Batrachotoxin

Strukturformel
Strukturformel von Batrachotoxin
Allgemeines
NameBatrachotoxin
Andere Namen

Batrachotoxinin A-20-(2,4-Dimethyl-1H-pyrrol-3-carboxylat)

SummenformelC31H42N2O6
Kurzbeschreibung

nicht kristalliner Feststoff[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer23509-16-2
PubChem6324647
ChemSpider10310314
WikidataQ411087
Eigenschaften
Molare Masse538,68 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung
keine Einstufung verfügbar[2]
Toxikologische Daten

2 μg·kg−1 (LD50Mauss.c.)[3]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Batrachotoxin (BTX) (von altgriechisch βάτραχοςbátrachos, deutsch ‚Frosch‘ und τοξικόν [φάρμακον]toxikón [phármakon], deutsch Gift, womit man die Pfeile bestreicht‘)[4][5] ist ein extrem potentes neurotoxische Steroid-Alkaloid (Pregnan-Derivat) aus der Haut südamerikanischer Pfeilgiftfrösche der Gattung Blattsteiger (Phyllobates). Es wurde auch in Haut und Gefieder verschiedener Vögel Neuguineas gefunden.[6]

Wissenschaftliche Entdeckung der Gifttiere

Die Existenz von Gifttieren war den Ureinwohnern zwar schon viele Jahrtausende bekannt, Batrachotoxin wurde jedoch erst in den 1960er-Jahren in kolumbianischen Pfeilgiftfröschen der Blattsteiger wissenschaftlich beschrieben. In den 1990er-Jahren stellte sich heraus, dass in der Haut und den Federn des in Neuguinea lebenden Zweifarbenpitohuis (Pitohui dichrous) ebenfalls Batrachotoxin enthalten ist.[6] Auch Pitohui ferrugineus und Mohrenpitohui (Pitohui nigrescens) sowie der Blaukappenflöter (Ifrita kowaldi) aus Neuguinea tragen das Gift in ihren Federn.[6] Die Frösche dagegen weisen tödliche Dosen des Giftes auf, insbesondere der Schreckliche Pfeilgiftfrosch (Phyllobates terribilis), dessen Giftmenge zehn erwachsene Menschen töten könnte.

Wirkung

Batrachotoxin hat keine Wirkung auf gesunder Haut, verursacht jedoch bei der kleinsten Verletzung einen starken, lang anhaltenden Schmerz, ähnlich einem Bienenstich. Orale Aufnahme führt nur bei krankhaften Zuständen des Magen-Darm-Traktes zu Vergiftungen.[1] Sie hemmen die Inaktivierung der Natriumkanäle, sind also Krampfgifte. Berührung der Haut und Federn z. B. mit den Lippen verursacht Kribbeln und Taubheit. Die tödliche Dosis wird für den Menschen auf 1 bis 2 µg/kg Körpergewicht geschätzt. Damit ist das Toxin etwa zehnmal stärker als Tetrodotoxin. Es ist das zurzeit giftigste bekannte Steroidalkaloid.

Quelle des Giftes

Weder Frösche noch Vögel scheinen imstande, Batrachotoxin metabolisch herzustellen. Da die Frösche regional unterschiedlich giftig sind und sie in Gefangenschaft ihre Giftigkeit verlieren, wurde vermutet, dass die Tiere das Gift mit der Nahrung aufnehmen und anreichern. Durch Befragung papuanischer Ureinwohner wurden als Giftquelle Käfer der Gattung Choresine aus der Familie Melyridae wahrscheinlich gemacht; mit ihnen verwandte Käfer kommen auch in Kolumbien vor.[7][8][9]

Umgang des Menschen mit Batrachotoxinen

Im westlichen Kolumbien verwenden Noanamá-Chocó- und Emberá-Chocó-Indianer Batrachotoxin als Pfeilgift für Blasrohre.

Die Giftvögel Neuguineas werden durch die indigene Bevölkerung vor dem Verzehr traditionell sorgfältig gehäutet.[6]

Ein Antidot zu Batrachotoxinen stellt das Lähmgift Tetrodotoxin dar, das Gift des Kugelfisches, das die Natriumkanäle am Nervenaxon blockiert.[1]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c Eintrag zu Batrachotoxine. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 20. Juni 2014.
  2. Dieser Stoff wurde in Bezug auf seine Gefährlichkeit entweder noch nicht eingestuft oder eine verlässliche und zitierfähige Quelle hierzu wurde noch nicht gefunden.
  3. Eintrag zu Batrachotoxin in der ChemIDplus-Datenbank der United States National Library of Medicine (NLM)
  4. Wilhelm Pape, Max Sengebusch (Bearb.): Handwörterbuch der griechischen Sprache. 3. Auflage, 6. Abdruck, Vieweg & Sohn, Braunschweig 1914. 1914, abgerufen am 27. Juli 2020.
  5. Wilhelm Pape, Max Sengebusch (Bearb.): Handwörterbuch der griechischen Sprache. 3. Auflage, 6. Abdruck, Vieweg & Sohn, Braunschweig 1914. 1914, abgerufen am 27. Juli 2020.
  6. a b c d John Tidwell (2001): The intoxicating birds of New Guinea. (Memento vom 9. Juli 2015 im Internet Archive) (PDF) In: ZooGoer. Bd. 30, Nr. 2., 2001.
  7. Stephanie Greenman Stone, Pat Kilduff: New Research Shows that Toxic Birds and Poison-dart Frogs Likely Acquire their Toxins from Beetles. (Memento vom 3. Dezember 2012 im Internet Archive) Newsroom der California Academy of Sciences, Beitrag vom 12. Oktober 2004.
  8. John P. Dumbacher, Avit Wako, Scott R. Derrickson, Allan Samuelson, Thomas F. Spande, John W. Daly: Melyrid beetles (Choresine): A putative source for the batrachotoxin alkaloids found in poison-dart frogs and toxic passerine birds. (PDF) In: PNAS 101, Nr. 45, 2004, S. 15857–15860, doi:10.1073/pnas.0407197101.
  9. Bethany Halford: Birds and beetles: A toxic trail. In: Chemical & Engineering News 82, Nr. 45, 2004, S. 17.

Auf dieser Seite verwendete Medien

Pitohui dichrous.jpg
Autor/Urheber: , Lizenz: CC BY-SA 2.0
Hooded Pitohui, Pitohui dichrous
Schrecklicherpfeilgiftfrosch-01.jpg
Autor/Urheber: Wilfried Berns, Lizenz: CC BY-SA 2.0 de
Schrecklicher Blattsteiger
Batrachotoxin skeletal.svg
Chemical structure of batrachotoxin