Willy Frank (Zahnmediziner)

Willy Frank (* 9. Februar 1903 in Regensburg; † 9. Juni 1989 in München) war ein deutscher Ingenieur und Zahnarzt. Als Nationalsozialist und SS-Mitglied war er im KZ Auschwitz an der Selektion von über 6000 Häftlingen beteiligt. Dafür wurde er zu sieben Jahren Zuchthaus verurteilt.

Leben

Frank bestand nach einer geregelten Schullaufbahn 1923 das Abitur. Er studierte anschließend an der Technischen Hochschule München Ingenieurwesen. Er wurde 1923 im Corps Ratisbonia aktiv und bewährte sich als Consenior.[1] 1927 bestand er die Prüfung zum Diplom-Ingenieur. Nachdem er vier Jahre in seinem erlernten Beruf tätig gewesen war, orientierte er sich um. In München studierte er von 1931 bis 1933 erfolgreich Zahnmedizin. Nach der Assistentenzeit eröffnete er 1935 in Stuttgart-Bad Cannstatt eine Zahnarztpraxis. Im Jahr 1936 wurde er in München zum Dr. med. dent. promoviert.[2]

Nationalsozialist

Seit 1920 im Freikorps Epp, beteiligte sich Frank an der Niederschlagung des Ruhraufstands. Schon 1922 trat er als Gründungsmitglied der Ortsgruppe Regensburg in die NSDAP ein. 1923 nahm er am Hitlerputsch in München teil. Der neu gegründeten NSDAP trat Frank zum 1. Mai 1933 erneut bei (Mitgliedsnummer 2.942.877),[3] er wurde 1933 auch Mitglied des NSKK und 1936 der SS (SS-Nummer 289.643). Zudem leistete er auf freiwilliger Basis, neben der Arbeit in seiner Zahnarztpraxis, als Zahnarzt in der Funktion eines SS-Oberabschnittsarztes in Stuttgart zahnärztliche Dienste für die SS. Er trug als altgedientes Parteimitglied den Ehrenwinkel der Alten Kämpfer und meldete sich 1940 freiwillig zur Waffen-SS. Bei der SS-Division „Germania“ ausgebildet, kämpfte er bis zum Januar 1942 mit der SS-Division „Wiking“ an der Ostfront. Danach war er in Lazaretten der SS in Dachau, Minsk und Wewelsburg tätig.

Er war ab Februar 1943 zweiter Zahnarzt im KZ Auschwitz und stieg bereits Mitte Juli 1943 als Nachfolger von Karl-Heinz Teuber zum Leitenden Zahnarzt des Konzentrationslagers auf. Er war an der Selektion von mehr als 6000 Häftlingen beteiligt. Von August bis November 1944 war er Leitender Zahnarzt im KZ Dachau. Er wurde 1944 zum SS-Hauptsturmführer befördert.

Nach Kriegsende

Nachdem er in den letzten Kriegsmonaten noch als Angehöriger der SS-Division Totenkopf in Ungarn eingesetzt war, wahrscheinlich als Truppen-Zahnarzt, geriet er nach Kriegsende in amerikanische Kriegsgefangenschaft, aus der er im Januar 1947 entlassen wurde. Anschließend wurde er im Rahmen der Entnazifizierung von der Spruchkammer in München als „Mitläufer“ eingestuft und arbeitete danach wieder als Zahnarzt in seiner Stuttgarter Zahnarztpraxis. Er wurde im 1. Auschwitzprozess durch das Schwurgericht Frankfurt am Main 1965 wegen gemeinschaftlicher Beihilfe zum gemeinschaftlichen Mord zu sieben Jahren Zuchthaus verurteilt. Ihm wurde die Selektion von über 6000 Häftlingen für die Gaskammer zur Last gelegt. Frank verzichtete 1969, nachdem bereits 1961 von der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg ein berufsgerichtliches Verfahren angedacht war, auf seine zahnärztliche Approbation. Sein Sohn löste die Praxis auf, die er während dessen Abwesenheit weitergeführt hatte. Nach seiner Entlassung aus der Strafhaft im Jahr 1970 arbeitete er als Pharmavertreter.[4]

Literatur

  • Ernst Klee: Auschwitz. Täter, Gehilfen, Opfer und was aus ihnen wurde. Ein Personenlexikon. S. Fischer, Frankfurt am Main 2013, ISBN 978-3-10-039333-3.
  • Werner Renz: Dr. Willy Frank: Zahnarzt in Auschwitz. In: Wolfgang Proske (Hrsg.): Täter Helfer Trittbrettfahrer. NS-Belastete aus Baden-Württemberg, Band 10: NS-Belastete aus der Region Stuttgart. Gerstetten : Kugelberg, 2019, ISBN 978-3-945893-11-1, S. 139–150
  • Zusammenfassung von Barbara Hubers Dissertation (PDF) In: Zahnärztliche Mitteilungen. Band 99, Nr. 17, 1. September 2009, S. 122–128
  • Hermann Langbein: Menschen in Auschwitz. Ullstein, Frankfurt am Main / Berlin / Wien 1980, ISBN 3-548-33014-2.
  • Barbara Huber, Der Regensburger SS-Zahnarzt Dr. Willy Frank. Regensburg, Univ., Diss., Verlag Königshausen & Neumann, Würzburg 2009, ISBN 978-3-8260-4151-8
  • Andrzej Strzelecki, Die Verwertung der Leichen der Opfer. In: Wacław Długoborski u. Piper (Hrsg.): Auschwitz 1940–1945. Studien zur Geschichte des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz. Metropol Verlag, Berlin 1999, ISBN 83-85047-76-X[5]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Kösener Corpslisten 1960, 112, 326
  2. Dissertation: Überempfindlichkeitsreaktion der Mundschleimhaut gegen Medikamente.
  3. Bundesarchiv R 9361-III/524708
  4. Zusammenfassung von Barbara Hubers Dissertation (Memento vom 3. März 2016 im Internet Archive) (PDF) In: Zahnärztliche Mitteilungen. Band 99, Nr. 17, 1. September 2009, S. 122–128
  5. Hinweis bei Perlentaucher: Auschwitz 1940–1945.