Andrew Sydney Withiel Thomas

Andrew Thomas
Andrew Thomas
LandUSA
OrganisationNASA
ausgewählt31. März 1992
(14. NASA-Gruppe)
Einsätze4 Raumflüge
Start des
ersten Raumflugs
19. Mai 1996
Landung des
letzten Raumflugs
9. August 2005
Zeit im Weltraum177 d 9 h 14 m
EVA-Einsätze1
EVA-Gesamtdauer6 h 21 m
ausgeschiedenFebruar 2014
Raumflüge

Andrew Sydney Withiel „Andy“ Thomas (* 18. Dezember 1951 in Adelaide, Bundesstaat South Australia, Australien) ist ein ehemaliger US-amerikanischer Astronaut, der auch die australische Staatsbürgerschaft besitzt.[1] Er ist der einzige aus Australien stammende Berufsastronaut – bereits zwölf Jahre vor ihm flog der aus Sydney stammende Meereskundler Paul Scully-Power mit STS-41-G ins All.

Thomas wurde in Adelaide, der Hauptstadt des Bundesstaates South Australia geboren und verbrachte dort seine Kindheit und Jugend. Nach seinem Abitur, das er 1968 vom St. Peter’s College erhielt, ging er auf die University of Adelaide und studierte Maschinenbau. Seinen Bachelor legte er 1973 mit summa cum laude ab. Er setzte dann sein Studium fort und promovierte fünf Jahre später als Maschinenbauingenieur (Dr.-Ing.).

In seinem letzten Studienjahr verließ Thomas 1977 Australien und zog in die Vereinigten Staaten. Er ließ sich im südöstlichen Teil des Landes, in Georgia, nieder und fing als Forschungswissenschaftler beim Flugzeughersteller Lockheed in Marietta an. Drei Jahre darauf hatte er es bereits zum Projektleiter der Aerodynamikabteilung gebracht. Weitere drei Jahre später wurde ihm die Leitung des Advanced Flight Sciences Department übertragen, wo man sich mit theoretischen Studien zu Fragen der Flüssigkeits- und Aerodynamik beschäftigte. Der Flight Sciences Division von Lockheed stand er ab 1987 vor. Dort wurde nach technischen Lösungen für die Weiterentwicklung der firmeneigenen Flugzeuge im Bereich der Antriebe und der Steuerung geforscht.

Nach zwölf Jahren bei Lockheed wechselte Thomas Wohnort und Arbeitgeber. Er zog 1989 nach Kalifornien, um beim Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA zu arbeiten. Bereits kurze Zeit später wurde er mit der Leitung eines Programms zur materialwissenschaftlichen Forschung unter Schwerelosigkeit betraut.

Astronautentätigkeit

Thomas zeigte sich bereits als Kind und Jugendlicher von der Raumfahrt fasziniert. Trotzdem war der Wunsch Astronaut zu werden nur latent vorhanden. Die Möglichkeit als Australier Raumfahrer werden zu können, war so gut wie nicht vorhanden. Das änderte sich mit seiner Ankunft in den USA, und er begann, sich eine Chance auszumalen, seinen Traum Wirklichkeit werden zu lassen. Seitdem versuchte er auch bewusst, seine berufliche Karriere in diese Richtung zu lenken. Das war auch der Grund, warum er die Position beim JPL annahm. Zu dem Zeitpunkt war er der Meinung, genug erreicht zu haben, was bei einer Astronautenbewerbung ausschlaggebend sein könnte. Außerdem hatte er damit schon einmal „einen Fuß in der Tür“.

Thomas hatte 1986 seine australische Staatsbürgerschaft zugunsten der US-amerikanischen aufgegeben, was die Voraussetzungen für eine Karriere als NASA-Astronaut war. Eine doppelte Staatsbürgerschaft war damals für Australier nicht möglich. Thomas wurde als einer von 15 Missionsspezialisten mit der 14. Astronautengruppe der NASA Ende März 1992 vorgestellt. Aus insgesamt 2.054 Bewerbern, die den formalen Auswahlkriterien entsprachen, waren 87 Finalisten hervorgegangen. Diese wurden im Herbst 1991 ins Johnson Space Center (JSC) nach Houston in Texas zu Tests, Gesprächen und medizinischen Untersuchungen eingeladen.

Die 24-köpfige Gruppe, bestehend aus 4 Piloten und 20 Missionsspezialisten (darunter 5 aus dem Ausland), begann im August 1992 die einjährige Grundausbildung am JSC. Danach war er Mitglied der Unterstützungsmannschaften am Kennedy Space Center, die ihre Astronautenkollegen betreuen.

STS-77

Im Sommer 1995 wurde Thomas für seinen ersten Raumflug aufgestellt. Die STS-77-Mission wurde vom Space Shuttle Endeavour im Mai 1996 durchgeführt und war die fünfte Mission des kommerziellen Spacehab-Moduls. Darin wurden ein Dutzend Experimente aus den Sparten Biologie, Elektrotechnik und Landwirtschaft durchgeführt. Weiterhin wurde die Plattform SPARTAN ausgesetzt, die ihrerseits das sogenannte Inflatable Antenna Experiment (IAE) trug. Das 14 Millionen Dollar teure IAE war eine aluminiumbeschichtete Kunststoffhülle, die durch Stickstoffgas in ihre eigentliche Form – eine Antennenschüssel – gebracht wurde. Das zehntägige Unternehmen war der erste Flug, der vom Start bis zur Landung vom neuen Kontrollzentrum in Houston (Consolidated Control Center, CCC) geleitet wurde.

STS-89

Wie Thomas zu seiner nächsten Nominierung kam, ist eine Geschichte für sich: Mitte August 1996 entschied die NASA, dass Astronautin Wendy Lawrence im September 1997 Mike Foale regulär als Dauergast auf der russischen Raumstation Mir ablösen sollte. Als ihr Ersatzmann wurde David Wolf berufen, der im Januar 1998 wiederum ihre Nachfolge als letzter Amerikaner auf Mir hätte antreten sollen. Wenig später wurde Thomas zum Ersatzmann von Wolf ernannt. Wolf und Thomas reisten im Januar 1997 nach Russland ins „Sternenstädtchen“ bei Moskau, um sich auf den Langzeitflug vorzubereiten.

Ende Juni 1997 rammte dann ein unbemannter Progress-Frachter die Mir-Station und fügte ihr schwere Beschädigungen zu. Zwar musste der Außenposten von der Besatzung nicht evakuiert werden, doch hatte der Vorfall Folgen. Umfangreiche Reparaturarbeiten waren erforderlich. Das hatte auch Auswirkungen auf die künftigen Besatzungen, denn jetzt waren Handwerker gefragt. Zusammen mit den Russen kam die NASA im August zu dem Ergebnis, Foale durch Wolf ersetzen zu lassen statt durch Lawrence. Vor allem zwei Gründe wurden dafür genannt: Lawrence passe nicht in den russischen Orlan-Raumanzug, um bei Außenbordarbeiten (EVAs) mithelfen zu können. Zudem habe sie keine EVA-Erfahrung. David Wolf hatte bei seinem ersten Flug 1993 den Shuttle zwar auch nicht verlassen, doch immerhin konnte er rund 150 Trainingsstunden im Wassertank des JSC vorweisen. Deshalb erklärte die NASA Mitte Oktober, dass Andy Thomas mit STS-89 als siebenter und letzter Amerikaner zur Mir fliegen sollte.

Thomas startete mit STS-89 Ende Januar 1998 zu seinem zweiten Raumflug. Wieder war es der Orbiter Endeavour, der ihn als Missionsspezialist zur russischen Raumstation Mir brachte. Nach fünf Tagen, die der Orbiter mit der Station verbunden war, verabschiedete sich die STS-89-Besatzung und ließ Thomas zurück. Dafür nahm David Wolf dessen Platz ein und kehrte nach fast 130 Tagen wieder Heim zur Erde. Thomas blieb im Rahmen des Shuttle-Mir-Programms in der Funktion eines Bordingenieurs die nächsten vier Monate an Bord und arbeitete zusammen mit den russischen Langzeitbesatzungen von Sojus TM-26 und Sojus TM-27. Im Juni wurde er von STS-91 wieder abgeholt. Sein 140 Tage währender Flug war vorbei. Er hat berichtet, dass die ersten Tage der Re-Anpassung an die Schwerkraft sehr schmerzlich waren. Beim Gehen hatte er in den ersten Tagen das Gefühl, er nähme an einem Marathon teil, ohne zuvor trainiert zu haben. Es habe mehrere Wochen gedauert, bis er seine alte Kondition wieder erlangt habe.

STS-102

Für seinen dritten Flug in die Erdumlaufbahn bereitete sich Thomas ab Mai 2000 vor. Fast zwei Wochen dauerte die Mission zur Internationalen Raumstation (ISS). STS-102 fand im März 2001 statt und war eine Crewaustauschmission: ISS-Expedition 2 wurde zur ISS gebracht und ISS-Expedition 1 wieder mit zurück zur Erde genommen. Außerdem wurden mit dem Logistikmodul Leonardo wichtige Ausrüstungsgüter zur Station gebracht. Kaum angekommen, stiegen die beiden amerikanischen Besatzungsmitglieder der frischen ISS-Crew (Helms und Voss) aus, um Arbeiten am Modul Destiny vorzunehmen. Zwei Tage später folgten Thomas und sein Kollege Richards. Während ihres sechseinhalbstündigen Außenbordaufenthaltes, der für beide der erste war, montierten die zwei Astronauten eine Plattform zur Aufbewahrung von Frachten an Destiny und verbanden essentielle Datenkabel miteinander.

STS-114

Bevor Thomas für seinen nächsten Raumflug aufgestellt wurde, fungierte er ab August 2001 als Vizechef des Astronautenbüros am JSC. Zwei Jahre später wurde er der Mannschaft von STS-114 zugeteilt. Verursacht durch die Columbia-Katastrophe im Frühjahr 2003 wurden die Shuttle-Missionen für zweieinhalb Jahre ausgesetzt. Deshalb konnte STS-114 erst im Sommer 2005 in Richtung ISS aufbrechen. Ursprünglich hatte Thomas nicht fliegen sollen, denn Besatzung und Missionsprofil sahen anders aus. Als im August 2001 die „Urbesatzung“ bekannt gegeben wurde, war der Start für November 2002 vorgesehen. STS-114 sollte ein reiner Logistikflug sein, der die 7. Stammbesatzung zur Internationalen Raumstation und die 6. Besatzung zurück zur Erde bringen sollte. Als STS-114 endlich Ende Juli 2005 zur ISS aufbrach, war der Mannschaftswechsel aus dem Flugplan gestrichen worden, und der Test der in den zurückliegenden zweieinhalb Jahren vorgenommenen Veränderungen am Shuttle-System stand im Vordergrund. Die Kernbesatzung blieb dabei unverändert, aber für die drei ISS-Gäste rückte Thomas mit zwei Kollegen nach. Das kam sehr unerwartet für ihn, denn Andy war Chefbetreuer der STS-107-Familien zehn Monate zuvor. Die Hauptaufgabe bei seinem zweiten ISS-Besuch innerhalb von vier Jahren war es, die Außenbordarbeiten seiner Kollegen vom Shuttle-Inneren zu koordinieren.

Thomas verließ die NASA im Februar 2014.[2]

Privates

Thomas ist seit dem 15. April 2005 mit der Astronautin Shannon Walker verheiratet.

Siehe auch

Weblinks

Commons: Andy Thomas – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Robyn Shelton: Andy Thomas. In: Orlando Sentinel. 10. Juli 2005, abgerufen am 30. März 2019 (englisch).
  2. NASA-Biografie von Andrew Sydney Withiel Thomas, abgerufen am 19. Juni 2014 (englisch; PDF).

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Andrew S. D. Thomas.jpg
Andrew S. D. Thomas
Sts-89-patch.svg
* In the STS-89 crew insignia, the link between the United States and Russia is symbolically represented by the Space Shuttle Endeavour and Russia's Mir Space Station orbiting above the Bering Strait between Siberia and Alaska. The success of the joint United States-Russian missions is depicted by the Space Shuttle and Mir colored by the rising sun in the background.
  • A shadowed representation of the International Space Station (ISS) rising with the sun represents the future program for which the Shuttle-Mir missions are prototypes. The inside rim of the insignia describes the outline of the number eight representing STS-89 as the eighth Shuttle/Mir docking mission.
  • The nine stars represent the nine joint missions to be flown of the program and when combined with the number eight in the rim, reflect the mission number. The nine stars also symbolize the children of the crew members who will be the future beneficiaries of the joint development work of the space programs of the two countries.
  • Along the rim are the crew members' names with David A. Wolf's name on the left and Andrew S. W. Thomas' name on the right, the returning and upgoing cosmonaut guest researcher crew members. In between and at the bottom is the name of Salizan S. Sharipov, payload specialist representing Russian Space Agency (RSA), in Cyrillic alphabet.
  • The other crew members are Terrence W. Wilcutt, commander; Joe F. Edwards, Jr., pilot; and mission specialists Michael P. Anderson, Bonnie J. Dunbar, and James F. Reilly. The red, white and blue of the rim reflect the colors of the American and Russian flags which are also represented in the rim on either side of the joined spacecraft.
Mir EO-25 patch.png
Common patch for the Russian Mir EO-25 crew members, the American NASA 7 crew member and the French Pégase crew member to the Mir space station in 1998.
NASA-STS77-Patch.svg
The STS-77 crew patch displays the Shuttle Endeavour in the lower left and its reflection within the tripod and concave parabolic mirror of the SPARTAN Inflatable Antenna Experiment (IAE). The center leg of the tripod also delineates the top of the Spacehab's shape, the rest of which is outlined in gold just inside the red perimeter. The Spacehab was carried in the payload bay and housed the Commercial Float Zone Furnace (CFZF). Also depicted within the confines of the IAE mirror are the mission's rendezvous operations with the Passive Aerodynamically-Stabilized Magnetically-Damped satellite (PAM/STU) appears as a bright six-pointed star-like reflection of the sun on the edge of the mirror with Endeavour in position to track it. The sunlight on the mirror's edge, which also appears as an orbital sunset, is located over Goddard Space Flight Center, the development facility for the SPARTAN/IAE and Technology Experiments Advancing Missions in Space (TEAMS) experiments. The reflection of the Earth is oriented to show the individual countries of the crew as well as the ocean which Captain Cook explored in the original Endeavour. The mission number 77 is featured as twin stylized chevrons and an orbiting satellite as adapted from NASA's logo. The stars at the top are arranged as seen in the northern sky in the vicinity of the constellation Ursa Minor. The field of 11 stars represents both the TEAMS cluster of experiments (the four antennae of GPS Attitude and Navigation Experiment (GANE), the single canister of Liquid Metal Thermal Experiment (LMTE), the three canisters of Vented Tank Resupply Experiment (VTRE), and the three canisters of PAM/STU) and the 11th flight of Endeavour. The constellation at the right shows the fourth flight of Spacelab Experiments.
STS-114 patch.svg
Emblem of Nasa's STS-114 mission.
  • The STS-114 patch design signifies the return of the Space Shuttle to flight and honors the memory of the STS-107 Columbia crew. The blue Shuttle rising above Earth’s horizon includes the Columba constellation of seven stars, echoing the STS-107 patch and commemorating the seven members of that mission. The crew of STS-114 will carry the memory of their friends on Columbia and the legacy of their mission back into Earth orbit. The dominant design element of the STS-114 patch is the planet Earth, which represents the unity and dedication of the many people whose efforts allow the Shuttle to safely return to flight. Against the background of the Earth at night, the blue orbit represents the International Space Station (ISS), with the EVA crewmembers named on the orbit. The red sun on the orbit signifies the contributions of the Japanese Space Agency to the mission and to the ISS program. The multi-colored Shuttle plume represents the broad spectrum of challenges for this mission, including Shuttle inspection and repair experiments, and International Space Station re-supply and repair.
STS-102 Patch.svg
The STS-102 crew insignia depicts the International Space Station as it looked when Space Shuttle Discovery was docked. Visible elements include the P6 and Z1 trusses, solar arrays from the Russian segment, 2 Pressurized Mating Adapters, and the Multi Purpose Logistics Module that was temporarily attached to the underside of the Unity Node. The numbers "102" represent the mission tail number. The red, white, and blue ribbons surrounding the space station represent that this is a crew rotation flight. The colors represent the nationalities of the crewmembers (Russian and American). Underneath the ribbons are the flags of the three nations who are the major contributors to the mission (from left to right: Russia, United States, Italy). The names of the 4 permanent crewmembers are displayed in gold around the top of the emblem. Attached to the bottom are six names depicting the six rotating crewmembers (Expedition 2 on top and Expedition 1 on bottom).