Aräometer

Alkoholometer: hier zeigt die Skala nicht die Dichte der Flüssigkeit, sondern ihren Gehalt an Alkohol (Dichte kleiner als die von Wasser) an, darum nehmen die Skalenwerte nach oben hin zu; Ablesewert: 42 % vol. Alkohol

Das Aräometer (von griechisch ἀραιός araiós „dünn“ und μέτρον métronMaß, Maßstab“), auch Senkwaage, Senkspindel, Dichtespindel oder Hydrometer (von altgriechisch ὕδωρ hýdōr[1] „Wasser“)[2] genannt, ist ein Messgerät zur Bestimmung der Dichte oder des spezifischen Gewichts von Flüssigkeiten.[3]

Dagegen wird zur Dichtebestimmung von Festkörpern oder Flüssigkeiten durch Abwiegen ein Pyknometer, bei Gasen ein Aerometer verwendet.

Messgeräte nach dem Prinzip des Aräometers mit Papier-Skalen, die jeweils an ein bestimmtes Zweistoffsystem angepasst sind, können auch zur direkten Messung der Zusammensetzung solcher Gemische eingesetzt werden, z. B. als Alkoholmeter oder Alkoholometer zur Bestimmung des Ethanolgehaltes eines Wasser-/Ethanolgemisches. Eine besondere Bauform des Saughebers, in dem ein kurzes Aräometer mit eingeschränktem Messbereich eingebracht ist, dient als Säureheber zur Bestimmung der Dichte von Batteriesäure.

Messprinzip

Das Messprinzip ist das Archimedische Prinzip: ein Körper taucht so weit in eine Flüssigkeit ein, bis die Gewichtskraft der verdrängten Flüssigkeit der Gewichtskraft des eingetauchten Körpers entspricht (statischer Auftrieb). Daraus ergeben sich zwei Konsequenzen:

  1. Je kleiner die Dichte der Flüssigkeit, desto weiter taucht ein Körper gleichen Gewichts in diese ein. (Skalenaräometer)
  2. Soll ein Körper in Flüssigkeiten verschiedener Dichte oder verschiedener spezifischer Gewichte bis zu einem bestimmten Punkt einsinken, so muss man sein Gewicht so weit künstlich vergrößern, wie die Dichte zunimmt. (Gewichtsaräometer)

Übliche Maßeinheiten

Übersicht über die klassischen Aräometerskalen
Einheit/SkalaEinheiten­zeichenBezugs­temperaturρ > ρWasser
d. h. rel. Dichte d > 1
ρ < ρWasser
d. h. rel. Dichte d < 1
AnwendungsgebietErfinderEnt­stehungs­jahrVerbrei­tungs­gebiet
API-Grad°API15,56 °CÖl-IndustrieAmerican Petroleum Institute1921USA
Grad Balling°Bg, °Bal, °Blg17,5 °CMostgewicht, Zuckergehalt, Stammwürze (früher)Karl Josef Napoleon Balling1843Europa, Nordamerika, Südafrika
Grad Barkometer
(Grad Eitner)
°Bk, °BarkLederindustrieWilhelm Eitnerweltweit
Grad Bates°BatesZuckergehaltFrederick John Bates1918USA, GB
Grad Baumé (rationell)°Bé, °Be, °B15 °CMostgewicht, ZuckergehaltAntoine Baumé1768international
Grad Baumé (ältere Skala)°Bé, °Be, °B17,5 °CMostgewicht, ZuckergehaltAntoine Baumé1768Europa
Grad Baumé (französisch)°Bé, °Be, °B15 °CMostgewicht, ZuckergehaltAntoine Baumé1768Frankreich
Grad Baumé (USA)°Bé, °Be, °B15,56 °CMostgewicht, ZuckergehaltAntoine Baumé1768Nordamerika
Grad Baumé (holländisch)°Bé, °Be, °B12,5 °CMostgewicht, ZuckergehaltAntoine Baumé1768Niederlande
Grad Beck
(Grad Beck-Benteli)
°Beck12,5 °CuniversalPhilipp Friedrich Beck
Sigmund Friedrich Benteli
1830Schweiz, Deutschland
Grad Brix
(Grad Brix-Fischer)
°Brix, °Bx, °Br, Brix, %Brix15,625 °CMostgewicht, Zuckergehalt, Öl-IndustrieAdolf Brix
Carl Fischer
1870englischsprachige Länder
Grad Cartier°Cartier12,5 °CuniversalJean-François CartierFrankreich
Grad Fleischer°FleischeruniversalEmil Fleischer1876Deutschland
Grad Gay-Lussac
Grad Tralles
(≈ Vol.-%)
°GL
°Tralles
15 °C (°GL)
15,56 °C (°Tralles)
AlkoholgehaltJoseph Louis Gay-Lussac
Johann Georg Tralles
Europa (19. Jahrhundert)
Klosterneuburger Zuckergrade°KMW, °Babo20 °CMostgewicht, ZuckergehaltAugust Wilhelm von Babo1861Österreich, Italien, Ungarn, der Slowakei sowie den Staaten des ehemaligen Jugoslawien
Normalizovaný moštoměr°NM20 °CMostgewicht, ZuckergehaltTschechischer Technischer Standard
Slowakischer Technischer Standard
1987Tschechien und Slowakei
Grad Oechsle°Oe20 °CMostgewicht, ZuckergehaltFerdinand Oechsle1836Deutschland, Schweiz, Luxemburg
Grad Plato°P20 °CStammwürzeFritz Plato1843weltweit
Grad Quevenne°Q15 °CMilchdichteTheodore Auguste Quevenne1842Frankreich
Grad Sikes°Sikes20 °CAlkoholgehaltBartholomew Sikes1817Großbritannien bis 1980
Grad Stoppani
Grad Richter
(≈ Gew.-%)
°Stoppani
°Richter
15,625 °CAlkoholgehaltFranz Nikolaus Stoppani
Jeremias Benjamin Richter
1795 (Richter)Europa (19. Jahrhundert)
Grad Twaddle°Tw15,56universal, MilchdichteWilliam Twaddle1776Großbritannien (19. Jahrhundert)

Konstruktive Ausführungen

Je nach Einsatzgebiet unterscheiden sich die Geräte in ihrer Bauform, Genauigkeit und Art der Messung.

Skalenaräometer

Die heute gebräuchlichen Aräometer bestehen meistens aus Glas und besitzen einen dicken Auftriebskörper mit einer eingegossenen, genau definierten Menge Bleischrot als Gewicht und einem dünnen Stiel, in dem sich die Skala befindet. In der chemischen Industrie gebräuchliche Geräte sind auf eine bestimmte Messtemperatur justiert, die normalerweise 20 Grad Celsius beträgt; sie erlauben eine Ablesegenauigkeit von bis zu drei Nachkommastellen. Es gibt auch Exemplare, die ein Thermometer gleich mit eingebaut haben (siehe Abbildung rechts).

Anwendung:

Aräometer (Skala oben) mit eingebautem Thermometer (Skala unten)
  • Die zu bestimmende Flüssigkeit wird in ein definiertes Messgefäß (idealerweise 250 ml Standzylinder, hohe Bauform)[4] zu ca. 4/5 eingefüllt.
  • Je nach der ungefähr erwarteten Dichte der zu charakterisierenden Flüssigkeit wird ein passendes Aräometer ausgewählt, d. h. mit einem Messbereich, der die zu erwartende Dichte der Flüssigkeit abdeckt.
  • Die Spindel wird dann mit einer Drehbewegung in die Flüssigkeit getaucht, damit sie eine stabile Lage hat und den Rand des Messzylinders nicht berührt.
  • Nachdem das Aräometer zum Stillstand gekommen ist, wird am unteren Meniskus der Wert abgelesen, bei welchem die Spindel die Flüssigkeitsoberfläche durchdringt.

Ein Beispiel eines Skalenaräometers ist die Klosterneuburger Mostwaage.

Gewichtsaräometer

Nicholsonsches Gewichts-
aräometer

Gewichtsaräometer (auch hydrostatische Waage genannt) funktionieren nach dem zweiten oben erläuterten Prinzip. Mit ihnen kann man sowohl das absolute als auch das spezifische Gewicht eines festen Körpers, seine Dichte und die Dichte verschiedener Flüssigkeiten bestimmen.

Es gibt verschiedene Systeme, die unterschiedliche Konstruktionsweisen nach sich ziehen: Fahrenheit, Tralles, Nicholson oder Mohs. Gemeinsam ist ihnen, dass sie als Hohlkörper aus Glas oder Messingblech gefertigt und mit Schälchen versehen sind, die der Aufnahme von kleinen Gewichten und Körpern dienen. So besteht das Nicholsonsche Aräometer – siehe Abbildung – aus einem hohlen, konisch geschlossenen Messingzylinder B. Dieser trägt unten einen massiven halben Messingkegel C, auf dessen Basis man einen zu untersuchenden Körper m auflegen kann. Oben besitzt das Instrument ein dünnes Metallstäbchen o und ein Tellerchen A zur Aufnahme der kleinen Zusatzgewichte und des zu wägenden festen Körpers.

Man legt ein entsprechendes Stückchen m des zu untersuchenden Körpers auf den unten angebrachten Kegel, so dass es ringsum von der Flüssigkeit umgeben ist, und zusätzlich oben auf den Teller des Instruments. Dann legt man oben so viele Zusatzgewichte auf, dass ein Eintauchen bis zu einer bestimmten Marke erzielt wird.

Die Dichte einer Flüssigkeit im Verhältnis zur Dichte von Wasser kann man bestimmen, indem man den Schwimmkörper des Gewichtsaräometers mit Hilfe unterschiedlicher Zusatzgewichte in beiden Flüssigkeiten bis zur gleichen Marke eintauchen lässt. Dann gilt jeweils:

mit

  • der Masse P des Schwimmkörpers
  • Zusatzmassen p für die zu untersuchende Flüssigkeit
  • Zusatzmassen q für Wasser
  • dem Volumen V des Schwimmkörpers (wird in erster Näherung als konstant betrachtet).

Daraus folgt:

mit

Eine andere Ausführung des Gewichtsaräometers ist die Mohr-Westphalsche Waage.

Nach dem Prinzip des Gewichtsaräometers (und zusätzlichem Temperatureinfluss) arbeitet das Galileo-Thermometer.

Verwendungen

Aräometer für verschiedene Dichtebereiche und Flüssigkeiten

Aus den verschiedenen Verwendungen ergibt sich jeweils eine andere Aufteilung der Skala, da die Dichte mit einem bestimmten Mischungsverhältnis gleichgesetzt werden kann.

Normung

Die Grundlagen für Aufbau und Justierung der Aräometer regelt DIN 12790.

Wichtiges Zubehör

Aräometerzylinder

  • aus Glas, ungraduiert, mit Sechskantfuß und Ausguss, 100 ml, 250 ml, 500 ml Volumen
  • aus Polypropylen (PP), mit Ausguss und Überlaufgefäß, dadurch kann die Ablesung der Aräometer bei vollständig gefülltem Zylinder erfolgen, ohne Säureschäden oder Verunreinigungen zu verursachen. Temperaturbeständig bis ca. 135 °C. Die Elastizität des Materials verringert die Bruchgefahr des Aräometers.

Kardanische Aufhängung für Glaszylinder, die durch zwei gegeneinander bewegliche Metallringe garantiert, dass sich der Zylinder während der aräometrischen Messung in lotrechter Lage befindet.

Gestell aus Polyvinylchlorid (PVC) zum schrägen Aufstellen von Aräometern, durch das sichere und griffbereite Unterbringung am Arbeitstisch gewährleistet wird.

Literatur

  • Jancis Robinson: Das Oxford-Weinlexikon. 3. vollständig überarbeitete Auflage. Hallwag, Gräfe und Unzer, München 2007, ISBN 978-3-8338-0691-9.
  • Hannelore Dittmar-Ilgen: Wie der Kork-Krümel ans Weinglas kommt. Physik für Genießer und Entdecker. Hirzel, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-7776-1440-3.

Weblinks

Commons: Hydrometers – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Aräometer – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. hydro-, Hydro-, vor Vokalen auch hydr-, Hydr-. duden.de, abgerufen am 30. November 2013.
  2. Renate Wahrig-Burfeind (Hrsg.): Wahrig. Illustriertes Wörterbuch der deutschen Sprache. ADAC-Verlag, München 2004, ISBN 3-577-10051-6, S. 403.
  3. Brockhaus ABC Chemie. F. A. Brockhaus Verlag, Leipzig 1965, S. 103.
  4. Gerhard Meyendorf: Laborgeräte und Chemikalien. Volk und Wissen Volkseigener Verlag, Berlin 1965, S. 218.

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Aräometer in 44 %Vol. Flüssigkeit
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Aräometer mit Thermometer
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Autor/Urheber:

Brockhaus Konversationslexikon 14. Ausgabe (1908)

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Prinzip des Nicholsonschen Aräometers

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Aräometer für verschiedene Dichtebereiche und Flüssigkeiten