Bezirk Tiergarten

Wappen des ehemaligen Bezirks Tiergarten
Wappen von Berlin
Bezirk Tiergarten
1920–2000 Bezirk von Berlin
Lage des ehemaligen Bezirks Tiergarten in Berlin
Koordinaten52° 30′ 51″ N, 13° 21′ 18″ O.
Fläche13,40 km²
Einwohner88.491 (31. Dez. 2000)
Bevölkerungsdichte6604 Einwohner/km²
Ordnungsnummer2

Der Bezirk Tiergarten war ein Bezirk von Berlin. Er wurde 1920 gegründet und bestand bis Ende 2000. Seit dem 1. Januar 2001 gehört sein Gebiet zum Bezirk Mitte.

Ausdehnung und Lage

Veraltetes Schild an der ehemaligen Bezirksgrenze, 2008

Der Bezirk umfasste neben dem Großen Tiergarten die heutigen Ortsteile Moabit, Hansaviertel und Tiergarten. Im Westen und Nordwesten grenzte der Bezirk an den Bezirk Charlottenburg, im Norden an den Bezirk Wedding, im Osten an den alten Bezirk Mitte, im Südosten an den Bezirk Kreuzberg und im Süden an den Bezirk Schöneberg.

Geschichte

Aus den damaligen Berliner Ortsteilen Tiergarten, Moabit, Untere Friedrichsvorstadt und Schöneberger Vorstadt wurde 1920 im Rahmen des Groß-Berlin-Gesetzes der 2. Berliner Verwaltungsbezirk gebildet. Der Bezirk erhielt seinen Namen nach der Parkanlage des Großen Tiergarten. Der Bezirk wurde nicht in amtliche Ortsteile gegliedert.

Zwischen 1926 und 1929 wurde in Moabit das Poststadion erbaut. Dort fanden die Endspiele der deutschen Fußballmeisterschaften 1934 und 1936 statt. In Tiergarten fehlte, wie auch den anderen aus Berlin 1920 hervorgegangenen Innenstadt-Bezirken außer Berlin-Mitte, dem Bezirksamt ein Sitz, in Berlin „Rathaus“ genannt. Erst in der Zeit des Nationalsozialismus hatte Berlin seine Finanzen soweit saniert, um in den Jahren 1935 bis 1937 das Rathaus Tiergarten zu errichten. Es hatte keinen Plenarsaal für die Bezirksverordnetenversammlung, weil diese mit der Beendigung jeder demokratischen Entscheidungsfindung auch auf kommunaler Ebene bereits abgeschafft worden war.

Im Jahr 1938 kam es in Berlin zu einer Reform der Bezirksgrenzen. Der Bezirk Charlottenburg gab den größten Teil seines Gebietes östlich des Charlottenburger Verbindungskanals – auch Martinikenfelde genannt – an den Bezirk Tiergarten ab. Gleichzeitig gab der Bezirk Tiergarten das Gebiet südlich der Kurfürstenstraße an den Bezirk Schöneberg ab. Die Bevölkerung des Bezirks nahm hierdurch um 28.495 Einwohner und die Fläche um 41 Hektar ab.[1]

(c) Bundesarchiv, Bild 183-R66897 / CC-BY-SA 3.0
Zerstörungen im Bezirk Tiergarten durch den Zweiten Weltkrieg, Juni 1947

Im Vorgriff auf den Bau der geplanten „Welthauptstadt Germania“ wurde zwischen 1939 und 1941 das Alsenviertel im Spreebogen weitgehend abgerissen. Der Bendlerblock am Landwehrkanal war Zentrum der Widerstandsgruppe des Attentats vom 20. Juli 1944. Im Zweiten Weltkrieg wurde Tiergarten durch alliierte Luftangriffe schwer getroffen. Das Hansaviertel wurde zu 98 Prozent zerstört.[2] Der Bezirk war 1945 Schauplatz des Endkampfes bei der Eroberung Berlins durch die Rote Armee. Am 30. April 1945 wurde die sowjetische Flagge auf dem Reichstagsgebäude gehisst.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Bezirk Tiergarten dem britischen Sektor zugeordnet und gehörte bis zur deutschen Wiedervereinigung zu West-Berlin. In den 1950er Jahren wurde das Hansaviertel als Wohnsiedlung im Stil des Neuen Bauens wiederaufgebaut. 1958 wurde die Kongresshalle am Spreeufer fertiggestellt. 1961 wurde die U-Bahn-Linie G (heute: Linie U9) eröffnet, die den Bezirk in Nord-Süd-Richtung durchquerte. Nach dem Bau der Berliner Mauer im August 1961 wurde mit der Entlastungsstraße quer durch den Großen Tiergarten eine neue Nord-Süd-Verbindung innerhalb West-Berlins geschaffen. 1963 wurde die Berliner Philharmonie, 1968 die Neue Nationalgalerie und 1978 das heutige „Haus Potsdamer Straße“ der Staatsbibliothek fertiggestellt.

Nach der deutschen Wiedervereinigung wurde in den 1990er Jahren rund um den Potsdamer Platz ein neues Stadtviertel erbaut. Zwischen 1997 und 2001 entstanden im Spreebogen das neue Bundeskanzleramt und das Paul-Löbe-Haus. Weltweite Beachtung fand 1995 die Verhüllung des Reichstages durch das Künstlerehepaar Christo. Der anschließende Umbau des Reichstagsgebäudes wurde 1999 vollendet. 1998 wurde am Ort des 1959 abgerissenen Lehrter Bahnhofs der Grundstein für den 2006 fertiggestellten Berliner Hauptbahnhof gelegt.

Bei der Berliner Bezirksreform im Jahr 2001 wurde der Bezirk Tiergarten mit dem Bezirk Wedding und dem alten Bezirk Mitte zum neuen Bezirk Mitte zusammengeschlossen.

Einwohnerentwicklung

Wappen des Bezirks Tiergarten (1920–2000)
JahrEinwohner[3]
1925283.581
1933251.924
1939213.572
1946110.620
1950116.759
1961114.143
197098.388
198786.380
200088.491

Wahlen zur Bezirksverordnetenversammlung

1921–1933
JahrKPDUSPDSPDDDP1ZenDVPDNVPNSDAP
192107,016,416,408,704,817,023,9
192514,828,811,504,706,325,6
192920,225,807,305,206,621,706,5
193316,821,702,506,114,938,9

1 1933 DStP

1946–1999
JahrSPDCDUFDP 1Grüne2
194653,324,508,3
194867,619,512,9
195046,627,119,4
195448,229,310,8
195855,435,203,1
196365,027,606,0
196759,930,105,9
197153,336,306,9
197544,840,906,1
197943,741,606,906,0
198138,143,204,612,7
198533,045,918,4
198935,231,102,521,9
199229,128,904,625,2
199525,937,001,826,3
199927,639,102,021,2

1 bis 1948 LDP
2 bis 1989 AL

Bezirksbürgermeister

ZeitraumNamePartei
1921–1930Karl Doflein
1931–1933Baier
1933–1945Paul SchuderNSDAP
1945Fritz BachmannKPD
1945Hans LohmeyerSPD
1946–1952Fritz SchloßSPD
1953–1960Willi MeseckSPD
1960–1975Joachim KarnatzSPD
1975–1978Gottfried WurcheSPD
1979–1981Horst KoffkeSPD
1981–1987Hans-Martin QuellCDU
1987–1989Dieter ErnstCDU
1989–1995Wolfgang NaujokatSPD
1995–2000Jörn JensenGrüne

Partnerschaften des Bezirks Tiergarten

International

RusslandRussland Rajon Petrogradski (Sankt Petersburg, Russland)

JapanJapan Shinjuku (Tokio, Japan)

National

Einzelnachweise

  1. Berlin in Zahlen. 1949.
  2. Angela M. Arnold, Gabriele von Griesheim: Trümmer, Bahnen und Bezirke. Berlin 1945–1955. 1. Auflage. Angela M. Arnold, Gabriele von Griesheim, Berlin 2002, ISBN 978-3-00-009839-0.
  3. Statistische Jahrbücher von Berlin.

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Ortshinweistafel Berlin-Tiergarten, 2008.jpg
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Die Ortshinweistafel Zeichen 385 StVO mit der Bezeichnung "Tiergarten" in Berlin
Bundesarchiv Bild 183-R66897, Berlin, Zerstörungen im Bezirk Tiergarten.jpg
(c) Bundesarchiv, Bild 183-R66897 / CC-BY-SA 3.0
Es folgt die historische Originalbeschreibung, die das Bundesarchiv aus dokumentarischen Gründen übernommen hat. Diese kann allerdings fehlerhaft, tendenziös, überholt oder politisch extrem sein. Info non-talk.svg
Berlin, Zerstörungen im Bezirk Tiergarten

ADN-ZB/Bittner Berlin

Blick vom Shellhaus in der Bendlerstr. Ecke Königin-Augusta-Straße auf den im II. Weltkrieg zerstörten Bezirk Tiergarten. Im Hintergrund der Reichstag. Rechts im Bild der Turm der zerstörten St. Matthaeikirche (Westberlin) Aufn. Juni 1947
Berliner Bezirk Tiergarten vor 2001.png
Autor/Urheber: Arbalete, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Karte der Berliner Bezirk X (siehe Dateiname) vor der Bezirksreform von 2001.