Cremer & Wolffenstein

Verwaltungsgebäude der Allgemeinen Elektricitäts-Gesellschaft (AEG) am Schiffbauerdamm 22
Fassade der Synagoge an der Lindenstraße 1890/91
Wohn- und Geschäftshaus an der Ecke Behren-/Wilhelmstraße 1886/87
Durchbruch der Kaiser-Wilhelm-Straße mit den beiden Kopfbauten von Cremer & Wolffenstein

Das Architekturbüro Cremer & Wolffenstein wurde 1882 von Wilhelm Cremer und Richard Wolffenstein gegründet und bestand bis zum Tod der beiden Architekten 1919. Im aufstrebenden Berlin des späten 19. Jahrhunderts spezialisierte sich das Büro auf Bauten für Handel und Verkehr und errichtete zahlreiche Geschäfts- und gehobene Wohnhäuser neben Hotels und Villen.

Eine Spezialität des Büros war der Bau von Synagogen, vielleicht begünstigt durch die jüdische Herkunft Wolffensteins. Die beiden Architekten gelten als wichtigste Vertreter des Synagogenbaus um 1900. Sie orientierten sich an der Dresdner Synagoge, Gottfried Sempers einzigem ausgeführten Sakralbau, mit ihrer einfachen, quadratischen Grundform und würfelförmigen Anordnung der Baumassen. Für die Fassaden verwendeten sie neben Sempers neuromanischen Formen andere Stile des eklektizistischen Historismus. Den üblicherweise im Synagogenbau der Zeit vorherrschenden maurisch-orientalischen Formen, etwa bei der Neuen Synagoge in Berlin, standen sie eher ablehnend gegenüber. Mit Ausnahme der Neuen Synagoge in Posen (1906–1907) wurden alle der acht ausgeführten von elf geplanten Synagogen in der Reichspogromnacht 1938 zerstört und erlitten damit das gleiche Schicksal wie das Vorbild in Dresden.

Das Architekturbüro war bekannt für einfache und funktionale Grundrisse. Anfänglich bevorzugten die beiden Architekten die Neurenaissance, verwendeten später aber alle Stile des Historismus. Die Wohn- und Geschäftshäuser für den Durchbruch der Kaiser-Wilhelm-Straße zählten zu den ersten neobarocken Bauten Berlins. In späteren Werken finden sich bereits Jugendstilanklänge.

Bauten und Entwürfe (Auswahl)

  • 1884: Entwurf zur Bebauung eines Grundstücks an der Peter-Paul-Passage[1] in Liegnitz[2]
  • 1885–1886: Waren-Börse in der St. Wolfgangstraße (Berlin-Mitte), das Gebäude wurde später als „Feen-Palast“ berühmt.[3]
  • 1886–1887: Wohnhaus an der Ecke Wilhelmstraße / Behrenstraße in Berlin (zerstört).[4]
  • 1885–1887: Eckhaus-Paar an der Kaiser-Wilhelm-Straße (heute Karl-Liebknecht-Straße) / Burgstraße (Hausnummern 1–3, 47–49), (zwischen Burgstraße und Heilig-Geist-Straße) (zerstört)
Die beiden Gebäude befanden sich unmittelbar gegenüber von Berliner Dom und Stadtschloss auf der anderen Seite der heutigen Liebknechtbrücke als städtebaulich hervorgehobener Eingang der Kaiser-Wilhelm-Straße.
Über dem 1955 neu erbauten Hochbahnhof wurde zum hundertjährigen Jubiläum der BVG im Jahr 2002 eine rein dekorative Stahlkonstruktion errichtet, die sich an den Formen der ursprünglichen Kuppel von Cremer & Wolffenstein orientiert.
  • 1901–1903: Verlagshaus Rudolf Mosse in Berlin, Schützenstraße 18–25 / Jerusalemer (ältester Bauteil des Mossehauses)
1910–1911 erweitert entlang der Schützenstraße, 1921–1923 umgebaut und erweitert von Erich Mendelsohn, 1992/1993 nach Kriegsschäden rekonstruierend instand gesetzt

Weblinks

Commons: Cremer & Wolffenstein – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Erich Stübinger: Liegnitz einst und jetzt. (PDF-Datei; 4,34 MB), abgerufen am 30. Dezember 2012
  2. Centralblatt der Bauverwaltung, Nr. 26 (vom 28. Juni 1884) (online)
  3. Deutsche Bauzeitung, 20. Jahrgang 1886, Nr. 73 (vom 11. September 1886), S. 437–438.
  4. Zentralblatt der Bauverwaltung, 1887, S. 55–56.
  5. Claudia Molnar: Die Berliner Villa d’Este. Bürgerpalais · Tanzlokal · NS-Kunsthalle. BOD, Norderstedt 2020, ISBN 978-3-7519-2190-9.
  6. Hd.: Wohn- und Geschäftshaus der Berliner Elektricitäts-Werke und der Allgemeinen Elektricitäts-Gesellschaft in Berlin. In: Zeitschrift für Bauwesen, 42. Jahrgang 1892, Sp. 145–148, Tafel 30–31. (Digitalisat im Bestand der Zentral- und Landesbibliothek Berlin)
  7. siehe: Architektonische Rundschau, Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst, Herausgegeben von Ludwig Eisenlohr und Carl Weigle, Architekten in Stuttgart, 9. Jahrgang 1893, 4. Heft, Tafel 25, https://archive.org/details/gri_33125006282434/page/n63/mode/2up?q=Bachstein ; siehe auch: Blätter für Architektur und Kunsthandwerk, 1894, Heft No.4, S. 23, Tafel 40, https://archive.org/details/blatterfurarchit07unse/page/22/mode/2up?q=Bachstein
  8. Deutsche Bauzeitung, 28. Jahrgang 1894, Nr. 50 (vom 23. Juni 1894), S. 312.
  9. Berliner Neubauten: Haus Fromberg in: Deutsche Bauzeitung, 1898, Heft 17, S. 105ff, mit Bildbeilage.
  10. Evelyn Wöldicke: Die Villa Gontard. Ein Haus im Tiergartenviertel. 2013, ISBN 978-3-422-07256-5.
  11. Abbildungen vom Warenhaus Tietz mit Grundrissen und Details, Berliner Architekturwelt, 1914, Heft 3.
  12. Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin (Hrsg.): Berlin und seine Bauten, Teil VIII, Bauten für Handel und Gewerbe, Band A: Handel. Wilhelm Ernst & Sohn, Berlin 1978, ISBN 3-433-00824-8, S. 108 und S. 136.

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Berlin - Haus des geselligen Vereins der Freundschaft und der Freunde, Festsaal. Cremer & Wolffenstein 1887
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Berlin - Allgemeine Elektrizitätsgesellschaft (AEG), Schiffbauerdamm 23, von Cremer & Wolffenstein
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Berlin, Hoffassade der Synagoge in der Lindenstrasse
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Fassade eines Wohn- und Geschäftshauses in Berlin, Behrenstraße / Wilhelmstraße, erbaut 1886/1887 von Cremer & Wolffenstein
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Luftaufnahme vom Tempelhofer Ufer in Berlin (Deutschland)
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Geschäftshaus an der Ecke Oranienstraße / Oranienplatz in Berlin Kreuzberg. Entwurf: Cremer & Wolffenstein.
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Berlin - Synagoge Lindendstraße, Fassade, Cremer & Wolffenstein 1890/91