Aula der Georg-August-Universität

Panorama der Aula
Die Aula um 1837
Denkmalsenthüllung 1837 mit Aula hinten links
Tympanon mit den Allegorien der vier klassischen Fakultäten Theologie, Jura, Medizin und Philosophie

Die Aula der Georg-August-Universität wurde zur Feier des ersten Centenniums der Universität Göttingen 1837 als Aula im klassizistischen Stil errichtet. Sie wurde im Auftrag von König Wilhelm IV. von Großbritannien und Hannover als Stifter zur Hundertjahrfeier am damaligen Neuen Markt in Göttingen errichtet.

Baugeschichte

Denkmal für Wilhelm IV. vor der Aula

Die Aula am heutigen Göttinger Wilhelmsplatz ist das wesentliche Universitätsgebäude, das zeitlich zwischen der ersten Bauwelle nach der Gründung im 18. Jahrhundert und den Erweiterungsbauten durch die Preußische Kultusverwaltung nach der Annexion Hannovers durch Preußen 1866 entstand. Nach längerer erfolgloser Suche nach einem geeigneten Bauplatz in der Nähe der damaligen Hauptgebäude der Universität rund um die Paulinerkirche entschied man sich für ein Grundstück am Neuen Markt, dessen Ränder seit 1820 sukzessive neu bebaut und gestaltet wurden. Für die Universität wurde das Palais des Bürgermeisters Conrad Hieronymus Tuckermann als Bauplatz für das neue Auditorium erworben. Erste Planungen des eher unbekannten Architekten Otto Praël aus dem Jahr 1832 wurden nach Vorsprache von Göttinger Professoren unter der Führung des Philologen Karl Otfried Müller beim Hof in Hannover in Richtung auf mehr repräsentative Wirkung des Gebäudes überarbeitet. Müller verstand es, später in besonderem Maße seine Vorstellungen bei Raumgestaltung und Ausstattung durchzusetzen, seine Position im Polychromiestreit schlug sich auch in der farblichen Ausgestaltung nieder. 1835 wurde mit dem Bau begonnen, der junge Hermann Hunaeus assistierte Praël, und die Bauausführung lag bei dem bekannten Göttinger Baumeister Christian Friedrich Andreas Rohns. Der Baukörper hat durch seinen Gartenflügel einen Grundriss in T-Form. Die spätklassizistische Fassade zeigt eine reiche Bauplastik in Naturstein geschaffen von dem damals am hannoverschen Hof tätigen Bildhauer Ernst von Bandel, der auch das Denkmal mit der Statue von König Wilhelm IV. auf dem später nach ihm benannten Wilhelmsplatz schuf. Bandel und Rohns waren miteinander befreundet. Die gesamte Architektur ist stark an Karl Friedrich Schinkels Architektursprache angelehnt, ohne dass eine direkte oder indirekte Einflussnahme von Schinkel auf Planung oder Ausführung bislang nachgewiesen werden konnte. Wenige Monate nach Fertigstellung der Aula und den Feierlichkeiten zum Universitätsjubiläum überschattete allerdings der Hannoversche Verfassungskonflikt die Freude über das neue Gebäude, und die Universität musste den Verlust der Göttinger Sieben verkraften.

Innenräume

Die Große Aula im Gartenflügel kann mit der davorliegenden Kleinen Aula zu einem Veranstaltungsraum verbunden werden, indem mehrere Flügeltüren in der Wand zwischen den hintereinanderliegenden Räumen geöffnet werden. Sie fasst dann bis zu 1400 Personen. Hinter dem Rednerpult der Großen Aula befindet sich die Königswand mit den Porträts aller britisch-hannoverschen Herrscher von der Gründung der Universität 1737 bis zur Annexion durch Preußen 1866. Diese hatten sich allesamt das Amt des Rektors vorbehalten, so dass der höchste Repräsentant der Universität vor Ort in Göttingen der Prorektor war. Hinzu kommen die Büsten der Professoren auf freistehenden Podesten an den weiteren Wänden, die sich im klassizistischen Stil in weißem Marmor in das von Müller vorgegebene Raumprogramm einfügen. Zwei von ihnen wurden am 18. Juni 2009 bei einem Übergriff im Zusammenhang mit Protesten gegen die Studienbedingungen schwer beschädigt: David Hilbert sowie irreparabel Christian Gottlob Heyne.[1]

Im östlichen Flügel des Vorderhauses finden sich die Empfangsräume, früher des Prorektors und heute des Rektors der Universität. Der westliche Flügel enthält zur Straßenseite den Sitzungssaal der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, der für seine Ausgestaltung mit Wandmalereien, die Apollon und Musen der klassischen Mythologie zeigen, bekannt ist.

Karzer

Zelle im Karzer

Der Karzer der Universität befindet sich auf zwei Etagen an der rückwärtigen Gartenseite des westlichen Flügels, also hinter dem Saal der Akademie. Im ersten und zweiten Stock sind hier je vier Zellen angeordnet, die farbenprächtig mit den naiven Malereien der einst einsitzenden Studenten versehen sind. Der obere Karzer kann als kleines Museum der Universitäts- und Studentengeschichte mit der Aula besichtigt werden.

Bis ins 20. Jahrhundert hinein besaß die Universität die alleinige Gerichtsbarkeit über ihre Angehörigen. Für Göttinger Studenten war ein Aufenthalt von bis zu 14 Tagen Dauer möglich. Strafbare Vergehen waren unter anderem Beleidigung, öffentliche Trunksucht, nächtliches Lärmen, Faulheit und zu schnelles Reiten in der Stadt.[2]

Der spätere Reichskanzler Otto von Bismarck verbrachte hier insgesamt 18 Tage. Zeitweise gehörte es für den Göttinger Studenten sogar zum guten Ton, eine Nacht im Karzer verbracht und sich auf den weiß gekalkten Wänden verewigt zu haben.

Literatur

  • Marianne Bergmann, Christian Freigang: Das Aula-Gebäude der Göttinger Universität. Deutscher Kunstverlag, München/Berlin 2006, ISBN 3-422-02004-7.
  • Das Aulagebäude der Universität Göttingen. Göttingen 2013 (Digitalisat).
  • Gerd Unverfehrt: Ernst von Bandels Göttinger Arbeiten, in: Göttinger Jahrbuch, Bd. 24, 1976, S. 73–97, hier S. 75 ff.

Weblinks

Commons: Aula (Göttingen) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Göttinger Tageblatt online 18. Juni 2009
  2. Das Aulagebäude der Universität Göttingen, S. 21.

Koordinaten: 51° 32′ 2,6″ N, 9° 56′ 16,7″ O

Auf dieser Seite verwendete Medien

2014-göttingen-historikertag 186.jpg
(c) Ziko van Dijk, CC BY-SA 3.0
Historikertag 2014 in Göttingen.
Karl Otfried Müller Büste.jpg
Karl Otfried Müller (1797–1840), deutscher Altertumswissenschaftler zu Göttingen. Marmorbüste, geschaffen vom Berliner Bildhauer Alexander Tondeur auf Anregung des ehemals Göttinger Professors für Klassische Philologie und Archäologie Ernst Curtius. Die Büste wurde 1880 als Pendant zu einer Statue Winckelmanns in der „Ruhmeshalle“ des Alten Museums aufgestellt, in der Zeit des Nationalsozialismus jedoch entfernt und in ein Depot ausgelagert. Das Göttinger Exemplar ist eine Wiederholung desselben Werkes, die 1900 im Historischen Saal der Universitätsbibliothek aufgestellt wurde und sich heute im Vestibül des Aulagebäudes am Wilhelmsplatz befindet. Abgüsse befinden sich u. A. im Seminar für Klassische Philologie und im Institut für Archäologie der Universität Göttingen.
Aula Georgia Augusta Göttingen.jpg
(c) Stefan Flöper / Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0
Blick in die Universitätsaula, Göttingen, Deutschland
Besemann - Die neue Aula der Universitaet (um 1837).png
Das Blatt zeigt den vom Universitätsarchitekten Otto Praël (1793–1862) entworfenen, 1835 zum Universitätsjubiläum begonnenen und 1837 fertiggestellten Neubau der Universitätsaula Göttingen von der südöstlichen Ecke der Burgstraße über den „Neuen Markt“ gesehen.
Göttingen-Karzer.Arrest.Cell.05.JPG

Description: Göttingen, University Karzer (arrest cell for students), in the Aula at Wilhelmsplatz. The graffiti on the wall states that the writer was incarcerated for pulling down a "no parking" sign.

  • Author: Thangmar, photo taken myself, 06.08.2005
  • Licence:
King William IV. monument Göttingen.jpg
Autor/Urheber: Photo: Andreas Praefcke, Lizenz: CC BY 3.0
Göttingen (Germany), Wihelmsplatz: Monument to William IV, King of the United Kingdom of Great Britain and Ireland, and King of Hanover
Göttingen - Universitätsaula mit Tympanon.JPG
Autor/Urheber: Rabe!, Lizenz: CC BY-SA 4.0
de:Göttingen: de:Aula der Georg-August-Universität, Tympanon mit Allegorien der vier klassischen Fakultäten (Theologie, Jura, Medizin, Philosophie)

Widmung:

GUILIELMUS.IV.REX.ACADEMIÆ.SUÆ.GEORGIÆ.AUGUSTÆ.ET.BONIS.ARTIBUS.MDCCCXXXVII
König Wilhelm IV. seiner Georg-August-Akademie und den nützlichen Künsten im Jahr 1837
Goe Aula pano.jpg
Autor/Urheber: Daniel Schwen, Lizenz: CC BY-SA 2.5
Aula der Universitaet Göttingen
Säkularfeier Denkmalsenthüllung 1837.jpg
Enthüllung der Statue König Wilhelms IV., kolorierte Lithographie von C. Rohde und Lange, um 1837, Denkmalsweihe am ersten Tage der Säcularfeier der Universität Göttingen, 17. September 1837