Weltreligion

Die Welt: vorherrschende Religionen nach Staaten

Bei der Bezeichnung Weltreligion handelt es sich um einen Begriff, der vielfältige Religionen in ein grobes Raster einordnet, die sich beispielsweise durch die hohe Anzahl ihrer Anhänger, die überregionale Verbreitung und/oder ihren universalen Anspruch auszeichnen.

Theologische Reflexion und metaphysische Spekulation gehören zum Wesen einer Weltreligion. Bei den meisten Weltreligionen haben sich im Laufe der Zeit religiöse Institutionen herausgebildet. Zu der Frage, wie viele Anhänger eine Religion haben muss, um als Weltreligion zu gelten, gibt es keinen Konsens. Verschiedentlich wird auch das Alter einer Religion als Kriterium genannt. Demnach werden im 20./21. Jahrhundert entstandene Religionen als „neue religiöse Bewegungen“ bezeichnet. Eine klare Definition ist schwer zu leisten. Daher sind Auflistungen der Weltreligionen stets einer gewissen Willkür unterworfen. In der Religionswissenschaft wird die Anwendung des Begriffes vermieden, um Definitionsproblemen zu entgehen.

Die folgenden fünf existierenden Religionen werden im deutschen Sprachraum im Allgemeinen als Weltreligionen bezeichnet:

Staaten mit vorherrschend abrahamitischen (rosa) oder dharmischen (gelb) Religionen

Die Weltreligionen lassen sich nach Verwandtschaft unterteilen in:

Verbreitung

Weltweite prozentuale Anteile der Religionen nach Anhängern 2015[1]

  • Christentum (31.2%)
  • Islam (24.1%)
  • Konfessionslosigkeit (16%)
  • Hinduismus (15.1%)
  • Buddhismus (6.9%)
  • Ethnische Religionen (5.7%)
  • Sonstige (0.5%)
  • Sikhismus (0.3%)
  • Judentum (0.2%)
  • Verbreitung der Weltreligionen bis zum Beginn der Neuzeit um 1500:
     Kerngebiet der Weltreligionen im Laufe des Mittelalters
    Maximale Ausdehnung der Einflussbereiche der einzelnen Religionen um 1500:
    IslamChristentum
    HinduismusBuddhismus
    Daoismus/KonfuzianismusJudentum

    Die fünf Weltreligionen sind nicht die fünf häufigsten Religionen. Mehr Anhänger als das Judentum haben Shinto, Daoismus, Voodoo und Sikhismus. Ein bedeutender Teil der Weltbevölkerung ist zudem Anhänger gar keiner Religion.

    Anhänger in Milliarden
    2015[2]2010[3]2005[4]
    Christentum2,32,32,1
    Islam1,81,61,3
    Hinduismus1,20,940,85
    Buddhismus0,50,460,375
    Judentum0,010,0150,015

    Anm.: Die Zahlen von 2015 stammen aus einer anderen Quelle und fallen daher vergleichsweise niedrig aus.

    Ursachen

    Der jüdische Glaube hat ein universelles Selbstverständnis und eine große kulturprägende Bedeutung, da Christentum und Islam ihm entstammen. Trotzdem fällt das Judentum zahlenmäßig stark von den anderen hier genannten Weltreligionen ab. Während Christentum und Islam aktive Missionierung betreiben, findet dies im Judentum aus verschiedenen religions- und kulturgeschichtlichen Gründen nicht statt. Auch im Buddhismus und Hinduismus gibt es keine aktive Missionierung. Eine Konversion zu diesen Religionen ist dennoch möglich. Die religiöse Institutionalisierung ist in Hinduismus und Buddhismus zudem nur relativ wenig ausgeprägt. Außerdem werden in Islam und Christentum pro Frau die meisten Kinder geboren.[2]

    Universalreligionen

    Eine ganz enge Auffassung des Begriffes Weltreligion würde nur den Buddhismus, das Christentum und den Islam umfassen, die bisweilen als Universalreligionen bezeichnet werden:[5] Ihr universeller Geltungsanspruch war bereits bei Gründung der Religion präsent, eine weltweite Verbreitung liegt vor, die Anzahl der Anhänger ist sehr hoch und die Religion ist bereits sehr alt.

    Aufgrund dieses Anspruchs kann jeder Interessierte einer Universalreligion beitreten. Da keine Verbindung mit Verwandtschaftsstrukturen vorliegt, ist keine Zugehörigkeit zu einem bestimmten Stamm, Klan oder Volk erforderlich. Die wesentlichen Inhalte dieser Religion sind kanonisiert und liegen als Heilige Schrift vor (siehe auch: Buchreligion).

    Volksreligionen

    Die beiden Weltreligionen Hinduismus und Judentum werden manchmal auch (große) Volksreligionen genannt. Weitere große Volksreligionen sind beispielsweise der Daoismus bzw. chinesischer Universalismus und Shintoismus. Die Volksreligionen werden auch den ethnischen Religionen zugerechnet,[6] obwohl dieser Begriff zumeist nur für die kleinen lokalen Religionen indigener und traditioneller Gesellschaften verwendet wird. Sie alle sind sehr stark an ein bestimmtes Volk und seine Kultur gebunden. Die Gläubigen werden in diese Religionen hineingeboren; in aller Regel kann man ihnen nicht nachträglich beitreten, und es besteht kein missionierender Anspruch.[5]

    Erweitertes Begriffsschema

    • Daoismus (Zahl der Anhänger in fünf Staaten schwer erfassbar, da meist mit anderen Religionen vermischt; etwa 8 Mio. in Taiwan, je nach Schätzung bis zu 60 Mio. in der Volksrepublik China; die Encyclopædia Britannica gibt nur knapp 3 Mio. an)
    • Bahaitum (etwa 7 Mio. Anhänger, weltweite Verbreitung)
    • Konfuzianismus (etwa 6 Mio. Anhänger)

    Viele Wissenschaftler zählen aufgrund seiner großen Bedeutung in China und Korea auch den Daoismus zu den Weltreligionen. Die Einordnung des Konfuzianismus ist insofern umstritten, als der religiöse Konfuzianismus nicht sehr viele Anhänger aufweist. Es wird auch darauf hingewiesen, dass das westliche Verständnis von Religion beim Konfuzianismus (der primär eine Sittenlehre ist) ohnehin nicht greift. Vereinzelt wird als weitere Universalreligion jene der Bahai aufgeführt (jedoch nur von Autoren, die nicht alle Religionen, die nach dem Sikhismus entstanden sind, grundsätzlich als „Neue religiöse Bewegungen“ klassifizieren). Ohne Zweifel handelt es sich bei den Bahai um eine Religion mit universellem Anspruch, religiösen Institutionen, Heiliger Schrift etc. Lediglich die geringe Anhängerschaft spricht gegen ein Hinzurechnen zu den Weltreligionen. Beim Sikhismus wird der universelle Anspruch in Zweifel gezogen.

    Dies zeigt, dass der Begriff „Weltreligion“ nicht sehr trennscharf ist und unterschiedlich angewandt wird. In der Religionswissenschaft wird der Begriff Weltreligion aus diesem Grunde immer mehr ersetzt durch Religionen der Welt. Dieser orientiert sich primär an der Anzahl der Anhänger und schließt schriftlose Religionen nicht aus.

    Forschungsgeschichte

    Die Religionskarte von 1881 aus Andrees Handatlas unterschlägt das Judentum und fasst alle, die keine Brahmagläubigen (Hindus), Buddhisten, Mohammedaner oder Christen sind, als Heiden zusammen.

    Der Soziologe Max Weber definiert 1915 fünf Weltreligionen: die konfuzianische, hinduistische, buddhistische, christliche und islamische Ethik. Als sechste Religion komme das Judentum mit hinzu, weil es für das Verständnis der beiden letzten Religionen wichtig sei. Auf den Daoismus geht er ein, jedoch bezeichnet er ihn als Heterodoxie (Andersglaube, Häresie) zum Konfuzianismus.

    Einen wesentlichen Beitrag lieferte der Religionswissenschaftler Gustav Mensching (1901–1978), der 1938 betont, dass in der Frühgeschichte des Menschen die Volksreligionen, die sich auf Familie, Sippe, Stamm oder Volk begrenzen, vorherrschend waren. Erst wenn sie den „Menschen schlechthin und nicht den bestimmten Volksgenossen“ ansprechen, werden sie zur Universal- oder Weltreligion. Universalreligionen würden den Einzelnen in einer „generellen und existentiellen Unheilssituation“ sehen, aus der er befreit bzw. erlöst werden möchte. Im Gegensatz zu den kollektiv orientierten Frühzeitreligionen seien die Weltreligionen stärker auf das Individuum ausgerichtet. Für Mensching haben fünf Religionen diesen Status erreicht: Judentum, Christentum, Islam, Hinduismus und Buddhismus.

    Der Indologe Helmuth von Glasenapp geht 1963 von acht „ethischen Hochreligionen“ (Hinduismus, Jainismus, Buddhismus, chinesischer Universismus, Parsismus, Judentum, Christentum und Islam) aus, von denen er fünf als Weltreligion beschreibt (Hinduismus, Buddhismus, den chinesischen Universismus, Christentum und Islam), da sie „zusammen neun Zehntel der religiösen Menschheit ausmachen“. Den Sikhismus betrachtet er als hinduistische Reformsekte. Unter dem Begriff „chinesischer Universismus“ fasst er Konfuzianismus und Daoismus (sowie andere relevante Aspekte der chinesischen Religiosität) zusammen.

    Der Theologe Gerhard Wehr geht 2002 von sieben Weltreligionen aus (Christentum, Judentum, Islam, Hinduismus, Buddhismus, Daoismus und Konfuzianismus). Er sieht Weltreligionen als Kontrapunkt zu den sogenannten „Natur- und Stammesreligionen“, die keine Trennung zwischen Gott und Welt und keine Häresie (Ketzerei) kennen. Eine genaue Begründung zur Auswahl der Religionen bringt Wehr nicht.

    Der Religionswissenschaftler Manfred Hutter beschreibt 2005 ebenfalls sieben Weltreligionen (Buddhismus, Judentum, Christentum, Daoismus, Islam, Bahai und Hinduismus). Den Konfuzianismus schließt er aus, da die Anhängerzahl des religiösen Konfuzianismus zu gering sei. Den Sikhismus führt er nicht auf, da er den universellen Geltungsanspruch vermisst. Hutter weist darauf hin, dass der Begriff Weltreligion kein religionswissenschaftlicher, sondern ein (weitgehend verständlicher) Begriff des alltäglichen Sprachgebrauchs ist.

    Siehe auch

    Literatur

    • Gustav Mensching: Volksreligion und Weltreligion. Leipzig 1938.
    • Gerhard J. Bellinger: Knaurs Großer Religionsführer. Droemer Knaur, München 1992, ISBN 3-426-26221-5.
    • Monika und Udo Tworuschka: Religionen der Welt. Grundlagen, Entwicklung und Bedeutung in der Gegenwart. München 1996, ISBN 3-572-00805-0.
    • Bernhard Maier: Die Ordnung des Himmels. Eine Geschichte der Religionen von der Steinzeit bis heute. Beck Verlag, München 2018, ISBN 978-3-406-72012-3.
    • Monika und Udo Tworuschka: Die Welt der Religionen. Gütersloh/München 2006.
    • Helmuth von Glasenapp: Die fünf Weltreligionen. Diederichs Verlag, Düsseldorf 1963.
    • Peter Koslowski: Natur und Technik in den Weltreligionen. Fink, München 2001, ISBN 3-7705-3536-7.
    • Gerhard Wehr: Die sieben Weltreligionen. Hugendubel Verlag, München 2002.
    • Max Weber: Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie. Tübingen 1920–1921.
      • Band 1: Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus, Die protestantischen Sekten und der Geist des Kapitalismus sowie Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen (Teil 1: Konfuzianismus und Taoismus) ISBN 3-8252-1488-5.
      • Band 2: (Teil 2: Hinduismus und Buddhismus) ISBN 3-8252-1489-3.
      • Band 3: (Teil 3: Das antike Judentum) ISBN 3-8252-1490-7.
    • Manfred Hutter: Die Weltreligionen. Beck Verlag, München 2005, ISBN 978-3-406-50865-3.

    Weblinks

    Einzelnachweise

    1. Conrad Hackett, David Mcclendon: Christians remain world's largest religious group, but they are declining in Europe. Pew Research Center, 2015, abgerufen am 7. Mai 2020 (englisch).
    2. a b Christians remain world’s largest religious group, but they are declining in Europe. Pew Research Center, 5. April 2017, abgerufen am 29. Oktober 2022.
    3. statista.com, nach Encyclopædia Britannica 2010
    4. Encyclopædia Britannica 2005.
    5. a b Patrick Laube u. Francis Rossé: Anthropogeografie: Kulturen, Bevölkerung und Städte. Compendio Bildungsmedien, Zürich 2009, ISBN 978-3-7155-9366-1. S. 48.
    6. Lexikon der Geographie auf spektrum.de: Ethnische Religionen., Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 2001, abgerufen am 23. September 2015.

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    Religions of the World, Andrees Allgemeiner Handatlas, 1st Edition, Leipzig (Germany) 1881, Page 9, Map 2.
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    Weltkarte der Religionen, nach Staaten. Ausführliche Beschreibung unten.

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