Ariane 4

Ariane 4[1]
Ariane 4[1]
TypTrägerrakete
HerstellerAérospatiale
StatusProduktion eingestellt
Aufbau
Höhe58,72 m
Durchmesser3,8 m
Startmasse240–470 t
Stufen3
Stufen
1. Stufe1. Stufe
TriebwerkViking
TreibstoffN2O4, UDMH
Brenndauer205 s
2. Stufe2. Stufe
TriebwerkViking
TreibstoffN2O4, UDMH
Brenndauer132 s
3. Stufe3. Stufe
TriebwerkHM-7
TreibstoffLH2, LOX
Brenndauer759 s
Starts
Erststart15. Juni 1988
letzter Start15. Februar 2003
Starts116
Erfolge113
Fehlschläge3
StartplatzRaumfahrtzentrum Guayana
Nutzlastkapazität
Kapazität LEO5–7,6 t
Kapazität GTO2–4,3 t
Start der ersten Ariane 4, einer Ariane 44LP (NASA)

Die Ariane 4 war eine europäische Trägerrakete aus der Ariane-Serie, die im Auftrag der ESA entwickelt worden war. Mit 116 Starts, von denen 113 erfolgreich waren, war sie das bis dahin erfolgreichste Arianemodell. Ihren Erstflug hatte sie am 15. Juni 1988.

Die Ariane-4-Raketen waren zwischen 55 m und 60 m hoch und konnten eine Nutzlast von bis zu 4,9 t in eine Geostationäre Transferbahn transportieren. Das Startgewicht betrug zwischen 243 t und 480 t. Die Ariane 4 transportierte meistens zwei übereinander angeordnete Satelliten in die Umlaufbahn. Dieses Merkmal verhalf der Ariane 4 zu günstigen Startpreisen und zusammen mit ihrer hohen Zuverlässigkeit Arianespace zu einer Dominanz im kommerziellen Satelliten-Transportgeschäft. Arianespace hielt so über mehrere Jahre einen Weltmarktanteil von ca. 60 %. Am 15. Februar 2003 erfolgte mit Flug 159 der letzte Start einer Ariane-4-Rakete.

Erst nach dem letzten Start der Ariane 4 bemerkte man, dass sie eine Kapazitätslücke zum Start mittelschwerer Kommunikationssatelliten hinterlassen hatte. Deshalb startet an ihrer Stelle von Ende 2010 bis 2022 die Rakete Sojus-ST von Kourou.

Technische Merkmale

Ariane 42P mit dem TOPEX/​Poseidon-Satelliten (Kourou, 10. August 1992) (NASA)

Die Ariane 4 basierte auf der Ariane 3. Damit sich die Rakete an verschieden schwere Nutzlasten anpassen und auch dem Trend der ständig steigenden Nutzlastmassen längere Zeit standhalten konnte, wurde sie mit einem flexiblen Konzept von Boostern ausgestattet. Dieses sollte ihr ermöglichen, während ihrer gesamten Einsatzzeit kostensparende Doppelstarts durchführen zu können. Einerseits wurden die Feststoffbooster der Ariane 3 stark gestreckt, um ihre Leistung zu erhöhen, andererseits wurden von der zweiten Stufe der Ariane 3 neue Flüssigtreibstoffbooster abgeleitet, die wesentlich größer und schwerer als die verlängerten Festtreibstoffbooster waren und eine höhere Leistung als diese hatten. Außerdem wurde die erste Stufe gegenüber der Ariane 3 stark gestreckt, um wesentlich mehr Treibstoff aufnehmen zu können. Dadurch wurde die Tankkapazität so groß, dass die erste Stufe nur vollgetankt werden konnte, wenn sie mit mindestens vier Feststoffboostern gestartet wurde, da ansonsten die Triebwerksleistung nicht ausreichte, um die schwere Rakete abheben zu lassen. Dieses führte zu einer verkürzten Brennzeit der ersten Stufe bei Versionen mit weniger als vier Boostern. Die zweite und dritte Stufe wurde bei der Entwicklung der Ariane 4 gegenüber der Ariane 3 nicht verändert. Dafür wurde eine neue Nutzlastverkleidung mit 4 m Durchmesser und eine ebenso breite Doppelstartvorrichtung eingeführt. Um neben großen Satelliten auch noch kleine mitnehmen zu können, wenn noch Nutzlastkapazität frei war, stand die Vorrichtung ASAP-4 (Ariane Structure for Auxiliary Payloads) zu Verfügung. Sie erlaubte die Mitnahme von mehreren bis zu 60 kg schweren Satelliten, die 60 cm hoch und 45 cm breit und lang sein konnten. Die Satelliten durften zusammen 240 kg wiegen.[2]

Während der Produktionszeit der Ariane 4 stiegen die Satellitenmassen über das ursprünglich für Ariane 4 geplante Maß weiter an, so dass die Ariane 4 mehrere Modifikationen zur Leistungssteigerung erfuhr. Neben der Einführung leichterer Materialien für Verkleidungen, Druckgastanks etc. betrafen diese jedoch fast ausschließlich die dritte Stufe. Die dritte Stufe (H 10) wurde zuerst 1992 gestreckt, um mehr Treibstoff aufnehmen zu können (H 10+). Als dieses nicht mehr reichte, wurde die Treibstoffmischung 1994 auf einen höheren Sauerstoffanteil umgestellt und so die Nutzlastkapazität nochmals gesteigert (H 10 III).

Da sich die Nachfolgerin Ariane 5 verzögerte und die Ariane 4 auch noch dreimal nach Fehlstarts/Teilerfolgen dieser in die Bresche springen musste, wurde sie in wesentlich größeren Stückzahlen und länger produziert als ursprünglich geplant. Jedoch gab es während dieser Zeit keine Programme zur Leistungssteigerung mehr. Deshalb waren zum Schluss fast alle Satelliten so schwer, dass selbst die stärkste Ariane-4-Version (Ariane 44L) meist nur noch Einzelstarts durchführen konnte.

Versionen

Nutzlastverkleidung der Ariane 4 mit einem ERS-Satelliten (Modell)

Für verschieden schwere Nutzlasten standen sechs Raketenkonfigurationen zur Verfügung. An der reinen Serienstufenrakete (Ariane 40 genannt) konnten zur Nutzlasterhöhung seitlich entweder Feststoff- und/oder Flüssigtreibstoffbooster befestigt werden. Folgende Ariane-4-Versionen standen zur Verfügung:

  • 40 – ohne Booster
  • 42L – zwei Flüssigtreibstoff-Booster
  • 42P – zwei Feststoff-Booster
  • 44L – vier Flüssigtreibstoff-Booster
  • 44P – vier Feststoff-Booster
  • 44LP – zwei Flüssigtreibstoff-Booster und zwei Feststoff-Booster

Syntax: Die erste Zahl steht für Ariane 4, die zweite für die Anzahl der Booster und die Buchstaben für die Treibstoffart – L = liquide (franz.) = flüssig, P = poudre (franz.) = fest.

Während der rund 15 Jahre des Einsatzes wurden zahlreiche Verbesserungen an der Rakete umgesetzt, um ihre Nutzlast zu steigern. Das Hauptaugenmerk galt dabei der Steigerung der Leistung der letzten Stufe. Die ersten Flüge setzten noch die von der Ariane 2/3 übernommene H10 ein. Danach wurden die Tanks um 32 cm verlängert, wodurch 400 kg mehr Treibstoff zugeladen werden konnte. Diese Stufe, H-10 Plus, flog 27-mal. Ab Flug V70 – dem 32. Start – kam eine weitere Version der Oberstufe zum Einsatz, bei der die Mischung durch ein Verschieben des Zwischenbodens sauerstoffreicher wurde. Diese H-10 III genannte Oberstufe wurde bis zum Schluss eingesetzt. So steigt die Treibstoffzuladung von 10,7 auf 11,9 t und zusammen mit leichteren Materialien in der VEB die maximale Nutzlast von 4.330 auf 4.950 kg.[3]

Gestrichene Version

Es gab Planungen für eine Ariane 43P mit drei PAP-Feststoffboostern. Diese Version wurde jedoch nicht verwirklicht.[4]

Ariane-4-Versionsdaten

Ariane 40
Daten der Ariane-4-Modelle[Ar4 1]
RaketentypAriane 40Ariane 42PAriane 44PAriane 42LAriane 44LPAriane 44L
Entwick­lungs­zeitraumvon198219821982198219821982
bis198819881988198819881988
Länge55,6 m55,9 m56,9 m55,6 m58,4 m58,7 m
Durchmesser3,8 m3,8 m3,8 m3,8 m3,8 m3,8 m
Startmasse245 t323 t357 t367 t420 t484 t
Startschub2720 kN3944 kN5140 kN4600 kN5270 kN5395 kN
Startbeschleunigung1,32 m/s²2,43 m/s²4,62 m/s²2,75 m/s²2,77 m/s²1,37 m/s²
Max. Nutzlast[Ar4 2]LEO4600 kg6000 kg6500 kg7000 kg8000 kg10200 kg
GTO2290 kg2990 kg3390 kg3590 kg4170 kg4950 kg
Booster[Ar4 3]02 P4 P2 L2 P + 2 L4 L
Erster Start22. Jan. 199020. Nov. 19904. Apr. 199112. März 199315. Juni 19885. Juni 1989
Letzter Start3. Dez. 19994. Mai 200225. Sep. 200123. Jan. 200227. Nov. 200115. Feb. 2003
Flüge71515132640
Fehlstarts010011
Zuverlässigkeit100 %93 %100 %100 %96 %97,5 %
Treibstoff 1. Stufe[Ar4 4]158 t bis 172 t219 t bis 222 t229 t bis 232 t205 t bis 209 t229 t bis 232 t229 t bis 232 t
Brennzeit 1. Stufe150 s196 s209 s181 s209 s209 s
Wichtige NutzlastenERS 1 & 2TOPEX/PoseidonISOAstra 1CHipparcos, Astra 1A, TV-SAT 2Intelsat 907, DFS Kopernikus 1

Anmerkungen:

  1. Daten Ariane 4
  2. LEO = Erdnahe Umlaufbahn, GTO = geostationäre Transferbahn
  3. P = Feststoffbooster, L = Flüssigbrennstoff
  4. Bernd Leitenberger: Europäische Trägerraketen Band 1 Von der Diamant zur Ariane 4 – Europas steiniger Weg in den Orbit. Books on Demand, Norderstedt 2009, ISBN 3837095916 Seite 266

Technische Daten der verwendeten Raketenstufen

Raketenstufe1. Stufe2. Stufe3. Stufe
optionale BoosterHaupttriebwerke
FeststoffFlüssigtreibstoffFlüssigtreibstoff
StufennamePAPPALL 220L 33H 10 III
TriebwerkFeststofftriebwerkViking 6Viking 5CViking 4BHM-7B
Länge ca.11,5 m18,6 m28,4 m11,6 m11,05 m
Durchmesser1,07 m2,15 m3,8 m2,6 m2,6 m
Masse12,6 t (leer 3,0 t)43,8 t (leer 4,4 t)siehe Tabelle obenmax. 39,6 t (leer 3,7 t)13,05 t (leer 1,35 t)
Schub am Boden650 kN678 kN4× 678 kN
Schub im Vakuum758 kN4× 758 kN800 kN63,8 kN
Brennzeit34 s143 ssiehe Tabelle oben126...135 s780 s
TreibstoffAPCPStickstofftetroxid / UH 25LOX / LH2
  • Die H10-III-Drittstufe wurde erst ab Ende 1994 eingesetzt, davor waren die schwächeren H10- und H10+-Drittstufen im Einsatz.

Quellen[2][5][6][7]

Starts

links: mobiler Montageturm
mitte: Startplattform, im Hintergrund der Wasserturm von ELA 1
rechts: Startturm

Alle Ariane-4-Raketen hoben vom Startplatz ELA-2 des Centre Spatial Guyanais in Französisch-Guayana ab. Die Startrampe ELA-2 bestand aus:

  • einem Montagegebäude, in dem die Raketen bis auf die Feststoffbooster und die Nutzlast montiert wurden,
  • einer Schienenstrecke, auf der die auf einer von zwei transportablen Startplattformen montierten Raketen zum Startplatz mit Startturm gefahren wurden,
  • einem mobilen Montageturm.

Nachdem die Rakete den Startplatz erreicht hatte, wurde über sie der Montageturm gefahren und die bereits zu einer Einheit zusammengebaute Nutzlastverkleidung und Doppelstartvorrichtung mit den in ihnen befindlichen Satelliten auf die Rakete gesetzt. Auch wurden – wenn vorgesehen – hier die Feststoffbooster angebracht. Die zweite Stufe wurde ebenfalls im Montageturm betankt[8] und mit einer Isolierung versehen (der Oxidator würde bei über 21 °C verdampfen). Danach wurde der mobile Montageturm zur Seite gefahren, die erste und dritte Stufe der Rakete betankt und dann die Rakete gestartet, wobei das Isolationsmaterial von der zweiten Stufe abfällt.

Literatur

  • Jean-Pierre Philippe: Ariane, horizon 2000. Taillandier, Paris 2000, ISBN 2-87636-045-4.
  • Ariane 4. In: Bernd Leitenberger: Internationale Trägerraketen: Die Trägerraketen Russlands, Asiens und Europas, Edition Raumfahrt, 2016, ISBN 978-3-7386-5252-9, S. 327–333
  • Bernd Leitenberger: Ariane 1–4: Geschichte und Technik der europäischen Erfolgsrakete, Edition Raumfahrt, 2. Auflage von 2014, ISBN 978-3-7357-6172-9
  • Hans-Martin Fischer: Europas Trägerrakete ARIANE. Geschichte und Technik zum letzten Start der ARIANE 4. Stedinger, Lemwerder 2004, ISBN 3-927697-32-X.
  • William Huon: Ariane, une épopée européenne. ETAI 2007, ISBN 978-2-7268-8709-7.
  • Bernd Leitenberger: Europäische Trägerraketen Band 1 Von der Diamant zur Ariane 4 – Europas steiniger Weg in den Orbit. Books on Demand, Norderstedt 2009, ISBN 3-8370-9591-6.

Weblinks

Commons: Ariane 4 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. European Space Agency: Ariane 4
  2. a b Die Geschichte der Ariane 4
  3. Bernd Leitenberger: Europäische Trägerraketen Band 1 Von der Diamant zur Ariane 4 – Europas steiniger Weg in den Orbit. Books on Demand, Norderstedt 2009, ISBN 3-8370-9591-6.
  4. EADS-Astrium: Ariane 4, A real success story – technologically, politically and financially, abgerufen: 7. Februar 2013, (englisch) (Memento vom 27. Juli 2012 auf WebCite)
  5. Verschiedene Autoren etc. Was ist Was Space. Abenteuer Raumfahrt. („L Éspace Comment- ça mache – â quoi ça sert.“) Tessloff Verlag, 1996, ISBN 3-7886-0778-5.
  6. Ariane 4 Data Sheet. In: Space Launch Report. 11. April 2009, abgerufen am 10. August 2019 (englisch).
  7. Ariane 4 User’s Manual, Issue No 2, Februar 1999
  8. Hans-Martin Fischer: Europas Trägerrakete ARIANE. Geschichte und Technik zum letzten Start der ARIANE 4. Stedinger Verlag, Lemwerder 2004, ISBN 3-927697-32-X.

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CSG Ariane 4 Launch Site.JPG
Autor/Urheber: Jef-Infojef, Lizenz: CC BY-SA 3.0
The now (as of 2003) decommissioned Ariane 4 launch pad. To the left is the moving protection building which shielded the rocket from weather during launch operations. To the right is the tower containing the umbilical fuelling and power lines, as well as a lightning conductor. In the centre foreground is the rocket transport vehicle which moved the upright rocket from the assembly buildings to the pad. The round structure behind is the water tower used for cooling and acoustic dampening on launch.
The Ariane 5 pad is about half a kilometre to the left of this photo. The new Vega launch pad, under construction as of 2007, is obscured by the umbilical tower. The Soyuz pad is being constructed several kilometres further north from here. The assembly buildings are to the south, behind the camera.
Ers1ariane4mod.jpg
Model of European Remote Sensing Satellite (ERS) in original size, folded to fit into Ariane 4 upper stage. Located at Noordwijk Space Expo in The Netherlands
Ariane-44lp.gif
Launch of first Ariane IV rocket on June 15, 1988 for Arianespace. This, the twenty-second Arianespace flight, placed three satellites into orbit for three different customers. Arianespace seized the global lead in launching commercial payloads soon after its creation in 1980, and has maintained that lead to the present.
Ariane42P rocket.png
Ariane 42P rocket with the TOPEX/Poseidon satellite (Kourou, August 10, 1992) (NASA)
Original image caption: The Ariane 42P carrying the TOPEX/Poseidon spacecraft was launched from the European Space Agency's Guiana Space Center in Kourou, French Guiana, on August 10, 1992.
Ariane 1 bourget.jpg
Autor/Urheber: Jerzy Kociatkiewicz from Colchester, United Kingdom, Lizenz: CC BY-SA 2.0
At Le Bourget museum of aviation.