Bachviertel

Ansicht von Süd
Musikbibliothek

Das Bachviertel (auch Bachstraßenviertel, auf der Website der Stadt Leipzig auch Musikerviertel[1]; anfangs als „Viertel am Johannapark“ benannt[2]) ist ein gründerzeitlich geprägtes Wohnviertel in der äußeren Leipziger Westvorstadt um die zentrale Sebastian-Bach-Straße, nach der es benannt worden ist. Es gehört zum Stadtbezirk Mitte. Es entstand Mitte bis Ende des 19. Jahrhunderts (Historismus) als Stadterweiterung zwischen Ferdinand-Lasalle-Straße und Käthe-Kollwitz-Straße und gilt mit seiner Blockrandbebauung und seinen Villen neben dem Waldstraßenviertel als besonders gut erhalten.[3] Insbesondere die Leipziger Kirchenmusikgeschichte ist eng mit dem Bachviertel verbunden, es ist Heimat des Bildungscampus Forum Thomanum.[2]

Julburg in der Käthe-Kollwitz-Straße

Bebauungsplan

Maßgeblich für die Bebauung der inneren Leipziger West- und Südvorstadt war der Hochwasserschutz im Rahmen des realisierten Pleißeflutkanals und die Trockenlegung von Auenbereichen Mitte des 19. Jahrhunderts.[2]

Im Jahre 1870 wurde ein „südwestliche[r] Bebauungsplan[4] und 1877 ein Gesamtplan vorgelegt, wonach zwei neue Stadtgebiete, namentlich das Bach- und das Musikviertel, entstehen sollten. Diese wurden Ende des 19. Jahrhunderts an den Parkanlagen Johannapark und König-Albert-Park (heute Teil des Clara-Zetkin-Parks) verwirklicht.[2]

Das Bachviertel wurde als Wohnviertel aufgebaut, das punktuelle Gewerbeflächen in den Höfen bietet. An öffentlichen Einrichtungen waren zwei Schulen, sprich Thomasschule und IV. Bürgerschule, und zwei Kirchen, sprich Lutherkirche und Anglo-amerikanische Kirche, vorgesehen. Das Viertel hat einen rechteckigen Grundriss und erstreckt sich von der Alten Elster im Nordwesten über die Ferdinand-Lassalle-Straße (vormalige Bismarckstraße) im Südosten und die Friedrich-Ebert-Straße (vormalige Weststraße) im Nordosten hin zum Elsterflutbecken im Südwesten. Es wurde eine geschlossene Blockrandbebauung gewählt, deren repräsentative Mietshäuser vier- und fünfstöckig sind. Zentral bildet die Sebastian-Bach-Straße eine Hauptachse. Davon führen Seitenstraßen in eine offene Villenstruktur.[2]

Chronik der Bebauung

Gustav-Mahler-Straße 2
Moschelesstraße

Die ursprünglichste Bebauung des Viertels fand 1855 an der Gustav-Mahler-Straße, nahe der Schreberstraße, statt. In den 1870er Jahren wurden dann Quartiere im Bereich Moscheles- und Hauptmannstraße verwirklicht. Die ersten Villen entstanden ab 1870 an der stark befahrenen Käthe-Kollwitz-Straße (vormalige Plagwitzer Straße), die das Leipziger Stadtzentrum mit Lindenau und Plagwitz verbindet.[2] Jene Bauphase war dann 1875 abgeschlossen.[4]

Der südliche Teil des Viertels gilt als „städtebaulich besonders eindrucksvoll“, da dort von 1881 bis 1888 eine geschlossene Bebauung mit gutbürgerlichen[4] Wohnhäusern stattgefunden hat, deren Fassaden prächtig gestaltet und die selbst mit umfriedeten Vorgärten ausgestattet sind.[2]

Bauliche Besonderheiten

Baugalerie

Architektonisch sind insbesondere die Villa Gebhardt (Arwed Roßbach 1880), die Villa Meyer und das Haus Pommer (Max Pommer 1886), die heutige Thomasschule (Lüders 1879) – Viehwegers Bau von 1877 wurde im Krieg zerstört – und das Thomasalumnat (August Friedrich Viehweger 1881), die heutige Villa Thomana (Max Pommer 1883) und die Lutherkirche (Julius Zeißig 1886) hervorzuheben.[3]

Villengrundstücke

Unter anderem folgende wohlhabende Persönlichkeiten, zuallererst Verleger, die sich im Bachviertel im 19. Jahrhundert Villen errichten ließen, sind zu nennen; ab den 1990er Jahren wurden die Villen vielfach unter Berücksichtigung des Denkmalschutzes saniert:[2]

Forum Thomanum

Einzelne Gebäude um Thomasschule und Alumnat sind Bestandteil des internationalen musischen Bildungszentrums Forum Thomanum.[3] Straßennamen im Bachviertel wurden entsprechend nach den Thomaskantoren Johann Sebastian Bach, Moritz Hauptmann und Johann Adam Hiller gewählt. Wie im 19. Jahrhundert üblich, bekam das Straßennetz ein Rastersystem.[4]

Abgegangene Substanz

Die Anglo-amerikanische Kirche wurde im Zuge der alliierten Luftangriffe auf Leipzig 1943 zerstört.

Sonstiges

Beim Hochwasser im Juli 1954 stand das Bachviertel unter Wasser.[5] Durch das defekte Palmengartenwehr (1917 fertig gestellt) war es zum Wassereinbruch in die Stadt Leipzig gekommen.[6]

Siehe auch

Literatur

  • Sabine Knopf: Buchstadt Leipzig: der historische Reiseführer. Links, Berlin 2011, ISBN 978-3-86153-634-5, S. 74 ff.
  • Barbara Bechter et al. (Bearb.): Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Sachsen II (Regierungsbezirke Leipzig und Chemnitz), begr. von Georg Dehio, Deutscher Kunstverlag, Berlin 1998, ISBN 3-422-03048-4, S. 541–544.
  • Christoph Kühn: Bachstraßenviertel und Musikviertel: eine historische und städtebauliche Studie. Im Auftrag des Stadtplanungsamtes hrsg. von Pro Leipzig, Leipzig 1999.
  • Vera Danzer, Andreas Dix: Leipzig – Eine landeskundliche Bestandsaufnahme im Raum Leipzig. Hrsg.: Haik Thomas Porada. 1. Auflage. Böhlau, Köln / Weimar / Wien 2015, ISBN 978-3-412-22299-4, S. 187 f.
  • Annette Menting: Leipzig: Architektur und Kunst. Reclams Universal-Bibliothek Nr. 19259, Reclam, Stuttgart 2015, ISBN 978-3-15-019259-7, S. 134.

Weblinks

Commons: Bachviertel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Broschüre der Stadt Leipzig, Dezernat Stadtentwicklung und Bau, Das Leipziger Waldstraßen- und Bachstraßenviertel. Eine Dokumentation der städtebaulichen Erneuerung im Förderprogramm Städtebaulicher Denkmalschutz, Leipzig 2017 [1]

Einzelnachweise

  1. Zentrum-West. In: Website der Stadt Leipzig. Abgerufen am 7. Oktober 2021.
  2. a b c d e f g h Danzer & Dix (2015), S. 187 f.
  3. a b c Menting (2015), S. 134.
  4. a b c d Bechter et al. (1998), S. 541 f.
  5. https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/item/RQQLGGX7UCFDM4MZ4LLCNIC636TYM4HI
  6. http://www.luetzschena-stahmeln.de/gesicht/luppe.html

Koordinaten: 51° 20′ 7,5″ N, 12° 21′ 28,8″ O

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