Aromen im Wein

Aromen im Wein werden beim Verkosten riechend und schmeckend beurteilt.

Die Bestimmung der Aromen im Wein ist sowohl in der Gustatorik als auch in der chemischen Analyse äußerst komplex. Die Aromen sind zum einen das Resultat einer langen Kette biochemischer, önologischer als auch weinbaulicher Vorgänge. Zum anderen liegt die Zahl bislang identifizierter Aromen bzw. Aromenvorstufen bei über 800.[1]

Die Konzentration der einzelnen Stoffe kann dabei im Bereich weniger Nanogramm bis zu einigen Milligramm liegen. Durch den Einsatz neuester Technologien, wie der Massenspektrometrie, HPLC, FTIR-Spektrometer oder NMR-Spektroskopie konnten etliche dieser Stoffe identifiziert werden. Seit den 1980er Jahren rückten vermehrt die Aromavorstufen, die gebundenen Stoffe in den Blickpunkt der Önologen.

Mit den Aromen bezeichnet man meist flüchtige Verbindungen, die im Wesentlichen mit der Nase wahrgenommen werden. Im Verlauf der Alterung des Weins verändert sich das Aroma des Weins zunächst rasch und trägt später zum Bouquet des Weins bei.

Aroma in der Sensorik

Aroma ist ein Begriff aus der Sensorik, wobei eine Empfindung aus der Verbindung Geschmack und Geruch wahrgenommen wird.

Der Geschmackseindruck entsteht, wenn beim Verkosten durch den Rachen eingeatmet wird. Im Rachenraum erwärmen sich Aromastoffe und gelangen über die Rachen-Nasen-Verbindung auch an die Rezeptoren der Nase.

Die Zunge kann nur fünf Geschmacksrichtungen erkennen (süß, sauer, salzig, bitter und umami). „Scharf“ (Pfeffer, Chilischoten) wird vorwiegend über Schmerzsensoren wahrgenommen. Die Rezeptoren der Nasen-Riechschleimhaut des Menschen nehmen dagegen etwas mehr als vierhundert verschiedene Duftstoffe wahr. Im Verein mit der Geruchsempfindung können wir mit unseren Geschmackssensoren über zehntausend verschiedene Aromen und Millionen von Duftstoffen unterscheiden.[2]

Klassifizierung der Aromen

Die Aromenvielfalt im Wein wird durch die Rebsorte sowie deren Klone, den Jahrgang, das Terroir, die Anbaubedingungen (Ertrag, ...), die Bedingungen der Weinlese sowie die Sorgfalt bei der Auswahl der Weinbeeren, die alkoholische Gärung und die Alterung des Weins beeinflusst. In der Önologie unterscheidet man daher prinzipiell zwischen Primäraromen, die aus der Traube selbst bzw. Behandlung/Bearbeitung vor der Gärung stammen, und den Sekundäraromen, die durch die Gärung und Alterung des Weines entstehen:[3]

  • Primäre Aromen werden im Wesentlichen von der Rebsorte sowie ihrer Anbaubedingungen beeinflusst. Die Beeren der meisten Rebsorten sind geschmacklich eher neutral, so dass die sortentypischen Aromen nur in kleinen Anteilen frei, überwiegend aber in Aromavorstufen vorliegen. Dazu zählen Glycoside von Terpenoid-Alkoholen (Linalool,[4] Nerol, Geraniol, α-Terpineol), Carotinoide und Phenole. Freie Aromastoffe zählen hauptsächlich zu den Estern, Kohlenwasserstoffen, Alkoholen, Carbonsäuren und Aldehyden.[5]
  • Sekundäre Aromen werden während der alkoholischen Gärung durch Hefen und Milchsäurebakterien gebildet. Diese Aromen sind in nahezu allen Weinen in ähnlicher Ausprägung vorhanden und sorgen für den weinigen Charakter des Getränks.
  • Tertiäre Aromen entstehen während des Ausbaus im Fass und in der Weinflasche. Dieser Prozess ist langwierig, wird durch die Auswahl des Ausbaus (z. B. Barrique, Mikrooxigenation) beeinflusst und kann bei einzelnen Weintypen mehr als 10 Jahre dauern.

Der enzymatische Abbau von geruch- und geschmacklosen Terpenoid-Glycosiden aus der Gruppe der primären Aromen kann prinzipiell schon vor der alkoholischen Gärung durch traubeneigenen Enzyme (Glycosidasen) geschehen, ist jedoch durch die nicht optimalen Reaktionsbedingungen von untergeordneter Bedeutung. Daher werden bei der Weinbereitung entweder entsprechende Hefen, wie Hansenula-Arten, oder reine Glycosidase-Enzyme zugesetzt.[5]

Die Aromen in der Verkostung

In der Weinsprache werden häufig Querverweise auf Aromenträger mit einer bekannten Sortentypizität genutzt. Anfang der 1980er Jahre wurde das Aromarad entwickelt, um ein standardisiertes Begriffsregister zu haben.

Das Weinaromarad besteht aus drei konzentrischen Kreisen:

  • Der innere Kreis unterteilt sich in 12 Geruchsklassen (z. B. fruchtig, chemisch, holzig).
  • Der mittlere Kreis besitzt 29 Unterteilungen die die 12 inneren weiter untergliedern (z. B. Zitrusfrucht, Schwefelverbindung, harzig).
  • Der äußere unterteilt weiter in 94 Einzelaromen (z. B. Grapefruit, Gummi, Zedernholz).

Es nutzt dabei die klassischen Beschreibungen verschiedener Weintypen.

Rebsorten und ihre Aromen im Wein

In der nachfolgenden Tabelle sind einige der wichtigsten Rebsorten mit ihren typischen Aromen aufgelistet:

RebsorteFarbeAromen
Acolonrotrote Früchte
AglianicorotPflaume, Schokolade (Quelle [6], Seite 4)
AleaticorotMuskataroma (Quelle [6], Seite 8)
Aligotéweißsehr neutral, Haselnuss, Zitrone
ArneisweißMandeln
BacchusweißMuskataroma, Johannisbeere (Quelle [6], Seite 56)
BarberarotSauerkirschen, Pflaumen, Veilchen, Teer, Rauch (Quelle [6], Seite 60)
BlaufränkischrotBrombeere, Kirsche, Sauerkirsche, Holunderbeere, Pflaume, Pfeffer (Quelle [6], Seite 79)
Blauer PortugieserrotErdbeere, Himbeere, Preiselbeere, rote Johannisbeere, Sauerkirsche
Bonarda PiemonteserotSchwarze Johannisbeere, Pflaume, Kirsche
BourboulencweißZistrose, Wacholder (Duft der Garigue)
BrachettorotErdbeere
Cabernet FrancrotErdbeere, Himbeere, Veilchen, Lakritze, grüne Paprika, Pfeffer, Mandel, Trüffel, Rauch
Cabernet SauvignonrotHimbeere, Schwarze Johannisbeere, Heidelbeere, Pflaume, grüne Paprika, Pfeffer, Peperoni, Lakritze, Leder, Tabak, Vanille, Zimt, Schokolade
CarignanrotSchwarze Johannisbeere, Heidelbeere, Lakritze, Zimt, Tabak, Vanille, Zimt, Humus, Lorbeerblatt, Rosmarin
CarménèrerotSchokolade, Leder, Tabak, schwarze Beeren
ChardonnayweißPfirsich, Apfel, tropische Früchte, Haselnuss, Vanille, Eiche, Butter (Quelle [6], Seite 135)
Chenin BlancweißApfel, Birne, Aprikose, Quitte, Nüsse, Honig, Zitrone, frisch geschnittenes Gras, Lindenblüte (Quelle [6], Seite 140)
CinsautrotErdbeere, Himbeere, Johannisbeere, Heidelbeere, Veilchen, Rose, Lakritze, Humus
CorteseweißApfel, Birne, Banane (Quelle [6], Seite 159)
Corvina VeroneserotKirsche (Schattenmorellen), Mandel, Erdbeere
DolcettorotBrombeere, Kirsche, Lakritze, Mandel, Süßholz
DominarotBrombeere, Sauerkirsche, grüner Paprika, Holunder
DornfelderrotBrombeere, Sauerkirsche, grüner Paprika, Holunder, Pflaume
EhrenfelserweißApfel, Pfirsich, Aprikose, Grapefruit
FianoweißHaselnuss, Zitrone, Piniennadeln, Honig
FreisamerweißApfel, Stachelbeere, Quitte,
FrühburgunderrotBrombeere, Waldbeere, Himbeere, schwarze Johannisbeere, Kirsche, Rauch
GamayrotErdbeere, Himbeere, Kirsche, Banane (beim Beaujolais Nouveau)
GarganegaweißAkazie, Zitrone, Mandel
Gelber MuskatellerweißRosen, Orangen, Bergamotte, Rosinen, Würznoten, Akazie, Melone, Honig, Passionsfrucht
GewürztraminerweißRosenblüte, Akazien, Orangenmarmelade, Lychee, Aprikose, Pfirsich, Zimt, Gewürznelke
GrauburgunderweißBirne, Apfel, Honig, Ananas, Pfirsich, Grapefruit, Trockenobst, Rosinen, Mandeln, Rauch
GrenacherotHimbeere, Pfeffer, Heu, Schwarze Johannisbeere, Brombeere, Kirsche, Lorbeer, Lakritze
Gros MansengweißHonig, Vanille
Grüner Veltlinerweißgrüner Apfel, Zitrus, Pfeffer, würzig
GutedelweißBirnen, Apfel, feine Nuss- und Mandeltöne
HuxelrebeweißHonig, Orangen, Melone, Maracuja, Jasmin, Schwarze Johannisbeere, Pfirsich, Muskateller-Aroma
KernerweißApfel, Johannisbeere, Birne, Rosinen, Honig, Aprikose, leichter Muskateller-Ton
LagreinrotVeilchen, Kirschen, Brombeeren, Bitterschokolade.
Marsanne blancheweißblumiges Aroma, Akazie, Quitte, Aprikose, Trockenfrüchte, Honig, Mandeln
MalbecrotVeilchen, Pfeffer, Johannisbeere.
MauzacweißApfel, Trockenfrüchte, Honig
Melon de Bourgogne (Muscadet)weißdezent blumig, heu, Birne, Apfel, Zitrone, Grapefruit
MerlotrotKirsche, Pflaume, schwarze Johannisbeere, Heidelbeere, Pilz, Karamell, Leder
MondeuserotJohannisbeere, Kirsche, Himbeere, Erdbeere, Feige, Pflaume, Iris, Veilchen, Humus.
Morio-MuskatweißMuskateller-Aroma
Mourvèdrerotschwarze Johannisbeere, Heidelbeere, Kirsche, Lakritze, Pfeffer, Tabak
Müller-ThurgauweißApfel, Zitrone, leichtes Muskateller-Aroma
Muscadelleweißleichtes Muskateller-Aroma
NebbiolorotRose, Veilchen, Kirsche, Pflaume, Trüffel, Lakritze, Rauch, Kakao, Teer
NegroamarorotPflaume, Schwarze Johannisbeere, Kirsche, Brombeere, würzig
OrtegaweißBirne, Aprikose, Quitte, Banane, Honig.
Petite ArvineweißGrapefruit, Ananas, Mango, Veilchen.
Petit MansengweißExotische Früchte (Ananas, Lychee), würzig, Zitronenschale, Pfirsich, Mango
Petit VerdotrotBrombeere, würzig, schwarze Johannisbeere
PinotagerotPflaume, Sauerkirsche, würzig
RefoscorotPflaume, Mandel
RieslanerweißAprikose, Grapefruit, Passionsfrucht.
RieslingweißApfel, Grapefruit, Orange, Pfirsich, Aprikose, Quitte, Ananas, Mango, Honig, Kräuter, Petroltöne
RoussanneweißWeinbergpfirsich, Aprikose, Honig, Weißdornblüte
SagrantinorotBrombeere
SamtrotrotBrombeere, Himbeere, Kirsche
SangioveserotVeilchen, Brombeere, Preiselbeere, Leder, Vanille, Holunderbeere, Kirsche, Pflaume
Savagninweißsehr würzig, Apfel, nussig
Sauvignon Blancweißfrisches geschnittenes Gras, Schwarze Johannisbeere, Stachelbeeren, Iris, Zitrone, Feuerstein (insbesondere bei Sancerre)
ScheurebeweißSchwarze Johannisbeere, Pfirsich, Grapefruit, Mango
SchioppettinorotVeilchen, Himbeere, Brombeere, Heidelbeere, Pfeffer
SchönburgerweißRose, Muskat
SchwarzrieslingrotBrombeere, Waldbeere, Himbeere, Erdbeere, Kirsche, Pflaume, Rauch
SémillonweißButter, Honig, eingekochtes Obst (Birne, Aprikose, Quitte, Pfirsich), Zitrone, Lindenblüten
SilvanerweißApfel, Stachelbeere, Quitte, Trockenfrüchte, Heu, Hasenglöckchen, Akazie
SpätburgunderrotHimbeere, Erdbeere, Schwarze Johannisbeere, Kirsche, Veilchen, Hagebutte, Gewürznelke, selten Kaffeenoten, Rauch, Leder
SyrahrotSchwarze Johannisbeere, Himbeere, Brombeere, Veilchen, Zedernholz, Pfeffer, Gewürznelken, Trüffel, Leder, Lakritze, Süßholz, Teer
TannatrotHimbeere, Brombeere, Tabak, Gewürznoten
TempranillorotBrombeere, Schwarze Johannisbeere, Heidelbeere, Kirsche, Leder
TeroldegorotHeidelbeere, Kirsche
Trebbianoweißdezent blumig, Zitrusfrüchte (Zitrone, Grapefruit), nussig
TrollingerrotSauerkirsche
ViognierweißAprikose, Pfirsich, Apfel, Akazie, Veilchen, Anis, Honig, Heu, geröstete Mandeln, Limette, Weißdornblüten
WeißburgunderweißApfel, Birne, Quitte, Banane, Aprikose, Karamell, Zitrusfrüchte (Zitrone, Grapefruit), nussig
Zinfandel/PrimitivorotSchwarze Johannisbeeren, Brombeere, Pflaumen, Pfeffer, Karamell, würzig,
ZweigeltrotKirsche, Pflaume

Einzelnachweise

  1. Ruiz, J., Kiene, F., Belda, I. et al. Effects on varietal aromas during wine making: a review of the impact of varietal aromas on the flavor of wine. Appl Microbiol Biotechnol 103, 7425–7450 (2019). https://doi.org/10.1007/s00253-019-10008-9
  2. Gottfried Schatz: Jenseits der Gene - Essays über unser Wesen, unsere Welt und unsere Träume. NZZ-Libro, Zürich 2008, ISBN 978-3-03823-453-1, S. 38–40.
  3. H.-D. Belitz, W. Grosch, P. Schieberle: Lehrbuch der Lebensmittelchemie. 5. Auflage, Springer, 2001, ISBN 3-540-41096-1, S. 908.
  4. http://www.dlr-rheinpfalz.rlp.de/internet/global/themen.nsf/2eca2af4a2290c7fc1256e8b005161c9/49C62841FFC1E8E4C1256FB8003C35E5/$FILE/Sensorischer_Vergleich_Oekolog_Konventioneller_ Wein.pdf (Link nicht abrufbar)
  5. a b Gordon Hall (Hrsg.): Handbuch Aromen und Gewürze, Band 1. Behr, Hamburg 2001, ISBN 3-86022-558-8, S. 60–71.
  6. a b c d e f g h Jancis Robinson: Das Oxford Weinlexikon. Hallwag Verlag, München 2007, ISBN 978-3-8338-0691-9.

Weblinks

Literatur

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Autor/Urheber: J. Nathan Matias, Lizenz: CC BY-SA 2.0
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