Aktivität (Physik)
| Physikalische Größe | |||||||
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| Name | Aktivität | ||||||
| Formelzeichen | |||||||
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Die Aktivität eines radioaktiven Stoffes gibt die Anzahl seiner Kernzerfälle pro Zeitintervall an. Die SI-Einheit der Aktivität ist das Becquerel (Bq). Übliches Formelzeichen der Aktivität ist .
Die biologische Wirkung von Radioaktivität (Dosisleistung) ist stark von Strahlenart und ‑energie sowie von der Abschirmung abhängig. Daher ist die Aktivität kein geeignetes Maß für die Gefährlichkeit eines radioaktiven Objekts.
Definition und Maßeinheit

Die Aktivität ist definiert als:
- .
Die SI-Einheit der Aktivität ist das Becquerel (Bq):[1]
Somit entspricht 1 Becquerel einem Kernzerfall pro Sekunde. Die Einheit Hertz, die ebenfalls als definiert ist, ist für periodische Vorgänge reserviert und als Maßeinheit für die Aktivität nicht zugelassen.[2]
Eine veraltete Maßeinheit ist das Curie (Ci):
- .
In der Praxis treten deutlich größere Werte als 1 Bq auf. Daher werden meist SI-Präfixe verwendet, etwa Kilobecquerel (1 kBq = 103 Bq) oder Gigabecquerel (1 GBq = 109 Bq).
Zerfallsgesetz
Wenn die Probe Atome eines Radionuklids enthält, die zu einem stabilen Tochterkern zerfallen, so ist die Aktivität
Die für jedes Radionuklid charakteristische Zerfallskonstante ist die Zerfallswahrscheinlichkeit durch Zeit; d. h. ein Kern wird in einem kurzen Zeitintervall mit der Wahrscheinlichkeit zerfallen. Je kurzlebiger das Nuklid ist, desto höher die Zerfallskonstante. Eine Probe weist also eine umso höhere Aktivität auf, je instabiler das Radionuklid ist und je mehr Kerne davon sie enthält. Wegen der Proportionalität von Stoffmenge und Aktivität wird bei radioaktiven Präparaten die Aktivität oft stellvertretend für die Stoffmenge des Radionuklids angegeben.
Aus der obigen Differentialgleichung ergibt sich, dass die Zahl der Mutternuklide mit der Zeit exponentiell abfällt (Zerfallsgesetz):
- .
Proportional dazu nimmt die Aktivität ebenfalls exponentiell ab:
Dabei ist
- die Anzahl der Mutterkerne und die Aktivität zu Beginn des Beobachtungsprozesses,
- die mittlere Lebensdauer – die Zeit, nach der die Zahl der Mutterkerne auf den Bruchteil 1/e ≈ 37 % abgefallen ist,
- die Halbwertszeit – die Zeit, nach der sich die Zahl Mutterkerne halbiert hat.
Die mittlere Lebensdauer bzw. Halbwertszeit kann je nach Nuklid extrem unterschiedlich sein – zwischen winzigen Sekundenbruchteilen und Vielfachem des Alters des Universums (siehe Nuklidkarte).
Mehrere Radionuklide
Wenn die Stoffprobe verschiedene Radionuklide enthält, ist die Aktivität der Probe die Summe aus den Beiträgen der einzelnen Nuklide. Der zeitliche Verlauf folgt dann einer entsprechenden Überlagerung der einzelnen exponentiellen Zerfallskurven.
Komplizierter ist es, wenn Zerfallsprodukte selbst radioaktiv sind (also eine Zerfallsreihe besteht). In diesem Fall kann die Aktivität der Probe im Laufe der Zeit sogar zunehmen. Betrachten wir hierzu eine zweistufige Zerfallskette X → Y → Z zu einem stabilen Nuklid Z und nehmen wir an, dass anfangs kein Y vorhanden war. Die Zahl der Nuklide Y wird dann von Null ausgehend ansteigen. Wenn Y weitaus kurzlebiger ist als X, wird sich bald (nach einigen ) ein dynamisches Gleichgewicht einpendeln, bei dem fortwährend gleich viele Y erzeugt werden, wie zerfallen. In diesem Gleichgewichtszustand gilt:
Wenn die Zeit bis zur Einstellung des Gleichgewichts sehr viel kürzer ist als die Halbwertszeit von X, ist die Aktivität fast gleich geblieben, aber die gesamte Aktivität hat sich verdoppelt.
Spezifische Aktivität
| menschlicher Körper* | 60 Bq/kg |
| EU-Grenzwert für 137Cs in Lebensmitteln | 600 Bq/kg |
| Kalisalz (KCl) | 16,3 kBq/kg |
| Natururan | 12,4 MBq/kg |
| Plutonium-239 | 2,3 TBq/kg |
| Radium-226 | 37 TBq/kg |
| *Durchschnittswert, variiert mit Kaliumgehalt | |
Die auf eine Masse bezogene Aktivität wird spezifische Aktivität genannt. Es werden zwei verschiedene Größen mit diesem Namen bezeichnet:[3][4]
- Aktivität durch Masse des reinen Radionuklids, oder
- Aktivität durch Masse des jeweiligen chemischen Elements in natürlicher Isotopenzusammensetzung.
Die SI-Maßeinheit ist in jedem Fall Becquerel durch Kilogramm, Bq/kg.
Für ein reine Probe aus einem Nuklid mit der relativen Atommasse und der atomaren Masseneinheit gilt
- .
Damit ergibt sich für den zeitlichen Verlauf der Aktivität einer zum Zeitpunkt vorhandenen Nuklidmasse
Im Einzelfall können auch noch anders definierte spezifische Aktivitäten – Aktivität durch Masse der chemischen Verbindung oder Aktivität durch Masse des jeweils gegebenen Stoffgemisches – sinnvoll sein. Angaben einer spezifischen Aktivität haben deshalb nur Sinn, wenn klar angegeben ist, welche Bezugsmasse gemeint ist.
Die Aktivität ist, wie erwähnt, proportional der Zahl der Atome und damit auch der Masse des reinen Radionuklids. Deshalb hängt bei Bezug auf diese Masse die spezifische Aktivität nicht vom Messzeitpunkt ab, sondern ist eine konstante Eigenschaft des Radionuklids.
Bedeutung der Aktivität im Strahlenschutz
Die durch ein Radionuklid verursachte Dosisleistung in einem bestrahlten Körper ist proportional zur momentanen Aktivität des Nuklids. Der Proportionalitätsfaktor hängt stark davon ab, wie das Radionuklid räumlich verteilt ist und welche Arten von Strahlung es erzeugt. Denn die Strahlen aus radioaktiven Zerfällen haben je nach ihrer Art und Energie ihrer Quanten ganz verschiedene schädigende Wirkungen (siehe biologische Wirksamkeit). Die über die Zeit summierte Dosis hängt darüberhinhaus von der Zerfallskonstante ab sowie davon, ob sich die räumliche Verteilung ändert, z. B durch Ausscheidung aus dem Körper (siehe biologische Halbwertszeit) oder Umverteilung in der Umwelt. Bei einem Gemisch von Radionukliden addieren sich die einzelnen Dosisistungen jedes Nuklids.
Maßgeblich ist im Strahlenschutz die Äquivalentdosis (angegeben in der Einheit Sievert), die sich aus der Energiedosis und einem Strahlungswichtungsfaktor ergibt, der von der Strahlenart und ‑energie abhängt.
Unter bestimmten Bedingungen (bekanntes Radionuklid, bekannte Art der Aufnahme etc.) lässt sich mit Hilfe des Dosiskonversionsfaktors die Äquivalentdosis aus der Aktivität des aufgenommenen Stoffes näherungsweise berechnen.
Messung
In der Nuklearmedizin wird die Aktivität eines Präparates vor seiner Anwendung in einem Aktivimeter gemessen.
Literatur
- Hanno Krieger: Grundlagen der Strahlungsphysik und des Strahlenschutzes. 7. Auflage. Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg 2023, ISBN 978-3-662-67609-7, doi:10.1007/978-3-662-67610-3.
- Hans-Gerrit Vogt/Jan-Willem Vahlbruch: Grundzüge des praktischen Strahlenschutzes. 7., überarbeitete Auflage. Hanser, München 2019, ISBN 978-3-446-44919-0.
Einzelnachweise
- ↑ Resolution 8 of the 15th CGPM (1971). SI units for ionizing radiation: becquerel. Bureau International des Poids et Mesures, 1975, abgerufen am 12. April 2021 (englisch). doi:10.59161/CGPM1975RES8E (engl.), doi:10.59161/CGPM1975RES8F (frz.)
- ↑ Internationales Büro für Maß und Gewicht: SI-Broschüre, 9. Aufl. (2019), Kap. 2.3.4, Tabelle 4, S. 26 (frz.) und S. 137 (engl.) doi:10.59161/AUEZ1291
- ↑ Krieger, Grundlagen der Strahlungsphysik und des Strahlenschutzes, 7. Auflage, S. 136.
- ↑ A. Wiechen, H. Rühle, K. Vogl: Bestimmung der massebezogenen Aktivität von Radionukliden. Bundesmin. für Umweltschutz, 2013, ISSN 1865-8725
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Autor/Urheber: Zátonyi Sándor, (ifj.) Fizped, Lizenz: CC BY 4.0
Ra-226 Präparat für Schulversuche. Aktivität 3300 Bq. Strahlungen: α, β, γ. Manufacturer: LD Didactic.