon“ für den Vorplatz des Landtags Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf fertig. Die Skulptur ist eine flach geneigte, in den Vorplatz halb eingesenkte, kreisrunde Scheibe, in die zwei Eisenbahnschienen mittig eingelassen sind. Nach der ursprünglichen Konzeption sollte zwischen den Eisenbahnschienen Wasser die geneigte Ebene herabrinnen. In der Kreisform korrespondiert die Skulptur mit der strukturalistischen Architektur des 1988 eröffneten Landtagsgebäudes.[7]

1990/1994 schuf Karavan im katalanischen Ort Portbou das Denkmal „Passagen“ für Walter Benjamin.

1994 gestaltete er im Auftrag des französischen Staats in Gurs ein Mémorial national (Nationale Gedenkstätte). Es wurde zur Erinnerung und Mahnung an das vom Vichy-Regime im Camp de Gurs begangene Unrecht errichtet. Das Mahnmal besteht aus drei Teilen: Ein 180 m langer Schienenstrang, der allerdings während der Lagerzeit nicht vorhanden war, symbolisiert die Deportation aus Deutschland nach Gurs. Das Modell einer Baracke verkörpert die bauliche Ausstattung des Lagers. Und zugleich ist das Gleis die Verbindung zu der durch eine mit Stacheldraht umzäunten Betonplatte, die die Konzentrations- und Vernichtungslager der Nationalsozialisten symbolisiert.

In den 1990er Jahren gestaltete Dani Karavan im Bereich der Gebäude des Bundestages in Berlin den Außenbereich der Spreeseite des Jakob-Kaiser-Hauses. Zentrales Element dieser Arbeit: In eine etwa drei Meter hohe Glaswand zwischen Jakob-Kaiser-Haus und Spree gravierte er mit Laser die 19 Grundrechtsartikel des deutschen Grundgesetzes in ihrer Urfassung von 1949. Damit werde den vorbeigehenden Bürgern die Basis der deutschen Verfassung, die Grundrechte, in transparenter Weise verdeutlicht.[8] Am 4. März 2023 wurde sein Werk von sechs Personen mit einer schwarzen Leim-Farb-Mischung begossen.[9]

Im Duisburger Innenhafen befindet sich Karavans Garten der Erinnerung, ein etwa drei Hektar großer Park, in den der Bildhauer die Reste der ehemaligen Industriebauten gestalterisch integrierte. Der Park wurde in den Jahren 1996 bis 1999 realisiert und ist das umfangreichste Werk des international renommierten Künstlers in Deutschland.

„Weg des Friedens“ (Way of Peace) zwischen Israel und Ägypten, erbaut 1996–2000
Bodenrelief „Misrach“ am Regensburger Neupfarrplatz

In Israel schuf Karavan u. a. das Negev Brigade Monument in Be’er Scheva und das Weiße Stadt-Denkmal in Tel Aviv.[10]

Auf dem Neupfarrplatz in Regensburg zeichnete Dani Karavan den Grundriss der im Rahmen des Regensburger Pogroms von 1519 zerstörten Synagoge in Form eines begehbaren Bodenreliefs nach. Das als Begegnungsstätte gedachte Kunstwerk mit dem Namen Misrach (hebräisch für ‚Osten‘) wurde am 13. Juli 2005 eingeweiht. Karavan stellte im Vorfeld so hohe Anforderungen an die Genauigkeit und Oberflächengüte der Betonteile, dass fast alle Firmen den Auftrag als „undurchführbar“ abgelehnt hatten.

Karavan wurde eingeladen, einen Entwurf für das Mahnmal für die von den Nationalsozialisten ermordeten Roma und Sinti in Berlin zu gestalten. Im November 2005 unterzeichnete er einen entsprechenden Vertrag.[11] Am 24. Oktober 2012 wurde das Denkmal im Beisein der Bundeskanzlerin Angela Merkel und des Bundespräsidenten Joachim Gauck eingeweiht.[12]

Ausstellungen (Auswahl)

Preise und Auszeichnungen (Auswahl)

Literatur

  • Johannes Vesper: Dani Caravan, Retrospektive Berlin 2008. In: Musenblaetter. 16. Juli 2008 [1]
  • IVAM: Dani Karavan. Actar, Barcelona 2002, ISBN 84-482-3230-5.
  • Udo Weilacher: Harmonie und Zweifel – Dani Karavan. (Interview) In: Udo Weilacher: Zwischen Landschaftsarchitektur und Land Art. Basel / Berlin / Boston 1999, ISBN 3-7643-6120-4.
  • Daniel Hess: Karavan: Kultur und Barbarei Blogartikel im GNM_Blog, 12. Oktober 2021.
  • Udo Weilacher: Weiße Erinnerung auf grünem Grund. Garten der Erinnerung in Duisburg von Dani Karavan. In: Udo Weilacher: In Gärten. Profile aktueller europäischer Landschaftsarchitektur. Basel / Berlin / Boston 2005, ISBN 3-7643-7084-X.
  • Pierre Restany: Dani Karavan. Prestel, München 1992/1999, ISBN 3-7913-1211-1.
  • Udo Weilacher: Dani Karavan. Interview in Paris, 21. November 1993. In: Die Gartenkunst. 6 (2/1994), S. 185–200.
  • Ursula Peters: Dani Karavan: Weg der Menschenrechte. in: Ursula Peters: Moderne Zeiten. Die Sammlung zum 20. Jahrhundert. In Zusammenarbeit mit Andrea Legde. Nürnberg 2000 (Kulturgeschichtliche Spaziergänge im Germanischen Nationalmuseum, Bd. 3), S. 274–281.

Weblinks

Commons: Dani Karavan – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Israelischer Bildhauer Dani Karavan ist tot. In: ORF.at. 29. Mai 2021, abgerufen am 29. Mai 2021.
  2. Naama Riba: Israel Prize Laureate, Artist Dani Karavan Dies at 90. In: Haaretz.com. 29. Mai 2021, abgerufen am 29. Mai 2021 (englisch).
  3. a b c d Biography – Dani Karavan. Abgerufen am 8. September 2021.
  4. Einat Torres: Neues Gymnasium, Schule der Promis, feiert 75-jähriges Bestehen, 29. August 2011 (Artikel in hebräischer Sprache auf der Website von Makor Rishon)
  5. Zu diesen beiden Künstlern siehe die Artikel in der englischsprachigen Wikipedia: en:Yehezkel Streichman und en:Avigdor Stematsky
  6. Hiltrud Kier: Reclams Städteführer. Architektur und Kunst. Köln. Philipp Reclam jun., Stuttgart 2008, ISBN 978-3-15-018564-3, S. 165.
  7. Gußeisenplastik -Tzaphon- von Dani Karavan (Memento vom 31. Juli 2012 im Webarchiv archive.today)
  8. Homepage des Deutschen Bundestages, abgerufen am 22. August 2013.
  9. www.tagesschau.de
  10. Zuerst ein Träumer. In: BR. 29. Mai 2021;.
  11. Karavans Sinti-Denkmal: Vertrag perfekt. In: Der Tagesspiegel. 19. November 2005;.
  12. Einweihung des Denkmals für die ermordeten Sinti und Roma. (Memento vom 5. April 2013 im Internet Archive) In: bundesregierung.de, 9. Oktober 2012, abgerufen am 30. Mai 2021.
  13. Rede von Herrn Staatsminister Bernd Neumann anlässlich der Eröffnung der Dani Karavan Retrospektive im Martin-Gropius-Bau (Memento vom 27. September 2013 im Internet Archive), 13. März 2008
  14. Archives nationales: Archives du Bureau du Cabinet du ministre de la Culture. Ordre des arts et lettres (1962–2000). (PDF) S. 85, abgerufen am 10. November 2021 (französisch).
  15. Orden Pour le mérite für Wissenschaft und Künste: Dani Karavan. Abgerufen am 10. November 2021.
  16. Dani Karavan, la vie monumentale. Abgerufen am 10. November 2021 (französisch).
  17. nordbayern.de, Nürnberg, Germany: Israelischer Künstler Dani Karavan erhält Ehrenbürgerwürde der Stadt Nürnberg. (nordbayern.de [abgerufen am 23. Oktober 2018]).

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Blickrichtung: Hauptbahnhof
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Vgl. de:Bild:nuernberg gnm haupteingang v sw.jpg
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Dani Karavan, Martin-Gropius-Bau, Berlin 2008
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"Tzaphon" von Dani Karavan vor dem Landtagsgebäude am Platz des Landtags in Düsseldorf
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Das Monument zeigt die Fundamente der 1519 zerstörten Regensburger Synagoge.
Erstellt von Dani Caravan im Jahre 2005