Wohltätigkeit

Wohltätigkeit, auch Benefiz (veraltend: Mildtätigkeit), englisch Charity, ist das Wirken Einzelner oder von Organisationen zu Gunsten Bedürftiger durch „milde Gaben“ (Almosen, Geschenke, Spenden). Sie gilt seit alters als besondere Tugend vieler Religionen. Im Christentum, im Judentum, im Buddhismus und im Islam wird dies beispielsweise vom Einzelnen erwartet.[1] Sie wird auch durch Zuwendungen an Hilfsorganisationen gewährleistet.

Formen

Spenden spielen neben der staatlichen Fürsorge (Sozialstaat) eine wichtige Rolle. Demselben Zweck dienen der Verkauf von Wohlfahrtsbriefmarken, Erbschaftsverfügungen oder die Einstellung von Gerichtsverfahren durch Zahlung eines Betrages an die Wohlfahrtsorganisationen durch die Staatsanwaltschaft.

Religiöse Wohltätigkeit

Buddhismus

Im Buddhismus ist Wohltätigkeit ein Ausdruck von Mitgefühl und sozialem Engagement, das in den Lehren Buddhas tief verankert ist. Der sozial engagierte Buddhismus, maßgeblich geprägt von Thich Nhat Hanh, betont die Verbindung von persönlicher spiritueller Transformation und gesellschaftlichem Handeln, um Leiden zu mindern und Gerechtigkeit zu fördern. Wohltätigkeit ist dabei nicht nur Altruismus, sondern ein Weg, Karma zu verbessern und Mitgefühl praktisch auszudrücken.[2][3][4]

Christentum

Im Christentum ist Wohltätigkeit („Caritas“) die höchste Tugend und Ausdruck von Nächstenliebe, die selbstloses Helfen und Teilen als göttliches Gebot versteht. Sie umfasst nicht nur materielle Unterstützung, sondern auch Barmherzigkeit, Vergebung und aktives Engagement für Bedürftige in der Gemeinschaft. Diese Haltung wird konkret durch kirchliche Werke wie Caritas und Diakonie sowie im alltäglichen zwischenmenschlichen Miteinander gelebt und gilt als zentrale Nachfolge Christi.[5][6]

Judentum

Im Judentum ist Wohltätigkeit kein bloßes Geben aus Großzügigkeit, sondern eine religiöse Pflicht, die als „Zedaka“ bezeichnet wird und wörtlich „Gerechtigkeit“ bedeutet. Sie basiert auf der Vorstellung, dass Wohlstand als Gottesvertrauen eine Verantwortung mit sich bringt, die Ressourcen gerecht zu verteilen und Bedürftigen zu helfen. Wohltätigkeit ist somit nicht freiwillig, sondern eine verpflichtende „Mizwa“ (Gebot), die sowohl Helfer als auch Empfänger schützt und zur sozialen Gerechtigkeit beiträgt. Weitere wichtige Konzepte sind „Tikkun Olam“ (die Welt reparieren) und „Gemilut Chasadim“ (liebevolle Güte), die das Engagement für Gemeinschaft und Mitmenschlichkeit im jüdischen Denken prägen.

[7][8]

Hinduismus

Im Hinduismus ist Wohltätigkeit („Dana“) ein zentrales Prinzip, das als selbstloses Geben gilt und sowohl spirituelles Wachstum als auch karmisches Verdienst fördert. Sie ist eng mit den Konzepten von Dharma (Pflichterfüllung), Ahimsa (Gewaltlosigkeit) und Seva (selbstloser Dienst) verknüpft und soll ohne Erwartung auf Gegenleistung erfolgen. Das Teilen von materiellen Gütern, besonders mit Bedürftigen, wird als Ausdruck göttlicher Liebe, gesellschaftlicher Verantwortung und moralischer Pflicht angesehen.[5][9][10]

Islam

Im Islam werden wohltätige Spenden in obligatorische und freiwillige Spenden unterteilt. Bei den obligatorischen Spenden trennt man zwischen der Zakāt (zeitgebundende Spende) und der Sadaqa (freiwillig jederzeit).[11]

Taoismus

Im Taoismus gibt es kein direktes, festgelegtes Konzept von Wohltätigkeit wie in anderen Religionen, da der Fokus auf Harmonie mit dem Tao (dem Weg) und dem natürlichen Lauf der Dinge liegt. Ethisches Handeln bedeutet, spontan und im Einklang mit dem Tao zu leben, was Mitgefühl, Mäßigung und Demut einschließt, ohne aktiv oder erzwungen eingreifen zu müssen. Dabei praktiziert der Taoist das Prinzip des Wu-Wei, das „Nichthandeln“ oder „Nicht-Erzwingen“, um das natürliche Gleichgewicht zu bewahren, was als eine Form von zurückhaltender, aber wirkungsvoller Fürsorge und Respekt vor dem Leben verstanden werden kann.[12][13][14]

Deutschland

In Deutschland werden Spenden unter gewissen Voraussetzungen einkommensteuerlich begünstigt. Hier bestehen zahlreiche organisierte Verbände mit besonderen oder allgemeinen Zielen der Wohltätigkeit. Deutschlands größte kirchliche Organisation auf dem Gebiet der Wohltätigkeit ist Brot für die Welt, die Entwicklungshilfe leistet. In einer Vielzahl von Vereinen und Aktionen zeigen Politiker, Künstler, Sportler und andere Prominente soziales Engagement für deutsche und internationale Hilfsorganisationen wie zum Beispiel UNICEF. Zu „prominenten Wohltäterinnen“ auf Benefiz-Galas in Deutschland werden Ute-Henriette Ohoven (Gala-Diners) und Johanna Haerting-Toger (Kinderhilfe Europa) gezählt.

Präsidenten-Frauen als Vorbild

Maßstäbe für wohltätiges Engagement haben die Ehefrauen von vier Bundespräsidenten gesetzt. Das bürgerfreundliche „Lebenswerk“ jeder von ihnen wirkt über den Tod der Initiatorinnen hinaus bis in die Gegenwart. So hat Elly Heuss-Knapp als erste First Lady der Bundesrepublik 1950 das Deutsche Müttergenesungswerk gegründet.[15] Wilhelmine Lübke gründete 1962 mit ihrem Mann das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA). Dieses wurde als „Wilhelmine-Lübke-Stiftung“ zu ihrem Lebenswerk.[16] Sie entwickelte unter anderem die Idee der Einführung von Essen auf Rädern. Mildred Scheel hat 1974 die Deutsche Krebshilfe gegründet, die sich allein aus Spenden und Zuwendungen aus der Bevölkerung finanziert. Christiane Herzog gründete 1986 den Förderverein Mukoviszidose-Hilfe e. V., den sie 1997 in die Christiane-Herzog-Stiftung für Mukoviszidose-Kranke umwandelte.

USA

In den Vereinigten Staaten besteht ein hochentwickeltes System der Wohltätigkeit.[17][18][19]

In vielen Gesellschaften war und ist die Wohltätigkeit einzelner die einzige Form praktischer Milderung der Armut.

Siehe auch

Literatur

  • Linda Polman: Die Mitleidsindustrie. Hinter den Kulissen internationaler Hilfsorganisationen. Campus, Frankfurt am Main 2010, ISBN 978-3-593-39233-2, als Herder TB, Freiburg im Breisgau 2012, ISBN 978-3-451-06434-0.
  • Hans Schorer: Die Wohltätigkeitsstiftungen im Königreiche Bayern. München 1902.
Commons: Wohltätigkeit – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Mildtätigkeit – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: Wohltätigkeit – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Angelika Brauer: Muss man an Gott glauben, um Gutes zu tun? Fast die Hälfte der Menschheit bejaht. Und das ist heikel NZZ.ch, 23. Oktober 2020, abgerufen am 29. Oktober 2020
  2. Was ist sozial engagierter Buddhismus? In: Study Buddhism. Abgerufen am 24. August 2025.
  3. Peter Vredeveld: Die Kraft von Mitgefühl und Altruismus: Förderung der positiven mentalen Gesundheit im Buddhismus. In: Original Buddhas. Abgerufen am 24. August 2025.
  4. Sozial engagierter Buddhismus. In: Buddha Netz. Abgerufen am 24. August 2025 (englisch).
  5. a b www.wisdomlib.org: Wohltätigkeit: Symbolik und Bedeutung. 1. Februar 2025, abgerufen am 28. August 2025.
  6. Pflege von Familienmitgliedern im Christentum. Abgerufen am 28. August 2025.
  7. Zedaka… In: haGalil. 5. September 2019, abgerufen am 24. August 2025.
  8. Yanki Tauber: Der Mythos der Wohltätigkeit. Abgerufen am 24. August 2025.
  9. Dana, Zakat und Wohltätigkeit | D+C - Development + Cooperation. 18. November 2017, abgerufen am 28. August 2025.
  10. Die 5 Prinzipien des Hinduismus: eine Grundlage für ethisches und spirituelles Leben. In: HD asian art. 22. August 2024, abgerufen am 28. August 2025.
  11. Religiöse Spende - Islamic Relief Deutschland. Abgerufen am 7. August 2025.
  12. Was ist Taoismus? (teil 1 von 2): Eine Einleitung. Abgerufen am 28. August 2025.
  13. 10 Prinzipien des Tao. In: Yoga und Meditation. 4. Juni 2024, abgerufen am 28. August 2025.
  14. Laura Müller: Wu-Wei: Das chinesische Prinzip einfach erklärt. In: Utopia.de. 27. März 2020, abgerufen am 28. August 2025.
  15. Geschichte | Müttergenesungswerk. Abgerufen am 23. September 2025.
  16. Über uns - Kuratorium Deutsche Altershilfe. Abgerufen am 23. September 2025.
  17. Petra Krimphove: Philanthropen im Aufbruch. Ein deutsch-amerikanischer Vergleich, Wien 2010.
  18. Frank Adloff: Philanthropisches Handeln. Eine historische Soziologie des Stiftens in Deutschland und den USA. Frankfurt am Main u. a. 2010.
  19. Thomas Adam, Simone Lässig, Gabriele Lingelbach (Hrsg.): Stifter, Spender und Mäzene. USA und Deutschland im historischen Vergleich. Stuttgart 2009.