Charles Estienne

Anatomische Abbildungen aus De dissectione (1545)[1]

Charles Estienne (latinisiert: Carolus Stephanus; englisch: Charles Stephens; * ca. 1505 in Paris; † 1564/65 ebenda) war ein französischer Anatom, Verleger und Drucker.

Leben und Wirken

Charles Estienne war der Sohn des Pariser Buchdruckers Henri Estienne (Henricus Stephanus). Charles Estienne genoss eine humanistische Schulbildung. Anschließend ging er nach Padua, wo er sich für Botanik, Gartenbau und Medizin interessierte. Er kehrte nach Paris zurück und studierte Medizin. Im Jahr 1542 erfolgte die medizinische Promotion. Zwischen 1544 und 1547 lehrte er als Anatom an der Medizinischen Fakultät in Paris. Bekannt wurde er in der Medizin durch sein zusammen mit Étienne de La Rivière erarbeitetes Werk De dissectione partium corporis humani libri tres, in dem sie Galen an manchen Punkten modifizierten. Sie gehören zu den Erstbeschreibern der Venenklappen.[2] Das Werk wurde mit Holzschnitten illustriert. Es betont die Autopsie und weist Ähnlichkeiten mit den Arbeiten des Anatomen Andreas Vesal auf.[3]

Im Jahr 1550 musste sein Bruder Robert Estienne fliehen, weil er des Protestantismus bezichtigt wurde. Charles übernahm die Druckerei und zog sich auf verlegerische Aktivitäten zurück. Zehn Jahre später wurde er angeklagt, weil er das Erbe seines Bruders veruntreut habe. In der Kerkerhaft, die er 1561 antreten musste, überlebte er nur kurze Zeit.

Charles Estienne hinterließ eine Tochter, die Schriftstellerin Nicole Estienne.

Schriften (Auswahl)

Literatur

  • K. Markatos, D. Chytas, D. Korres, K. Laios, G. Androutsos, E. Chronopoulos: Historical Vignette: Charles Estienne (1504–1564): His Life, Work, and Contribution to Anatomy and the First Discritiption of the Canal in the Spinal Cord, World Neurosurgery, Volume 100, April 2017, S. 186–1689, Digitalisat
  • C.L.F. Panckoucke (Hg). Dictionnaire des sciences médicales. Biographie médicale, Band IV Paris 1821, S. 62–63 (Digitalisat)
  • Wolfgang U. Eckart: Estienne (Stephanus), Charles, in: Wolfgang U. Eckart und Christoph Gradmann (Hrsg.): Ärztelexikon. Von der Antike bis zur Gegenwart, 3. Auflage Springer Heidelberg, 2006, S. 111–112. Ärztelexikon 2006, doi:10.1007/978-3-540-29585-3.
  • Barbara I. Tshisuaka: Estienne (Stephanus), Charles. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 371
  • Amédée Dechambre (Hg). Dictionnaire encyclopédique des sciences médicales. Band 36, G. Masson und P. Asselin, Paris 1888, S. 96 (Digitalisat)
  • Ernst Julius Gurlt und August Hirsch (Hg). Biographisches Lexikon der hervorragenden Ärzte aller Zeiten und Völker. Band II, Urban & Schwarzenberg, Wien und Leipzig 1885, S. 308 (Digitalisat)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Charles Estienne. De dissectione partium corporis humani libri tres. Simon Colineum, Paris 1545, S. 180, 242 und 279 (Digitalisat)
  2. Wolfgang U. Eckart: Geschichte der Medizin. Springer, Berlin/Heidelberg/New York 1990; 3., überarbeitete Auflage ebenda 1998, S. 177.
  3. Wolfgang U. Eckart: Estienne (Stephanus), Charles, in: Wolfgang U. Eckart und Christoph Gradmann (Hrsg.): Ärztelexikon. Von der Antike bis zur Gegenwart, 3. Auflage Springer Heidelberg, 2006, S. 111.

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Drei Abbildungen aus dem Anatomiebuch von Charles Estienne