Aktivlegitimation

Die Aktivlegitimation (auch Sachlegitimation oder Sachbefugnis genannt) ist ein Begriff aus dem Prozessrecht. Sie ist von der Prozessführungsbefugnis zu unterscheiden.[1][2][3]

Bedeutung

Die Aktivlegitimation ist eine Voraussetzung für die Begründetheit einer Klage. Eine Klage ist begründet, wenn der Kläger hinsichtlich des geltend gemachten Rechts aktivlegitimiert ist, der Beklagte passivlegitimiert ist und das behauptete Recht zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung besteht (also entstanden ist und fortbesteht) und (je nach Klageantrag) durchsetzbar ist. Fehlt dem Kläger die Aktivlegitimation, so ist die Klage als unbegründet abzuweisen.

Begrifflichkeiten

Das deutsche Recht trennt zwischen der Zulässigkeit und der Begründetheit der Klage.

Die Prozessführungsbefugnis ist eine Zulässigkeitsvoraussetzung der Klage. Die Prozessführungsbefugnis gibt das Recht, einen Prozess als richtige Partei zu führen[4][3], also als richtige Partei aus einem Recht zu klagen oder verklagt zu werden. Über das materiell-rechtliche Rechtsverhältnis sagt sie nichts aus. Die Prozessführungsbefugnis steht grundsätzlich dem Träger des behaupteten Rechts zu. Wer das ist, ergibt sich aus den gesetzlichen oder rechtlichen Vorschriften, aus denen das eingeklagte Recht hergeleitet wird.[4] Ob der Kläger tatsächlich Rechtsinhaber ist, ist eine Frage des materiellen Rechts und eine Frage der Begründetheit.

Die Aktivlegitimation ist eine Voraussetzung für die Begründetheit der Klage. Aktivlegitimiert ist derjenige, der nach der materiell-rechtlichen Rechtslage Inhaber des eingeklagten Rechts ist.[1][3] Passivlegitimiert ist derjenige, der materiell-rechtlich aus dem eingeklagten Recht verpflichtet ist.[1][3] Die Aktivlegitimation und die Passivlegitimation sind spiegelbildlich.

Die Prozessführungsbefugnis ist demgegenüber eine Zulässigkeitsvoraussetzung der Klage. Die Prozessführungsbefugnis gibt das Recht, einen Prozess als richtige Partei zu führen[1][3], also als richtige Partei aus einem Recht zu klagen oder verklagt zu werden.

In der Regel fallen Aktivlegitimation und Prozessführungsbefugnis in einer Person zusammen.[4][3]

Sonderfälle

Prozessstandschaft

Sie können aber bei der Prozessstandschaft auch auseinanderfallen.

Beispiel: Verklagt ein Gläubiger seinen Schuldner und tritt während des Prozesses seine Forderung ab, so ist der neue Gläubiger aktivlegitimiert, aber prozessführungsbefugt bleibt der vorige Gläubiger (§ 265 ZPO).

In einem solchen Fall kann der Beklagte die fehlende Aktivlegitimation des Klägers rügen. Der Kläger kann dann die Klage entweder für erledigt erklären oder seine Klage dahingehend umstellen, dass der Beklagte zur Zahlung an den neuen Gläubiger verurteilt wird. Eine solche Klageänderung ist stets nach § 264 Nr. 2 ZPO auch ohne Zustimmung des Beklagten zulässig. Der neue Gläubiger kann dem Kläger jedoch auch eine Einziehungsermächtigung nach § 185 Abs. 1 BGB (analog) erteilen mit der Folge, dass dieser die Aktivlegitimation behält und die fremde Forderung in eigenem Namen einziehen kann. Dies ist vor allem bei der stillen Zession zweckdienlich, allerdings trägt der neue Gläubiger hier das Weiterleitungsrisiko.

Insolvenzverfahren

Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahren verliert der Schuldner die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über sein Vermögen. Diese geht auf den Insolvenzverwalter über. Ebenso erlischt die Prozessführungsbefugnis des Schuldners, so dass man ihn nicht mehr als richtige Partei hinsichtlich einer Forderung aus seinem Vermögen verklagen kann. Passivlegitimiert ist allein der Insolvenzverwalter, der an seine Stelle tritt.[5] Umstritten ist, ob der Insolvenzverwalter in den Prozess als eine Partei kraft Amtes eintritt (so die wohl herrschende Meinung).[4]

Verwaltungsrecht

Gebräuchlicher ist das Begriffspaar im deutschen Verwaltungsrecht, wo es ebenfalls zur Bezeichnung der materiellen Berechtigung oder Verpflichtung aus einem Rechtsverhältnis dient.

Österreich und Schweiz

In Österreich und der Schweiz gelten dieselben zivilprozessualen Grundsätze wie in Deutschland.[6][7]

Siehe auch

Literatur

  • Walter Stiebeler: Das Verhältnis der Prozeßstandschaft zur Sachlegitimation. Hamburg 1949.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d Thomas/Putzo: Kommentar zur Zivilprozessordnung. 38. Auflage. 2017, S. 502 vor § 253 Rn. 19.
  2. Carl Creifelds: Rechtswörterbuch. 21. Aufl. 2014. ISBN 978-3-406-63871-8
  3. a b c d e f L 3 AS 1009/14 · LSG FSS · Urteil vom 09.04.2015 ·. Abgerufen am 9. November 2019.
  4. a b c d Thomas/Putzo: Kommentar zur Zivilprozessordnung. 38. Auflage. 2017, S. 134 § 51 Rn. 22.
  5. BGH, Beschluss vom 11. 12. 2008 – IX ZB 232/08. Abgerufen am 9. November 2019.
  6. Fehlende Aktivlegitimation einer Eigentümergemeinschaft mangels Anspruchsübergangs nach § 16 BTVG OGH, Entscheidung vom 25. Mai 2016 - 2 Ob 187/15m
  7. KGE ZS vom 6. November 2007 i.S. A. W. Insurance Co., Ltd gegen B. AG (100 06 1093/STS) Zivilprozessrecht/Aktivlegitimation, Website des Kantons Basel-Landschaft, abgerufen am 19. August 2017