Anglican Church in North America

Die Anglican Church in North America (ACNA) ist eine Kirche anglikanischer Tradition in den Vereinigten Staaten und Kanada. Daneben besitzt sie einzelne Gemeinden außerhalb dieses Gebiets. Sie entstand im Jahr 2009 aus Teilen – Bischöfen und Gemeinden – der Episkopalkirche der Vereinigten Staaten (TEC) und der Anglikanischen Kirche von Kanada (ACC). Es handelt sich bei ihr um die größte der traditionelleren anglikanischen Gruppierungen in Nordamerika. Sie umfasst etwa 1.000 Gemeinden mit rund 128.000 Mitgliedern.
Geschichte
Theologische Debatten ab den 1990er Jahren
Seit den 1990er Jahren wurden in der Anglikanischen Gemeinschaft insbesondere Fragen bezüglich der Ordination diskutiert. Im Fokus standen die Fragen nach der Ordination von Frauen, hier insbesondere der Fall der Bischofsweihe, und von Homosexuellen.[1]
Auch die Debatten in der Episkopalkirche der 1990er und 2000er Jahre waren geprägt durch den Umgang mit Homosexualität. Dabei ging es erstens um eine Aussage[2] der 66. General Convention (Generalversammlung) von 1979.[3] Jene verbot die Ordination von praktizierenden Homosexuellen[2] sowie jener Personen, die außerhalb der Ehe – auch heterosexuell – sexuell aktiv waren.[4] Mit der Durchsetzung der liberalen Position im nachfolgenden Jahrzehnt verschoben sich diese Diskussionen auf ein zweites großes Thema: die gleichgeschlechtliche Ehe.[2]
Ereignisse der 2000er

In den frühen 2000er Jahren ereigneten sich zwei besondere Vorfälle, an denen sich starke Reaktionen von Konservativen innerhalb der anglikanischen Mainline-Kirchen der Vereinigten Staaten und Kanada entzündeten. Der erste Fall betraf die kanadische Kirche im Jahr 2002, als die Diözese von New Westminster einen Ritus zur Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften genehmigte. Für die Kirche in den USA war es die Weihe von Gene Robinson im Jahr 2003. Er war der erste offen homosexuelle Bischof der anglikanischen Gemeinschaft.[5]
In der Folge begannen einzelne konservative Gemeinden und Geistliche sich von ihren bisherigen Strukturen zu lösen und stattdessen Bischöfen des Globalen Südens zu unterstellen,[5] andere erwägten die Trennung bislang nur.[1]
Im Januar 2004 wurde das Anglican Communion Network instituiert. Es vereinte konservative Gemeinden und Diözesen aus den USA und Kanada.
Im Juni desselben Jahres entstand die Common Cause Partnership, eine Gruppe von Organisationen, die sich für konservative Positionen im anglikanischen Nordamerika einsetzte. Bedeutende weitere Mitglieder waren das American Anglican Council, Forward in Faith North America sowie die Reformed Episcopal Church.[1]
Speziell in Kanada bildete sich 2005 das Anglican Network in Canada, welches konservative Gemeinden in der Anglikanischen Kirche von Kanada versammelte.[1]
In der folgenden Zeit nahmen die innerkirchlichen Spannungen entlang der Debatten um die gleichgeschlechtliche Ehe und die Ordination von Bischöfinnen – durch die Wahl von Katharine Jefferts Schori (2006) zum Presiding Bishop – zu. Schließlich kam es 2008 zum Bruch. Eine Gruppe von mehr als 100.000 Mitgliedern, darunter viele Gemeinden und vier Diözesen (Fort Worth, Pittsburgh, Quincy in Illinois, San Joaquin in Kalifornien;[2] South Carolina folgte 2012),[6] verließen die Episkopalkirche. Unter ihnen waren überproportional viele afroamerikanische Mitglieder. Dies zeigte eine Studie von 2014, welche der TEC etwa 4 % afroamerikanische Gläubige bescheinigte, während es in der ACNA rund 12 % waren. Rechtliche Konflikte um den Besitz der sich abspaltenden Gemeinden und Diözesen beschäftigte die Parteien noch ein Jahrzehnt und endeten für beide Seiten unbefriedigend.[2]
Im Dezember 2008 trafen sich die Gruppen der Common Cause Partnership in Wheaton, Illinois, wo sie zum einen die Jerusalemer Erklärung bestätigten und zum anderen eine neue Anglikanische Kirche in Nordamerika konzipierten, indem eine Verfassung entworfen sowie eine Reihe von Kanones verfasst wurden.[1]
Gründung der ACNA
Ein halbes Jahr später, am 22. Juni 2009, wurde auf einer Konferenz im Ort Bedford, Texas von vielen dieser US-amerikanischen Gemeinden sowie jenen des Anglican Network in Canada die Anglican Church in North America gegründet.[1] Sie betonte die Bedeutung von Bibelwissen und Evangelisation.[2] Daneben nahm sie eine ablehnende Haltung zur gleichgeschlechtlichen Ehe/Partnerschaft und zur Ordination von Homosexuellen ein.[1] Uneinheitlich blieb die Position zur Frauenordination (unterhalb des Bischofs), welche in den Diözesen entschieden werden sollte.[2] Bei der Versammlung nahmen mehrere Vertreter anderer Kirchen der Anglikanischen Gemeinschaft Teil, auch einer des Erzbischofs von Canterbury.[1]

Erster Erzbischof wurde Robert Duncan, vorher episkopaler Bischof von Pittsburgh. Neben den ausgetretenen Gemeinden schlossen sich noch mehrere kleinere anglikanische Körperschaften der Kirche an.[5] Dazu gehört die seit 1873 bestehende Reformierte Episkopalkirche.[7]
Verhältnis zur Anglikanischen Gemeinschaft
Nach ihrer Gründung erklärten verschiedene anglikanische Kirchen aus Südamerika und Afrika die Kommunionsgemeinschaft mit der ACNA.[1]
Die ACNA ist in den Global Anglican Future Conferences (GAFCON) aktiv und[5] nimmt an den Treffen des Global Anglican Future Conference’s Council of Primates teil.[7] Letzteres stellt eine Kokurrenzversammlung zum Anglican Communion Primates’ Meeting dar.[7]
Eine Anerkennung durch den Erzbischof von Canterbury, das Ehrenoberhaupt der anglikanischen Kirchengemeinschaft, blieb bislang aus.[5]
Daher gehört die ACNA nicht zu den Kirchen, die Teil der vier sogenannten „Instrumente der Einheit“ der Anglikanischen Gemeinschaft sind.[7] Diese bestehen aus dem Erzbischof von Canterbury, der Lambeth Conference, dem Anglican Consultative Council sowie dem Primates’ Meeting.
Struktur
Die ACNA ist in 28 Diözesen geteilt, sowohl territorialer als auch nicht-territorialer Art:[8]
- Anglican Diocese in New England
- Anglican Diocese of All Nations
- Anglican Diocese of Canada
- Anglican Diocese of Fort Worth
- Anglican Diocese of Pittsburgh
- Anglican Diocese of San Joaquin
- Anglican Diocese of South Carolina
- Anglican Diocese of the Carolinas
- Anglican Diocese of the Living Word
- Anglican Diocese of the South
- Anglican Diocese of the Southwest
- Armed Forces & Chaplaincy
- Central States
- Christ Our Hope
- Churches for the Sake of Others
- Diocese of Cascadia
- Diocese of Mid-America
- Diocese of Northeast and Mid-Atlantic
- Diocese of Quincy
- Diocese of the Mid-Atlantic
- Diocese of the Southeast
- Diocese of the Upper Midwest
- Gulf Atlantic Diocese
- Missionary Diocese of All Saints
- Rocky Mountains
- The Anglican Diocese of the Great Lake
- Western Anglicans
- Western Gulf Coast
Ein Großteil der Mitglieder besteht aus Personen, die dem Anglokatholizismus, Evangelikalismus und der Charismatischen Bewegung zuzurechnen sind.[5]
Die Ordination von Frauen ist in manchen Diözesen erlaubt.[5] Übergreifend nicht möglich ist dagegen die Bischofsweihe.
Primates/Erzbischöfe

- Robert Duncan, 2009–2014
- Foley Beach, 2014–2024
- Steve Wood, 2024–heute
Literatur
- Grayson Carter: Anglican Church in North America. In: Andrew Louth (Hrsg.). The Oxford dictionary of the Christian Church. Oxford University Press, Oxford 2022, ISBN 978-0191744396. (Online-Version)
- Robert W. Prichard: Anglicanism. In: Jason E. Vickers und Jennifer Woodruff-Tait (Hrsg.). The Cambridge companion to American protestantism. New York, Cambridge 2022, ISBN 978-1108756297 (Cambridge companions online), S. 315–340, hier S. 316, 333 und 334.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e f g h i Anglican Church in North America | History, Episcopal, Beliefs, & Structure | Britannica. Abgerufen am 14. Juni 2025 (englisch).
- ↑ a b c d e f g Robert W. Prichard: Anglicanism. In: Jason E. Vickers und Jennifer Woodruff-Tait (Hrsg.). The Cambridge companion to American protestantism. New York, Cambridge 2022, ISBN 978-1108756297 (Cambridge companions online), S. 315–340, hier S. 333 und 334.
- ↑ Acts of Convention: Resolution # 1979-A053. Abgerufen am 14. Juni 2025.
- ↑ „any person who is engaged in heterosexual relations outside of marriage“ Text
- ↑ a b c d e f g Grayson Carter: Anglican Church in North America. In: Andrew Louth (Hrsg.). The Oxford dictionary of the Christian Church. Oxford University Press, Oxford 2022, ISBN 978-0191744396. (Online-Version)
- ↑ Melissa Rademaker: SC Supreme Court returns 14 congregations to the Episcopal Church after lawsuit. 22. April 2022, abgerufen am 15. Juni 2025 (englisch).
- ↑ a b c d Robert W. Prichard: Anglicanism. In: Jason E. Vickers und Jennifer Woodruff-Tait (Hrsg.). The Cambridge companion to American protestantism. New York, Cambridge 2022, ISBN 978-1108756297 (Cambridge companions online), S. 315–340, hier S. 316.
- ↑ Dioceses. In: Anglican Church in North America. Abgerufen am 14. Juni 2025.
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The Anglican Church in North America adopted a flag that has a dark blue panel along the hoist which bears the logo the denomination is using - a globe, of a lighter shade of blue, showing North America in yellow or buff; with a shield of St. George's cross superimposed, offset to the southeast quadrant. The rest of the flag's length is a St. George's cross.
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Archbishop (2009-2014) Robert Duncan of the Anglican Church in North America presides at the ordination to the priesthood of Michael McGhee in the Anglican Diocese of Pittsburgh, January 10, 2010.
Autor/Urheber: Donald Vish (Lynceus) aus Harrods Creek, KY, USA, Lizenz: CC BY-SA 2.0
Bishop Gene Robinson of New Hampshire at Trinity Church, Columbus, Ohio, on June 16, 2006, during the 75th General Convention of the Episcopal Church. Image cropped and color adjusted by Angr.
Episcopal Convention 2006 100
Autor/Urheber: TreadingGrain, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Bishop Wood with his family at his consecration service at St. Andrew's Anglican Church, Mount Pleasant, South Carolina, August 25, 2012.