Öffnungsrecht

Als Öffnungsrecht wurde im Mittelalter das Recht eines Lehnsherrn, genauer gesagt eines Territorial- oder Schutzherrn bezeichnet, das ihm im Kriegs- oder Fehdefall die unentgeltliche Nutzung eines befestigten Hauses (Festes Haus) oder sogar einer Stadt erlaubte, um auf diese Art einen militärischen Stützpunkt zu errichten.

Der Öffnungsgeber räumte somit dem Öffnungsnehmer ein Betretungs- und militärisches Mitbenutzungsrecht an seinem Besitz ein, bei dem es sich mehrheitlich um Burgen, Schlösser und befestigte Rittergüter handelte. Solche Anlagen wurden dann als Offenhaus bezeichnet.

Ursprünglich nur dem König zustehend, ging das Recht zur Öffnung im Laufe des Mittelalters im westlichen Europa auch auf Herzöge und Lehnsherren über. Im Falle von Lehensvergaben war das Öffnungsrecht des Lehnsherrn meist inbegriffen. Bei Allodialen wurde es häufig gegen eine vertraglich vereinbarte Summe verkauft, oder sein Eigentümer erhielt als Gegenleistung Schutz und Hilfe durch den Öffnungsnehmer.

Auch viele Reichsstädte regelten durch Öffnungsverträge die Möglichkeit, feste Häuser auf eigenem Territorium oder im städtischen Umfeld im Konfliktfall durch ihre Truppen nutzen zu können. Der Öffnungsgeber erhielt als Gegenwert oft das städtische Bürgerrecht. Häufig musste aber das Öffnungsrecht auch nach einer militärischen Niederlage dem Sieger als „Bußleistung“ eingeräumt werden.

Neben der militärstrategischen Bedeutung gestattete das Öffnungsrecht dem Öffnungsnehmer, jederzeit das Offenhaus zu nutzen, dort auf Kosten des Inhabers zu wohnen, solange es ihm nötig erschien, nach freiem Ermessen hinein- und hinauszugehen und während dieser Zeit die Herrschaft über die dazugehörigen Besitzungen auszuüben. Offenhäuser wurden somit zugleich Versorgungsstützpunkte und Herbergen des entsprechenden Landes- oder Lehnsherrn.

Literatur

  • Carl August Lückerath: Rezension zu: Christoph Bachmann, Öffnungsrecht und herzogliche Burgenpolitik in Bayern im späten Mittelalter bei: Burgen und Schlösser - Zeitschrift für Burgenforschung und Denkmalpflege Bd. 39 Nr. 2 (1998)
  • Christoph Bachmann: Öffnungsrecht und herzogliche Burgenpolitik in Bayern im späten Mittelalter. C.H. Beck, München 1997, ISBN 3-406-10687-0.
  • Thomas Brückner: Lehnsauftragung (Inaugural-Dissertation zum Thema Lehnsauftragung mit Erörterung des Öffnungsrechts (PDF; 2,4 MB) Würzburg 2002)
  • Jens Friedhoff: Öffnungsrecht. In: Horst Wolfgang Böhme, Reinhard Friedrich, Barbara Schock-Werner (Hrsg.): Wörterbuch der Burgen, Schlösser und Festungen. Reclam, Stuttgart 2004, ISBN 3-15-010547-1, S. 193, doi:10.11588/arthistoricum.535.
  • Christoph Bachmann: Öffnungsrecht. In: Historisches Lexikon Bayerns. 8. Dezember 2011, abgerufen am 2. August 2022.
  • Hans K. Schulze: Grundstrukturen der Verfassung im Mittelalter. Band II. In: Grundstrukturen der Verfassung im Mittelalter. 4 Bände, 3., verbesserte Auflage, Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart / Berlin / Köln 2000, ISBN 3-17-016393-0, III. Burg, Pfalz und Königshof. 3. Rechts- und verfassungsgeschichtliche Elemente. f) Das Öffnungsrecht, S. 118–119.
  • Christoph Bachmann: Das Öffnungsrecht. Ius aperturae. In: Deutsche Burgenvereinigung (Hrsg.): Burgen in Mitteleuropa. Band 2. Theiss, Stuttgart 1999, ISBN 3-8062-1355-0, S. 33–38.
  • Volker Rödel: Burg und Recht – Ein Bereich vielfältiger Gestaltungs- und Wirkungsmöglichkeiten. In: G. Ulrich Großmann, Hans Ottomeyer (Hrsg.): Die Burg. Wissenschaftlicher Begleitband zu den Ausstellungen „Burg und Herrschaft“ Deutsches Historisches Museum Berlin und „Mythos Burg“ Germanisches Nationalmuseum Nürnberg. Sandstein Verlag, Dresden 2010, ISBN 978-3-940319-96-8, Burg und Burgöffnung im Lehenrecht, S. 66–67.
  • Friedrich Hillebrand: Das Öffnungsrecht bei Burgen, seine Anfänge und seine Entwicklung in den Territorien des 13.-16. Jahrhunderts unter besonderer Berücksichtigung Württembergs. Diss. phil. Tübingen 1967.