Adolf Glaßbrenner

Stich von Adolf Glaßbrenner mit Signatur (Jahr unbekannt)

Adolf Glaßbrenner (* 27. März 1810 in Berlin als Georg Adolph Theodor Glasbrenner; † 25. September 1876 ebenda) war ein deutscher Humorist und Satiriker, „Erfinder der querköpfig-verschmitzten Type, der Protokollant des biedermeierlichen Berlin, gar der Vater des Berliner Witzes“.[1] Sein berühmtestes Werk schuf er von 1832 bis 1850 mit der Schriftenreihe Berlin wie es ist und – trinkt unter dem Pseudonym „Brennglas“. Insgesamt 32 Hefte erschienen in Berlin und Leipzig, einige davon mit Karikaturen von Theodor Hosemann. Ähnlichen Inhalts waren die Hefte Leben und Treiben der feinen Welt von 1834 und Berliner Volksleben von 1848 bis 1851.

Leben und Wirken

Glaßbrenner in jungen Jahren
Gedenktafel am Gendarmenmarkt in Berlin-Mitte

Herkunft und Ausbildung

Adolf Glaßbrenner wurde in der Leipziger Straße 31 im „Haus zum fliegenden Roß“ geboren. Seine Eltern waren der 40-jährige Schneidermeister Georg Peter Glasbrenner und die 29-jährige Christiane Louise Juliane, geborene Hopfe. Ihren Sohn ließen sie am 18. April in der Neuen Kirche am Gendarmenmarkt auf den Namen Georg Adolph Theodor taufen. Adolf hatte drei Brüder: Julius, Hermann und Theodor.

Glaßbrenner besuchte das Friedrich-Werdersche Gymnasium und traf dort auf Karl Gutzkow. Mit dem Schulfreund blieb er auch nach dem Abbruch des Gymnasiums zeitlebens befreundet. Da sein Vater 1824 den Schulbesuch nicht weiter finanzieren konnte, verließ Adolf Glaßbrenner das Gymnasium und begann eine kaufmännische Lehre in der Seidenhandlung Gabain in der Breiten Straße.

Politik in der Zeitschrift

Im Sommer 1827 erschien Adolf Glaßbrenners erste „Publikation“ – für den Berliner Courier verfasste er ab diesem Zeitpunkt Rätsel für die Rubrik „Damen-Sphynx“. Es folgten einige Auftragsarbeiten, davon hauptsächlich Nachrufe in Gedichtform. Im Jahr 1829 ergriff er die Möglichkeit zur Mitarbeit am neu gegründeten Berliner Eulenspiegel, der sich gegen Preußen positionierte. Glaßbrenner veröffentlichte unter dem Pseudonym Adolf Brennglas kritische Texte. Trotz zweimaliger Umbenennung wurde die Zeitschrift verboten, und so beschloss er 1830, selbst Journalist und freier Schriftsteller zu werden.

Am 3. Oktober 1831 reichte er daher beim Polizeipräsidenten ein Gesuch ein, in dem er um die Erlaubnis bat, eine eigene Zeitschrift herausgeben zu dürfen; mit der Angabe, keine politischen Inhalte in dem Blatt publizieren zu wollen. Das Gesuch war erfolgreich, und Adolf Glaßbrenner war seit Januar 1832 Herausgeber des Berliner Don Quixote – ein Unterhaltungsblatt für gebildete Stände. Es erschien erst zwei-, dann viermal wöchentlich. Wegen politischer Anspielungen wurde Glaßbrenner wiederholt verwarnt und schließlich Ende des Jahres 1833 mit einem fünfjährigen Berufsverbot belegt.

Daraufhin verfasste er sehr erfolgreich Groschenhefte, die meist im Berliner Dialekt erschienen. Wegen seiner politischen und sittlichen Satire wurde Adolf Glaßbrenner immer wieder zensiert.

Im Exil

Glaßbrenner lebte nach seiner Heirat am 15. September 1840 mit der Schauspielerin Adele Peroni in Neustrelitz in Mecklenburg. Dort schrieb er sein erfolgreichstes Werk Neuer Reineke Fuchs, das sofort nach Erscheinen verboten wurde, und die Mehrzahl der Serienhefte Berlin wie es ist und – trinkt. Er zählte in Neustrelitz während der Märzrevolution 1848/49 zu den führenden Demokraten und wurde im Herbst 1850 des Landes verwiesen. Ab 1850 gab er in Hamburg humoristische Zeitschriften heraus. Erst 1858 kam er wieder nach Berlin und verlegte ab 1868 die Berliner Montagszeitung. 1869 gab er die verantwortliche Redaktion der Zeitung an Richard Schmidt-Cabanis ab, der das Blatt nach Glaßbrenners Tod noch bis zum Jahr 1883 fortführte. Bereits in Berlin schloss er sich dem Freimaurerbund an. In Hamburg wurde er Mitglied der Freimaurerloge Zum Pelikan.

Tod und Grabstätte

Ehrengrab von Adolf Glaßbrenner in Berlin-Kreuzberg

Adolf Glaßbrenner starb 1876 im Alter von 66 Jahren in Berlin. Sein Grab befindet sich auf dem Friedhof III der Jerusalems- und Neuen Kirche in Berlin-Kreuzberg. Als Grabstein dient ein Obelisk aus poliertem schwarzem Granit, in dessen Vorderseite ein Porträttondo eingelassen ist, das den Verstorbenen in naturalistischer Manier in Frontalsicht präsentiert. Neben Glaßbrenner wurde 1895 seine Gattin Adele Glaßbrenner-Peroni bestattet, deren separate Grabstelle jedoch 1928 beseitigt wurde. Ihre herzförmige Grabtafel aus Marmor mit Rosen- und Lorbeerzweigen als Randverzierung ist nun am Sockel des Grabdenkmals ihres Mannes befestigt.[2]

Auf Beschluss des Berliner Senats ist die letzte Ruhestätte von Adolf Glaßbrenner (Grablage 312-17-20/21) seit 1952 als Ehrengrab des Landes Berlin gewidmet. Die Widmung wurde im Jahr 2016 um die inzwischen übliche Frist von zwanzig Jahren verlängert.[3]

Werke

  • Berlin wie es ist und – trinkt. 30 Hefte, 1832–1850, erschienen in Berlin und Leipzig (einige mit Titelbildern von Theodor Hosemann)
  • Aus den Papieren eines Hingerichteten, 1834
  • Bilder und Träume aus Wien, 1836
  • Deutsches Liederbuch, 1837
  • Buntes Berlin. 14 Hefte, 1837–1853
  • Aus dem Leben eines Gespenstes, 1838
  • Berliner Erzählungen und Lebensbilder, 1838
  • Herr Buffey in der Berliner Kunstausstellung, 4 Bde., 1838/39
  • Ein Page des Regenten, Lustspiel in einem Akt, nach dem Französischen des Théaulon (Un page du régent), 1840
  • Die Berliner Gewerbe-Ausstellung, 1844
  • Verbotene Lieder, (Gedichte), 1844
  • Neuer Reineke Fuchs, 1846
  • Lustiger Volks-Kalender, 1846–1867
  • März-Almanach, 1849
  • Kaspar, der Mensch, 1850 (Komödie)
  • Lachende Kinder, 1850
  • Xenien der Gegenwart, Hamburg 1850 (zusammen mit Daniel Sanders; Digitalisat)
  • Lustige Fibel, 1850
  • Die Insel Marzipan -- Ein Kindermärchen, 1851 (Text und Lesung)
  • Gedichte, 1851
  • Komische Tausend und Eine Nacht, 1854
  • Sprechende Thiere, 1854 (Digitalisat)
  • Die verkehrte Welt, 1855 (Gedicht)
  • Humoristische Plauderstunden, 1855

Postume Ausgaben

  • Unsterblicher Volkswitz, 2. Band, Hrsg. von Klaus Gysi und Kurt Böttcher, mit Illustrationen von Theodor Hosemann, Carl Reinhardt, Adolf Schroedter, Wilhelm Scholz und Gustav Heil, Verlag Das neue Berlin, Berlin W8 1954[1]
  • Rindviecher, Bauchredner und Großherzöge. Berichte aus der Residenz Neustrelitz 1840-1848/49. Hrsg. und kommentiert von Olaf Briese. Bielefeld: Aisthesis 2010 (AISTHESIS Archiv 15 zugleich Vormärz-Studien XIX). ISBN 978-3-89528-773-2.

Literatur

Biografie:

  • Wilfried Forstmann: Adolf Glaßbrenner (1810–1876). Ein wahrer Achtundvierziger? In: Helmut Bleiber, Walter Schmidt, Susanne Schötz (Hrsg.): Akteure eines Umbruchs. Männer und Frauen der Revolution von 1848/49. Berlin 2003, S. 247–258.
  • Robert Rodenhauser: Adolf Glaßbrenner Ein Beitrag zur Geschichte des „Jungen Deutschland“ und der Berliner Lokaldichtung. Nebst Bibliographie und Register. Nikolasee 1912.
  • Ingrid Heinrich-Jost: Adolf Glaßbrenner. Berlin 1981.
  • Joseph KürschnerGlaßbrenner, Adolf. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 9, Duncker & Humblot, Leipzig 1879, S. 213–215.
  • Wilmont Haacke: Glaßbrenner, George Adolf Theodor. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 6, Duncker & Humblot, Berlin 1964, ISBN 3-428-00187-7, S. 433 f. (Digitalisat).

Werkausgaben:

  • Adolf Glaßbrenner: Unterrichtung der Nation. Ausgewählte Werke und Briefe in drei Bänden. Mit zeitgenössischen Illustrationen. Hrsg. Horst Denkler u. a. Köln 1981.
  • Adolf Glaßbrenner: Welt im Guckkasten. Ausgewählte Werke in zwei Bänden. Mit zeitgenössischen Illustrationen. Hrsg. Gert Ueding. Frankfurt a. M. / Berlin / Wien 1985.

Lexikoneinträge/Bibliografie

  • Glaßbrenner. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Band 7, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig/Wien 1885–1892, S. 408.
  • G[isela] M[aterna]: Glaßbrenner, George Adolf. In: Deutsches Schriftsteller-Lexikon 1830–1880 (Goedeckes Grundriß zur Geschichte der deutschen Dichtung. Fortführung). Band III.1. Berlin 2000, S. 234–249.
  • Fritz Wahrenburg: Glaßbrenner, Adolf. In: Wilhelm Kühlmann (Hrsg.): Killy Literaturlexikon. Autoren und Werke des deutschsprachigen Kulturraumes. 2., vollständig überarbeitete Auflage. Band 4. Berlin / New York 2009, S. 237–241.

Forschungsliteratur:

  • Michael Schmitt: Der rauhe Ton der kleinen Leute. „Grosse Stadt“ und „Berliner Witz“ im Werk Adolf Glaßbrenners (zwischen 1832 und 1841). Frankfurt a. M. / Bern/ New York 1989.
  • Raimund Kemper: Ich, Reineke, und mein Complot! Adolf Glaßbrenners Satire Neuer Reineke Fuchs (1845/46). In: Michael Heinrichs, Klaus Lüders (Hrsg.): Modernisierung und Freiheit. Beiträge zur Demokratiegeschichte in Mecklenburg-Vorpommern. Schwerin 1995, S. 358–411.
  • Olaf Briese: „Bilder durch Buchstaben“. Glaßbrenners Guckkästen. In: Stefan Keppler-Tasaki, olf Gerhard Schmidt (Hrsg.): Zwischen Gattungsdisziplin und Gesamtkunstwerk. Literarische Intermedialität 1815–1848. Berlin / New York 2015, S. 123–142.
  • Heinz Bulmahn: Adolf Glassbrenner. His Development from ‚Jungdeutscher‘ to ‚Vormärzler‘. Amsterdam 1978.
  • Fritz Wahrenburg: Poesie der Freiheit. Lieder des „norddeutschen Poeten“. Adolf Glaßbrenner. In: Alo Allkemper, Norbert Otto Eke (Hrsg.): Literatur und Demokratie. Festschrift für Hartmut Steinecke zum 60. Geburtstag. Berlin 2000, S. 61–89.
  • Mary Lee Townsend: The Politics of Humor. Adolph Glassbrenner and the Rediscovery of the Prussian Vormärz (1815–48). In: Central European History, 20, 1987, S. 29–57.
  • Volkmar Steiner: Adolf Glaßbrenners Rentier Buffey. Zur Typologie des Kleinbürgers im Vormärz. Frankfurt a. M. / Bern 1983.
  • Ingrid Heinrich-Jost: Literarische Publizistik Adolf Glaßbrenners (1810–1876). Die List beim Schreiben der Wahrheit. München / New York/ London 1980.
  • Fritz Wahrenburg: Stadterfahrung im Genrewechsel: Glaßbrenners Berlin-Schilderungen. In: Lothar Ehrlich, Hartmut Steinecke, Michael Vogt (Hrsg.): Vormärz und Klassik. Bielefeld 1999, S. 277–300 (Vormärz-Studien I).
  • Olaf Briese: Adolf Glaßbrenner als Bewahrer des vorindustriellen Berlin. In: Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur, 35.2, 2010, S. 1–36.
  • Olaf Briese: Eckensteherliteratur. Eine humoristische Textgattung in Biedermeier und Vormärz. Mit einem Nachwort und einer Bibliographie. Bielefeld 2013 (Aisthesis Archiv 17).
  • Patricia K. Calkins: Wo das Pulver liegt. Biedermeier Berlin as reflected in Adolf Glassbrenner’s Berliner Don Quixote. New York / Washington / Baltimore 1998.
  • Harald Schmidt: Reise in die „Ungeniertheit“: Adolf Glassbrenners Bilder und Träume aus Wien (1836). In: Hubert Lengauer, Primus Heinz Kucher (Hrsg.): Bewegung im Reich der Immobilität. Revolutionen in der Habsburgermonarchie 1848–49. Literarisch-publizistische Auseinandersetzungen. Wien/Köln/Weimar 2001, S. 103–131.

Rezeption

1955 drehte die DEFA den Film Ein Polterabend, der seine Liebe und Heirat mit Adele Peroni zum Thema hat.[4]

Auch die Redewendung „allerhöchste Eisenbahn“ geht auf Glaßbrenner zurück. In einer humoristischen Szene mit dem Titel Ein Heiratsantrag in der Niederwallstraße geht es um einen zerstreuten Briefträger namens Bornike. Dieser verhaspelt sich andauernd beim Sprechen und bringt immer wieder Wörter in den Sätzen durcheinander. Als er bei seinem zukünftigen Schwiegervater um die Hand von dessen Tochter anhalten will, drückt er seine Freude über dessen Einverständnis so aus: „Diese Tochter is janz hinreichend, ich heirate ihre Mitgift.“ Kurz darauf bricht er eilig auf, da er vergessen hat, dass die Post, die er austragen muss, schon längst mit dem Zug angekommen ist. In der Eile entschuldigt er sich mit: „Herrjesses Leipzig! […] Es ist die allerhöchste Eisenbahn, die Zeit is schon vor drei Stunden anjekommen.“[5]

Weblinks

Commons: Adolf Glassbrenner – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Adolf Glaßbrenner – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. vgl. Heinrich-Jost: Adolf Glaßbrenner. S. 7
  2. Hans-Jürgen Mende: Lexikon Berliner Begräbnisstätten. Pharus-Plan, Berlin 2018, ISBN 978-3-86514-206-1, S. 242. Es ist allerhöchste Eisenbahn. Grabmal Adolf Glassbrenner. Kurzbiografie und Beschreibung des Grabmals auf der Webseite „Berliner Grabmale retten“ des Landesdenkmalamtes Berlin; abgerufen am 29. März 2019.
  3. Ehrengrabstätten des Landes Berlin (Stand: November 2018). (PDF, 413 kB) Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, S. 26; abgerufen am 28. März 2019. Anerkennung und weitere Erhaltung von Grabstätten als Ehrengrabstätten des Landes Berlin. (PDF, 205 kB). Abgeordnetenhaus von Berlin, Drucksache 17/3105 vom 13. Juli 2016, S. 1 und Anlage 2, S. 4; abgerufen am 28. März 2019.
  4. Ein Polterabend. In: filmportal.de. Deutsches Filminstitut, abgerufen am 12. September 2017.
  5. Adolf Glaßbrenner (mit Pseudonym Adolf Brennglas): Berliner Volksleben. Ausgewähltes und Neues. Verlag Wilhelm Engelmann, Leipzig 1847, Band 2, S. 241–253 (Digitalisat in der Google-Buchsuche).

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Stich von Adolf Glaßbrenner nach einer Fotografie
Berlin, Kreuzberg, Mehringdamm 21, Friedhof III Jerusalems- und Neue Kirche, Grab Adolf Glassbrenner.jpg
Autor/Urheber: Jörg Zägel, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Grab des Schriftstellers Adolf Glaßbrenner (1810-1876) auf dem Friedhof III der Jerusalems- und Neuen Kirche (Friedhöfe vor dem Halleschen Tor) am Mehringdamm 21 in Berlin-Kreuzberg. Ehrengrab Land Berlin.