Aktionsart

Die Aktionsart (auch als Handlungsstufe, Phasenbedeutung, Situationsaspekt, Situationssorte, lexikalischer Aspekt bezeichnet) ist ein Begriff aus der Sprachwissenschaft für eine Klassifikation von Verben, die sich aus der unterschiedlichen Verlaufsweise und Begrenzung des bezeichneten Geschehens ergibt. In erster Linie handelt es sich um Bedeutungsklassen, ihnen können u. U. aber auch Formklassen entsprechen.

Die Aktionsart bezieht sich, in den Worten der Duden-Grammatik,[1] „auf Zusammenhänge zwischen dem vom Verb bezeichneten Geschehen oder Sachverhalt und dem Verlauf der Zeit“, muss hierbei aber vom Aspekt unterschieden werden. Während der Aspekt eine morphologisch-grammatische Erscheinung ist, gehört die Aktionsart in den Bereich der Wortbedeutung einzelner Verben.[2] Die Bezeichnungen Situationsaspekt oder lexikalischer Aspekt für Aktionsart sind also missverständlich und müssen vom reinen Aspekt (grammatischen Aspekt, manchmal auch Perspektivenaspekt) abgegrenzt werden.[3]

Die Aktionsart eines Verbs charakterisiert unter anderem den Verlauf, die Ausdehnung und das Ergebnis eines Vorgangs. Beispiel:

Er suchte sein Auto zwanzig Minuten lang.
?? Er fand sein Auto zwanzig Minuten lang wieder.

Der erste Beispielsatz ist akzeptabel, man kann ein Auto „eine gewisse Zeit lang suchen“, hingegen kann man ein Auto nicht „stundenlang finden“. Der Grund der Inakzeptabilität hängt mit der inhärenten zeitlichen Struktur des durch das Verb ausgedrückten Ereignisses zusammen. Während „suchen“ ein zeitlich ausgedehntes Ereignis versprachlicht, drückt das Verb „wiederfinden“ ein punktuelles Ereignis aus. Dies zeigt sich dann auch an der Unvereinbarkeit mit einem durativen Zeitadverbial.

Auch wenn die Aktionsart eines Verbs lexikalischer Natur ist, kann sie dennoch durch morphologische Mittel am Verb signalisiert werden (es handelt sich dann aber um Wortbildung, nicht um Flexion), oder sie kann unmarkiert sein und allein aus der Verbbedeutung hervorgehen. Das Deutsche verfügt durch seine Verbalpräfixe über ein lexikalisches Mittel, um zu einem Verbstamm Varianten mit verschiedener Aktionsart zu bilden: So bezeichnet „verblühen“ das Ende der Situation „blühen“ (also eine egressive Aktionsart) oder „loslaufen“ das Einsetzen der Handlung, die als „laufen“ bezeichnet wird (ingressive Aktionsart); „blühen“ und „laufen“ an sich sind hingegen durative Verben.[4] So werden Aktionsarten in der Verbbedeutung ausgedrückt; Aspekte dagegen sind grammatikalisiert und werden durch Kontraste zwischen Verbformen (also im Verbalparadigma) ausgedrückt. Das Deutsche hat im angegebenen Sinne Aktionsarten, wie auch die Beispiele zeigen, aber keinen Aspekt.

Es gibt Analogien zur Aktionsart im Bereich der Substantive, nämlich in der Unterscheidung zwischen zählbaren Substantiven und Massenausdrücken (etwa Stoffnamen). So kann ein Substantiv für ein abgegrenztes Objekt stehen, etwa „Apfel“ oder für ein homogenes Aggregat, z. B. „Apfelmus“. Dieser Kontrast verhält sich ähnlich wie der zwischen dem punktuellen Verb „finden“ und dem durativen „suchen“.

Übersicht: Bedeutungsklassen von Verben

Verben lassen sich in Bedeutungsklassen gruppieren, je nachdem wie das vom Verb ausgedrückte Geschehen abläuft, wie also der interne Verlauf, die Ausgedehntheit und das Ergebnis eines Vorgangs beschaffen sind. Eine hauptsächliche Unterscheidung ist die zwischen Zustandsverben und Vorgangsverben bzw. Tätigkeitsverben.[5] Während Zustandsverben Situationen ohne Dynamik oder Aktivität und ohne Zielpunkt bezeichnen, etwa „besitzen“ oder „liegen“, beziehen sich Vorgangsverben auf Ereignisse, die dynamische Abläufe enthalten.

Eine Tatsache, die in der Erzähltheorie bedeutsam wird, besagt, dass eine Erzählung von mindestens zwei Ereignissen handeln müsse, die temporal geordnet sind, d. h., sie müssen in einer zeitlichen Relation zueinander stehen.[6] Ein Beispieltext:

„Erst hing der Apfel am Baum und dann fiel er herunter.“ Zustandsverb „hängen“
„Erst hielt sich der Apfel am Baum, dann stürzte er, von seinen Kräften verlassen, ab.“ Handlungsverb „halten“

Betrachtet man den Text aus der Perspektive des Protagonisten „Apfel“, zeigt sich, dass durch Ersetzung der Bedeutungsklasse eines Verbs sowie der Hinzufügung eines erläuternden Attributes sich die Perspektive der Erzählung zu einem „kleinen persönlichen Drama“ wandelt.

Die Zuordnung der Verben zu den einzelnen von Vendler bzw. weiteren Autoren geschaffenen Klassifikationsschemata bleibt aber in vielen Fällen uneindeutig, sodass sich einzelne Verben in unterschiedlichen Klassen subsumieren lassen. Beispiele: Der folgende Satz lässt zwei Lesarten zu:

 „Karl geht zur Arbeit.“

Obgleich beide Lesarten „dynamisch“ und „durativ“ sind, lässt sich generisch der Satz einmal als „atelisch“, das andere Mal als „telisch“ interpretieren, also das Verb „gehen“ in seinem Ereignis ohne einen Endpunkt oder aber als Verb eines Ereignisses mit einem natürlichen Endpunkt.

 Karl übt die Tätigkeit des Zur-Arbeit-Gehens aus. Activities atelisch.
 Karl legt im Moment den Weg von irgendwo zu seiner Arbeit zurück. Accomplishment telisch.

Howard B. Garey (1957)[7] führte die Unterscheidung „atelisch“ und „telisch“ ein. Atelische Verben bezeichnen Vorgänge und Sachverhalte, die nicht-grenzbezogen sind. Hierzu zählen auch die Zustandsverben. Telische Verben hingegen versprachlichen Vorgänge, die grenzbezogen sind. Damit impliziert ist das Erreichen eines Zielpunktes, eines Endes in Erfahrungs-, Erkenntnis-, Erlebens- oder Handlungsprozessen.

Zénó Vendler (1957/1967)[8][9] unterschied vier grundlegende Klassen wie folgt:[10][11]

  • Activities (englisch activity), Aktivitäten:[12] Diese sind dynamisch, durativ und atelisch. Beispiele: „gehen“, „trinken“, „Fahrrad fahren“, „fallen“, „laufen“, „lernen“, „Kreise zeichnen“, „Eis essen“, „wandern“, „arbeiten“, „lachen“, „schlafen“, „sitzen“, „kehren“, „erklären“, „sagen“;
  • Accomplishments (englisch accomplishment), Vollendung:[13] Allmähliche Zustandswechsel oder Prädikate eines ausgedehnten Zustandswechsels; sie bezeichnen Vorgänge, die dynamisch, durativ und telisch sind. Beispiele: „einen Kreis zeichnen“, „ein Eis essen“, „besteigen“, „gesund werden“, „zur Arbeit laufen“, „sinken“, „wachrütteln“, „nach Bremen fahren“, „auf den Hügel hinaufgehen“, „erblühen“, „verbrennen“, „die Pizza essen“;
  • Achievements (englisch achievement), Erreichen, Erlangen, Leistung:[14] punktuelle Zustandswechsel. Dies sind Situationen, die dynamisch, punktuell und telisch sind. Beispiele: „erkennen“, „etwas finden“, „im Lotto gewinnen“, „einschlafen“, „aufwachen“, „das Rennen gewinnen“, „explodieren“, „ankommen“, „erröten“;
  • States (englisch state), Zustände:[15] Diese sind Situationen, die keine innere Dynamik haben und daher erst recht keinem Ziel zustreben. Beispiele: „wissen“, „lieben“, „gesund sein“, „ein Haus besitzen“, „in der Stadt sein“, „liegen“, „sich befinden“, „wohnen“, „heißen“, „glänzen“, „brennen“, „tot sein“.

Eine activity ist eine Handlung, die sich beliebig fortsetzen kann, ohne dabei ihr Wesen zu ändern; darin teilt sich die activity eine Eigenschaft mit den states; deshalb auch können die activities und die states als atelisch bezeichnet werden. Activities und states sind im Gegensatz zu den accomplishments nicht auf das Erreichen eines Ziels hin gerichtet. Ein accomplishment hingegen lässt sich nicht beliebig lange fortsetzen.

phasisch (in Phasen zerlegbar)telisch (definieren Bedingung für Ende, nicht beliebig fortsetzbar)punktuell (ohne Effekte zeitlicher Ausdehnung)ZeitrahmenadverbialeZeitdaueradverbiale
Activityjaneinneinneinja
Accomplishmentjajaneinja (Interpretation: Ereignis im Intervall)nein
Achievementneinjajaja (Interpretation: Ereignis am Ende des Intervalls)nein
Stateneinneinneinneinja

[16][17]


Zur Begriffsgeschichte

Die Begriffe „Aspekt“ und „Aktionsart“ (auch Art der Handlung, Zeitart) wurden im 19. Jahrhundert für ähnliche Phänomene, teilweise sogar synonym gebraucht. Ursprünglich war der Begriff „Aktionsart“ von Karl Brugmann (1885)[18] geprägt worden.[19] Er ersetzte den von Georg Curtius geprägten Begriff der „Zeitart“.[20]

Im Jahr 1908 formulierte der Slawist Sigurd Agrell (1881–1937) erstmals eine Differenzierung der beiden Begriffe:

„Unter Aktionsart verstehe ich […] nicht die beiden Hauptkategorien des slawischen Zeitwortes, die unvollendete und die vollendete Handlungsform (das Imperfektivum und das Perfektivum) — diese nenne ich Aspekte. Mit dem Ausdrucke Aktionsart bezeichne ich bisher fast gar nicht beachtete — geschweige denn klassifizierte — Bedeutungsfunktionen der Verbalkomposita […], die genauer ausdrücken wie die Handlung vollbracht wird, die Art und Weise ihrer Ausführung markieren.“[21]

Diese Definition fand weite Verbreitung in der Slawistik; als Ersatz für die Verwendung von Aktionsart für die semantische Grundbedeutung eines Verbs schlug der Slawist Alexander Issatschenko 1962 den Begriff Verbalcharakter vor.[22] In der übrigen Linguistik wurde der Begriff Aktionsart jedoch weiterhin zur Kennzeichnung sowohl für die „semantische“ Aktionsart, die einem Verb innewohnt, als auch (besonders in der Altphilologie) für die Klassifikation der semantischen Unterschiede verschiedener Konjugationsformen verwendet.[23] Wendt[24] beispielsweise unterscheidet die durch subjektive Anschauung festgelegten Aspekte von den objektiv verlaufenden Aktionsarten und verweist zum Beispiel auf die gelegentliche Realisierung auch des Aspekts in zwei verschiedenen Wörtern in den slawischen Sprachen.

In der neueren Linguistik verbreitete sich schließlich die Unterscheidung Aspekt als grammatikalischer Begriff der Flexionsmorphologie und Syntax vs. Aktionsart als lexikalischer Begriff der Derivationsmorphologie und zur semantischen Klassifizierung von Verben.[25] Gelegentlich wurde sogar vorgeschlagen, den Begriff Aktionsart ganz fallen zu lassen und nur zwischen der „grammatikalischen Kategorie Aspekt“, „aspektualer Klassifikation von Verben“ und „aspektualen Verben“ zu differenzieren.[26] Die Diskussion um die Verwendung des Begriffs Aktionsart ist heute noch nicht abgeschlossen.

In Abgrenzung zum Begriff Aspekt verwendet die englische Sprache neben aktionsart gelegentlich auch manner of action, im Spanischen verwendet man clase de acción o modo de acción, das Polnische spricht von rodzaj czynności, der französische Begriff caractère de l’action hat sich nicht durchsetzen können.

Übersicht über die Aktionsarten

Die Fachbegriffe für die Aktionsart sind nicht immer genau voneinander abgegrenzt und variieren je nach sprachwissenschaftlicher Fachrichtung. Auch die Kriterien für die Abgrenzung der Aktionsarten voneinander sind umstritten; manchmal können sich auch Kategorien überlappen. Die folgende Übersicht orientiert sich an Metzler.[27]

  • Durativ (lateinisch: durare, „dauern“, andere Bezeichnungen Aterminativ, Kontinuativ, Kursiv) bezeichnet eine Situation, deren zeitliche Ausdehnung unbestimmt ist und einen gewissen Zeitraum andauert.
    • Delimitativ (lateinisch: delimitatus, „abgeschwächt“) beschreibt einen Vorgang, der eine gewisse Zeit andauert, zum Beispiel russisch: читать (tschitat') „lesen“, почитать (potschitat') „ein bisschen lesen“.
    • Kontinuativ (englisch: auch continuous) drückt einen gerade verlaufenden Vorgang aus. In manchen Sprachen ist hierfür eine Aspekt-Kategorie verfügbar, in romanischen Sprachen und im Deutschen gibt es aber Konstruktionen wie dabei sein, etwas zu tun, die kein entwickelter grammatischer Aspekt sind.
    • In einer anderen Bedeutung bezeichnet Kontinuativ auch eine Kategorie der Fortsetzung, z. B. „weiterreden“. Siehe hierzu auch die Darstellung des Adverbs „noch“ im Artikel Temporaladverbial #Phasenadverbiale.
    • Perdurativ (lateinisch: perdurare, „andauern“) beschreibt einen dauernden Vorgang oder Zustand mit Abschluss, Beispiel russisch: спать (spat') „schlafen“, проспать всю ночь (prospat' wsju notsch') „die ganze Nacht über schlafen“, „durchschlafen“.
    • Iterativ (lateinisch: iterare, „wiederholen“, auch Frequentativ, Repetitiv, Multiplikativ) bezeichnet einen Vorgang, der aus einzelnen Wiederholungen zusammengesetzt ist; zum Beispiel „(5 Minuten lang) klopfen“.
    • Inkrementiv (lateinisch: incrementum, „Wachstum“) bezeichnet einen zunehmenden Prozess, Beispiel span. fue comprendiendo „war zunehmend verstehend“.
    • Atelisch (griechisch: α- un-, nicht; τέλος Ziel, Ende) Verben, die Zustände oder Relationen bezeichnen, oder auch dynamische Vorgänge, Prozesse, oder Aktivitäten, die aber keinen Kulminations- oder Endpunkt bezeichnen, „blühen“, „wohnen“, „träumen“
  • Punktuell (Punktativ) fasst Aktionsarten zusammen, die einen abgeschlossenen, plötzlichen Vorgang oder den Anfangs- oder Endpunkt eines Vorgangs bezeichnen
    • Momentan bezeichnet einen einmaligen, momentan ablaufenden Vorgang.
    • Semelfaktiv (lateinisch: semel, einmal; facere, machen) bezeichnet einen singulären, einmaligen Vorgang, der wiederholbar wäre, zum Beispiel (einmal) klopfen
    • Ingressiv (lateinisch: ingressum, „begonnen“, auch Initiv) bezeichnet den Beginn einer Handlung, man wendet die Aufmerksamkeit auf den Ausgangspunkt der Handlung, welche als ganzheitliches, in sich geschlossenes Geschehen aufgefasst wird (Beginn), Beispiel italienisch avevo „ich hatte (durativ)“: „ich besaß“ vs. ebbi „ich hatte (ingressiv)“: „ich bekam“.
    • Imminentiell (lateinisch: imminentia, das Bedrohende): drückt unmittelbar bevorstehende Handlungen aus (Vorbereitung).
    • Inchoativ (lateinisch: incoativum, „anfangend“, englisch: inceptive, auch Inzeptiv) bezeichnet den allmählichen Beginn einer Handlung, Beispiel altgriechisch: ἐράω (eraō) „ich liebe“, ἠράσθην (erasthēn) „ich verliebte mich“; „losrennen“
    • Evolutiv (lateinisch: evolutum, „entwickelt“) bezeichnet die Anfangsphase eines Vorgangs bzw. die Entwicklung zu dem Vorgang, dt. aufkeimen zu keimen
    • Mutativ (lateinisch: mutare, (ver)ändern, auch Transformativ) kennzeichnet eine Zustandsveränderung, Beispiel erkranken ~ krank werden
    • Egressiv (lateinisch: egressum, hinausgegangen, auch Effektiv) bezeichnet das Ende eines Vorgangs (Vollendung), Beispiel deutsch: verblühen zu blühen
    • Resultativ oder Konklusiv (lateinisch: resultatum, „Ergebnis“) bezeichnet das den Vorgang beschließende Ende oder Ergebnis eines Vorgangs (Vollendung), Beispiel (griechisch θνῄσκειν thnēskein, durativ) „(im) sterben (liegen)“, τεθνηκέναι (tethnēketai, resultativ) „(gestorben und nun) tot sein“, „erklimmen“
    • Finitiv (lateinisch: finire, „enden“) bezeichnet das (auch plötzliche) Ende eines Vorgangs, Beispiel dt. verschwinden zu schwinden.
    • Kompletiv (lat. completus, vervollständigt) bezeichnet das Zuendeführen eines Vorgangs, Beispiel russ. писать (pisat') „schreiben“, дописывать (dopisyvat') „fertigschreiben“
    • Distributiv (lat. distribuere „verteilen“) beschreibt das Ergebnis einer sich mehrfach vollzogenen Handlung, Beispiel russ. болеть (bolet') „leiden“, „krank sein“, переболеть (perebolet') „nacheinander krank sein“
    • Gnomisch (griechisch γνώμη (gnōmē), „Meinung“, „Erkenntnis“) bezeichnet eine abgeschlossene, mehrfach vollzogene Handlung in Hinblick auf ihre allgemeingültige, sprichwörtliche Bedeutung, Beispiel: „Man hat schon Pferde vor der Apotheke kotzen sehen“.
    • Telisch (griechisch: τέλος Ziel, Ende) sind Verben dann, wenn sie Tatbestände eines über eine gewisse Zeit hinweg andauernden Ereignisses mit einer Anfangs- oder Endphase ausdrücken. Oder die Folge sachlich zusammenhängender Ereignisse darstellen. Wenn sie Ereignisse mit einem natürlichen (Anfangs-)Endpunkt beschreiben.
  • Aktionsarten, die den Grad der Intensität oder andere qualitative Funktionen ausdrücken
    • Attenuativ (lateinisch: attenuatum, „abgeschwächt“), bezeichnet eine schwächere oder harmlosere Qualität als das Grundverb: italienisch: cantare „singen“, canterellare „trällern“, „vor sich hin singen“
    • Kausativ (lateinisch: causa, „Ursache“) bezeichnet die Veranlassung zu einer Handlung, deutsch fällen zu ‚fallen‘. Er wird im Sanskrit, in den semitischen und türkischen Sprachen als Konjugationsform ausgedrückt.
    • Faktitiv (lateinisch: factio „Tun“, „Handeln“) beschreibt eine Handlung, die einen Zustandswechsel bewirkt, Beispiele dt. trocknen, leeren
    • Intensiv-iterativ beschreibt einen Vorgang als mühsam oder schwierig, Beispiel russ. писать (pisat') „schreiben“, выписать (vypisat') „herausschreiben“, выписывать (vypisyvat') „mühsam Buchstaben malen“
    • Intensiv-semelfaktiv beschreibt einen gegenüber der Bedeutung des Grundverbs einmaligen, heftigen Vorgang, Beispiel russ. толкать (tolkat') „stoßen“, толкнуть (tolknut') „einen Stoß versetzen“, толкануть (tolkanut') „anrempeln“
    • Diminutiv-iterativ (lat. diminuere, „abnehmen“, in der Germanistik auch Desidertivum) bezeichnet einen Vorgang, der sich regelmäßig und mehrfach, jedoch mit geringerer Intensität wiederholt, Beispiel dt. raten – rätseln
    • Kumulativ (lateinisch: cumulus, „Anhäufung“) bezeichnet, dass sich die Handlung auf eine Menge von Objekten bezieht, Beispiel russ. нарвать (narwat') „pflücken“, нарывать (цветов)(naryvat' tswetow) „eine Menge (Blumen) pflücken“
    • Total (lateinisch: totus, „ganz“) bezeichnet eine Aktionsart, die das ganze oder alle Objekte umfasst, Beispiel russ. писать (pisat') „schreiben“, исписывать (ispisyvat') „vollschreiben“
    • Desiderativ (lateinisch: desiderare, „ersehnen“) bezeichnet den Wunsch, dass ein Vorgang sich einstelle, zum Beispiel lateinisch: edere „essen“, esurire „essen wollen; hungrig sein“. Der Desiderativ des Sanskrit wird gemeinhin nicht als Aktionsart bezeichnet.
    • Konativ (lateinisch: conari, „versuchen“) hat eine ähnliche semantische Funktion wie der Desiderativ; er bezeichnet den Versuch, das Bemühen, dass etwas geschehe, zum Beispiel lateinisch: abibat „er versuchte wegzugehen“, „er wollte weggehen“

Erscheinungsformen der Aktionsart

Aktionsarten in der Wortbildung

Wenn die Aktionsart nicht durch eine spezielle Markierung sichtbar gemacht wird, geht man davon aus, dass sie Bestandteil der lexikalischen Bedeutung des Verbstamms ist. Verben, die keine spezifische Aktionsart ausdrücken, nennt man aktionsartneutral, so zum Beispiel die verba simplicia, die Grundverben der slawischen Sprachen. Ob im Deutschen jedes Verb eine Aktionsart ausdrückt oder nur bestimmte oder nur abgeleitete, ist umstritten.[27]

Das Verb ruhen zum Beispiel beschreibt einen Zustand (durativ), während das Verb finden ein einmaliges Ereignis (punktuell) beschreibt. Das Verb aufgehen beschreibt die Veränderung eines Zustandes (mutativ), während öffnen das Verursachen eines Vorgangs (kausativ) beschreibt. Im Deutschen gibt es Verbpaare, die unterschiedliche Aktionsarten eines Vorgangs wiedergeben:

  • sterbentöten (kausativ) „veranlassen, dass jemand stirbt“

Die Sprache hat verschiedene Formbildungs- (morphologische) Mittel entwickelt, Verben verschiedener Aktionsarten zu bilden. Zu diesen Mitteln gehören Veränderungen des Wortstamms (stehenstellen, „machen, dass etwas steht“), das Verändern des Stammvokals (Umlaut, fallenfällen, „bewirken, dass etwas fällt“, oder Ablaut – oft mit Umlaut – „trinken“ – „tränken“, „jemanden trinken lassen“), das Anhängen (Suffigieren) bestimmter Laute oder Silben an den Wortstamm (hustenhüsteln, „immer wieder ein bisschen husten“) oder das Anfügen von Silben oder anderen Wörtern, wobei letzteres als Komposition bezeichnet wird (laufenloslaufen, „zu laufen beginnen“ – weiterlaufen, „das Laufen fortsetzen“). Die slawischen Sprachen haben ein komplexes System entwickelt, Aktionsarten durch morphologische Ableitungen (Derivationen) auszudrücken, so sind die slawischen Klassifikationen der Aktionsarten äußerst differenziert.

Verbale Präfixe haben im Deutschen häufig einen Einfluss auf die Aktionsart eines Verbs. So ändert etwa die Verwendung des Präfixes „er-“ in Verben wie „erwachen“ aus „wachen“ die Aktionsart von activity („wachen“: dynamisch, durativ und atelisch) in achievement („erwachen“: dynamisch, punktuell und telisch).

Im Hebräischen werden durch Ableitung sieben Verbstämme (binjanim) von einem meist dreikonsonantigen Grundstamm abgeleitet, mit ihnen wird unter anderem das Genus Verbi, aber auch Aktionsarten wie Intensiv oder Kausativ ausgedrückt (Radikale קפצ k-p-tz; qal inf. abs. קפוץ kāpōtz „springen“; Kausativ inf. abs. הקפיץ hakpētz „springen lassen“, „zum Springen bringen“).

Aktionsarten in Konjugation und Syntax

Aktionsarten lassen sich jedoch in einigen Sprachen auch ausdrücken, indem ein Verb verschiedene Formen ausbildet (Flexion) oder durch weitere Wörter näher bestimmt wird. So kann die Perfektform dixi („ich habe gesprochen“) von lateinisch dicere („sprechen“) bedeuten, dass der Sprecher alles Nötige gesagt hat und nichts mehr hinzufügen will, es drückt sich also in der Tempusform Perfekt eine resultative Aktionsart aus. Auch das alt- und neugriechische Verbalsystem drückt in den Tempora unterschiedliche Aktionsarten aus.

Aktionsarten als eigene Kategorien für die Konjugation finden sich in vielen Sprachen, so zum Beispiel im Sanskrit oder im Türkischen. Beispiele:

  • Türkisch beklemek warten – bekletmek warten lassen (kausativ)
  • Sanskrit rauti „er schreit“ – rorūyate „er schreit wiederholt“ (frequentativ) oder „er schreit sehr heftig“ (intensiv)

Wird die Aktionsart nicht durch Formen eines einzigen Wortes ausgedrückt, spricht man von periphrastischer (griech. περίφρασις periphrasis Umschreibung) oder analytischer Bildung. So umschreibt beispielsweise der deutsche Ausdruck ich war am Lesen die progressive Aktionsart oder die Periphrase commencer à + Infinitiv im Französischen die inchoative Aktionsart. Von besonderer Bedeutung ist diese Bildungsart bei Sprachen des analytischen und isolierenden Typs, die über keine eigentliche Flexion verfügen. Das Chinesische beispielsweise verwendet eigene Wörter, die ihre ursprüngliche Bedeutung verloren haben und nun die Aktionsart hinter dem Verb-Begriff markieren.

Schließlich kann die Aktionsart auch durch nähere, adverbiale Bestimmung des Verbs ausgedrückt werden, wie in dem Ausdruck „Plötzlich sah ich ihn“ (siehe auch Tabelle zu den Aktionsarten im Deutschen). Die Aktionsarten bestimmen die interpretatorischen Schlussfolgerungen, die ein Rezipient (Hörer, Leser) aus einem Satz herausziehen kann, da die Wahrheit einer Proposition von dem Zeitabschnitt bzw. Geschehensbegrenzung (vor allem) des Verbs abhängt, auf den sie referiert.[28]

Aktionsarten und Temporaladverbien

States (Zustände) und activities (Aktivitäten, Prozesse) sind mit Zeitdaueradverbialen kompatibel, hingegen sind achievements (punktueller Zustandswechsel) und accomplishments (allmählicher Zustandswechsel) dies normalerweise nicht, d. h., nicht ohne die Bedeutung zu verschieben.

Agilmar war eine Woche lang in der Stadt.
Ciela aß acht Minuten lang Eis.
* Friedrich trank eine Stunde lang ein Bier.
* Sengül verließ eine Stunde lang die Universität.

Accomplishments sind mit Zeitrahmenadverbialen kompatibel, die Aktionsarten states, activities und achievements nicht:

Agilmar trank in einer Stunde ein Bier.
* Ciela war in einer Stunde in der Stadt.
* Friedrich aß in fünf Minuten Eis.
* Sengül verließ in zehn Minuten die Universität.

States und achievements sind unmittelbar mit Zeitpunkt- oder Positionsadverbialen kompatibel, activities und accomplishments hingegen normalerweise nicht.

Agilmar war genau um acht Uhr in der Turnhalle.
Ciela verließ genau in diesem Moment den Sportplatz.
* Friedrich aß genau in dieser Sekunde Eis.
* Sengül trank genau um Mitternacht ein Bier.

Aktionsarten in verschiedenen Sprachen

Indogermanische Sprachen

Griechisch

Das Altgriechische gehört zu den Sprachen, in denen Aktionsarten auch in grammatikalisch realisierten Aspekt-Kategorien ausgedrückt werden (wie vermutlich auch das Ur-Indogermanische). Zwei dieser Aspekte kommen in einer Gegenwarts- und einer Vergangenheitsform vor, der aoristische Aspekt existiert im Indikativ nur als Vergangenheitsform. Das Futur des Altgriechischen ist eine reine Zeitstufe und drückt keine spezifische Aktionsart und keinen Aspekt aus.

Die folgende Tabelle gibt eine grobe Zuordnung von grammatischem Aspekt zu Aktionsarten wieder:

Aspektimperfektiv / paratatischperfektiv / aoristischperfektisch / resultativgrammatischnicht-deiktischvollendet, abgeschlossen / unvollendet; „situation-internal time (grammatical aspect)“ (Comrie 1976)[29]syntaktisch oder flektierend
Aktionsartendurativ
frequentativ / iterativ
habituativ
konativ
punktuell
egressiv / effektiv
inchoativ / ingressiv
gnomisch
resultativlexikalischnicht-deiktischArt und Weise des Handelnslexikalisch
TemporaPräsens, ImperfektAoristPerfekt, Plusquamperfektgrammatischdeiktisch„situation-external time (tense)“ (Comrie 1976)[30]syntaktisch oder flektierend

Die Neugriechische Sprache hat das Aspektsystem des Altgriechischen systematisiert und auf alle Zeitstufen (bis auf die Gegenwart) ausgeweitet. Die morphologisch-flektive Aspektdifferenzierung ist weiterhin ein sprachlich produktives Mittel zur Unterscheidung und Ausdruck von Aktionsarten. So drückt beispielsweise die Verbform „κοιμήθηκε“ (kimíthike) mit dem Aorist eine inchoative oder ingressive Aktionsart aus und muss ins Deutsche mit „er schlief ein“ übersetzt werden. Das durative „er schlief“ wird im Neugriechischen mit „κοιμόταν“ (kimótan) im imperfektiven Aspekt (siehe auch Paratatikos) ausgedrückt. Das Verb schlafen selbst steht semantisch in beiden Sprachen für eine dauerhafte Handlung. Um eine andere als die ihm innewohnende Aktionsart auszudrücken, wird das Verb im Deutschen also derivationsmorphologisch verändert, im Griechischen dagegen in einen anderen grammatischen Aspekt gesetzt.

Slawische Sprachen

Bereits im Altkirchenslawischen, der ältesten schriftlich dokumentierten slawischen Sprachform, wurden aktionsartspezifizierte Derivate gebildet. So unterscheidet man bei den Verben der Bewegung morphologisch eine terminative und eine aterminative Aktionsart (iti, chod-iti „gehen“, nesti, nos-i-ti „tragen“) Das Aterminativum hatte iterative oder kausative Bedeutung. Man spricht bei letzterer Form auch von indeterminiert, bei der terminativen auch von determiniert.[31] Auf der morphologischen Basis dieser altslawischen Aktionsarten bildete sich das auch binäre Aspektsystem der modernen slawischen Sprachen aus.[32]

In den modernen slawischen Sprachen werden Aktionsarten durch eine Fülle von Affixen ausgedrückt, die in vielfacher Weise dem Begriff des Ausgangsverbs eine zusätzliche Bedeutung verleihen können, wobei die ursprüngliche Bedeutung des Ausgangsverbs jedoch erhalten bleibt.[33]

Sie werden morphologisch durch Präfixe, Infixe und Suffixe, Laut- und Akzentwechsel realisiert, wobei durch dasselbe Bildungsschema auch unterschiedliche Aktionsarten ausgedrückt werden können (Beispiele aus dem Russischen):

  • Präfix + Lautwechsel: идти idti „gehen“ – по-йти pojti „losgehen“
  • Infix + Lautwechsel: прыгать prygat’ „springen“ – прыг-ну-ть prygnut „einmal springen“
  • Präfix + Infix: пить pit’ „trinken“ – по-пи-ва-ть popiwat „von Zeit zu Zeit ein Schlückchen trinken“
  • Präfix + Suffix: болтать boltat’ „schwatzen“ – раз-болтать-ся rasboltatsja „ins Schwatzen kommen“

Meist wechselt zwischen Grundverb und Derivat auch der grammatikalische Aspekt, das heißt aus dem imperfektiven Verb „gehen“ wird das perfektive „losgehen“.

Beispiel für Aktionsarten, die sich im polnischen Präfix po- ausdrücken:

  • inchoativ: kochać „lieben“ – pokochać „liebgewinnen“, „sich verlieben“
  • ingressiv: jechać „fahren“ – pojechać „losfahren“
  • distributiv: wiązać „binden“ – powiązać „(viele, alle) zusammenbinden“
  • delimitativ: czytać „lesen“ – poczytać „ein bisschen lesen“
  • resultativ: grzebać „graben“ – pogrzebać „begraben“

Das Präfix po- kennzeichnet bei einigen Verben jedoch auch schlicht den perfektiven Aspekt, zum Beispiel błogosławić „segnen“ (imp.) – pobłogosławić „segnen“ (perf.), es wird hier also „rein aspektuell“ eingesetzt. In diesem Fall spricht die Slawistik nicht von Aktionsart. Auch in der Slawistik gibt es Tendenzen, auf den Begriff Aktionsart zu verzichten und beispielsweise von „Funktion des Derivats“ zu sprechen.[34]

Ein ukrainisches Doppelpräfix popo- wird für den Ausdruck des wiederkehrenden Intensivs verwendet.

Romanische Sprachen

Mit der Entwicklung der romanischen Sprachen nahm die Tendenz zu, Aktionsarten syntaktisch auszudrücken. Dennoch finden sich neben den Weiterentwicklungen lateinischer Derivate auch nachlateinische morphologische Ableitungen von Grundverben, so beispielsweise im Französischen (-et, frequentativ-diminutiv: craquer „krachen“, „knacken“ – craqu-et-er „knistern“; -el, kausativ craqu-el-er „rissig machen“, „beschädigen“, -ot, frequentativ-iterativ: siffler „pfeifen“ siffl-ot-er „vor sich hin pfeifen“) oder im Italienischen (-icchi, -acchi, meist mit attenuativer (abschwächender) Bedeutung: dormire „schlafen“ – dormicchiare „schlummern“, bruciare „brennen“ – bruciacchiare „anbrennen“).

Im Spanischen ist eine synthetische Markierung der Aktionsart seltener, im Vergleich zur analytischen Darstellung in Verbalperiphrasen. Der Grund hierzu liegt darin, das viele der synthetisch gebildeten Aktionsartverben im Spanischen stark lexikalisiert sind.

Deutsch

Eine in der Germanistik verbreitete Einteilung sieht wie folgt aus. Die Kategorien sind dabei teils morphologisch-derivationell, teils rein semantisch und teils auch syntaktisch begründet.

  • Die aktionalen Hauptkategorien. Hier tauchen oft die Begriffe durativ/nicht-durativ auf, d. h. eine Kategorie ist negativ bestimmt. Anstatt ‚durativ‘ erscheinen auch die Ausdrücke aterminativ, kontinuativ, kursiv, immutativ, unvollendet, atelisch, am häufigsten imperfektiv. Für ‚nicht-durativ‘ hat die Germanistik auch die Ausdrücke terminativ, mutativ, vollendet, telisch, am häufigsten perfektiv parat.

Die aktionale Kategorie des imperfektiv kennzeichnet einen Vorgang, der nicht auf ein Resultat hinstrebt, das sich vom Anfangszustand unterscheidet, sondern er endet einfach, so wie er begonnen hat: schlafen, wachen, leben, meditieren, betrachten. Hingegen verändern sich perfektive Vorgänge beständig und enden in einem Ergebnis: einschlafen, erwachen, sterben, auferstehen, erblicken.

Lexikalisch können viele Verben der einen oder der anderen Gruppe zugeordnet werden. Im Althochdeutschen aber auch noch im Mittelhochdeutschen werden die Präfixe ga- bzw. gi-,[35] vor den Verben genutzt um imperfektive Verbformen in perfektive zu wandeln[36] „ich sah“ das dauerhafte Sehen, imperfektiv zu „ich gesah“ ich erblickte, perfektiv.

Die Abgrenzungskriterien sind oft die folgenden:

  • Durative Verben bez. etwas Unvollendetes, Unabgeschlossenes, Dauerhaftes, nicht-durative Verben dagegen sind von ihrer Bedeutung her durch zeitliche Begrenztheit und Zielgerichtetheit gekennzeichnet
  • Durative Verben vertragen sich mit Daueradverbialien wie ‚eine Stunde lang‘, nicht-durative dagegen nicht, sondern eher mit Temporaladverbialien wie in einer Stunde: „Sie suchte den Schlüssel eine Stunde lang“, aber: *„Sie fand den Schlüssel eine Stunde lang“; eher „sie fand den Schlüssel in einer Stunde
  • Nicht-durative Verben bilden beide Passivformen („Der Schlüssel wird/ist gefunden“), durative dagegen nur ein werden-Passiv („Der Schlüssel wird gesucht“; aber *„Der Schlüssel ist gesucht“)
  • Nicht-durative Verben neigen eher zum sog. futurischen Präsens als durative
  • Durative Verben bilden ihre Perfektformen vielfach mit haben (außer sein und bleiben, Bewegungsverben, sowie im südlichen deutschen Sprachraum stehen, liegen und sitzen)[37]
Gruppierungen

Zu der folgenden Klassifikation vgl. insbesondere.[38]

Subkategorien der durativen Aktionsarten

Die Unterkategorien der durativen Aktionsarten sind:

  • Die iterative Aktionsart, die bez., dass etwas wiederholt, mehrmals (regelmäßig, gewöhnlich) geschieht, zum Beispiel sticheln ~ ‚öfter stechen‘
  • Die intensive Aktionsart. Sie bez. ein Geschehen, das durch hohe (erhöhte) Intensität gekennzeichnet ist, zum Beispiel schnitzen ~ ‚stark schneiden‘
  • Die diminutive (auch genannt: attenuative) Aktionsart. Sie markiert Geschehen geringerer (verringerter) Intensität, zum Beispiel tänzeln ~ ‚ein bisschen tanzen‘
  • Die intransformative[39] Aktionsart. Verben dieses Typs bez., dass sich am gegebenen Zustand ausdrücklich nichts ändert, zum Beispiel behalten
Subkategorien der nicht-durativen Verben

Die Unterkategorien der nicht-durativen Aktionsarten sind:

  • Die inchoative (Synonyme: ingressive, inzeptive, initive) Aktionsart. Sie deutet auf einem Anfang, einen (allmählichen) Beginn, den Austritt aus einem alten Zustand und den Eintritt in einen neuen Zustand. Gelegentlich werden die Termini ‚inchoativ/inzeptiv‘ und ‚ingressiv/initiv‘ differenziert, indem man erstere als Aktionsart des allmählichen Beginns und letztere als Aktionsart des plötzlichen Beginns festlegt (einschlafen vs. aufspritzen).
  • Die resultative (andere Fachausdrücke: konklusiv (etwas veraltet), effektiv, egressiv sowie terminativ, perfektiv, telisch, finitiv, delimitativ) Aktionsart. Resultative Verben bez. den Austritt aus einem Zustand (aber nicht den Eintritt in einen neuen) zuzüglich Verlauf und sollen daran zu erkennen sein, dass ihre „imperfektive Variante nicht die perfektive impliziert“ (Lexikon der Sprachwissenschaft, Eintrag ‚resultativ‘), zum Beispiel „Das Haus ist am Verbrennen“ impliziert nicht, dass das Haus am Ende vollkommen verbrannt sein wird. Seltener findet sich hierbei eine Unterscheidung nach ‚allmählich‘ und ‚plötzlich‘ (verbrennen vs. finden = ‚nicht mehr im Zustand des Suchens sein‘), wobei man ersteres als konklusiv (resultativ), letzteres als egressiv benennt.

‚Resultativ‘ und ‚inchoativ‘ werden ab und an zu transformativ oder mutativ zusammengefasst, es kommt aber auch vor, dass ‚transformativ‘ als eigene Aktionsart für Verben wie rosten angesetzt wird und dann parallel zu ‚perfektiv, mutativ‘ und/oder ‚resultativ‘ verwendet wird.

  • Auch üblich in deutschen Grammatiken ist es, Aktionsarten des plötzlichen Zustandswechsels als punktuell oder momentan zusammenzufassen. Entsprechende Verben bilden mit Daueradverbialien nur ungrammatische Sätze: *„sie stöhnt eine Stunde lang auf“ /*„er findet die Lösung eine Stunde lang“? Das liegt daran, dass solche Verben einen schnellen Situationswechsel bezeichnen.

Das sind die meistgenannten Kategorien. Aktionsarten wie die komitative, die konative, die distributive und viele andere werden in deutschen Grammatiken nicht erwähnt, woraus zu schließen ist, dass slawistische Aktionsarteneinteilungen wesentlich präziser und differenzierter sind.

Nun zu den Mitteln, wie sich die einzelnen Aktionsarten im Deutschen ausdrücken lassen. Ausgegangen wird von derivations-morphologischen, analytischen und syntaktischen Mitteln. Unter der ersten Einordnung fallen Affixbildungen/Komposita, unter der zweiten Verbalkomplexe mit Hilfsverb + einer der drei Infinitivtypen (reiner, zu-Infinitiv, substantivierter Infinitiv) und unter der dritten Adverbien-Zusätze u. a.

DERIVATIONSMORPHOLOGISCHANALYTISCHSYNTAKTISCH
DURATIVE AKTIONSARTfraglich: an- in andauernWahl eines Präpositionalobjekts statt Akkusativobjekt ( an einem /einen Roman schreiben) Adverbien wie ununterbrochen, pausenlos u. a.
Iterative AktionsartSuffix -ln und evtl. Vokalwechsel (tropfentröpfeln)Fügungen mit Verb+Verb (z. B. „er rannte und rannte“), Adverbien wie mehrmals, oft u. a.
Intensive Aktionsartexpressive Konsonantenschärfung (hörenhorchen)Adverbien wie stark, heftig, sehr
Deminutive AktionsartSuffix -ln, evtl. Vokalwechsel-Fügungen wie ein wenig, ein bisschen
Intransformative AktionsartVerbpartikel weiter-bleiben + am + Infinitiv, bleiben + Infinitiv (auch als Absentivkonstruktion bez.)Fügungen wie immer noch, weiterhin u. a.
Semelfaktive AktionsartNur im Satzzusammenhang erkennbar („er sieht eine Katze“ vs. „er sieht seine Katze gerne“)
NICHT-DURATIVE AKTIONSART
Inchoative AktionsartPräfixe wie ent-, er- (entflammen) Verbpartikeln wie los-(loslaufen)anfangen/beginnen + zu-Infinitiv (auch Phasenverbkonstruktion genannt)Fügungen wie allmählich, nach und nach u. a.
Resultative AktionsartPräfixe wie ver- (verblühen)aufhören + zu-Infinitiv (auch Phasenverbkonstruktion genannt)Fügungen wie nicht mehr u. a.

Der Ausdruck der anderen unter ‚nicht-durativ‘ aufgeführten Aktionsarten ist auf Adverbien angewiesen.

Nichtindogermanische Sprachen

Chinesisch

Die allgemein als isolierend eingestuften chinesischen Sprachen verändern Verben zwar nicht im Sinne der Flexion, aber es gibt „Wörter“ (oder Silben), die für sich keine Begriffe ausdrücken, also nicht als eigenständige Lexeme gewertet werden können, aber als Morpheme einem Wort, das die Grundbedeutung trägt, folgen und so unterschiedliche grammatische Kategorien ausdrücken.

Die chinesischen Sprachen haben keine Morpheme zum Ausdruck von Zeitstufen, aber zahlreiche zum Ausdruck der Aktionsarten, wobei im Chinesischen auch Substantive und Adjektive als Verben eingesetzt werden und dann ebenfalls mit diesen Morphemen versehen werden können.

Beispiele aus dem Hochchinesischen:

MorphemAktionsartBeispielsatzTranskriptionÜbersetzung
leperfektiv-resultativ我當了兵.wǒ dāng le bīng„ich bin Soldat geworden (und bin es noch)“
guo„Erfahrungs“-perfektiv我當過兵.wǒ dāng guo bīng„ich war (schon) einmal Soldat“
zhèngzài/zàidynamisch-imperfektiv
(progressiv)
我正在掛畫.wǒ zhèng zài guà huà„ich hänge gerade Bilder auf“
zhestatisch-imperfektiv
(durativ)
牆上掛著一幅畫.qiáng shàng guà zhe yī fú huà„ein Bild hing an der Wand“

Der delimitative Aspekt wird durch Reduplikation des Verbs ausgedrückt: 走 zǒu „gehen“, 走走 zǒu zǒu „ein bisschen spazierengehen“.

Japanisch

Das Verbsystem der japanischen Sprache trennt sehr deutlich zwischen transitiven und intransitiven Verben, die in Paaren auftreten und morphologisch (synthetisch) voneinander abgeleitet sind. Semantisch drücken diese Paare vorwiegend eine kausative/antikausative Bedeutung aus. Die Verlaufsform drückt bei intransitiven Verben eine durative, bei transitiven eine progressive Aktionsart aus.

Literatur

  • Nathalie Nicolay: Aktionsarten im Deutschen: Prozessualität und Stativität.(= Linguistische Arbeiten. Band 514). Walter de Gruyter, Berlin 2007, ISBN 978-3-11-092870-9.
  • Gerhard Helbig, Joachim Buscha: Deutsche Grammatik. Ein Handbuch für den Ausländerunterricht. 19. Auflage. Langenscheidt Verlag, 1999.
  • Bernard Comrie: Aspect. An Introduction To The Study Of Verbal Aspect And Related Problems. Cambridge University Press, Cambridge 1976, ISBN 0-521-21109-3.
  • Lutz Götze, Ernest W. B. Hess-Lüttich (Hrsg.): Wahring: Grammatik der deutschen Sprache. Bertelsmann Lexikon Institut, 2002, ISBN 3-577-10073-7.
  • Hadumod Bußmann (Hrsg.) unter Mitarbeit von Hartmut Lauffer: Lexikon der Sprachwissenschaft. 4., durchgesehene und bibliographisch ergänzte Auflage. Kröner, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-520-45204-7.
  • Alexander P. D. Mourelatos: Events, Processes, and States. Linguistics and Philosophy 2 (1978) 415–434 by D. Reidel Publishing Company, Dordrecht, Holland.anon.cs.rochester.edu
  • Rolf Thieroff: Das finite Verb im Deutschen. Stauffenburg, Tübingen 1992, ISBN 3-86057-430-2.
  • Manfred Krifka, Wolfgang Hock: Begriffsgeschichte Aspekt und Aktionsart. Materialsammlung zum Seminar „Aspekt und Zeitkonstitution“. Berlin 2002.

Weblinks

Wiktionary: Aktionsart – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Duden – Die Grammatik. Unentbehrlich für richtiges Deutsch. 8. Auflage. ( = Duden, Band 4). Bibliographisches Institut, Mannheim 2009, ISBN 978-3-411-04048-3, S. 408.
  2. Bernd Kortmann: The Triad „Tense-Aspect-Aktionsart“. Problems and possible solutions. In: Carl Vetters (Hrsg.): Perspectives on aspect and Aktionsart. Belgian journal of linguistics, 6., Ed. de l'Univ. de Bruxelles, Brüssel 1991, S. 9–27.
  3. Carola S. Smith: The Parameter of Aspect. Kluwer Academic Publishers, Dordrecht 1991 ist ein Beispiel für eine Differenzierung zwischen „Situationsaspekt“ (situation aspect) und Perspektivenaspekt (viewpoint aspect).
  4. Thea Schippan: Lexikologie der deutschen Gegenwartssprache. Niemeyer, Tübingen 1992, ISBN 3-484-73002-1, S. 46.
  5. Bedeutungsgruppen der Verben. In: canoonet. Abgerufen am 26. September 2019.
  6. Tilmann Köppe, Tom Kindt: Erzähltheorie. Eine Einführung. Reclam, Stuttgart 2014, ISBN 978-3-15-017683-2, S. 50; 64–65.
  7. Howard B. Garey: Verbal aspect in French. In: Language. 33, 1957, S. 91–110.
  8. Zeno Vendler: Verbs and Times. The Philosophical Review 66:2, (1957) S. 143–160.
  9. Zeno Vendler: Linguistics in Philosophy. Cornell University Press, Ithaca, NY 1967, ISBN 0-8014-0436-3.
  10. Carola S. Smith: The Parameter of Aspect. Volume 43 of Studies in Linguistics and Philosophy. Kluwer Academic Publishers, Dordrecht 1991.
  11. Éva Kardos: Aspectual classes: past and present. In: Argumentum. 9, 2013, S. 200–210 Debreceni Egyetemi Kiadó
  12. Activities vergleiche Tätigkeitsverben
  13. Accomplishments vergleiche Tätigkeitsverben
  14. Achievements vergleiche Vorgangsverben
  15. States vergleiche Zustandsverben
  16. Tabelle nach Erwin Tschirner: Aktionalitätsklassen im Neuhochdeutschen. Berkeley Insights in Linguistics and Semiotics, Peter Lang Publishing, New York 1991, ISBN 0-8204-1340-2, S. 22.
  17. Der US-amerikanische Psycholinguist Steven Pinker: Der Stoff, aus dem das Denken ist. Was die Sprache über unsere Natur verrät. S. Fischer, Frankfurt am Main 2014, ISBN 978-3-10-061605-0, S. 259–260, sieht in seiner Interpretation der Vendlerschen Begrifflichkeit, dass der Zustand, state, nicht nur durch eine fehlende Veränderung gekennzeichnet ist, sondern sich auch des Zugriffs einer bewussten Kontrolle entzöge, wohingegen die Verben, die eine punktuelle Kulmination, achievement, zum Ausdruck bringen, nicht mit den Adverbien des Bemühens zusammenpassten. Auch könnte sie keine Verben des Initiieren einer Handlung oder den Imperativ in sich fassen. Hingegen wären die Verben, die eine Vollendung in einem Ziel, accomplishment, wiedergeben, durchaus in den Imperativ setzbar und man könnte ihnen Adverbien des Wollens zu Seite stellen. Aktivitäten, activity, aber auch Accomplishment-Verben würden gemeinhin als willentlich beeinflussbare Geschehen verstanden.
  18. Karl Brugmann: Griechische Grammatik. 4., verm. Auflage. Beck, München 1913 (1. Aufl. 1885).
  19. Aspekt und Aktionsart (Zeitart,Verbalcharakter). Krifka/Hock: Aspekt und Zeitkonstitution WS 2002/2003
  20. Roland Harweg: Studien zum Verbum und seinem Umfeld. Band 7: Sprache – Kommunikation – Wirklichkeit. LIT Verlag, Münster 2014, ISBN 978-3-643-12597-2, S. 224.
  21. Sigurd Agrell: Aspektänderung und Aktionsartbildung beim polnischen Zeitworte. Lund 1908, zitiert nach Krifka/Hock: Aspekt und Zeitkonstitution. (PDF; 135 kB).
  22. Alexander Isatschenko: Die russische Sprache der Gegenwart. Halle (Saale) 1962.
  23. Karl Bayer, Josef Lindauer: Lateinische Grammatik. 1974, ISBN 3-87488-635-2.
  24. Heinz F. Wendt: Das Fischer Lexikon – Sprachen. Frankfurt am Main 1987, ISBN 3-596-24561-3.
  25. Bernd Kortmann: The triad „tense – aspect – Aktionsart“. Brüssel 1991.
  26. Hans-Jürgen Sasse: Aspect and Aktionsart. Brüssel 1991.
  27. a b Helmut Glück (Hrsg.): Metzler-Lexikon Sprache. Stuttgart 1993, ISBN 3-476-00937-8.
  28. Steven Pinker: Der Stoff, aus dem das Denken ist. S. Fischer, Frankfurt am Main 2014, ISBN 978-3-10-061605-0, S. 251.
  29. Bernard Comrie: Aspect. An Introduction To The Study Of Verbal Aspect And Related Problems. (Memento vom 2. Februar 2016 im Internet Archive) Cambridge University Press, Cambridge 1976, ISBN 0-521-21109-3.
  30. „Tense is a deictic category, i.e. locates situations in time (...). Aspect is not concerned with relating the time of the situation to any other time-point, but rather with the internal temporal constituency of the one situation; one could state the difference as one between situation-internal time (aspect) and situation-external time (tense).“ (Comrie 1976, S. 5)
  31. Henrik Birnbaum, Jos Schaeken: Das altkirchenslavische Wort: Bildung – Bedeutung – Herleitung. München 1997, ISBN 3-87690-668-7. ((online) (Memento vom 31. August 2003 im Internet Archive))
  32. Martin Joachim Kümmel: Grundlagen und Geschichte der europäischen Verbalsysteme. Vorlesungsmanuskript, Freiburg 2006. ((online) (Memento vom 29. September 2007 im Internet Archive))
  33. Herbert Mulisch: Handbuch der russischen Gegenwartssprache. Leipzig 1993, ISBN 3-324-00325-3.
  34. Tanja Anstatt: Das Verbalpräfix po- im Polnischen. In: Zeitschrift für Slavische Philologie. 62/2, S. 359–385. (online; PDF; 203 kB)
  35. Arne Ziegler: Historische Textgrammatik und Historische Syntax des Deutschen: Traditionen, Innovationen, Perspektiven. Walter de Gruyter, Berlin 2010, ISBN 978-3-11-021994-4, S. 227–232.
  36. Werner Besch (Hrsg.): Sprachgeschichte: ein Handbuch zur Geschichte der deutschen Sprache und ihrer Erforschung. Teil 3, Walter de Gruyter, Berlin 2003, ISBN 3-11-015883-3, S. 2520.
  37. Aktionsart bei Canoonet
  38. Hadumod Bußmann: Lexikon der Sprachwissenschaft (= Kröners Taschenausgabe. Band 452). 2., völlig neu bearbeitete Auflage. Kröner, Stuttgart 1990, ISBN 3-520-45202-2.
  39. Duden – Die Grammatik. 7. Auflage. Mannheim 2005, ISBN 3-411-04047-5.