Bürgereid

Urkunde über den geleisteten Bürgereid und das gezahlte Bürgergeld von 40 Mark Courant, ausgestellt in Hamburg 1802

Ein Bürgereid ist die Verpflichtung von Neubürgern einer mittelalterlich-frühneuzeitlichen Stadt, sich an die gegebene Rechtsordnung zu halten und die örtliche Regierung zu respektieren. Der Bürgereid war meist die Voraussetzung dafür, die Bürgerrechte einer Stadt zu erhalten. Sein genauer Wortlaut wurde durch die Stadt schriftlich geregelt und oftmals im Stadtbuch oder im Bürgerbuch festgehalten. Der Bürgereid wurde jeweils am Schwörtag abgelegt. Typologisch wird der Bürgereid zu den promissorischen Eiden (Versprechens-Eiden) gezählt.[1]

Beispiele

Um die Mitte des 15. Jahrhunderts wurde in Bozen bei der Eidleistung den neu aufzunehmenden Bürgern bzw. Inwohnern aufgetragen, folgende Pflichten durch ihren Eid zu beschwören:[2]

  1. Treue dem Landesfürsten;
  2. Gehorsam gegenüber Stadtrat und Bürgermeister;
  3. Bekleidung bzw. Erfüllung aller Ämter und Dienste, die vom Stadtrat im Sinn des Gemeinwohls (wolfart) übertragen werden;
  4. Mithilfe im Katastrophenfall (lanndsneten, auflauffen, durchzigen, sterbleiffen, prunsten, wassergefarn etc.), die die Stadt treffen.

Im Zuge der Reformation in Memmingen (ab 1513) wurden 1525 die Geistlichen in Zünfte aufgenommen und besteuert, und es wurde ihnen der Bürgereid abgenommen.

Während der Französischen Revolution wurde zur Umsetzung der Zivilverfassung des Klerus im November 1790 ein Bürgereid von Bischöfen und Priestern verlangt. Etwa die Hälfte der Priester weigerte sich; nur sieben Bischöfe von insgesamt 135 Amtsträgern legten ihn ab. Viele Priester leisteten ihn gegen ihre Überzeugung, um Nachteile zu vermeiden und die Seelsorge aufrechtzuerhalten. Es kam zu einer Spaltung der Kirche zwischen eidleistenden Priestern (église constitutionelle) und romtreuen Klerikern (église romaine).[3]

Siehe auch

Literatur

  • Sonja Heim: Der Bürgereid im Mittelalter und seine integrationsstiftende Kraft: rituelle Praxis, Funktion und Bedeutungswandel der Schwörtage in Augsburg. Augsburg 2007.
  • Wilhelm Ebel: Der Bürgereid als Geltungsgrund und Gestaltungsprinzip des deutschen und mittelalterlichen Stadtrechts. Weimar 1958.
  • Bernd-Ulrich Hergemöller: Art. Bürgereid. In: Lexikon des Mittelalters. Tl. 2, Zürich 1983, Sp. 1042–1043.

Einzelnachweise

  1. Eberhard Isenmann: Die deutsche Stadt im Mittelalter 1150–1550: Stadtgestalt, Recht, Verfassung, Stadtregiment, Kirche, Gesellschaft, Wirtschaft. Böhlau, Köln/Weimar/Wien 2014, ISBN 978-3-412-22358-8, S. 212–214.
  2. Hannes Obermair: Bozen Süd – Bolzano Nord. Schriftlichkeit und urkundliche Überlieferung der Stadt Bozen bis 1500. Band 2. Stadtgemeinde Bozen, Bozen 2008, ISBN 978-88-901870-1-8, S. 103, Nr. 1032.
  3. Stefan Samerski: Öffentliche Materialien zur Vorlesung Kirchengeschichte der Neuzeit II (PDF; 141 kB). S. 2–4, gesehen im Januar 2019.

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Hamburger Bürgereid 1802.jpg
Hamburger Bürgerbrief über den geleisteten Bürgereid und die gezahlten 40 Mark Courant, ausgestellt am 27. Aug. 1802 für Martin Friedrich Gotthaus, unterzeichnet Andersen(?)