Automatenstahl

Ein Automatenstahl ist ein Stahl, der für die spanenden Fertigungsverfahren Drehen und Bohren (ununterbrochener Schnitt) auf automatisierten Werkzeugmaschinen optimiert ist. Wie der Name sagt, werden Automatenstähle hauptsächlich für die Serienfertigung mit Drehautomaten und kombinierten Bearbeitungszentren verwendet. Die wichtigsten Automatenstähle sind in der ISO 683-4 genormt. Frühere Normen waren die zurückgezogenen DIN 1651, EN 10087 bzw. EN 10277-3.

  • Durch Legieren mit Phosphor oder Schwefel bilden sich spröde Einschlüsse, an denen die Späne brechen können.
  • Durch Legieren mit Blei entstehen feinverteilte heterogene Bleieinschlüsse im Stahl, an denen die Späne brechen können. Automatenstähle für sehr hohe Schnittgeschwindigkeiten werden mit Blei legiert. Da während des Legierens aus der Schmelze toxische Bleidämpfe frei werden, muss eine besondere Ausrüstung des Stahlwerks zum Absaugen und Abscheiden der Dämpfe eingesetzt werden. Deshalb werden bleilegierte Automatenstähle nicht mehr in großen Mengen hergestellt.
  • Durch Legieren mit Schwefel (0,08 %–0,4 %) und Mangan (0,7 %–1,7 %) können ähnliche Eigenschaften eingestellt werden wie mit der Bleilegierung. Durch den Schwefelzusatz entstehen weiche, zeilenförmig ausgeprägte Mangansulfideinschlüsse im Stahl, an denen die Späne brechen.

Normung

Weltweite Normung (aktuell)

ISO 683-4
BereichWerkstoffe
TitelFür eine Wärmebehandlung bestimmte Stähle, legierte Stähle und Automatenstähle
TeileTeil 4: Automatenstähle
Erstveröffentlichung2016
Letzte Ausgabe2016
Klassifikation77.140.10; 77.140.20
Nationale NormenDIN EN ISO 683-4
ÖNORM EN ISO 683-4
SN EN ISO 683-4
Ersatz fürEN 10087

Automatenstähle sind nach ISO 683-4[1][2] genormt. Die Einteilung der Stahlsorten erfolgt nach ISO 4948-1 und ISO 4948-2. Alle Stähle nach diesem Teil der ISO 643 sind unlegierte Qualitätsstähle.

Bezeichnung der Stähle in diesem Teil der ISO 683 und vergleichbarer Sorten in anderen Bezeichnungssystemen
Stahlbezeichnung nacha
ISO 683-4SAEbEN 10087JISdGB / T 8731-2008e
ISO-KurznameISO-Werkstoffnummeri/n/wfi/n/wfi/n/wfi/n/wf
Stähle, die nicht für eine Wärmebehandlung bestimmt sind
9S20------SUM21nY08w
11SMn30-SAE 1215n11SMn301.0715iSUM22nY15n
11SMnPb30-SAE 12L15n11SMnPb301.0718iSUM22LnY15Pbn
11SMn37---11SMn371.0736i----
11SMnPb37---11SMnPb371.0737i----
Einsatzstähle
10S20---10S201.0721i--Y12n
10SPb20---10SPb201.0722i--Y12Pbw
15SMn13---15SMn131.0725i----
17SMn20----------
Vergütungsstähle
35S20---35S201.0726i--Y30w
35SPb20---35SPb201.0756i----
36SMn14-SAE 1137n36SMn141.0764iSUM41n--
36SMnPb14-SAE 11L37n36SMnPb141.0765i----
35SMn20--------Y40Mnn
35SMnPb20----------
38SMn28---38SMn281.0760i----
38SMnPb28---38SMnPb281.0761i----
44SMn28-SAE 1144n44SMn281.0762iSUM43nY45Mnw
44SMnPb28-SAE 11L44n44SMnPb281.0763i--Y45MnSPbn
46S20---46S201.0727i--Y45i
46SPb20---46SPb201.0757i----
  • a Quellen siehe Literaturhinweise.
  • b SAE-Stähle aufgeführt in SAE-Normen.
  • c Europäische Stähle nach EN 10087 und der „Stahl-Eisen-Liste“, falls die Stahlnummer in Klammern angegeben ist, ist der Stahl nur in der „Stahl-Eisen-Liste“ geführt.
  • d Japanische Industrienorm.
  • e Chinesische nationale Norm.
  • f i = identische Stahlsorte zur ISO-Sorte; n = Stahl mit sehr ähnlicher Zusammensetzung, aber nicht identisch; w = ähnliche Zusammensetzung.
  • Wärmebehandlungszustand nach Tabelle 1: unbehandelt „+U“, vergütet „+QT“

gegenüber EN 10087:1999-01 9S20, 17SMn20, 35SMn20 und 35SMnPb20 hinzugefügt

Europäische Normung (zurückgezogen)

EN 10087
BereichWerkstoffe
TitelAutomatenstähle - Technische Lieferbedingungen für Halbzeug, warmgewalzte Stäbe und Walzdraht
Erstveröffentlichung1998
Letzte Ausgabe1998
Zurückgezogen2018
Klassifikation77.140.50; 77.140.60; 77.140.65
Nationale NormenDIN EN 10087
Ersatz fürDIN 1651

Alle Stähle in dieser Europäischen Norm EN 10087[3][4][5][6] sind nach EN 10020 als unlegierte Qualitätsstähle eingeteilt.

Stahlbezeichnung
KurznameWerkstoffnummer
Nicht für eine Wärmebehandlung bestimmte Stähle
11SMn301.0715
11SMnPb301.0718
11SMn371.0736
11SMnPb371.0737
Einsatzstähle
10S201.0721
10SPb201.0722
15SMn131.0725
Vergütungsstähle
35S201.0726
35SPb201.0756
36SMn141.0764
36SMnPb141.0765
38SMn281.0760
38SMnPb281.0761
44SMn281.0762
44SMnPb281.0763
46S201.0727
46SPb201.0757

gegenüber DIN 1651 wurden gestrichen die Sorten 15 S 10 (1.0710), 60 S 20 (1.0728) und 60 SPb 20 (1.0758), hinzugefügt die Sorten 15SMn13 (1.0725), 38SMn26 (1.0760), 38SMnPb26 (1.0761), 44SMn28 (1.0762), 44SMnPb28 (1.0763), 36SMn14 (1.0764) und 36SMnPb14 (1.0765)

Nationale Normung (zurückgezogen)

DIN 1651
BereichWerkstoffe
TitelAutomatenstähle; Technische Lieferbedingungen
ErstveröffentlichungAugust 1944
Letzte AusgabeApril 1988
Zurückgezogen1999
KlassifikationDK 669.14.018.23 : 620.1
Ersatz fürDIN 1651:1970-04
NormverweisEN 10087

Die Normung erfolgte nach DIN 1651[7][8].

Liste vergleichbarer Automatenstähle auf Basis DIN 1651
Automatenstähle nach
DIN 1651EURONORM 87-70ISO/DIS 683/9
KurznameWerkstoffnummerKurzname1)Kurzname1)
Automatenstähle für allgemeine Verwendung
--10 S 229 S 20
9 SMn 281.071511 SMn 2811 SMn 28
9 SMnPb 281.071811 SMnPb 2811 SMnPb 28
9 SMn 361.073612 SMn 3512 SMn 35
9 SMnPb 361.073712 SMnPb 3512 SMnPb 35
Automaten-Einsatzstähle
15 S 101.0710--
10 S 201.072110 S 2010 S 20
10 SPb 201.072210 SPb 2010 SPb 20
--12 S Mn 20-
--17 S 20-
---17 SMn 20
Automaten-Vergütungsstähle
35 S 201.072635 S 2035 S 20
35 SPb 201.0756-2)
--35 SMn 2035 SMn 20
45 S 201.072745 S 2046 S 20
45 SPb 201.0757-2)
---44 SMn 28
60 S 201.072860 S 20-
60 SPb 201.0758--
  • 1) In dieser Spalte ist der Grad der Übereinstimmung in der chemischen Zusammensetzung der Stähle nach dieser Norm einerseits und der Stähle nach den internationalen Unterlagen andererseits gekennzeichnet. Es bedeutet:
    • ○ nicht unwesentliche Abweichungen
  • 2) Die Lieferung einer anderen Sorte kann vereinbart werden.
  • Wärmebehandlungszustand nach Tabelle 1: warmgeformt "U", geschält "SH", kaltgezogen "K"

gegenüber früherer Ausgabe Stahl 9 S 20 (1.0711) gestrichen, Stähle 15 S 10 (1.0710), 35 SPb 20 (1.0756), 45 SPb 20 (1.0757) und 60 SPb 20 (1.0758) neu aufgenommen

Frühere Ausgaben

  • 1970-04[9]
  • 1960-11
  • 1954-08
  • 1944-08

Einsatzbeispiele üblicher Stahlsorten

In der Tabelle sind einige der bekanntesten Vertreter des Automatenstahls aufgeführt.

StahlsorteWerkstoff-Nr.:Chem. Zusammensetzung %Eigenschaften
9 S 201.0711C ≤0,13 %, Si ≤0,05 % Mn 0,9 %, P ≤0,1 %, S 0,2 %Für Teile mit geringer Beanspruchung.
11 SMn 301.0715C ≤0,11 %, Si ≤0,05 % Mn 1,1 %, P ≤0,11 %, S 0,3 %Für Teile mit geringer Beanspruchung.
9 SMnPb 281.0718C ≤0,14 %, Si ≤0,05 % Mn 1,1 %, P ≤0,11 %, S 0,3 %, Pb 0,28 %Für Teile mit geringer Beanspruchung. Pb-Zusatz um glatte Bearbeitungsflächen zu erzielen.
11 SMn 37 / 9 SMn 361.0736C ≤0,14 %, Si ≤0,05 % Mn 1,3 %, P ≤0,11 %, S 0,37 %Für Teile mit geringer Beanspruchung.
11 SMnPb 37 / 9 SMnPb 361.0737C ≤0,14 %, Si ≤0,05 % Mn 1,3 %, P ≤0,11 %, S 0,37 %, Pb 0,28 %Für Teile mit geringer Beanspruchung. Pb-Zusatz um glatte Bearbeitungsflächen zu erzielen.
11 SMnPbTe 371.0738C ≤0,14 %, Si ≤0,05 % Mn 1,3 %, P ≤0,11 %, S 0,37 %, Pb 0,28 %, Te 0,04 %Variante des 1.0737. Pb-Zusatz um glatte Bearbeitungsflächen zu erzielen. Tellur verbessert die Zerspanbarkeit beim Drehen.
11 SMnPbBiTe 371.0739C ≤0,14 %, Si ≤0,05 % Mn 1,3 %, P ≤0,11 %, S 0,37 %, Pb 0,28 %, Bi 0,065 %, Te 0,015 %Für Teile mit geringer Beanspruchung. Pb-Zusatz um glatte Bearbeitungsflächen zu erzielen. Bismut verbessert, wie Tellur die Zerspanbarkeit beim Drehen.
10 S 201.0721C 0,1 %, Si ≤0,4 % Mn 0,9 %, P ≤0,06 %, S 0,2 %Einsatzhärtbarer Automatenstahl für z. B. Bolzen oder Kegelstifte.
10 SPb 201.0722C 0,1 %, Si ≤0,4 % Mn 0,9 %, P ≤0,06 %, S 0,2 %, Pb 0,28 %Einsatzhärtbarer Automatenstahl für z. B. Bolzen oder Kegelstifte.

Zerspanbarkeit

Automatenstahl wird wegen guter Zerspanbarkeit angewendet: geringe Zerspankräfte, geringer Verschleiß, guter Spanbruch, gute Oberflächenqualitäten und hohe Standzeiten. Diese werden durch die schützende und schmierende Wirkung von Blei und Mangansulfid erreicht.

Literatur

  • Europa-Lehrmittel: Tabellenbuch Metall. 30. Auflage. Pforzheim 1978, ISBN 3-8085-1060-9
  • Verlag Stahlschlüssel Wegst GmbH: Stahlschlüssel. Auflage 2001. Verlag Stahlschlüssel Wegst GmbH, Marbach 2001, ISBN 3-922599-17-6
Wiktionary: Automatenstahl – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Stahl und Eisen Gütenormen 4/1. Maschinenbau, Werkzeugbau. In: DIN-Taschenbuch. 2. Auflage. Band 404/1. Beuth, Berlin 2019, ISBN 978-3-410-29341-5.
  2. Stahl und Eisen Gütenormen 4/1. Maschinenbau, Werkzeugbau. In: DIN-Taschenbuch. 3. Auflage. Band 404/1. Beuth, Berlin 2023, ISBN 978-3-410-31578-0.
  3. Stahl und Eisen Gütenormen 4. Maschinenbau, Werkzeugbau. In: DIN-Taschenbuch. 3. Auflage. Band 404. Beuth, Berlin 2002, ISBN 3-410-15234-2.
  4. Stahl und Eisen Gütenormen 4. Maschinenbau, Werkzeugbau. In: DIN-Taschenbuch. 4. Auflage. Band 404. Beuth, Berlin 2005, ISBN 3-410-16094-9.
  5. Stahl und Eisen Gütenormen 4. Maschinenbau, Werkzeugbau. In: DIN-Taschenbuch. 5. Auflage. Band 404. Beuth, Berlin 2009, ISBN 978-3-410-17622-0.
  6. Stahl und Eisen Gütenormen 4/1. Maschinenbau, Werkzeugbau. In: DIN-Taschenbuch. 1. Auflage. Band 404/1. Beuth, Berlin 2013, ISBN 978-3-410-23924-6.
  7. Stahl und Eisen Gütenormen 4. Maschinenbau, Werkzeugbau. In: DIN-Taschenbuch. 1. Auflage. Band 404. Beuth, Berlin 1993, ISBN 3-410-12833-6.
  8. Stahl und Eisen Gütenormen 4. Maschinenbau, Werkzeugbau. In: DIN-Taschenbuch. 2. Auflage. Band 404. Beuth, Berlin 1998, ISBN 3-410-14129-4.
  9. Stahl und Eisen Gütenormen 1. In: DIN-Taschenbuch. 27. Auflage. Band 4. Beuth, Berlin 1985, ISBN 3-410-11855-1.

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