Wolfgang Pietzsch

VerbandDeutschland Demokratische Republik 1949 Deutsche Demokratische Republik
Deutschland Deutschland
Geboren21. Dezember 1930
Wittgendorf (Zittau)
Gestorben29. Dezember 1995
TitelInternationaler Meister (1961)
Großmeister (1966)
Beste Elo‑Zahl2611 (Mai 1966, historische Elo-Zahl)
Wolfgang Pietzsch (ganz links) mit der SG Leipzig (1968)

Wolfgang Walther Pietzsch (* 21. Dezember 1930 in Wittgendorf bei Zittau; † 29. Dezember 1995[1]) war ein deutscher Großmeister im Schach. In den 1950er und 1960er Jahren war er einer der stärksten Meister der DDR.

Leben

Wolfgang Pietzsch erlernte das Schachspiel von seinem Vater und trat in den Oberschuljahren einer Zittauer Schachsektion bei.

Nach dem Abitur studierte er in Leipzig Mathematik und Physik. Von 1955 bis 1961 arbeitete er als Lehrer an der Dr.-Wilhelm-Külz-Schule in Grimma (heute Gymnasium St. Augustin),[2] danach in Taucha und später als Lehrer in der Berufs- sowie Abiturausbildung (BmA) an der Betriebsberufsschule des VEB Galvanotechnik Leipzig und während seiner letzten Berufsjahre auch als Dozent an einer Leipziger Fachhochschule.

Pietzsch war Vater einer Tochter und eines Sohnes.

Schachsport

Als 18-Jähriger wurde Pietzsch erstmals 1949 in Bad Klosterlausnitz Meister der Sowjetischen Besatzungszone[3] und teilte sich wenig später beim Turnier in Großröhrsdorf den ersten Platz mit Lothar Schmid, dem Meister der Sowjetischen Besatzungszone von 1947. 1950 in Sömmerda bei der ersten DDR-Meisterschaft wurde er Zweiter hinter Rudolf Elstner.[4] Ebenfalls Zweiter war er 1951 in Schwerin hinter Georg Stein.[5]

Während seiner Studienzeit spielte er für Einheit Ost Leipzig, später SC Rotation Leipzig. Pietzsch gewann die Mannschaftsmeisterschaft der DDR 1951, 1952, 1953, 1968 und 1970. Nach Gründung der DDR gewann er dreimal die DDR-Meisterschaft, nämlich 1959[6] in Leipzig, 1962 in Gera und 1967 in Colditz. Pietzsch vertrat die DDR bei den Schacholympiaden 1952 in Helsinki, 1958 in München, 1960 in Leipzig, 1962 in Warna, 1966 in Havanna und 1968 in Lugano.[7] Bei diesen Turnieren besiegte er unter anderem Lodewijk Prins, Heinz Lehmann, Harry Golombek und Larry Evans.

Seine schachliche Entwicklung wurde durch die Bildung eines Leistungszentrums in Leipzig begünstigt. 1961 wurde er Internationaler Meister.[8] 1965 krönte er seine Karriere beim Interschachturnier in Leipzig vor Liberson und Kavalek. Auf dem FIDE-Kongress 1966 in Havanna wurde ihm als zweitem DDR-Spieler nach Wolfgang Uhlmann der Titel eines Großmeisters verliehen.[9]

Ende der 1960er Jahre zog sich Pietzsch vom Leistungssport zurück, nicht zuletzt deshalb, weil der Schachsport Anfang der 1970er Jahre in der DDR mehr und mehr benachteiligt wurde. Er spielte jedoch noch bis in die 1980er Jahre beim Verein Verkehrsbetriebe Leipzig. Pietzsch betätigte sich außerdem gern in Breitenschachveranstaltungen (Simultanveranstaltungen) und als Löser und Prüfer von Schachkompositionen.

In der Elo-Liste war er von der Einführung der Elo-Zahlen im Juli 1971 bis zu seinem Tod mit einer Wertung von 2420 vertreten.[10] Seine beste historische Elo-Zahl vor Einführung der Elo-Zahlen war 2611. Diese erreichte er im Mai 1966.[11]

Spielergebnisse
JahrOrtTurnier+=ErgebnisPlatz
1949Bad Klosterlausnitz4. Meisterschaft der Sowjetischen Besatzungszone172218 aus 211.
1952HelsinkiX. Schacholympiade5648 aus 15
1958MünchenXIII. Schacholympiade3334½ aus 9
1959[6]Leipzig10. Meisterschaft der DDR76010 aus 131.
1960MadridZonenturnier6548½ aus 158.
LeipzigXIV. Schacholympiade5919½ aus 15
1962Gera12. Meisterschaft der DDR87111½ aus 161.
KecskemétInternationales Turnier4838 aus 157.–8.
WarnaXV. Schacholympiade3847 aus 15
1965TiflisInternationales Turnier76410 aus 174.–5.
LeipzigInternationales Turnier69010½ aus 151.
1966SarajevoInternationales Turnier7449 aus 155.–6.
HavannaXVII. Schacholympiade4838 aus 15
1967Colditz16. Meisterschaft der DDR89012½ aus 171.
1968LuganoXVIII. Schacholympiade4546½ aus 13

Einzelnachweise

  1. PROTOKOLL des Ordentlichen Bundeskongresses des Deutschen Schachbundes am 18. Mai 1996 in Bad Segeberg. (PDF) In: schachbund.de. Deutscher Schachbund, 22. Mai 1996, abgerufen am 28. April 2022.
  2. Roland Bloi: Großmeister unterrichtet Mathematik. In: Leipziger-Volkszeitung, Muldentaler Kreiszeitung, 18. Oktober 2010, S. 22.
  3. Meisterschaft der Sowjetischen Besatzungszone 1949 auf TeleSchach
  4. 1. DDR-Meisterschaft, Sömmerda 1950 Tabelle und sämtliche Partien auf 365Chess (englisch)
  5. 2. DDR-Meisterschaft, Schwerin 1951 Tabelle und sämtliche Partien auf 365Chess (englisch)
  6. a b Die Meisterschaft fand vom 28. Dezember 1959 bis zum 12. Januar 1960 in Leipzig statt, brachte jedoch noch keine Entscheidung. Diese fiel erst Anfang März 1960 in Potsdam durch einen Sieg im Stichkampf gegen Werner Golz. Pietzsch erhielt trotzdem den Titel eines Meisters von 1959.
  7. Wolfgang Pietzschs Ergebnisse bei Schacholympiaden auf olimpbase.org
  8. Willy Iclicki: FIDE Golden book 1924–2002. Euroadria, Slovenia, 2002, S. 89 (Titel 1961)
  9. Willy Iclicki: FIDE Golden book 1924–2002. Euroadria, Slovenia, 2002, S. 75 (Titel 1965)
  10. Elo-Historie bei olimpbase.org (englisch)
  11. Wolfgang Pietzschs historische Elo-Zahlen auf chessmetrics.com (englisch)

Werke

  • Paul Keres: Theorie der Schacheröffnungen, Teil 3. Prantsuse avang. Übersetzt aus dem Estnischen von Leo Leuthold und bearbeitet von Wolfgang Pietzsch. Sportverlag, Berlin 1958.

Literatur

  • Peter Bald: Wolfgang Pietzsch – ein Wahlleipziger an der sächsischen Spitze. In: Sächsische Schachgeschichte – ein Überblick. Publikation des sächsischen Schachverbandes zum 125. Jahrestag der Gründung des DSB. Selbstverlag, Chemnitz, Leipzig, Dresden 2002.

Weblinks

Commons: Wolfgang Pietzsch – Sammlung von Bildern

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SG Leipzig in Novosibirsk 1968.jpg
Autor/Urheber: Heinz Rätsch, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Die Mannschaft der Schachgemeinschaft Leipzig, die 1968 nach Nowosibirsk eingeladen wurde, zwei Mannschaftkämpfe in der Wissenschaftlerstadt Akademgorodok, einem Stadtteil von Novosibirsk, austrugen und die Stadt besichtigen durften. Von links nach rechts: Wolfgang Pietzsch, Günter Heinsohn, Manfred Schöneberg, Gottfried Braun, Detlev Neukirch, Helge Kildal, Ullrich Brümmer, Arthur Hennings, Manfred Müller, Lothar Vogt, Horst Broberg und Manfred Böhnisch. Das Hintergrundgebäude (Oper von Nowosibirsk) zeigt den Kopf von Lenin und oben den Spruch Es lebe die große und unverbrüchliche Einheit von Partei und Volk.