Cajetan von Textor

Cajetan von Textor

Joseph Cajetan Textor, ab 1849 Ritter von Textor, auch Kajetan (von) Textor (* 28. Dezember 1782 in Markt Schwaben bei Ebersberg; † 7. August 1860 in Würzburg), war ein deutscher Chirurg und Hochschullehrer an der Universität Würzburg.

Biografie

Cajetan von Textor kam aus ärmlichen Verhältnissen (und war das 14. Kind seiner Eltern), zeichnete sich in der Schule aus und besuchte die Schule im Benediktinerkloster Seeon und ab 1796 bis zum Gymnasialabschluss 1802 das (heutige) Wilhelmsgymnasium München[1]. Er studierte 1804 bis 1808 (Promotion über Tuberkulose) Medizin an der Universität Landshut als Schüler von Philipp Franz von Walther. Nach Absolvierung des Biennium Practicum (zweijähriges Praktikum) am Militärhospital München beim Mediziner und späteren königlichen Leibarzt Bernhard Joseph von Hartz war er mit einem staatlichen Stipendium auf Studienreise unter anderem bei den französischen Chirurgen Desault und Alexis Boyer in Paris, wanderte 1811 durch Südfrankreich und die Schweiz, studierte bei Antonio Scarpa in Pavia, besuchte Neapel und studierte bei Georg Joseph Beer (Augenchirurgie) in Wien, was ihn befähigte später selbst Augenbehandlungen und Vorlesungen über „Chirurgische und Augenklinik“ durchzuführen. 1813 bestand er die Proberelation und 1814 die Staatsprüfung (Staatskonkurs) in München und war dort niedergelassener Arzt sowie Sekundararzt im Allgemeinen Krankenhaus in München, wo er bereits als Praktikant Andreas Koch[2] zu seinen akademischen Lehrern zählte.

Im Jahr 1816 wurde er als Nachfolger des außerordentlichen Professors Georg Anton Markard (1775–1816) ordentlicher Professor für Chirurgie und Oberwundarzt am Juliusspital der Universität Würzburg. 1832 wurde er in Würzburg entlassen, da man ihn revolutionärer Sympathien verdächtigte (Julirevolution von 1830, Hambacher Fest) – wie auch den Internisten Johann Lukas Schönlein und einige andere Professoren wie den Pathologen Carl Richard Hoffmann und den Gerichtsmediziner Johann Baptist Friedreich.[3] Textor war nicht aktiv an revolutionären Bestrebungen beteiligt und erhielt rückberufen 1834 seinen Lehrstuhl wieder. Dazwischen war er 1832 Direktor der chirurgischen Klinik in Landshut. Während des zweijährigen Exils in Landshut vertrat ihn in Würzburg der Chirurg Michael Jäger. 1842 erhielt er die Erlaubnis, eine eigene augenärztliche Abteilung im Juliusspital zu betreiben. 1842/43 war Cajetan von Textor Rektor der Universität Würzburg. 1852 nahm der Geheimrat aus gesundheitlichen Gründen zeitweise Abstand von seinen Lehrverpflichtungen, wurde 1853 offiziell davon entbunden, hielt aber noch bis 1854 Vorlesungen über Chirurgie und betreute mit seinem Sohn Karl Textor (1815–1880) chirurgische Übungen.

1818 wurde er Ehrendoktor in Würzburg und 1822 königlich bayerischer Hofrat. Am 28. November 1824 wurde er mit dem akademischen Beinamen Sabatier[4] unter der Matrikel-Nr. 1290 als Mitglied in die Kaiserliche Leopoldino-Carolinische Akademie der Naturforscher aufgenommen.[5] 1849 wurde er mit dem Ritterkreuz des Verdienstordens der Bayerischen Krone ausgezeichnet, womit die Nobilitierung verbunden war.[6] Zudem wurde ihm das Ritterkreuz des Wilhelmsordens verliehen.[7]

Er hatte unter anderem dank einiger geglückter Steinoperationen schon in München einen guten Ruf als Chirurg gehabt und baute diesen in Würzburg besonders in der Knochen- und Gelenkchirurgie und Unfallchirurgie aus. 1847 führte er seine erste Äthernarkose in Würzburg durch (die Technik war damals gerade aus Amerika bekannt geworden). Dazu wandte er einen von seinem Schüler Robert von Welz entwickelten und von dem Würzburger Drehermeister Franz Sebastian Gerster (1789–1871)[8] gefertigten Inhalationsapparat an.

Zu seinen Schülern gehörten der im Nachbarhaus Textors in der Würzburger Haugerpfarrgasse wohnende Maximilian Heine (Bruder des Schriftstellers Heinrich Heine) und der mit diesem nicht verwandte Bernhard Heine, dessen Osteotom Textor bei Operationen verwendete. Textor baute auch auf den Beobachtungen von Heine zur Knochenneubildung und Regeneration nach Resektionen auf und führte dazu Versuche aus (Thema seiner Rektoratsrede 1842: Über die Wiedererzeugung von Knochen nach Resektionen beim Menschen). Von Textor stammen auch genaue Indikationen für Trepanationen nach Schädelbrüchen. Ein Assistent von Textor war Anfang der 1820er Jahre der Wundarzt und Geburtshelfer Joseph Anton Mayer[9] (1798–1860), der auch Stadtchirurg, Polizeiarzt und Inhaber einer orthopädischen Heilanstalt war und Operationen wie die Umstellungsosteotomie erfolgreich durchführte. Weitere Assistenten waren unter anderem Franz Anton von Balling, Georg Adam Müller (* 1802), der königlicher Gerichtsarzt in Miltenberg und Würzburg wurde, der Bruder von Heinrich Heine Maximilian Heine, der Chirurg und Professor der Augenheilkunde Heinrich Adelmann und Franz von Rinecker.[10]

Cajetan von Textores Sohn, der Chirurg und spätere außerordentliche Professor in Würzburg Karl Textor, wurde trotz Bemühungen seines Vaters nicht dessen Nachfolger in Würzburg; diesen Posten erhielten vielmehr 1854 Adolph Morawek (1816–1855)[11][12] aus Prag, der am 22. April 1854 zum „ordentlichen Professor der gesamten chirurgischen Klinik“ zum Oberwundarzt des Juliusspitals bestellet wurde, und 1856 Wenzel von Linhart. Lediglich die Oberwundarztstelle seines Vaters hatte der auch einige Publikationen veröffentlichende Karl Textor Ende 1855 vertretungsweise[13] erhalten.

Schriften (Auswahl)

  • Über die Ursache des Nichtauffindens der Harnblasensteine nach gemachter Operation der Lithotomie. Ein Programm als Einleitung zu seinen Vorlesungen aus der gesammten Chirurgie. Nitribitt, Würzburg 1816.
  • Uebersicht derjenigen Kranken, welche im k. Juliusspitale zu Würzburg vom 1. Januar bis zum letzten December 1816 an der chirurgischen Klinik behandelt worden sind. In: Medicinisch-Chirurgische Zeitung Salzburg. 1817, I, S. 331–335.
    • ebenso für die Jahre 1817 bis 1820 sowie 1824 bis 1825: ebenda 1818, II, S. 332–336, 1819, III, S. 123–128, 1820, III, S. 239–240 und 302–304, sowie 1828, IV, S. 142–144 und 206–208.
    • ebenso für die Jahre 1830 bis 1839 in Medicinisches Correpondenz-Blatt. 1840, Nr. 40, S. 628–638, Nr. 41, S. 641–651, und Nr. 42, S. 657–663.
  • Ueber Wiedererzeugung der Knochen nach Resektionen beim Menschen, nebst einer tabellarischen Übersicht aller Resektionen, welche seit 1821 im königlichen Juliusspitale dahier gemacht worden sind. Thein, Würzburg 1842; 2. Auflage: Voigt & Macker, Würzburg 1843.
  • Herausgabe der deutschen Ausgabe von Alexis Boyer: Grundzüge zur Lehre der chirurgischen Operationen, 1818 bis 1827, 2. Auflage 1834 bis 1841.
    • Grundzüge zur Lehre der chirurgischen Operationen, welche mit bewaffneter Hand unternommen werden. Stahelsche Buchhandlung, Würzburg 1835 (Archive).
  • Ueber mania operativa passiva, als nachträgliche Bemerkung zur Amputation des Oberarmes der Rosina Kettler, welcher früher das Ellenbogengelenk des nämlichen Armes im k. Juliusspitale ausgeschnitten worden war. In: Medicinisches Correspondenz-Blatt. 1844, Nr. 15, S. 234–237.
  • Aether-Narkose im Julius-Hospitale zu Würzburg. In: Neue Würzburger Zeitung, 25. August 1847.
  • Über die Wirkung des Chloroforms als schmerzstillendes Mittel bei chirurgischen Operationen. In: Deutsche Klinik. Band 2, 1850, Nr. 3, S. 24–26, und Nachtrag zu meinem ersten Aufsatze über die Wirkung des Chloroforms bei chirurgischen Operationen. In: Deutsche Klinik. Band 2, 1850, Nr. 44, S. 492.
  • Das Juliusspital in Würzburg. In: Akademische Monatsschrift. August/September 1850, S. 359–371.

Literatur

  • Arminius Rubach: Gedächtnisrede auf Herrn Geheimen Rath Prof. Dr. Cajetan von Textor. In: Würzburger Wissenschaftliche Zeitung. Band 1, 1869, S. XXXIII–XXXVII.
  • Werner E. GerabekTextor, Cajetan von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 26, Duncker & Humblot, Berlin 2016, ISBN 978-3-428-11207-4, S. 64 (Digitalisat).
  • Julius Pagel: Textor, Cajetan von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 37, Duncker & Humblot, Leipzig 1894, S. 628–630.
  • Andreas Mettenleiter: Das Juliusspital in Würzburg. Band III: Medizingeschichte. Herausgegeben vom Oberpflegeamt der Stiftung Juliusspital Würzburg anlässlich der 425jährigen Wiederkehr der Grundsteinlegung. Stiftung Juliusspital Würzburg (Druck: Bonitas-Bauer), Würzburg 2001, ISBN 3-933964-04-0, S. 147–163, 573–575, 607 und 612–615.
  • Monika Wirth: Das Leben und Wirken des Chirurgen Cajetan von Textor. Medizinische Dissertation Würzburg 1980.
  • Johann Daniel Ferdinand Neigebaur: Geschichte der kaiserlichen Leopoldino-Carolinischen deutschen Akademie der Naturforscher während des zweiten Jahrhunderts ihres Bestehens. Friedrich Frommann, Jena 1860, S. 257 Digitalisat
  • Willi Ule: Geschichte der Kaiserlichen Leopoldinisch-Carolinischen Deutschen Akademie der Naturforscher während der Jahre 1852–1887. Mit einem Rückblick auf die frühere Zeit ihres Bestehens. In Commission bei Wilhelm Engelmann in Leipzig, Halle 1889, Nachträge und Ergänzungen zur Geschichte Neigebaur’s, S. 177 (archive.org).

Weblinks

Anmerkungen

  1. Max Leitschuh: Die Matrikeln der Oberklassen des Wilhelmsgymnasiums in München, 4 Bde., München 1970–1976; Bd. 3, S. 219.
  2. Andreas Mettenleiter: Das Juliusspital in Würzburg. Band III: Medizingeschichte. Herausgegeben vom Oberpflegeamt der Stiftung Juliusspital Würzburg anlässlich der 425jährigen Wiederkehr der Grundsteinlegung. Stiftung Juliusspital Würzburg, Würzburg 2001, ISBN 3-933964-04-0, S. 147.
  3. Andreas Mettenleiter: Das Juliusspital in Würzburg. Band III: Medizingeschichte. 2001, S. 150 und 244 sowie (zu Markard) 143–147.
  4. Die Wahl seines akademischen Beinamens war vermutlich eine Reverenz an den französischen Chirurgen Raphaël Bienvenu Sabatier.
  5. Mitgliedseintrag von Joseph Cajetan von Textor bei der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, abgerufen am 21. Juli 2017.
  6. Hof- und Staatshandbuch des Königreichs Bayern 1858, S. 20.
  7. Hof- und Staatshandbuch des Königreichs Bayern 1858, S. 72.
  8. Andreas Mettenleiter: Das Juliusspital in Würzburg. Band III: Medizingeschichte. 2001, S. 158 und 825.
  9. Andreas Mettenleiter: Das Juliusspital in Würzburg. Band III: Medizingeschichte. 2001, S. 615 und 785.
  10. Andreas Mettenleiter: Das Juliusspital in Würzburg. Band III: Medizingeschichte. 2001, S. 785 und 834.
  11. Vgl. Adolph Morawek: Aus dem Leben eines Arztes. In: Prager belletristische Zeitschrift. 1856, S. 177.
  12. Vgl. auch etwa Adolph Morawek: Bericht über die auf der chirurgischen Klinik des Juliusspitals vom Mai 1854 bis Oktober 1855 behandelten Fälle von Kopfverletzungen. In: Verhandlungen der Physikalisch-Medizinischen Gesellschaft zu Würzburg. Band 7, 1857, S. 43–75.
  13. Andreas Mettenleiter: Das Juliusspital in Würzburg. Band III: Medizingeschichte. 2001, S. 88, 161, 163–169 und 737.

Auf dieser Seite verwendete Medien