William Bradford Shockley

William B. Shockley, 1975

William Bradford Shockley (* 13. Februar 1910 in London; † 12. August 1989 in Stanford) war ein US-amerikanischer Physiker. 1956 wurde ihm der Nobelpreis für Physik zuerkannt. Seine späteren Werke zur Genetik werden als rassistisch eingeordnet.[1][2]

Leben

William Shockley wurde am 13. Februar 1910 als Sohn des Bergingenieurs William Hillman Shockley und seiner Frau Mary, geb. Bradford, in London geboren. Nachdem die Familie 1913 wieder in die Vereinigten Staaten übergesiedelt war, machte er seine Ausbildung in Kalifornien und erhielt 1932 seinen Bachelor of Science (B.S.) vom California Institute of Technology (Caltech). Er promovierte 1936 bei John C. Slater am Massachusetts Institute of Technology (MIT) über die Struktur der Energiebänder in Natriumchlorid. Danach ging er zu den Bell Telephone Laboratories, wo er bis auf kurze Unterbrechungen bis 1955 arbeitete, z. B. in der Gruppe von Clinton Davisson. Zu Zeiten des Zweiten Weltkrieges arbeitete er an Radarsystemen und auch als Leiter der „Anti-Submarine Warfare Operations Group“. Er war beteiligt an der Erstellung eines Berichtes zu den Erfolgsaussichten des Krieges, der maßgeblich zum Einsatz der Atombomben in Japan beigetragen haben soll.[3] Ab 1945 leitete er dort die Halbleitergruppe mit dem Chemiker Stanley Morgan. Zu den Mitgliedern zählten John Bardeen, Walter Brattain, der Physiker Gerald Pearson, der Chemiker Robert Gibney und der Elektronik-Experte Hilbert Moore. Er war 1946 Gastprofessor an der Princeton University und 1954 am California Institute of Technology. 1954/55 war er für ein Jahr stellvertretender Direktor der Weapon Systems Evaluation Group des US-Verteidigungsministeriums.

Nach der Scheidung von Jean, geb. Bailey 1954, mit der er drei Kinder hatte, heiratete er Emmy Lanning. 1955 gründete er das Shockley Semiconductor Laboratory, eine neue Abteilung von Beckman Instruments, in Mountain View (Kalifornien), um dort den neuen Transistor und weitere Halbleiterbauelemente weiterzuentwickeln und zu produzieren. Seine Firma zog hervorragende Wissenschaftler und Ingenieure an, die aber auch in Konflikt mit dem oft schwierigen Shockley gerieten, so dass es 1957 zum Weggang führender Wissenschaftler (Traitorous Eight) kam, die Fairchild Semiconductor gründeten.

Shockley war ab 1951 Mitglied des wissenschaftlichen Beraterstabes der US Army und ab 1958 der US Air Force. Er wurde 1962 in den wissenschaftlichen Beraterstab des US-Präsidenten berufen und 1963 zum Alexander M. Poniatoff Professor für Ingenieurwissenschaften an der Stanford University ernannt.

1989 starb er vereinsamt an Prostatakrebs.[3][4]

Werk

Shockley beschäftigte sich mit den Energiebändern von Festkörpern, mit Legierungen, der Theorie der Vakuumröhren, mit Theorien über Versetzungen und Korngrenzen, mit ferromagnetischen Domänen und Photoelektronen in Silberchlorid. Nach der Entwicklung des Transistors (kurz vor Weihnachten 1947) beschäftigte er sich mit den verschiedenen Aspekten der Transistorphysik. Daneben betrieb er Operations Research über den Einfluss des Gehaltes auf die individuelle Produktivität in Forschungslaboratorien.[5]

Seit 1951 war Shockley Mitglied der National Academy of Sciences.[6] 1953 wurde er in die American Academy of Arts and Sciences gewählt.[7]

Shockley wurde 1956 zusammen mit Walter H. Brattain und John Bardeen mit dem Nobelpreis für Physik „für ihre Untersuchungen über Halbleiter und ihre Entdeckung des Transistoreffekts“ ausgezeichnet. Die Shockley-Gleichung, welche die Strom-Spannungs-Kennlinie von Halbleiterdioden beschreibt, ist nach ihm benannt.

Beschäftigung mit Psychologie und Genetik

Nach 1963 widmete sich Shockley, obwohl er keine Ausbildung im Fach Psychologie genossen hatte, der Erforschung von Zusammenhängen zwischen Rasse und Intelligenz sowie Themen aus dem Bereich Eugenik. Finanziell unterstützt wurde er dabei mit mindestens 189.000 Dollar[8] vom Pioneer Fund, der sich unter anderem die Förderung der Forschung über Vererbung und Eugenik zur Aufgabe gemacht hat.

Shockley sah in der größeren Kinderzahl der Personen mit einem geringeren Bildungsabschluss eine Bedrohung für die Zukunft der USA. So machte er darauf aufmerksam, dass nach der amerikanischen Volkszählung von 1970 unqualifizierte Weiße durchschnittlich 3,7 Kinder hatten, qualifizierte Weiße hingegen nur 2,3. Unter der schwarzen Bevölkerung war das Verhältnis durchschnittlich 5,4 zu 1,9 Kinder. Da er Intelligenz als erblich betrachtete, vermutete Shockley, die Gesamtbevölkerung könnte im Durchschnitt an Intelligenz verlieren. Außerdem seien, laut Shockley, Nicht-Weiße genetisch bedingt weniger intelligent als Weiße, es gebe aber heute ein mangelndes Bestreben, das (so Shockley) „negro problem“ anzutasten.[9] Daher sagte er eine Minderung der Überlebensfähigkeit der USA im Verhältnis zu anderen Nationen voraus, was er mit dem Begriff Dysgenik benannte. Er forderte die Subvention von Sterilisationen für Menschen mit einem niedrigeren IQ als 100 und die verstärkte Fortpflanzung Intelligenter.[10] Seine Thesen wurden von anderen Forschern, z. B. Joshua Lederberg,[1] als fehlerhaft, pseudowissenschaftlich und rassistisch[11] kritisiert. In den 1980er Jahren spendete Shockley, mit der Begründung seine überlegenen Gene zu verbreiten, sein Sperma an ein Samenbankunternehmen.[12]

Auszeichnungen

Schriften (Auswahl)

  • Electrons and holes in semiconductors, with applications to transistor electronics. Krieger, 1956, ISBN 0-88275-382-7
  • Mechanics. Merrill, 1966

Literatur

  • Alfred Kirpal: William Bradford Shockley (geb. 1910). Anfänge der Halbleiterelektronik. In: Gisela Buchheim / Rolf Sonnemann (Hrsg.): Lebensbilder von Ingenieurwissenschaftlern: eine Sammlung von Biographien aus zwei Jahrhunderten. Birkhäuser, Berlin 1989, ISBN 3-7643-2249-7, S. 193–202.
  • Joel N. Shurkin: Broken Genius. The Rise and Fall of William Shockley, Creator of the Electronic Age. MacMillan, 2006, ISBN 978-0-230-55192-3.
  • Roger Pearson (Hrsg.): Shockley on Eugenics and Race. The Application of Science to the Solution of Human Problems. Scott-Townsend, 1992, ISBN 1-878465-03-1. (Sammelband mit Shockleys Schriften über Vererbung, Eugenik und Dysgenik).

Weblinks

Commons: William Shockley – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Joel N. Shurkin: Broken Genius. The Rise and Fall of William Shockley, Creator of the Electronic Age. S. 203.
  2. H. Holden Thorp: Shockley was a racist and eugenicist. In: Science. Band 378, Nr. 6621, 18. November 2022, ISSN 0036-8075, S. 683–683, doi:10.1126/science.adf8117.
  3. a b heise online: Der Mann, der das Silizium ins Silicon Valley brachte: William Shockley zum 100. Abgerufen am 8. September 2020.
  4. Wolfgang Saxon: William B. Shockley, 79, Creator of Transistor and Theory on Race In: New York Times, 14. August 1989. Abgerufen am 19. August 2011. 
  5. William Shockley: On the Statistics of Individual Variation of Productivity in Research Laboratories. In: Proceedings of the Institute of Radio Engineers, Band 45, Nr. 3, 1957, S. 279–290, doi:10.1109/JRPROC.1957.278364
  6. Member Directory: W. Shockley. National Academy of Sciences, abgerufen am 5. Dezember 2015 (englisch, Biographical Memoir von John L. Moll).
  7. Members of the American Academy. Listed by election year, 1950–1999 ([1]). Abgerufen am 23. September 2015
  8. Claus-Peter Sesin: Sarrazins dubiose US-Quellen. In: Michael Haller, Martin Niggeschmidt (Hrsg.): Der Mythos vom Niedergang der Intelligenz. Von Galton zu Sarrazin: Die Denkmuster und Denkfehler der Eugenik. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2012, ISBN 978-3-531-94341-1, S. 33.
  9. Joel N. Shurkin: Broken Genius. The Rise and Fall of William Shockley, Creator of the Electronic Age. S. 214.
  10. William Shockley, Roger Pearson: Shockley on Eugenics and Race: The Application of Science to the Solution of Human Problems. Scott-Townsend Publishers, 1992, ISBN 1-878465-03-1.
  11. Epps, Edgar G: Racism, Science, and the I.Q. In: Integrated Education. Band 11, Nr. 1, Januar 1973, S. 35–44 (ed.gov).
  12. Polly Morrice: The Genius Factory: Test-Tube Superbabies. In: The New York Times. 3. Juli 2005, abgerufen am 19. August 2011.

Auf dieser Seite verwendete Medien

William Shockley, Stanford University.jpg
Autor/Urheber: Chuck Painter / Stanford News Service, Lizenz: CC BY 3.0
William Shockley, Nobel Prize in physics