Urheberrecht (DDR)

Das Urheberrecht bezeichnete in der DDR ein subjektives Recht, das als „sozialistisches Persönlichkeitsrecht“ mit vermögensrechtlichen und nichtvermögensrechtlichen Befugnissen ausgestaltet war. Damit unterschied es sich grundlegend von der Konzeption des geistigen Eigentums in der Bundesrepublik Deutschland. Geregelt war das Urheberrecht seit dem 13. September 1965 im Gesetz über das Urheberrecht (URG) (GBl. I S. 209). Anders als in der Bundesrepublik enthielt dieses Gesetz auch das Urhebervertragsrecht. Sein Ziel war die „Verbindung der persönlichen Interessen der Urheber mit dem gesellschaftlichen Interesse“ (§ 1 Abs. 1 URG).

Sachrecht

Urheberrecht als sozialistisches Persönlichkeitsrecht

Nicht geschützt war die Verbreitung von Werken, die nicht dem gesellschaftlichen Fortschritt, der Verbreitung humanistischer Ideen und der Sicherung des Friedens und der Völkerfreundschaft dienen (§ 1 Abs. 1 URG), d. h. Werke, „mit denen der Krieg verherrlicht wird, chauvinistische und rassistische Ideen verbreitet werden und die Jugend moralisch vergiftet wird“.[1] Der Werkbegriff wurde in § 2 URG eingeführt: Geschützt waren Werke der Literatur, der Kunst und der Wissenschaft, die in einer objektiv wahrnehmbaren Form gestaltet sind und eine individuelle schöpferische Leistung darstellen. In § 2 Abs. 2 URG folgte eine beispielhafte (nicht abschließende) Auflistung der wichtigsten Werktypen. Computerprogramme galten als nicht schutzfähig.[2]

Das Urheberrecht war untrennbar mit der schöpferischen Tätigkeit selbst verbunden und konnte somit nur dem Urheber selbst zustehen. Juristische Personen konnten nicht Inhaber eines Urheberrechtes sein.

Als Ausgleich für seine gesellschaftlich nützliche Tätigkeit konnte der Urheber eine Vergütung erhalten, die sich nach gesetzlichen Kriterien bemaß. Maßstab hierfür war nicht die geleistete Arbeit, sondern das produzierte Werk.

Da das Urheberrecht ein Persönlichkeitsrecht war, konnte es nicht übertragen werden.

Daneben kannte das URG der DDR – ebenso wie die meisten Urheberrechtsordnungen – im zweiten Teil unter der Überschrift „Angrenzende Rechte“ vom Gesetz so genannte Leistungsschutzrechte, die unter anderem den ausübenden Künstler schützten (§ 73 URG).[3]

Die urheberrechtliche Schutzfrist endete 50 Jahre nach dem Tod des Urhebers zum Jahresende (§ 33 Abs. 1 URG), Leistungsschutzrechte bestanden für die Dauer von 10 Jahren (§ 82 URG).

Einzige Verwertungsgesellschaft und Pendant zur GEMA war die Anstalt zur Wahrung der Aufführungs- und Vervielfältigungsrechte auf dem Gebiet der Musik (AWA). Für den internationalen Urheberrechtsverkehr, insbesondere die Vergabe und Verwaltung von Lizenzausgaben in das Ausland war das Büro für Urheberrechte (BfU) in Berlin (Ost) zuständig.

Internationales Urheberrecht

Die DDR war Mitgliedstaat der RBÜ, des WUA und der WIPO. Die DDR konnte aber bis zur internationalen Anerkennung und der Aufnahme in die UNO 1972 ihre Mitgliedschaft nicht voll ausüben.[4]

Urhebervertragsrecht

Das Urhebervertragsrecht (§§ 36–72 URG) war der Privatautonomie weitgehend entzogen. Individuelle Vereinbarungen waren meist nicht möglich, sondern wurden durch (rechtlich nicht verbindliche) Musterverträge ersetzt.[5]

Gerichtliche Zuständigkeit

Das Bezirksgericht Leipzig war ab 1974 in erster Instanz für Rechtsstreitigkeiten auf dem Gebiet des Urheberrechts ausschließlich zuständig[6] (vorrangig auch gegenüber den Konfliktkommissionen[7] und dem Staatlichen Vertragsgericht[8]).

Einigungsvertrag

Mit dem Einigungsvertrag vom 3. Oktober 1990 gilt das Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte im gesamten Deutschland. Nach Anlage I, Kapitel III, Sachgebiet E: Gewerblicher Rechtsschutz, Recht gegen den unlauteren Wettbewerb, Urheberrecht, Abschnitt II[9] Absatz 2 des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 (Bundesgesetzblatt II, Seite 889) gilt es auch für Werke, die im Beitrittsgebiet vor dem Beitritt geschaffen wurden. Dies führte zum Teil zum nachträglichen Wiederaufleben von urheberrechtlichem Schutz.

Literatur

Gesetzestexte und Dokumentationen

  • Stefan Haupt: Urheberrecht und DEFA-Film. DEFA-Stiftung, Berlin 2005, ISBN 3-00-016728-5 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).Inhaltsverzeichnis
  • Gesetz über das Urheberrecht (DDR). In: Gesetzblatt der Deutschen Demokratischen Republik. Jahrgang 1965, Nr. 14, ausgegeben am 13. September 1965, S. 209–220.
  • Artur-Axel Wandtke, Winfried Bullinger: Praxiskommentar zum Urheberrecht. C.H. Beck, München 2009, ISBN 978-3-406-56666-0, Anhang 1. Gesetz über das Urheberrecht (DDR).

Lehrbücher

  • Heinz Püschel und Autorenkollektiv: Urheberrecht der Deutschen Demokratischen Republik. Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin (Ost) 1969 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).

Aufsätze

  • Matthias Wießner: Die DDR und das internationale Urheberrechtsregime. In: Comparativ. Nr. 5–6, 2006, S. 249–267.
  • Matthias Wießner: Die DDR und die Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst. In: UFITA. Nr. II, 2012, S. 371–424.
  • Yolanda Eminescu: Aktuelle Probleme des Urheberrechts der europäischen sozialistischen Länder. In: GRUR Int. Nr. 7, 1980, S. 387.
  • Heinz Püschel: Zu einigen Grundfragen des neuen Urheberrechts der DDR. In: GRUR. Nr. 6, 1968, S. 300 (google.de).
  • Thomas Keiderling: 3.4.2 Das Büro für Urheberrechte. In: Geschichte des deutschen Buchhandels im 19. und 20. Jahrhundert. Hrsg. von Christoph Links, Siegfried Lokatis und Klaus G. Saur, Bd. 5 DDR, Teilbd. 1: SBZ, Institutionen, Verlage I, Berlin De Gruyter 2022, S. 309–332. ISBN 978-3-11-047003-1

Einzelnachweise

  1. Heinz Püschel: Zu einigen Grundfragen des neuen Urheberrechts der DDR. In: GRUR. Nr. 6, 1968, S. 302.
  2. Bezirksgericht Leipzig, NJ 1981, 236; doch konnte in Wirtschaftsverträgen über wissenschaftlich-technische Leistungen die Vergabe von Software durch andere Partner als die erarbeitende Wirtschaftseinheit ausgeschlossen werden: Zentrales Vertragsgericht, Spruchpraxis 11, 35 = Wirtschaftsrecht 1984, 21 = GRUR Int. 1984, 305 (zu § 62 Vertragsgesetz)
  3. Simon Apel: Der ausübende Musiker im Recht Deutschlands und der USA. 2011, S. 180 f.
  4. Matthias Wießner: Die DDR und das internationale Urheberrechtsregime. In: Comparativ. Nr. 5-6, 2006, S. 254.
  5. Petra Arends: Das Urhebervertragsrecht der DDR. Frankfurt am Main 1991 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  6. § 30 Abs. 3 GVG 1974
  7. Kreisgericht Dresden, NJ 1980, 92
  8. OGZ 16, 184 = NJ 1981, 378 = GRUR Int. 1982, 259; anders für das sekundäre Urhebervertragsrecht noch Bezirksvertragsgericht Rostock, Spruchpraxis 6, 47
  9. Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands (Einigungsvertrag) – Anlage I Kap III E II Anlage I Kapitel III – Sachgebiet E – Gewerblicher Rechtsschutz, Recht gegen den unlauteren Wettbewerb, Urheberrecht – Abschnitt II. Bundesamt für Justiz. Auf Gesetze-im-Internet.de, abgerufen am 7. Oktober 2022.