Toxikologie

Die Toxikologie (altgriechisch τοξικολογίαtoxikologia, deutsch ‚Giftkunde‘), älter auch Toxologie, ist die Lehre von den Giftstoffen, den Vergiftungen und deren Behandlung. Sie ist ein interdisziplinäres Fachgebiet, das meist der Pharmakologie angegliedert ist. Ihr Beschäftigungsfeld überschneidet sich dort mit dem der Biochemie, wo die molekularen Grundlagen der Vergiftungen aufgeklärt werden. Daher sind auch viele Chemiker und Biochemiker als Toxikologen tätig.

Wortherkunft

Das griechische Wort τοξικονtoxikon stammt von τόξονtoxon „Bogen (des Bogenschützen)“, mit dem ein (Gift-)Pfeil abgeschossen wird. Es bezieht sich ursprünglich auf das Pfeilgift. Die Pfeilspitze wurde zwecks schneller tödlicher Wirkung mit bakteriell verseuchtem Leichengift oder mit toxisch wirkenden Pflanzenstoffen präpariert. Als Pflanzenstoffe dienten solche, die örtliche Entzündungen hervorriefen, das Herz zum Stillstand brachten und die Muskeln oder die Atmung lähmten. Die Toxikologie, in ihrer modernen Form begründet von Mathieu Orfila, ist damit die Lehre von den schädlichen Wirkungen chemischer Stoffe auf lebende Organismen.

Die ältere Bezeichnung Iologie leitet sich aus dem gleichen Umfeld ab, nämlich von ios (ιός), dem Pfeil und damit übertragen auch dem Gift. Die Bezeichnung wird heute spezifisch für die antike frühe Toxikologie verwendet, insbesondere der Alexandrinischen Schule der Medizin.[1]

Giftigkeit von Substanzen

Bei der Frage nach der Giftigkeit (Toxizität) eines Stoffes ist in der Regel die Menge bzw. die Konzentration des betreffenden Stoffes wichtig. Manche Substanzen wirken in geringen Mengen günstig auf den Körper, sind aber in höheren Konzentrationen gefährlich. Alle Substanzen sind ab einer bestimmten (von der Verabreichungsart und anderen Faktoren abhängigen) Dosis tödlich.

„… Alle Dinge sind Gift und Nichts ist ohne Gift; allein die Dosis macht das ein Ding kein Gift ist …“

Paracelsus (1493–1541): Sudhoff-Ausgabe, Band XI, R. Oldenbourg, München und Berlin (1928), S. 123–160: Sieben Defensiones 1537/38. Hier: S. 138[2]

Eine andere Form dieses Satzes stammt von dem griechischen Arzt Eryximachos um 350 v. Chr.

Die Anwesenheit einer potentiell giftigen Substanz in einem Organismus führt nicht zwingend zu einer Vergiftung. Gleichwohl kann die übermäßige Einnahme eines medizinischen Medikaments eine Vergiftung verursachen. Die Giftigkeit eines Stoffes wird mit der Toxizitätsbestimmung festgestellt. Die Dosis eines bestimmten Stoffes, die für ein Lebewesen tödlich wirkt, nennt man letale Dosis.

Ausnahmen von dieser Regel sind die genverändernden Stoffe. Bei ihnen kann theoretisch schon ein Molekül ausreichen, um ihre Schadwirkung zu entfalten. Es ist daher umstritten, ob für diese Substanzen eine Wirkungsschwelle angegeben werden sollte. Eine weitere Ausnahme von dieser Regel bilden die Allergene – auch hier reicht theoretisch ein einziges Molekül aus, um eine allergische Reaktion auszulösen. Von den allergischen Reaktionen zu trennen sind die stofflichen Unverträglichkeiten (z. B. Lebensmittel oder Medikamente), bei denen das Dosis/Wirkungsprinzip gilt.

Siehe auch

Literatur

  • Karlheinz Lohs (Hrsg.): Fachlexikon Toxikologie. 4. Auflage. Springer, Berlin u. a. 2009, ISBN 978-3-540-27334-9.
  • Louis Lewin: Gifte und Vergiftungen – Lehrbuch der Toxikologie. Karl F. Haug, Heidelberg 1992, ISBN 3-8304-0694-0 (Unveränderter Nachdruck).
  • Hans Marquardt, Siegfried Schäfer (Hrsg.): Lehrbuch der Toxikologie. 2. Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2004, ISBN 3-8047-1777-2.
  • Ernst Lindner: Toxikologie der Nahrungsmittel. Thieme, Stuttgart/New York 1990, ISBN 3-13-490804-2.
  • Wolfgang Wirth, Christian Gloxhuber: Toxikologie. Teubner, Wiesbaden 1994, ISBN 3-8351-0024-6.
  • Mechthild Amberger-Lahrmann, Dietrich Schmähl (Hrsg.): Gifte. Geschichte der Toxikologie. Springer, Berlin u. a. 1988, ISBN 3-540-16292-5.
  • Georges Fülgraff: Lebensmitteltoxikologie. Verlag Eugen Ulmer GmbH & Co., Stuttgart 1989, ISBN 3-8001-2598-6.
  • Heinz Nau, Pablo Steinberg, Manfred Kietzmann: Lebensmitteltoxikologie – Rückstände und Kontaminanten. Risiken und Verbraucherschutz. Parey, Berlin 2003, ISBN 3-8263-3330-6.
  • Franz-Xaver Reichl (Hrsg.): Taschenatlas der Toxikologie. Georg Thieme Verlag, Stuttgart, New York 1997, ISBN 3-13-108971-7.
  • Hans-Werner Vohr (Hrsg.): Toxikologie. Wiley-VCH, Weinheim 2010, ISBN 978-3-527-32319-7 (2 Bände).
  • Hartmut Dunkelberg (Mitarb.): Lebensmittel-Toxikologie. Inhaltsstoffe, Zusatzstoffe, Rückstände, Verunreinigungen. Hrsg.: Georges Fülgraff. Ulmer, Stuttgart 1989, ISBN 3-8001-2598-6.

Weblinks

Wiktionary: Toxikologie – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wikibooks: Pharmakologie und Toxikologie – Lern- und Lehrmaterialien

Einzelnachweise

  1. Vgl. Ana Maria Rosso: From Iology to Toxicology. A new specialization in Ancient Alexandrian School. In: Toxicology Reports. Band 8, Nr. 2, Juni 2021, doi:10.1016/j.toxrep.2021.06.002, S. 1310–1323.
  2. Sudhoff-Ausgabe Band XI (1928), S. 138 (Digitalisat)

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Токсикологическое исследование.