Anton Rintelen

Anton Rintelen (* 15. November 1876 in Graz[1]; † 28. Jänner 1946 ebenda) war ein österreichischer Jurist und Politiker der Christlichsozialen Partei. Als Landeshauptmann der Steiermark spielte er eine oft dubiose und bis heute schwer zu beurteilende Rolle in der Politik der Ersten Republik. Er unterhielt Kontakte zur Heimwehrbewegung und konspirierte mit den Nationalsozialisten, die ihn im Zuge des Juliputsches zum Bundeskanzler erklärten.

Leben

Nach seinem Jusstudium in Graz und Wien (Promotion 1898) war Rintelen als Wissenschaftler an verschiedenen Universitäten tätig. Im Jahre 1902 habilitierte er sich für zivilgerichtliches Verfahren. Zwischen 1903 und 1911 war er als Professor an der Deutschen Universität Prag tätig, an der er in die „Wahrmund-Affäre“, eine Auseinandersetzung zwischen den katholisch-klerikalen und den national-liberalen weltanschaulichen Ausrichtungen an den Universitäten, verwickelt war.

Ab 1911 war er Professor für zivilgerichtliches Verfahren an der Universität Graz. Im Ersten Weltkrieg leistete er freiwillig beim Militärgericht Dienst. 1918 wurde er zum Landeshauptmann-Stellvertreter der Steiermark bestellt, von 1920 bis 1923 war er auch Mitglied des Bundesrats. Von 1919 bis 1926 und von 1928 bis 1933 war er steiermärkischer Landeshauptmann. Unterbrechungen seiner Amtszeit als Landeshauptmann ergaben sich, weil er 1926 und 1932/1933 auch das Amt des Bundesministers für Unterricht bekleidete. Daneben war er von 1927 bis 1930 und von 1931 bis 1934 Abgeordneter zum Nationalrat. Rintelen war Mitglied der katholischen Studentenverbindungen KÖStV Traungau Graz, KÖStV Babenberg Graz und KÖStV Glückauf Leoben im Österreichischen Cartellverband,[2] der größtenteils den Ständestaat (siehe auch Austrofaschismus) unterstützte.[3] 1935 wurde er von sämtlichen Verbindungen ausgeschlossen.[4]

Rintelen, der als äußerst ehrgeiziger und skrupelloser Machtpolitiker galt, setzte alles daran, seine Machtstellung auszubauen und Bundeskanzler zu werden. Seine Versuche, dieses Ziel mit Hilfe der Heimwehr zu erreichen, waren jedoch spätestens 1931 mit dem Pfrimer-Putsch gescheitert. 1933 wurde er schließlich von Bundeskanzler Engelbert Dollfuß aus dem Kabinett eliminiert und auf den Posten eines Gesandten in Rom abgeschoben. Von dort aus konspirierte er mit den Nationalsozialisten, die im Zuge ihres Putschversuches am 25. Juli 1934 durch eine erzwungene Rundfunkdurchsage verkünden ließen, dass er nach dem Rücktritt der Regierung Dollfuß die Amtsgeschäfte übernommen habe. Diese Radiodurchsage war gleichzeitig als Signal für eine Erhebung von SA und SS in den Bundesländern gedacht.

Als das Misslingen des Putsches offensichtlich wurde, begann Rintelen sich vorsichtig von den Putschisten zu distanzieren. Im Zusammenhang mit der Radiodurchsage vom Rücktritt der Regierung spielte er den Überraschten und verlangte von der Radio Verkehrs AG eine Richtigstellung der – wie er es ausdrückte – „Mystifikation“ seiner Ernennung zum Bundeskanzler. Obwohl er auch in einer Aussprache mit Regierungsmitgliedern, darunter Kurt Schuschnigg, leugnete, Kenntnis vom Putsch gehabt zu haben, wurde er dennoch in Gewahrsam genommen. Als ihn in der Nacht vom 25. auf den 26. Juli zwei Kriminalbeamte zu einer Vernehmung abholen wollten, unternahm er einen Selbstmordversuch durch einen Schuss in den Herzbereich.

Am 2. März 1935 begann der Prozess gegen Rintelen. Dabei wurden erstmals auch seine Verbindungen zu Rudolf Weydenhammer, einem der führenden Planer des Juliputsches, aufgedeckt. Rintelen drohte aus diesem Grund die Todesstrafe. Justizminister Egon Berger-Waldenegg, der auch Landesführer der steirischen Heimwehr war, wies den Staatsanwalt jedoch an, den Prozess so zu führen, dass Rintelen nur lebenslangen Kerker zu erwarten hätte – dieses Urteil wurde dann auch am 14. März verkündet. Durch die nach dem Berchtesgadener Abkommen vom 12. Februar 1938 verkündete Generalamnestie wurde Rintelen zwar wieder aus der Haft entlassen, konnte politisch aber nicht mehr Fuß fassen. Am 1. Mai 1938 trat er der NSDAP bei (Mitgliedsnummer 6.351.504).[5][6] 1941 erschienen seine Memoiren mit dem Titel Erinnerungen an Österreichs Weg.

Siehe auch

Literatur

  • Gerhard Jagschitz: Der Putsch. Die Nationalsozialisten 1934 in Österreich, Verlag Styria, Graz-Wien-Köln 1976, ISBN 3-222-10884-6. (bietet detaillierte Informationen zu Rintelens Kontakten zu den Nationalsozialisten und seinem Verhalten während des Juliputsches)
  • Peter Gorke: Anton Rintelen (1876–1946). Eine polarisierende steirische Persönlichkeit. Versuch einer politischen Biographie. Phil. Diss., Univ. Graz 2002.
  • Andreas Fraydenegg-Monzello: Landesfürst und Hochverräter. Anton Rintelen. Eine österreichische Karriere. Verlag Böhlau, Wien-Köln 2023, ISBN 978-3-205-21940-8
  • Dieter A. BinderRintelen, Anton der Jüngere. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 21, Duncker & Humblot, Berlin 2003, ISBN 3-428-11202-4, S. 641 f. (Digitalisat).
  • Hans Schafranek: Sommerfest mit Preisschießen. Die unbekannte Geschichte des NS-Putsches im Juli 1934, Czernin Verlag, Wien 2006, ISBN 3-7076-0081-5
  • Dieter A. Binder: Rintelen Anton d. J.. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 9, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1988, ISBN 3-7001-1483-4, S. 171 f. (Direktlinks auf S. 171, S. 172).

Einzelnachweise

  1. Matricula Online – Graz-Hl. Blut, Taufbuch XXXIII, 1872–1878, Seite 350, Eintrag Nr. 315, 4. Zeile
  2. Gerhard Hartmann: Anton Rintelen - ÖCV Biolex. Abgerufen am 26. März 2023.
  3. Stefan Neuhäuser (Hrsg.): Wir werden ganze Arbeit leisten. S. 29.
  4. Gerhard Hartmann: Anton Rintelen - ÖCV Biolex. Abgerufen am 26. März 2023.
  5. Bundesarchiv R 9361-IX KARTEI/35041025
  6. Robert Kriechbaumer: Die Dunkelheit des politischen Horizonts. Salzburg 1933 bis 1938 in den Berichten der Sicherheitsdirektion. Wien 2019. S. 133

Weblinks

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Wappen der Republik Österreich: Nicht gesetzeskonforme Version des österreichischen Bundeswappens, umgangssprachlich „Bundesadler“, in Anlehnung an die heraldische Beschreibung des Art. 8a Abs. 3 Bundes-Verfassungsgesetz mit zwar nach Wappengesetz detailliertem, aber schwarzem statt grauem Gefieder, mit zu grellem Gelb sowie mit inkorrekter Darstellung des Bindenschilds, da die weiße Binde zu breit und der untere rote Balken zu schmal sowie der Spitz, statt halbrund zu sein, zu flach gerundet ist:

Das ursprüngliche Staatswappen wurde in der ersten Republik Österreich im Jahr 1919 eingeführt. Im austrofaschistischen Ständestaat wurde es im Jahr 1934 wieder abgeschafft und, im Rückgriff auf die österreichisch-ungarische Monarchie, durch einen Doppeladler ersetzt. In der wiedererstandenen (zweiten) Republik im Jahr 1945 wurde das Bundeswappen mit dem Wappengesetz in der Fassung StGBl. Nr. 7/1945 in modifizierter Form wieder eingeführt. Der Wappenadler versinnbildlicht, diesem Gesetzestext entsprechend (Art. 1 Abs. 1), „die Zusammenarbeit der wichtigsten werktätigen Schichten: der Arbeiterschaft durch das Symbol des Hammers, der Bauernschaft durch das Symbol der Sichel und des Bürgertums durch das Symbol der den Adlerkopf schmückenden Stadtmauerkrone […]. Dieses Wappen wird zur Erinnerung an die Wiedererringung der Unabhängigkeit Österreichs und den Wiederaufbau des Staatswesens im Jahre 1945 dadurch ergänzt, dass eine gesprengte Eisenkette die beiden Fänge des Adlers umschließt.“

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