Die Familienunternehmer

Die Familienunternehmer e. V.
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Zweck:Interessenverband
Vorsitz:Marie-Christine Ostermann[1]
Gründungsdatum:1949
Mitgliederzahl:6.500 (2023)[2]
Sitz:Berlin
Website:www.familienunternehmer.eu

Die Familienunternehmer e. V., ehemals Arbeitsgemeinschaft Selbständiger Unternehmer e. V. (ASU), ist nach eigenen Angaben ein Interessenverband von deutschenFamilienunternehmen“ mit rund 6500 Mitgliedern.[3] Als Familienunternehmen definiert der Verein laut Satzung Unternehmen, in deren Eigentümerstrukturen mindestens 25 Prozent miteinander verwandte Personen zu finden sind, welche auch Einfluss auf die Geschäftsführung ausüben.[4] Voraussetzungen der Mitgliedschaft sind die Vollendung des 40. Lebensjahrs und dass im Unternehmen mindestens zehn Mitarbeiter beschäftigt, mindestens Umsätze von einer Million Euro erzielt werden und die Eintragung im Handelsregister oder in der Handwerksrolle.[2] Präsident des Verbandes mit Sitz in Berlin ist seit 2023 Marie-Christine Ostermann. Der Verein ist im Lobbyregister des Deutschen Bundestags registriert.[3]

Geschichte

Am 30. September 1949 gründete sich in Wiesbaden die Arbeitsgemeinschaft Selbständiger Unternehmer, (ASU), welche erstens die Interessen ihrer Mitglieder vertreten sollte und zweitens die „gesellschaftspolitische Situation des selbständigen Unternehmers in der öffentlichkeit deutlich“ machen sollte. Anders als in den existierenden Wirtschaftsverbänden wurden somit neben ökonomischen auch gesellschaftspolitische Ziele verfolgt.[5]

Im Mai 2007 erfolgte die Umbenennung in Die Familienunternehmer – ASU. Seit September 2016 führt der Verband den Namen Die Familienunternehmer ohne den Zusatz ASU.

Organisationsstruktur

Der Verband ist in derzeit 47 Regionalkreise und in 16 Landesbereiche gegliedert.[6]

Die 6500 Mitglieder kommen aus allen Branchen. Sie beschäftigen rund zwei Millionen Mitarbeiter und erzielen einen Jahresumsatz von ca. 460 Milliarden Euro (Stand 2016) und repräsentieren 180.000 familiengeführte Firmen mit über acht Millionen Beschäftigten.[2] Der Verband ist Mitglied in der europäischen Dachorganisation European Family Businesses (EFB), der sich aus fünfzehn nationalen Verbänden mit mehr als 10.000 angeschlossenen Familienunternehmen mit über sechs Millionen Beschäftigten zusammensetzt.

Bis 2001 war das Unternehmermagazin das Verbandsorgan. Heute gibt der Verband das Magazin WIR FAMILIENUNTERNEHMER heraus.[7] Zum Verband gehören BMW, Merck und die Oetker-Gruppe.[8]

Im Beirat der Organisation sitzen neben Unternehmern auch Frank Schäffler und Ulrike Ackermann.[9]

Die jungen Unternehmer (ehemals Bundesverband Junger Unternehmer der ASU) bilden den nicht rechtsfähigen Tochterverband, dem alle Mitglieder bis zur Vollendung des 40. Lebensjahres angehören. Der Tochterverband gliedert sich in den Klub der Junioren (speziell für die Junioren von Familienunternehmern), Klub der Nachfolger und Klub der Gründer.

Positionen

Die politische Ausrichtung steht nach eigenen Angaben unter dem Motto „Freiheit, Eigentum, Wettbewerb und Verantwortung“.[10]

Arbeits- und Sozialpolitik

In Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung legte der Verband im Juni 2014 ein Gutachten vor, das" vor den Folgen des Mindestlohns für ältere Beschäftigte" warnte.[11]

In einem Positionspapier von 2022 beschrieb der Verband den Fachkräftemangel als eine der größten Herausforderungen für Familienunternehmen. Zur Lösung des Problems müssten Schulabbrüche verhindert und die MINT-Bildung ausgebaut werden. Ebenso gelte es die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erhöhen sowie die Fachkräftezuwanderung aus dem Ausland zu vereinfachen.[12] Eine Kernforderung an die Sozialpolitik war die Erhöhung des Renteneintrittsalters.[13][14]

Bildungspolitik

Im Bereich der Bildungspolitik wirbt der Verband einen Ausbau der ökonomischen und der MINT-Bildung. Von mehr Wettbewerb und Autonomie der Bildungseinrichtungen verspricht sich der Verband eine Steigerung der Qualität der Bildung insgesamt. Zur Bekämpfung des Fachkräftemangels solle die duale Ausbildung aufgewertet werden. In der allgemeinen Bildungspolitik werden bundeseinheitlich vergleichbare Abschlussarbeiten gefordert, um einer Nivellierung von Leistungsanforderungen im Bildungssystem und absinkenden Standards zu begegnen.[15]

Digitalpolitik

Um die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern fordert der Verband eine Modernisierung und Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung. Neben der Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren brauche es bundesweit einheitliche Standards für die Digitalisierung von Verwaltungsverfahren.

Außerdem spricht sich der Verband dafür aus, die Rahmenbedingungen für die heimische Digitalwirtschaft zu verbessern, etwa durch eine Reform des Datenschutzes, um Forschung und Unternehmen den Zugang und die Verarbeitung von Daten zu erleichtern. Ferner müsse das 5G-Netz ohne Netzwerkkomponenten von staatseigenen Herstellern aus Diktaturen errichtet werden.[16]

Europäische Ebene

Permanente Transferzahlungen und eine Vergemeinschaftung der Staatsschulden auf europäischer Ebene lehnt der Verband strikt ab.[17]

Steuerpolitik

Der Verband kritisiert 2014 Pläne, Begünstigungen für familiengeführte Betriebe bei der Erbschaftssteuer abzuschaffen.[18][19]

Der Verband sieht politische Forderungen zur Wiedereinführung einer Vermögensteuer kritisch.[20] Gegen die von den Grünen im Bundestagswahlkampf 2013 erhobene Forderung nach Einführung einer Vermögensteuer organisierte der Hauptgeschäftsführer des Verbands der Familienunternehmen eine Kampagne, deren Adressaten u. a. alle Direktkandidaten in den Wahlkreisen waren.[21] Nachdem 2019 die SPD Eckpunkte einer Vermögensteuer beschloss, engagierte sich laut dem Manager Magazin der Hauptgeschäftsführer des Verbands der Familienunternehmer, der in dem Bericht als „Cheflobbyist der Reichen“ bezeichnet wurde, mit dem Verband gegen die Vermögensteuer.[22] Auch im Bundestagswahlkampf 2021 setzte sich der Verband gegen eine Besteuerung von Betriebsvermögen ein. Diese verhindere, dass Unternehmen in Digitalisierung oder Klimaschutz investieren könnten und schwäche ihre Krisenresistenz.[23][24]

Transparenz

Der Verband setzte sich 2017 gegen ein Transparenzregister ein.[25] So sollten nach Meinung des Verbands weder Journalisten noch Nichtregierungsorganisationen Zugang zu dem Register bekommen.[26]

Politik

Der Verband versucht aktiv die politischen Verhältnisse in Deutschland zu beeinflussen. Im Bundestagswahlkampf 2021 gab es eine Kampagne gegen ein Bündnis von SPD, Grünen und Linken. Der Verband kündigte an, dass Familienunternehmer für den Fall einer Bildung dieser Koalition in Deutschland weniger investieren würden.[22]

Verhältnis zur AfD

Im März 2016 – und damit unmittelbar vor den anstehenden Landtagswahlen in Baden-Württemberg, in Rheinland-Pfalz und in Sachsen-Anhalt – warnte der Verband vor Stimmen für die als rechtspopulistisch geltende Partei AfD. Präsident Goebel begründete folgendermaßen: Sie „missbraucht die Ängste vieler Menschen, um [...] das Wertegerüst unserer Gesellschaft der Erosion preiszugeben. Da wollen wir [...] nicht einfach zuschauen.“[27]

Verhältnis zu den Grünen

Bei einem Parteitag 2022 in Bonn von Bündnis 90/Die Grünen organisierte der Verband eine Demonstration unter dem Motto „Grüne wacht auf! Die Energiekrise zerstört den Mittelstand“. Der Verband forderte „die Eckdaten der Energiewende neu“ zu denken und sprach sich für die Nutzung von Kernkraft und fossiler Energie aus.[28]

Kritik

Der Wirtschaftsjournalist Thomas Fricke beschrieb den Verband 2021 als Vertreter „alt-marktliberaler Glaubenssätze“ und sah ihn auf einer Linie mit der Lobbyorganisation Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft. Der Verband kämpfe seit Jahren gegen Vermögensteuern, gegen höhere Erbschaftsteuern, für sinkende Steuern für Reiche und Unternehmen, gegen den Mindestlohn, gegen ein Aus für Verbrenner-Motoren, für die Beschäftigung mit Zeit- oder Werkverträgen, gegen das Lieferkettengesetz, gegen Geld-Transfers für andere EU-Länder, gegen Umverteilung (nach unten), gegen Rettungsschirme der Europäischen Zentralbank in Krisenzeiten und gegen gemeinschaftliche Finanzierung großer Projekte und Reformen in der EU. Viele Ökonomen würden inzwischen ganz andere Politikansätze empfehlen, in der Wirtschaft begrüßten inzwischen mehr als 40 Prozent der Wirtschaftslenker „den Beginn eines längst überfälligen Umbaus der deutschen Industrielandschaft“. Nur 20 Prozent seien anderer Meinung.[29]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Bundesvorstand (Memento vom 20. Juli 2018 im Internet Archive)
  2. a b c Thomas Tuma: Die Kämpferin. In: Focus. Nr. 17/23, 22. April 2023, S. 44 ff.
  3. a b Lobbyliste. Deutscher Bundestag, abgerufen am 6. April 2023.
  4. Satzung des Vereins. In: Die Familienunternehmer e. V. Abgerufen am 17. April 2023.
  5. Paul Mertens: Die Arbeitsgemeinschaft Selbständiger Unternehmer. In: Die Unternehmerische Verantwortung in Unserer Gesellschaftsordnung: Tatbestand und Forderung. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 1964, ISBN 978-3-663-02256-5, S. 279 ff., doi:10.1007/978-3-663-02256-5_15.
  6. Übersicht über die Landesbereiche und Regionalkreise des Verbands. Abgerufen am 28. August 2014.
  7. Unternehmen - Eigentümerunternehmer für Ordnungspolitik und Wachstumspolitik | Familienunternehmen. Abgerufen am 5. September 2022.
  8. Akte "Transparenzregister": Wie die Unternehmerlobby die Position der Bundesregierung änderte. abgeordnetenwatch.de, 6. Februar 2019, abgerufen am 7. Februar 2019.
  9. Beirat. In: Die Familienunternehmer. Abgerufen am 23. April 2023.
  10. Portrait auf Verbandswebseite, Absatz "Historie". Abgerufen am 12. November 2014.
  11. Forscher: Mindestlohn könnte viele Ältere Job kosten. In: FOCUS Online, 4. Juni 2014
  12. https://www.familienunternehmer.eu/fileadmin/familienunternehmer/positionen/arbeitsmarkt/FamU_Positionspapier_Fachkr%C3%A4ftemangel.pdf
  13. Ökonomen halten Pläne für vollkommen unverantwortlich. In: Süddeutsche Zeitung, 5. Mai 2014
  14. Union will Rente mit 63 entschärfen. In: Die Welt, 31. März 2014
  15. Unternehmen - Eigentümerunternehmer für Ordnungspolitik und Wachstumspolitik | Familienunternehmen. Abgerufen am 5. September 2022.
  16. https://www.familienunternehmer.eu/fileadmin/familienunternehmer/positionen/digitalisierung/dateien/FamU_Position_Wettbewerbsagenda.pdf
  17. Familienunternehmer fordern Neujustierung der europäischen Verträge (2.Abschnitt). In: FAZ, 18. Oktober 2013
  18. Mittelstand spart 10 Milliarden Euro Erbschaftsteuer. In: FAZ, 4. Juli 2014
  19. Karlsruhe mit Zweifeln an Steuervorteilen für Firmenerben. In: Die Welt, 8. Juli 2014
  20. Familienunternehmer: Rot-grüne Vermögensteuer „kreuzgefährlich“. In: Focus Online, 25. April 2013. Abgerufen am 3. April 2017.
  21. Die Macht des Geldes. In: Managermagazin, Sonderheft Reichtum. Oktober 2019, S. 68 f., 73.
  22. a b Lukas Heiny, manager magazin: Vermögenssteuer: Wie die Reichen die Politik beeinflussen - manager magazin - Unternehmen. Abgerufen am 28. Juli 2020.
  23. Timo Brücken: „Die Vermögenden in Deutschland hassen nichts so sehr wie Steuern zu zahlen“. In: Der Tagesspiegel Online. 29. August 2021, ISSN 1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 5. September 2022]).
  24. manager magazin: Bundestagswahl: Familienunternehmer würden bei Rot-Rot-Grün weniger investieren. Abgerufen am 5. September 2022.
  25. Korruptionsbekämpfung: So lobbyierten die Familienunternehmer gegen offene Register. In: FragDenStaat. 5. Februar 2019, abgerufen am 4. Juli 2020.
  26. Christian Endt, Hannes Munzinger, Frederik Obermaier, Vanessa Wormer: Der Eigentümer bleibt geheim. Abgerufen am 4. Juli 2020.
  27. RP ONLINE: Landtagswahlen: Familienunternehmer warnen vor Wahl der AfD. Abgerufen am 4. Juli 2020.
  28. Andreas Buchbauer: Wirtschaft im Rhein-Kreis Neuss: Unternehmer demonstrieren bei Grünen-Parteitag. In: Rheinische Post. 17. Oktober 2022, abgerufen am 7. April 2023.
  29. Thomas Fricke: Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft: Propaganda für die Welt von vorgestern. In: Der Spiegel. 18. Juni 2021, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 7. April 2023]).

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