62. Infanterie-Division (Wehrmacht)

62. Infanterie-Division

Aktiv26. August 1939 bis April 1945
StaatDeutsches Reich NS Deutsches Reich
StreitkräfteWehrmacht
TeilstreitkraftHeer
TruppengattungInfanterie
TypInfanterie-Division
GliederungGliederung
Stärke15.000 Soll
AufstellungsortBreslau
SpitznameMondschein-Division
Kommandeur
Liste derKommandeure

Die 62. Infanterie-Division (62. ID) war ein militärischer Großverband der Wehrmacht. Ab 22. September 1944 wurde sie als 62. Volksgrenadier-Division bezeichnet.

Geschichte

Die 62. ID wurde am 26. August 1939 im Rahmen der 2. Aufstellungswelle in Kanth bei Breslau im Wehrkreis VIII aufgestellt.[1] Anschließend stand die Division beim Überfall auf Polen zur Verfügung der Heeresgruppe Süd, kam jedoch nicht zum Einsatz. Zum Schutz der Westgrenze und um ihre Ausbildung weiterzuführen, verlegte sie im Oktober 1939 in die Eifel.[2] Im Westfeldzug, Deckname Fall Gelb, gelangte die 62. ID durch Belgien und im Juni 1940 bis in die Nähe von Orléans in Zentralfrankreich.[2] Schon im Juli 1940 erfolgte die Verlegung in das sog. Generalgouvernement in den Verband der 18. Armee, später der Heeresgruppe B, dann A.

Für das Unternehmen Barbarossa wurde die 62. ID der 6. Armee der Heeresgruppe Süd unterstellt.[2] Sie nahm 1941 unter anderem an der Kämpfen um Kiew teil. Im weiteren Verlauf der Offensive gelangte die Division in den Bereich Poltawa und danach Charkow

Nach dem Tod zweier deutscher Soldaten exekutierte die Division während einer „Säuberungsaktion“ im Oktober 1941 nahe Myrhorod 45 „Partisanen“. Anschließend erschoss sie die gesamte jüdische Bevölkerung von Myrhorod, insgesamt 168 Männer, Frauen und Kinder. Damit gehört die Division zu den Wehrmachtseinheiten, die unter dem Deckmantel von Repressalien in der Ukraine eigenständig Juden ermordeten.[3]

Im Mai 1942 gelang es dann der HGr. Süd, den Sowjets in der Schlacht bei Charkow eine schwere Niederlage zu bereiten (239.000 Gefangene). Die 62. ID nahm hieran im Verband der 6. Armee teil und erlebte die 1. Phase der deutschen Sommeroffensive Fall Blau im Vormarsch bis an den mittleren Don. Dort kam sie im Verband der 8. italienischen Armee zum Einsatz, entging aber der Einkesselung um Stalingrad. Während der Operation Saturn brach die italienische Donfront im Dezember 1942 zusammen. Während einer Phase verschiedener Rückzugsgefechte wurde die 62. Infanterie-Division im Januar 1943 mit anderen Überresten der 6. Armee in der Armeeabteilung Hollidt zusammengefasst, die den Auftrag hatte, den sowjetischen Durchstoß ins Donezgebiet zu verhindern. Die Division verlor dabei die meisten ihrer Infanteristen; die Grenadier-Regimenter 183 und 190 mussten aufgelöst werden. Als Ersatz erhielt die Division vorerst nur das Grenadier-Regiment 354, welches bisher zur 286. (schlesischen) Sicherungsdivision gehört hatte. Die Kampfpause an der Ostfront im Frühjahr 1943 wurde dazu genutzt, die Division, die jetzt die mittlere Donezfront verteidigte, neu zu formieren und aufzufrischen.

Nunmehr unterstand die Division der 1. Panzerarmee, die im Rahmen der HGr. Süd die Abwehrkämpfe am Donez und den Rückzug auf den Dnjepr führte. Wie viele andere Infanteriedivisionen erlitt auch die 62. Div. dabei neue schwere Verluste. Sie wurde nun in der Gliederung einer Inf.-Div. neuer Art formiert und erhielt dazu als sog. Divisionsgruppe (Regiment) 38 die Reste der Grenadierregimenter der benachbarten 38. ID zugeteilt.[4] Es folgten die Winterkämpfe in der Südukraine in den Räumen Kriwoi Rog und Uman. Die abermaligen Verluste zwangen nun dazu, die stark dezimierte Division ab 13. März 1944 mit der 123. Infanterie-Division zur sog. Korpsabteilung (Division) F zusammenzulegen, die sich nach Bessarabien zurückzog und dort am Dnjestr neue Stellungen zur Verteidigung Rumäniens einnahm. Nach erfolgter Auffrischung wurde per 20. Juli 1944 die Korpsabteilung F in 62. Infanterie-Division umbenannt, sie hatte jedoch nur noch wenig mit der vorherigen 62. ID gemeinsam.[4] Die Division wurde bei der sowjetischen Offensive ab 20. August 1944 eingekesselt und – wie fast die gesamte 6. Armee mit 16 Divisionen – vernichtet und formell am 9. Oktober 1944 für aufgelöst erklärt.[4]

Parallel dazu wurde eine neue 62. Division aufgestellt im Rahmen der 25 neuen Volksgrenadier-Divisionen der 32. Aufstellungswelle. Diese 62. VGD entstand im Wehrkreis VIII Breslau ab 22. September 1944. Nur wenige ehemalige Angehörige der alten 62. ID gehörten zu ihr, die Masse des Personals bestand aus Rekruten, Luftwaffensoldaten und sog. „ausgekämmtem Personal“, so dass kaum Fronterfahrungen vorhanden waren. Nach nur kurzer Ausbildungszeit verlegte die 62. VGD an die Westfront, wo sie noch im Dezember 1944 die Schlussphase der Ardennen-Offensive erlebte und dann aus der Eifel über Bonn und Remagen hinter den Rhein zurückgedrängt wurde. Bereits im August 1944 war ihr Kommandant Tronnier gefangen genommen worden. Um den 20. April 1945 ging die Division bei der 5. Panzer-Armee im sogenannten Ruhrkessel in amerikanische Gefangenschaft.[2]

Gliederung

Gliederungen der 62. ID und 62. Volksgrenadier-Division (VGD)[5]
26. August 19392. November 194322. September 1944 (VGD)
Infanterie-Regiment 164Grenadier-Regiment 179Grenadier-Regiment 164 (zwei Bataillone)
Infanterie-Regiment 183Grenadier-Regiment 354Grenadier-Regiment 183
Infanterie-Regiment 190Divisions-Gruppe 38Grenadier-Regiment 190
Divisions-Füsilier-Bataillon (A.A.) 162
Artillerie-Regiment 162
Divisionseinheiten 162

Personen

Kommandeure

DatumDienstgradName
26. August 1939Generalmajor/GeneralleutnantWalter Keiner
23. September 1941GeneralleutnantRudolf Friedrich
15. September 1942Oberst/GeneralmajorRichard-Heinrich von Reuß
22. Dezember 1942OberstErich Gruner
31. Januar 1943Generalmajor/GeneralleutnantHelmuth Huffmann
14. November 1943Oberst/GeneralmajorBotho Graf von Hülsen
10. März 1944GeneralmajorLouis Tronnier
1. November 1944Oberst/GeneralmajorFriedrich Kittel
Dezember 1944OberstFritz Warnecke
Januar 1945GeneralmajorFriedrich Kittel
10. März 1945OberstArthur Juettner

Bekannte Divisionsangehörige

  • Jürgen Bennecke, deutscher Offizier, zuletzt im Range eines Generals war 1939/1940 Adjutant im Infanterie-Regiment 183.

Literatur

  • Georg Tessin: Die Landstreitkräfte 31–70. In: Verbände und Truppen der deutschen Wehrmacht und Waffen-SS im Zweiten Weltkrieg 1939–1945. Fünfter Band. Verlag Mittler & Sohn, Frankfurt am Main 1965, S. 246–252.
  • Kameradenhilfswerk der ehemaligen 62. Division e.V.: Die 62. Infanterie-Division, 1938–1945: Die 62. Volks-Grenadier-Division, 1944–1945, 1968.
  • Ralf Anton Schäfer: Die Mondschein-Division, Norderstedt, 2008.

Einzelnachweise

  1. Georg Tessin: Die Landstreitkräfte 31–70. In: Verbände und Truppen der deutschen Wehrmacht und Waffen-SS im Zweiten Weltkrieg 1939–1945. Fünfter Band. Verlag Mittler & Sohn, Frankfurt am Main 1965, S. 246.
  2. a b c d Georg Tessin: Die Landstreitkräfte 31–70. In: Verbände und Truppen der deutschen Wehrmacht und Waffen-SS im Zweiten Weltkrieg 1939–1945. Fünfter Band. Verlag Mittler & Sohn, Frankfurt am Main 1965, S. 248.
  3. Jürgen Förster: The Wehrmacht and the War of Extermination Against the Soviet Union. In: Michael R. Marrus (Hrsg.): The "Final Solution". The Implementation of Mass Murder, Vol. 2. Meckler, Westport 1989, S. 514; Christian Hartmann: Verbrecherischer Krieg – Verbrecherische Wehrmacht? Überlegungen zur Struktur des deutschen Ostheeres. In: Christian Hartmann, Johannes Hürter, Peter Lieb, Dieter Pohl: Der deutsche Krieg im Osten 1941–1944. Facetten einer Grenzüberschreitung. Oldenbourg, München 2009, S. 53; Dieter Pohl: Schauplatz Ukraine. Der Massenmord an den Juden im Militärverwaltungsgebiet und im Reichskommissariat 1941–1943. In: Christian Hartmann, Johannes Hürter, Peter Lieb, Dieter Pohl: Der deutsche Krieg im Osten 1941–1944. Facetten einer Grenzüberschreitung. Oldenbourg, München 2009, S. 172.
  4. a b c Georg Tessin: Die Landstreitkräfte 31–70. In: Verbände und Truppen der deutschen Wehrmacht und Waffen-SS im Zweiten Weltkrieg 1939–1945. Fünfter Band. Verlag Mittler & Sohn, Frankfurt am Main 1965, S. 247.
  5. Georg Tessin: Die Landstreitkräfte 31–70. In: Verbände und Truppen der deutschen Wehrmacht und Waffen-SS im Zweiten Weltkrieg 1939–1945. Fünfter Band. Verlag Mittler & Sohn, Frankfurt am Main 1965, S. 246 f.

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National- und Handelsflagge des Deutschen Reiches von 1935 bis 1945, zugleich Gösch der Kriegsschiffe.
Das Hakenkreuz ist im Vergleich zur Parteiflagge der NSDAP um 1/20 zum Mast hin versetzt.
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