Auf de schwäbsche Eisebahne

Verlaufskarte mit den besungenen Stationen
Darstellung in den Fliegenden Blättern 1853

Auf de schwäbsche Eisebahne ist ein Volkslied aus Württemberg.

Geschichte

Die erstmalige Veröffentlichung des Liedtextes ist nicht eindeutig belegt. Oft wird als Quelle ein Tübinger Kommersbuch von 1853 genannt,[1] dieses existiert aber in dieser Form nicht. In einem Tübinger Kommersbuch findet sich das Lied erst ab 1894, in anderen Liedsammlungen bereits ab 1888.[2] Auch wenn es keine Belege für die Abfassung um das Jahr 1853 findet, so weist die Karikatur „Billiges Transportmittel“ in den Fliegenden Blättern zumindest auf ein Vorhandensein des Themas hin.

Karikatur von Carl Reinhardt in den Düsseldorfer Monatheften, 1851: Ein Viehhändler bindet ein Kalb hinten an einen Eisenbahnwagen, um die Transportkosten zu sparen.

1851 erscheint in den Düsseldorfer Monatheften bereits die Karikatur eines Mannes mit jiddischem Akzent (vermutlich als jüdischer Viehhändler zu verstehen), der ein Kalb hinten an einen Zug anbindet, um die Transportkosten zu sparen.[3] Die zahlreichen Textvarianten weisen zudem auf eine längere mündliche Tradition hin. Die durchgehende Eröffnung der ersten württembergischen Eisenbahnstrecke von Heilbronn über Stuttgart und Ulm nach Friedrichshafen (Nord-, Ost- und Südbahn) fand 1850 statt. Eine Entstehung zuvor kann als unwahrscheinlich angenommen werden. Die Melodie entstammt einem Basler Soldatenlied aus der Zeit um 1850.[4]

Liedtext

Es gibt zahlreiche Varianten des Texts. So liegen dem Deutschen Volksliedarchiv in Freiburg im Breisgau rund einhundert verschiedene gedruckte Fassungen und Aufzeichnungen aus mündlicher Überlieferung mit bis zu 27 Strophen vor. Die wohl bekannteste Version handelt von einem Bauern, der seinen Geißbock – wie von früheren Reisen mit dem Ochsenkarren gewohnt – an den Eisenbahnwagen bindet, damit das Tier dem fahrenden Wagen hinterherlaufe, am nächsten Haltepunkt jedoch nur noch den abgetrennten Kopf des Tieres vorfindet und diesen voll Zorn dem Kondukteur nachwirft; der Spott des Liedes richtet sich also gegen die Ignoranz des hinterwäldlerischen Bauern. Dieses Motiv erschien 1853 fast gleichzeitig mit dem Lied in einer Ausgabe der Fliegenden Blätter,[5] dort wird aber dem Bauern unvernünftiger Geiz als Motiv unterstellt.

Die im Refrain

„Trulla, trulla, trullalla
trulla, trulla, trulla la,
Schtuegert, Ulm und Biberach
Mekkebeure, Durlesbach.“

besungenen Bahnhöfe in Stuttgart, Ulm, Biberach, Meckenbeuren und Durlesbach entlang der Ost- und Südbahn sind zugunsten des Reims nicht in der geografisch richtigen Reihenfolge, da Durlesbach vor Meckenbeuren liegt; allerdings sind sie im Lied ihrer Größe und Bedeutung nach geordnet. Der Bahnhof Durlesbach wurde einst für das abseits der Südbahn gelegene Bad Waldsee eröffnet und 1984 stillgelegt.

Melodie

Worte und Weise: Volkslied aus Schwaben um 1853

Denkmäler

Durlesbach

Denkmal am Bahnhof Durlesbach

Am ehemaligen Bahnhof Durlesbach wird auf einem Abstellgleis anhand einer echten Dampflok und zweier Eisenbahnwagen das im Volkslied beschriebene Geschehen mit Bronzefiguren illustriert: Ein Bauer bindet einen Geißbock an den Zug und wird dabei vom Konduktör (Schaffner) und der Bäuerin beobachtet. Die Figuren wurden von dem aus Bad Waldsee stammenden Bildhauer René Auer geschaffen und von der Firma Strassacker in Süßen gegossen.

Meckenbeuren

Denkmal in Meckenbeuren

Das Meckenbeurer Denkmal an der Ecke Bahnhof-/Ravensburger Straße zeigt das Bäuerle, seinen Ziegenbock bei den Hörnern packend, auf einem Betonsockel, der mit der Aufschrift „AUF DE SCHWÄB’SCHE EISEBAHNE“ versehen ist. Das vom Friedrichshafener Bildhauer Ingo Koblischek geschaffene und in Bronze gegossene Paar wurde während des Meckenbeurer Bahnhofsfestes im Jahr 1986 enthüllt.

Rezeption

Logo der Bodensee-Oberschwaben-Bahn

Die Bodensee-Oberschwaben-Bahn, die die Verbindung AulendorfFriedrichshafen bedient, hat einen Ziegenkopf als Logo. Deren Züge werden auch „Geißbockbahn“ genannt.

Im Film Der Schuh des Manitu ist das Lied kurz zu hören – die Indianer stimmen es an, als sie mit der Draisine fahren.

Im Erlebnispark Tripsdrill wurde 2020 die Familienachterbahn „Volldampf“ eröffnet. Bei dieser wird das Lied in der Station gespielt und am letzten Waggon des Zugs befindet sich eine Figur des Geißbocks.

Literatur

  • Otto Holzapfel: Auf de schwäb’sche Eisebahne. Notizen zu einem international populären Lied. In: Leben am See. Heimatjahrbuch des Bodenseekreises. Band 5, 1978, ISBN 3-88812-505-7, S. 235–240.
  • Martin Staehelin: Ein Basler Soldatenlied des 19. Jahrhunderts und der Ursprung einer vergessenen Schnitzelbank-Tradition. In: Schweizerisches Archiv für Volkskunde. Band 67, 1971, S. 174–178.
  • Lutz Röhrich: … und das ist Badens Glück. Heimatlieder und Regionalhymnen im deutschen Südwesten. Auf der Suche nach Identität. In: Jahrbuch für Volksliedforschung. Band 35, 2002, ISBN 3-8309-1213-7, S. 14–25.
  • Katja Moser-Zours und Andrea Liebers: Auf der Schwäb’schen Eisenbahn. DRW-Verlag Weinbrenner, Leinfelden-Echterdingen 2002, ISBN 3-87181-477-6.
  • Eckart Schörle: Auf de schwäbsche Eisebahne. Eine Schwabenhymne. Sutton Verlag, Erfurt 2012, ISBN 978-3-86680-988-8.
  • Heinz-Eugen Schramm: Schwaben wie es lacht. Weidlich, Frankfurt am Main 1970, ISBN 3-8035-8549-X.

Weblinks

Wikisource: Auf de schwäbsche Eisebohne – Quellen und Volltexte
Commons: Auf de schwäbsche Eisebahne – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Hugo Stehn (Hrsg.): Was singet und klinget. Lieder der Jugend. 10. Auflage. Buchverlag des Bundes Deutscher Jugendvereine, Sollstedt bei Nordhausen 1926.
  2. Sebastian: 160 Jahre heimliche Schwabenhymne. In: Lieblingsblog.net. 26. Januar 2013, abgerufen am 25. Januar 2019.
  3. Carl Reinhardt: Ersparniß. (Illustration). In: Düsseldorfer Monathefte 4. Lorenz Clasen, 1851, S. 160, abgerufen am 25. Januar 2019.
  4. Moser-Zours / Liebers, S. 29
  5. Thomas Brune, Heike Gall: Auf Schienen durch bürgerliche Seelenlandschaften. Karikaturen in den Fliegenden Blättern. In: Zug der Zeit – Zeit der Züge. Deutsche Eisenbahnen 1835–1985. Siedler Verlag, Berlin 1985, ISBN 3-88680-146-2, S. 461.

Auf dieser Seite verwendete Medien

D-Bad Waldsee-Bahnhof Durlesbach-Bauer.JPG
Autor/Urheber: ANKAWÜ, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Deutschland - Baden-Württemberg - Landkreis Ravensburg - Bad Waldsee - Durlesbach: Bahnhof, der Bauer ('s Bäurle); (Bildhauer René Auer (Bad Waldsee), Gießerei Strassacker (Süssen))
D-Bad Waldsee-Bahnhof Durlesbach-Weib.JPG
Autor/Urheber: ANKAWÜ, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Deutschland - Baden-Württemberg - Landkreis Ravensburg - Bad Waldsee - Durlesbach: am ehemaligen Bahnhof, das Weib ('s Weible) [Bildhauer: René Auer (Bad Waldsee); Gießerei: Strassacker (Süssen)]
Meckenbeuren-Skulptur1-Asio.JPG
Autor/Urheber: Asio otus, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Skulptur "De Schwäb'sche Eisenbahne" in Meckenbeuren von Ingo Koblischek aus Friedrichshafen, 1986.
D-Bad Waldsee-Bahnhof Durlesbach-Geissbock.JPG
Autor/Urheber: ANKAWÜ, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Deutschland - Baden-Württemberg - Landkreis Ravensburg - Bad Waldsee - Durlesbach: Bahnhof; der Geißbock (Bildhauer René Auer (Bad Waldsee), Gießerei Strassacker (Süssen))
Karte Schwäbische Eisenbahn.jpg
Autor/Urheber: Lencer, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Verlauf der Schwäbischen Eisenbahn mit den Stationen, die Im Lied "Auf de' schwäb'sche Eisebahne" benannt werden.
Ziegenbockszene fliegende Blätter 1853.jpg
Karikatur "Billiges Transportmittel": Wie der Steffelbauer seinen Ziegenbock auf billige Weise mit der Eisenbahn befördert.
D-Bad Waldsee-Bahnhof Durlesbach-Schaffner.JPG
Autor/Urheber: ANKAWÜ, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Deutschland - Baden-Württemberg - Landkreis Ravensburg - Bad Waldsee - Durlesbach: Bahnhof, der Schaffner (Konduktör) [vom Bad Waldseer Bildhauer René Auer, hergestellt in der Gießerei Strassacker (Süssen)]
Erdparniß. Illustration von Carl Reinhardt, Düsseldorfer Monathefte.jpg
Karikatur von Carl Reinhardt: Ein Viehändler mit jiddischem Akzent bindet ein Kalb hinten an den letzten Bahnwaggon eines Zuges, um für den Transport die Kosten zu sparen. Das ist vergleichbar mit dem Inhalt des Volksliedes "Auf de schwäbsche Eisebahne".
AufDeSchwäbscheEisebahne 2021-09.jpg
Autor/Urheber: Mussklprozz, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Szene aus dem Lied "Auf de schwäbsche Eisenbahne", dargestellt durch Skulpturen am ehemaligen Bahnhof Durlesbach