Böckwitz

Böckwitz
Stadt Klötze
Koordinaten:52° 34′ N, 10° 57′ O
Höhe: 66 m
Fläche:7,72 km²[1]
Einwohner:125 (31. Dez. 2022)[2]
Bevölkerungsdichte:16 Einwohner/km²
Eingemeindung:1. Januar 1974
Eingemeindet nach:Jahrstedt
Postleitzahl:38486
Vorwahl:039008
Böckwitz (Sachsen-Anhalt)

Lage von Böckwitz in Sachsen-Anhalt

Böckwitz von Zicherie aus gesehen
Böckwitz von Zicherie aus gesehen

Böckwitz ist ein Ortsteil der Ortschaft Jahrstedt und der Stadt Klötze im Altmarkkreis Salzwedel in Sachsen-Anhalt.

Geographie

Das Rundlingsdorf Böckwitz liegt etwa 15 Kilometer südwestlich von Klötze in der Altmark am Grenzgraben Böckwitz-Zicherie, der hier die Grenze zu Niedersachsen bildet. Direkt benachbart ist der heutige Bromer Ortsteil Zicherie in Niedersachsen. Geologisch gesehen liegt das Dorf auf der Calvörder Scholle in der Nähe des Feuchtgebietes Drömling.[3]

Geschichte

Mittelalter bis Neuzeit

Das Dorf Böckwitz wird erstmals 1420 urkundlich als dacz dorff czu Bakewissche (Orig. kokewitze) erwähnt, als Markgraf Friedrich Günzel von Bartensleben in der Herrschaft Wolfsburg belehnt.[4] Weitere Nennungen sind 1492 bakewitze,[5] 1687 Bockevitze und 1804 Böckwitz und Böckefitz.[1]

Bis 1945 gingen die Zicherier Kinder in Böckwitz zur Schule. Durch die Errichtung der innerdeutschen Grenze und die schrittweise Abriegelung kamen die Kontakte bis 1952 weitgehend zum Erliegen. Damals wurden bei Zwangsaussiedlungen Häuser, die direkt an der Grenze lagen, abgerissen. Am 12. Oktober 1961 wurde südlich des Ortes der westdeutsche Journalist Kurt Lichtenstein erschossen, als er versuchte, mit Landarbeitern aus der DDR zu sprechen. Er war das erste Todesopfer an der Grenze nach dem Mauerbau in Berlin. Die Teilung des Doppeldorfs Böckwitz/Zicherie wurde in der Bundesrepublik Deutschland als Beispiel der Unmenschlichkeit der Grenze thematisiert. So wurden Abbildungen von grenznahen Häusern der beiden Dörfer in Schulbüchern abgedruckt. Heute liegt Böckwitz am Grünen Band Deutschland.

Eingemeindungen

Bis 1807 gehörte das Dorf zum Salzwedelischen Kreis der Mark Brandenburg in der Altmark. Danach lag es 1807 bis 1808 im Kanton Brome und von 1808 bis 1813 im Kanton Jübar auf dem Territorium des napoleonischen Königreichs Westphalen. Ab 1816 gehörte die Gemeinde zum Kreis Salzwedel, dem späteren Landkreis Salzwedel.[1]

Böckwitz wurde am 15. Juni 1950 in den neuen Kreis Gardelegen umgegliedert.[6] Am 25. Juli 1952 kam die Gemeinde dann zum Kreis Klötze. Am 1. Januar 1974 wurde Böckwitz in die Gemeinde Jahrstedt eingemeindet.[7] Mit der Eingemeindung von Jahrstedt nach Klötze am 1. Januar 2010 kam der Ortsteil Böckwitz zur neu entstandenen Ortschaft Jahrstedt und zur Stadt Klötze.

Einwohnerentwicklung

JahrEinwohner
173464
177463
178975
179883
180183
181871
JahrEinwohner
1840132
1864150
1871155
1892[0]171[8]
1885182
1895190
JahrEinwohner
1900[0]175[8]
1905190
1910[0]202[8]
1925216
1939200
1946272
JahrEinwohner
2017[0]127[9]
2018[0]139[9]
2020[00]131[10]
2021[00]123[10]
2022[0]125[2]

Quelle, wenn nicht angegeben, bis 1946:[1]

Religion

Die evangelischen Christen aus Böckwitz sind in die Kirchengemeinde Steimke eingekircht, die früher zur Pfarrei Steimke gehörte[11] und heute betreut wird vom Pfarrbereich Steimke-Kusey im Kirchenkreis Salzwedel im Propstsprengel Stendal-Magdeburg der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland.[12]

Böckwitz hatte nie eine Kirche. Anfangs, im Jahr 1686, eingekircht in Steimke, gehörte es ab 1794 mal zu Brome mal zu Altendorf im Lüneburgischen. Nachdem 1854 die Pfarrei Steimke endgültig von der Pfarrei Brome abgezweigt wurde, blieb Böckwitz dauerhaft bei Steimke.[1]

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Museum

Museum

Im Museum Böckwitz werden seit 1996 auf einer Fläche von etwa einem Hektar mehr als 10.000 Exponate der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Landwirtschafts- und Grenzgeschichte des Ortes werden hier dokumentiert. In einer noch im Aufbau befindlichen Grenzausstellung werden Bild-, Wort- und sonstige Originaldokumente ausgestellt. Das Museumsgelände ist ein alter Bauernhof mit fachwerkgetreuen Scheunen, einem 2002 wieder aufgebauten Backhaus von 1911 und einem Bauerngarten, der nach früheren Richtlinien gestaltet wurde. In einem Seitenbauwerk befinden sich historische Geräte, Maschinen, Kleidungsstücke und andere typisch altmärkische Exponate. Eine Schmiede-, Küchen- und Schlafzimmerausstellung gehört ebenfalls zum Museumsareal. Das Museum wird durch einen Verein betrieben, der auch traditionelle Brauchtumsfeste, wie zum Beispiel Kräutertage, Getreidemahd und Dreschtag, aber auch Lesungen zur Grenzgeschichte durchführt.[13]

Grenzbefestigungen von 1952 bis 1989 (von rechts nach links) am Grenzlehrpfad

Das Museum betreibt einen Grenzlehrpfad, der südlich von Böckwitz liegt. Dort gibt es einen original erhaltenen Grenzbeobachtungsturm sowie chronologisch gestaffelte Grenzanlagen, die die geschichtliche Entwicklung der Absperrungen zwischen Böckwitz und Zicherie aufzeigen. Zur Eröffnung pflanzte Hans-Dietrich Genscher dort 1998 einen Ahorn.

Kulturdenkmale

  • Der Ortsfriedhof liegt im Nordosten des Dorfes.
  • In der Ortsmitte steht ein Denkmal für die Gefallenen des Ersten und Zweiten Weltkrieges, eine Stele gekrönt mit einem steinernen Kreuz.[14]

Wirtschaft und Infrastruktur

Landwirtschaft

Bei der Bodenreform wurden 1945 folgende Flächen erfasst: Eine Besitzung über 100 Hektar mit 106 Hektar, 30 Besitzungen unter 100 Hektar hatten zusammen 583 Hektar, die Gemeinde hatte vier Hektar. 1946 wurden 106,6 Hektar enteignet und auf 17 Siedler aufgeteilt. Bereits im Jahre 1952 entstand die erste Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft, die LPG Typ III „Voran“. 1959 wurde diese an die LPG Typ III „Karl Marx“ in Jahrstedt angeschlossen.[1]

Vereine

  • Museumsverein für landwirtschaftliche Geräte und Maschinen, sowie für deutsch-deutsche Geschichte e. V., Träger des Museums
  • Der Schützenverein Zicherie-Böckwitz e. V. wurde bereits 1872 in Böckwitz gegründet.[15]
  • Schießsportgruppe Zicherie-Böckwitz von 1984 e. V.

Literatur

  • Heinrich Thies: Weit ist der Weg nach Zicherie. Die Geschichte eines geteilten Dorfes an der deutsch-deutschen Grenze. Hoffmann & Campe Verlag, Hamburg 2005, ISBN 3-455-09529-1.
  • J[ohann] A[ugust] F[riedrich] Hermes: Historisch-geographisch-statistisch-topographisches Handbuch vom Regierungsbezirke Magdeburg. Hrsg.: J[ohann] A[ugust] F[riedrich] Hermes, M[ichael] J[ulius] Weigelt. Zweiter, oder topographischer Teil. Selbstverlag und W. Heinrichshofen in Kommission, Magdeburg 1842, OCLC 1071081004, S. 326, 18. Böckwitz (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  • Peter P. Rohrlach: Historisches Ortslexikon für die Altmark (= Historisches Ortslexikon für Brandenburg. Teil XII). Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2018, ISBN 978-3-8305-2235-5, S. 264–266, doi:10.35998/9783830522355 (E-Book zur zweibändigen Druckausgabe).
  • Wilhelm Zahn: Heimatkunde der Altmark. Nach Hinterlassenschaften des Verfassers bearbeitet von Martin Ehlies. 2. Auflage. Verlag Salzwedeler Wochenblatt, Graphische Anstalt, Salzwedel 1928, OCLC 614308966, S. 134 (Reprint 2018, SelbstVerlag Eugen & Constanze Gliege).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d e f Peter P. Rohrlach: Historisches Ortslexikon für die Altmark (= Historisches Ortslexikon für Brandenburg. Teil XII). Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2018, ISBN 978-3-8305-2235-5, S. 264–266, doi:10.35998/9783830522355 (E-Book zur zweibändigen Druckausgabe).
  2. a b Markus Schulze: Immerhin: Sieben Leute mehr. In: Klötzer Volksstimme, Klötzer Rundschau. 19. Januar 2023, DNB 1047268213, S. 13.
  3. Sachsen-Anhalt-Viewer des Landesamtes für Vermessung und Geoinformation (Hinweise)
  4. Adolph Friedrich Riedel: Codex diplomaticus Brandenburgensis: Sammlung der Urkunden, Chroniken und sonstigen Quellschriften. Hauptteil 1. Band 17. Berlin 1859, S. 273 (Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3D~IA%3D~MDZ%3D%0A10000995~SZ%3D311~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D).
  5. Adolph Friedrich Riedel: Codex diplomaticus Brandenburgensis: Sammlung der Urkunden, Chroniken und sonstigen Quellschriften. Hauptteil 1. Band 17. Berlin 1859, S. 302 (Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3D~IA%3D~MDZ%3D%0A10000995~SZ%3D340~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D).
  6. Erste Verordnung zum Gesetz zur Änderung der Kreis- und Gemeindegrenzen vom 27. April 1950 (GuABl. S. 161). In: Landesregierung Sachsen-Anhalt (Hrsg.): Gesetz- und Amtsblatt des Landes Sachsen-Anhalt. Nr. 15. Halle (Saale), S. 226 (PDF).
  7. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Gemeinden 1994 und ihre Veränderungen seit 01.01.1948 in den neuen Ländern. Metzler-Poeschel, Stuttgart 1995, ISBN 3-8246-0321-7, S. 358, 361.
  8. a b c Wilhelm Zahn: Heimatkunde der Altmark. Nach Hinterlassenschaften des Verfassers bearbeitet von Martin Ehlies. 2. Auflage. Verlag Salzwedeler Wochenblatt, Graphische Anstalt, Salzwedel 1928, OCLC 614308966, S. 134 (Reprint 2018, SelbstVerlag Eugen & Constanze Gliege).
  9. a b Stadt Klötze, Einwohnermeldeamt: Einwohnerbestand am 31.12.2018. 9. Januar 2019.
  10. a b Markus Schulze: Weiterhin mehr Frauen als Männer. In: Klötzer Volksstimme, Klötzer Rundschau. 21. Januar 2022, DNB 1047268213, S. 18.
  11. Pfarr-Almanach oder die evangelischen Geistlichen und Kirchen der Provinz Sachsen der Grafschaften Wernigerode, Rossla und Stolberg. 19. Jahrgang, 1903, ZDB-ID 551010-7, S. 52 (genealogy.net [Volltext und Scan]).
  12. Steimke-Kusey. Abgerufen am 31. Dezember 2018.
  13. Reportage des Deutschlandfunks zu Böckwitz und Zicherie 2007
  14. Böckwitz, Stadt Klötze, Altmarkkreis Salzwedel. In: denkmalprojekt.org. Onlineprojekt Gefallenendenkmäler, 1. April 2018, abgerufen am 2. Oktober 2022.
  15. Schützenverein Zicherie-Böckwitz e. V. von 1872

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Böckwitz, Sachsen-Anhalt, frühere Grenzanlagen im Grenzmuseum Böckwitz