Blasorchester

Sinfonisches Blasorchester
(c) Bundesarchiv, Bild 183-1989-0410-300 / Wolfried Pätzold / CC-BY-SA 3.0
Ländliche Amateur-Blaskapelle in der DDR

Blasorchester ist ein Sammelbegriff für Orchester, die vor allem aus Blasinstrumenten bestehen und Blasmusik spielen. Diese Gattung umfasst ein großes Spektrum sehr verschiedener Orchesterformationen, die in Besetzung und Repertoire stark variieren. Die bekanntesten Vertreter sind das Sinfonische Blasorchester und die Blasmusikkapelle. Wichtige internationale Formen, die auch den deutschsprachigen Raum beeinflussen, sind Concert Band und Brass Band sowie Harmonie, Fanfare und Banda. Zur Gattung gehören professionelle Blasorchester (z. B. in der Militärmusik) ebenso wie Amateurorchester.

Der größte Teil der Blasorchester verfügt neben Blasinstrumenten auch über Schlagzeug, Schlagwerk und Perkussion. In großen sinfonischen Blasorchestern wird die Besetzung nach Bedarf um weitere Instrumente wie Kontrabässe, Celli, Klavier und Harfe erweitert.

Harmoniebesetzung

„Harmoniebesetzung“ bedeutet eigentlich nur, dass das Orchester mit Holz- und Blechbläsern besetzt ist. Schon Mozart hat seine eigenen Werke auch „auf Harmonie gesetzt“.[1] Die klassische Harmoniemusik war in der Regel mit je 2 Oboen, Klarinetten, Fagotten und Hörnern besetzt.

Die heute übliche Standardbesetzung eines sinfonischen Blasorchesters in den Benelux-Staaten und Deutschland sowie mit Abwandlungen in Österreich ist unten dargestellt. Je nach Stück kann diese jedoch in der Anzahl der Stimmen variieren (ab und zu verlangte Stimmen sind in Klammern gesetzt), je nach Komposition werden weitere Instrumente verlangt. Im Lauf der Zeit entwickelt und entwickelte sich die Besetzung jedoch immer weiter (siehe dazu auch die Anmerkungen).

  • Holzbläser
    • Piccoloflöte1
    • 1. und 2. (3.) Querflöte1
    • 1. (2.) Oboe
    • 1. (2.) Fagott
    • Es-Klarinette, 1.–3. Klarinette in B, Bassklarinette
    • 1. und 2. Altsaxophon, 1. (2.) Tenorsaxophon, Baritonsaxophon2
  • Blechbläser
  • Schlagwerk

Zudem gibt es historisch, regional bzw. national mehr oder weniger große Unterschiede in der Besetzung.

Manchmal werden in einzelnen Kompositionen Instrumente gefordert, die nicht der Standardbesetzung des symphonischen Blasorchesters entsprechen. Beispiele hierfür sind:

1 
Sehr lange waren Flöten und Piccolos in Des im Gebrauch, da auf den alten Flöten vor der Böhmflöte die Kreuztonarten leichter spielbar sind und bei Kompositionen für Blasorchester – aus Gründen der reineren Intonation bei Blechblasinstrumenten in B – B-Tonarten bevorzugt wurden. Sogar Böhmflöten in Des wurden noch bis in die 1970er-Jahre angeboten, sukzessive aber von C-Instrumenten verdrängt. Heute trifft man kaum noch auf diese Instrumente, alte Notenbestände enthalten aber immer noch Des-Stimmen, weshalb von Militärmusikern erwartet wird, dass sie diese Stimmen transponieren können.
2 
Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts gehörte das Saxophon nicht zur Standardbesetzung der Blasorchester. Die Tenorsaxophone sind zumeist nur bei solchen Werken doppelt besetzt, die stilistisch in Richtung Tanzmusik oder Jazz gehen. International setzt sich in diesem Register nach und nach die Quartettbesetzung Alt, Alt, Tenor, Bariton durch.
3 
Die tiefen Es-Trompeten, die noch sehr lange in Österreich – und vielen Staaten der ehemaligen Donaumonarchie – anzutreffen waren, sind fast völlig verschwunden. Auch die preußisch-deutsche und auch die österreichische Militärmusik verwendeten ursprünglich vier Es-Trompeten, jedoch wurden die ersten zwei Stimmen schon sehr bald auf B-Trompeten transponiert geblasen. Das hatte – wie Heinrich Saro feststellte – erhebliche Intonationsprobleme bei den Terzen zur Folge, denn das gegriffene a (klingende g) der B-Instrumente ist deutlich höher als das g der Es-Instrumente, weil es dort ein Naturton, eine reine, harmonische Terz ist. Für Amateurkapellen mussten die Verleger dann B-Stimmen anbieten, da diese das Transponieren von Stimmen in der Regel nicht beherrschten. Als Begleitinstrument waren die Es-Trompeten von hohem Wert, denn ihr Klang ist voll und rund, aber nicht so aufdringlich wie der der B-Trompeten in tiefer Lage. Aber bereits John Philip Sousa besetzte in seiner Military Band schon um 1895 keine Es-Trompeten mehr. Diese Tendenz war auch in den Sinfonieorchestern zu bemerken, denn dort verschwanden die klassischen (tiefen) F-Trompeten bald nach 1900. Auch die vergleichbaren Basstrompeten in B sind fast schon zur Gänze verschwunden. In Österreich-Ungarn wurde eine Basstrompete in B besetzt, in Bayern waren es zwei. Gerade kleine, ländliche Kapellen gaben die Begleitung (den Nachschlag) gerne zwei Es-Trompeten und einer Basstrompete; oder in Bayern zwei Basstrompeten und einer Es-Trompete. Notiert wurden die Es-Trompeten in klassischer Art, d. h., sie transponieren nach oben. Bei den tiefsten Stimmen ergaben sich so oft viele unnötige Hilfslinien. Nach etwa 1955 versuchte man in Österreich und in der damaligen Tschechoslowakei die hohe Notation dieser Instrumente zu etablieren, was auch gelang, trotzdem verschwanden diese Instrumente spätestens in den 1980er Jahren. Selbst die tschechischen Orchester verwenden sie heute nur noch selten.
4 
bei englischsprachigen Komponisten stattdessen hauptsächlich eng mensurierte Kornette
5 
Die vor dreißig Jahren noch üblichen, rund gebauten Althörner in Es, die vor allem als Begleitinstrumente verwendet wurden, sind heute fast verschwunden. Dagegen werden heute praktisch in allen Blasorchestern Waldhörner eingesetzt, die hier vor 30 Jahren kaum verbreitet waren. In Märschen ersetzen sie den Nachschlag der Althörner, denen sie zwar optisch ähneln, sich klanglich jedoch stark unterscheiden. Darüber hinaus haben sie in der Instrumentierung jedoch eine mehr und mehr herausragende Bedeutung auf Kosten der Tenorhörner erhalten. In der Schweiz wird bzw. wurde das Althorn oft in ovaler Bauweise als „Althorn-Melodie in Es“ verwendet. Diese Stimme glich nahezu dem 1. Tenorhorn.
6 
meist im Violinschlüssel transponierend notiert; das Tenorhorn gehört nach wie vor zu den melodieführenden Instrumenten in der traditionellen Blasmusik. Seit einigen Jahren ist jedoch zu beobachten, wie das Tenorhorn vom Euphonium abgelöst wird. Dies ist aber nur bei konzertanter Blasmusik sinnvoll. Bei diesen Kompositionen im klassischen Stil wird oftmals nur noch mit einer Stimme instrumentiert (die mehrfach unisono besetzt wird).
7 
meist im Bassschlüssel klingend notiert, jedoch oftmals auch im Violinschlüssel verfügbar
8 
meist im Bassschlüssel notiert; in Preußen und teilweise im Vereinigten Königreich nahm man gerne den Tenorschlüssel für die hohen Posaunen.

Partitur

Erst in den letzten Jahren wurde es üblich Partituren zu veröffentlichen. Lange Zeit waren nur – mehr oder minder gute – Direktionsstimmen mit zwei bis sechs Systemen, im besten Fall mit einer eigenen Schlagwerkzeile, üblich (Conductor/Condensed Score). Die Deutschen Armee-Märsche wurden 1970/76 für die Bundeswehr von Friedrich Deisenroth auf diese Weise neu herausgegeben. Oft war dabei die Direction sogar in B notiert, weil viele Dirigenten ein B-Melodie-Instrument, wie Klarinette oder Flügelhorn spielten und nicht transponieren konnten oder wollten. Bei einfachen Werken, wie Märschen, Walzern und anderen ähnlichen Tanzmusik-Werken gab es in der Regel nur eine Flügelhorn/Kornett- oder Klarinetten-Direktionsstimme, die nur die wichtigsten Einsätze enthielt. Zum Dirigieren während eines Standkonzertes, bei dem die Noten – wegen der Witterung – immer angeklammert werden müssen – sind diese Stimmen praktisch; für genaue Orchesterproben jedoch nicht. Da sehr viele Dirigenten keine Partitur lesen konnten – oder nicht lesen wollten – behalf man sich lange mit dieser Notlösung. Durch die Möglichkeiten des digitalen Notensatzes sind Partituren jetzt leicht herzustellen.

Allerdings hat sich bis heute keine einigermaßen verbindliche Partituranordnung etabliert. Die Empfehlungen US-amerikanischer Verleger werden zwar oft akzeptiert, sind aber nicht für alle Arten der Blasmusik sinnvoll. Klassisch ausgebildete Musiker stört es oft, dass die Hörner nach den Kornetts/Trompeten oberhalb der Posaunen stehen.

In Italien existiert seit langem eine sehr eigenständige Tradition, die in Russland leicht modifiziert wurde. Die zwei Familien (weit-/engmensuriert) der Blechbläser werden dort klar getrennt. Sie orientiert sich am Sinfonieorchester, indem sie der Flügelhorn/Kornett-Familie den Platz der Streicher gibt. Das Schlagwerk ist in Italien unterhalb der Bässe, in Russland unterhalb der Posaunen notiert. Gerade in Osteuropa und auch auf dem Gebiet der ehemaligen DDR ist diese Anordnung – die schon Hans Felix Husadel favorisierte – immer noch die Regel. Das Fehlen einer einzigen Norm, hat aber auch den Vorteil, dass man von Fall zu Fall leicht variieren kann.

Bekannte Sinfonische Blasorchester (Beispiele)

Deutschsprachiger Raum

Weitere bedeutende Orchester

Bedeutende Wettbewerbe

Verbände

Siehe auch

Weblinks

Commons: Brass bands – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Blasorchester – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Wolfgang Amadeus Mozart: Harmoniemusik nach Die Entführung aus dem Serail. In: kammermusikfuehrer.de. Abgerufen am 8. Juli 2016.
  2. Website des CIBM. Abgerufen am 10. März 2021.

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Es folgt die historische Originalbeschreibung, die das Bundesarchiv aus dokumentarischen Gründen übernommen hat. Diese kann allerdings fehlerhaft, tendenziös, überholt oder politisch extrem sein.
Kaarßen, Blasorchester der Gemeinde Zum Beitrag: Stradis Blasmusiker in Kaarßen - Begegnungen zwischen Elbedeich und Wanderdüne ADN-ZB Pätzold - 10.4.1989 - Temperamentvolle Blasmusik erklingt im Gerätehaus der Freiwilligen Feuerwehr in Kaarßen, einem kleinen Elbdorf im Kreis Hagenow. Seit genau 30 Jahren geben Laienmusiker jeden Mittwoch punkt 19.30 unüberhörbare musikalische "Zeitzeichen" im Dorf. Normalerweise ertönen Tuba und Posaune aus dem Saal der Klubgaststätte, doch an diesem Tag war dort eine Feierstunde. Bereits sechsmal errang das Ensemble den Titel "Hervorragendes Volkskunstkollektiv". Gekonnt leitet Antonius Stradivarius Schulz, ein 78jähriger ehemaliger Berufsmusiker, das Zusammenspiel der Instrumente. "Stradi", wie er liebevoll von den Musikanten genannt wird, hört jeden kleinen Fehler sofort (Hierzu gehören die Fotos 1989-0410-300N-303N!)
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O&U in het Frits Philips Muziekcentrum in Eindhoven