Tausendundeine Nacht

Galland-Handschrift (arabisches Manuskript des 15. Jahrhunderts, Bibliothèque nationale de France)

Tausendundeine Nacht (persisch هزار و يک شب, DMG hazār-u yak šab, arabisch ألف ليلة وليلة, DMG alf laila wa-laila) ist eine Sammlung morgenländischer Erzählungen und zugleich ein Klassiker der Weltliteratur. Typologisch handelt es sich um eine Rahmenerzählung mit Schachtelgeschichten.

Das vollständige Originalwerk ist nicht erhalten, die älteste erhaltene arabische Handschrift – neben winzigen Fragmenten aus dem 8. Jahrhundert – ist die Galland-Handschrift aus dem 15. Jahrhundert. Sie umfasst lediglich die ersten 282 der 1001 Nächte.

Entstehungsgeschichte

Tausendundeine Nacht von Gustave Boulanger (1873)

Vermutete indische Ursprünge

Aus Sicht der frühesten arabischen Leser hatte das Werk den Reiz der Exotik, es stammt für sie aus einem mythischen „Orient“. Das Strukturprinzip der Rahmengeschichte sowie einige der enthaltenen Tierfabeln weisen auf einen indischen Ursprung hin und stammen vermutlich aus der Zeit um 250. Eine indische Vorlage ist nicht überliefert, was allerdings auch für viele andere indische Texte aus dieser Zeit gilt. So wird zwar ein indischer Ursprung vermutet, aber dass der Kern der Erzählungen aus Persien stammt, kann nicht ausgeschlossen werden. Hinzu kommt, dass zwischen dem indischen und persischen Kulturraum zu jener Zeit enge Beziehungen bestanden.[1]

Persische Urfassung

Die indischen Erzählungen wurden wahrscheinlich in der Spätantike, unter der Herrschaft der Sassaniden, um 500 n. Chr. ins Mittelpersische übertragen und um persische Märchenerzählungen erweitert.[2][3] Das mittelpersische Buch Tausend Erzählungen (persisch هزار افسانhazār afsān), der Vorläufer der arabischen Sammlung, ist verschollen, wird aber noch in zwei arabischen Quellen des 10. Jahrhunderts erwähnt. Einige Figuren in Tausendundeine Nacht haben überdies reale Vorbilder aus der persischen Geschichte, zum Beispiel den sassanidischen Großkönig Chosrau I. (reg. 531 bis 579). Da die Sassaniden enge kulturelle Kontakte mit dem Mittelmeerraum pflegten, haben vermutlich zu ihrer Zeit auch Elemente griechischer Sagen – etwa der Odyssee – Eingang in den Märchenzyklus gefunden.

Übertragung ins Arabische

Wahrscheinlich im späteren 8. Jahrhundert, einige Jahrzehnte nach der Ausbreitung des Islams in Persien, entstand die Übersetzung aus dem Persischen ins Arabische, Alf Layla (Tausend Nächte). Dies geschah wahrscheinlich in Mesopotamien, dem alten Zentrum des Sassanidenreichs und Ort der neuen Hauptstadt Bagdad, Sitz der abbasidischen Kalifen. Dabei wurde das Werk zugleich „islamisiert“, das heißt mit islamischen Formeln und Zitaten angereichert. Älteste Fragmente sind aus dieser Zeit um 850 erhalten (sog. Chicago Fragment) und finden Erwähnung in der arabischen Literatur. Diese Übersetzungen zeichnen sich durch die Verwendung des Mittelarabischen aus, eine Zwischenform zwischen dem klassischen, im Koran üblichen Standard-Arabisch und den arabischen Dialekten, die seit jeher dem mündlichen Gebrauch vorbehalten sind.[4] Um 900 entsteht auch die Schwestersammlung Hundert und eine Nacht (arabisch Mi’at layla wa-layla) im äußersten Westen der islamischen Welt. Aus der Zeit um 1150 stammt die erste Erwähnung des arabischen Titels Alf layla wa-layla in einem Notizbuch eines Kairoer Juden.[1][5]

Im Laufe der Zeit wurden in die Rahmenerzählung weitere Erzählungen verschiedener Herkunft eingefügt, so aus arabischen Quellen Geschichten um den historischen Kalifen Hārūn ar-Raschīd und im 11. und 12. Jahrhundert phantastische Geschichten aus Ägypten. „Vollständige“ Sammlungen, d. h. Sammlungen, in denen ein Geschichtenrepertoire auf 1001 Nächte verteilt war, werden in einer der oben genannten arabischen Quellen des 10. Jahrhunderts erwähnt, aber es ist wenig wahrscheinlich, dass davon mehr erhalten ist als der Geschichtenbestand des Zyklus von „Der Kaufmann und der Dschinni“. Im Lauf der Jahrhunderte wurden jedoch immer wieder von neuem „vollständige“ Sammlungen kompiliert, die jedoch rasch desintegrierten. Selbst die berühmte Geschichte von Sindbad war nicht Bestandteil aller Versionen der Sammlung. In der Regel dürften stets nur Bruchstücke der Sammlung im Umlauf gewesen sein, die dann individuell mit anderen Geschichten zu einer neuen vollständigen Sammlung Tausendundeine Nacht zusammengestellt wurden. Somit gibt es für Tausendundeine Nacht keinen geschlossenen Urtext mit einem definierten Autor, Sammler oder Redaktor. Es ist vielmehr eine offene Sammlung mit verschiedenen Bearbeitern, auf die die mündliche Erzähltradition des Orients gewirkt hatte. Bis ins ausgehende 18. Jahrhundert lassen sich Neukompilationen nachweisen. Eine der letzten ist die von dem französischen Orientalisten H. Zotenberg als solche erkannte Ägyptische Rezension (ZÄR), von der bald nach 1800 einige Handschriften nach Europa gelangten, u. a. durch Joseph von Hammer, der 1806 in Konstantinopel eine französische Übersetzung anfertigte, die jedoch nie gedruckt wurde (dt. Übersetzung durch Zinserling, s. u.). Handschriften dieser Rezension waren auch die Vorlagen der Druckausgaben von Boulaq 1835 und Calcutta 1839–1842, deren Text wegen seiner Qualität und seiner (scheinbaren) Vollständigkeit lange Zeit als der authentische Text galt.

Übertragung ins Französische

Der älteste erhaltene arabische Text ist die Galland-Handschrift, die frühestens um 1450 entstanden ist. Es handelt sich um einen Torso, der mitten in der 282. Nacht abbricht, benannt nach dem französischen Orientalisten Antoine Galland (1646–1715), der diese Handschrift 1701 erworben hatte. Galland publizierte ab 1704 eine französische Adaptation der Geschichtensammlung und leitete so die europäische Rezeption der Tausendundeinen Nacht ein. Für die Person der Scheherazade inspirierte er sich von Madame d’Aulnoy und der Marquise d’O, einer Hofdame der Herzogin von Burgund. Die Handschrift gelangte nach seinem Tod 1715 in den Besitz der Bibliothèque du Roi, der heutigen Französischen Nationalbibliothek.

Galland fügte zudem als Fortsetzung seiner ersten Übersetzungen einige in seiner arabischen Vorlage nicht vorhandene Geschichten hinzu: Hierzu zählt Sindbad der Seefahrer, die er schon nach einer alleinstehenden arabischen Vorlage aus seinem Besitz übersetzt hatte, bevor er von der Existenz des Manuskripts der Tausendundeinen Nacht erfuhr. Weiterhin nahm er zehn Geschichten auf, die er 1709 von Hanna Diyab, einem aus Aleppo (Syrien) stammenden maronitischen Christen, übernommen hatte. Wie aus Gallands Tagebuch hervorgeht und von der späteren Literaturgeschichtsschreibung bestätigt wurde, hatte Diyab diese und mehr als ein Dutzend andere Geschichten Galland auf Arabisch erzählt. Darunter befanden sich die populären Geschichten Aladin und die Wunderlampe sowie Ali Baba und die Räuber, die teilweise von Diyabs eigenem Leben inspiriert waren, denn sie ließen Parallelen zu dessen Autobiografie erkennen.[6]

Nach der durch Galland beginnenden Orient-Rezeption in Europa kam es zu dem paradoxen Vorgang, dass europäische Kompilationen, inklusive der „entschärfenden“ Bearbeitungen, wieder zurück ins Arabische übersetzt wurden und so die arabische Rezeption selbst beeinflussten.[7]

Übertragung ins Deutsche

2010 gab die Orientalistin Claudia Ott bekannt, in der Tübinger Universitätsbibliothek eine bisher unbekannte arabische Handschrift, vermutlich aus der Zeit um 1600, entdeckt zu haben, die in praktisch unmittelbarer Fortsetzung der Galland-Handschrift mit der 283. Nacht einsetzt und bis zur 542. Nacht reicht.[7] 2010 entdeckte Ott zudem in Andalusien im Aga-Khan-Museum die bislang älteste erhaltene Kompilation der Scheherazad-Geschichten: Hundert und eine Nacht, die kleine Schwester der großen Geschichtensammlung, die im Magreb und im maurischen Andalusien entstand. Sie datiert von 1234.[8]

Inhalt

Prinz Kamar es-Saman, Prinzessin Budur und die Ifritin Maimune, Illustration von Franz von Bayros zu einer gekürzten Übersetzung, Berlin 1913.

Schahriyâr, König einer ungenannten Insel „zwischen Indien und Kaiserreich China“, ist so schockiert von der Untreue seiner Frau, dass er sie töten lässt und seinem Wesir die Anweisung gibt, ihm fortan jede – in einigen Versionen: jede dritte – Nacht eine neue Jungfrau zuzuführen, die jeweils am nächsten Morgen ebenfalls umgebracht wird.

Nach einiger Zeit will Scheherazade, die Tochter des Wesirs, die Frau des Königs werden, um das Morden zu beenden. Sie beginnt, ihm Geschichten zu erzählen; am Ende der Nacht ist sie an einer so spannenden Stelle angelangt, dass der König unbedingt die Fortsetzung hören will und die Hinrichtung aufschiebt. In der folgenden Nacht erzählt Scheherazade die Geschichte weiter, unterbricht am Morgen wieder an einer spannenden Stelle usw. Nach tausendundeiner Nacht hat sie ihm in den orientalischen Druckfassungen drei Kinder geboren, und der König gewährt ihr Gnade.

In der ebenfalls aus dem Orient stammenden Schlussfassung der Druckausgabe Breslau 1824–1843 hat sie dem König das Unrecht seines Tuns vor Augen geführt und ihn „bekehrt“; er dankt Gott, dass er ihm Scheherazade gesandt hat, und feiert eine richtige Hochzeit mit ihr; Kinder kommen in dieser Fassung nicht vor. Dieser Schluss findet sich auch in Habichts deutscher Übersetzung (Breslau 1824).

Galland hatte keine Textvorlage für seine eher schlichte Ausformung des Schlusses, die aber alles in allem der des Breslauer Druckes am ehesten entspricht: der König bewundert Scheherazade, rückt innerlich ab von seinem Schwur, seine Frau nach der Hochzeitsnacht töten zu lassen, und gewährt ihr Gnade. In einem Brief von 1702 skizziert er jedoch bereits dieses Ende der Tausendundeinen Nacht, das er wohl durch seine Freunde kannte, die ihn überhaupt erst auf die Existenz der Sammlung hingewiesen hatten.

Geschichten in der ältesten erhaltenen arabischen Handschrift, der Galland-Handschrift

Rahmengeschichte und erste Untergeschichten

Geschichten der einzelnen Nächte

  • 1–3. Nacht – Der Kaufmann und der Dschinni
  • 8–11. Nacht, 18–22. Nacht – Der Fischer und der Dschinni
  • 11–13. Nacht, 16–17. Nacht – König Yunan und der Arzt Duban
  • 14. Nacht – Der Kaufmann mit dem Papagei
  • 15.–22. Nacht – Der Königssohn und die Ghula
  • 22–27. Nacht - Die Geschichte des verzauberten Königs
  • 28–37. Nacht – Der Träger und die drei Damen
  • 37–39. Nacht – Die Geschichte des ersten Bettelmönchs
  • 40–52. Nacht – Die Geschichte des zweiten Bettelmönchs
  • 53–62. Nacht – Die Geschichte des dritten Bettelmönchs
  • 63–66. Nacht – Die Geschichte der ersten Dame, der Hausherrin
  • 67–69. Nacht – Die Geschichte der zweiten Dame, der mit den Schlagspuren
  • 69–72. Nacht – Die drei Äpfel
  • 72–101. Nacht – Die beiden Wesire Nuraddin von Ägypten und Badraddin von Basra
  • 102–109. Nacht, 169–170. Nacht – Der Bucklige, der Freund des Kaisers von China
  • 109–121. Nacht – Die Geschichte des christlichen Maklers: Der junge Mann mit der abgehackten Hand und die Dame
  • 121–138. Nacht – Die Geschichte des Küchenchefs: Der junge Mann aus Bagdad und die Sklavin Subeidas, der Gemahlin des Kalifen
  • 121–138. Nacht – Die Geschichte des jüdischen Arztes: Der junge Mann aus Mosul und die ermordete Dame
  • 139–151. Nacht – Die Geschichte des Schneiders: Der hinkende junge Mann aus Bagdad und der Friseur
  • 151–152. Nacht – Die Geschichte des Friseurs
  • 153–156. Nacht – Der erste Bruder, der bucklige Schneider
  • 156–158. Nacht – Der zweite Bruder: «Plappermaul», der halbseitig Gelähmte
  • 159–160. Nacht – Der dritte Bruder: «Fakfak», der Blinde
  • 160–161. Nacht – Der vierte Bruder, der einäugige Fleischer
  • 162–166. Nacht – Der fünfte Bruder, der mit den abgeschnittenen Ohren
  • 166-168. Nacht – Der sechste Bruder, der mit den abgeschnittenen Lippen
  • 171–200. Nacht – Nuraddin Ibn Bakkar und die Sklavin Schamsannahar
  • 201–229. Nacht – Die Sklavin Anis al-Dschalis und Nur al-Din Ibn Chakan -
  • 230–271. Nacht – Dschullanar vom Meer und ihr Sohn, König Badr
  • 272–282. Nacht – König Kamarassaman und seine Söhne al-Amdschad und al-Asad

Formbeschreibung

Die Geschichten unterscheiden sich stark; es gibt historische Erzählungen, Anekdoten, Liebesgeschichten, Tragödien, Komödien, Gedichte, Burlesken und religiöse Legenden. In vielen Geschichten spielen auch historisch belegte Personen eine Rolle, wie etwa der Kalif Hārūn ar-Raschīd (→ Tausendundeine Nacht – Geschichten mit realen Herrschern).

Häufig sind die Geschichten in mehreren Ebenen miteinander verknüpft. Der Sprachstil ist oft sehr blumig und verwendet an einigen Stellen Reimprosa.[9]

Übersetzungs- und Wirkungsgeschichte

„Hier beginnen die Tausend Nächte und die eine Nacht“ (Zwischentitel von Franz von Bayros in der von Karwath und Neumann herausgegebenen, illustrierten Ausgabe, Wien 1906–1914)

In Europa wird Tausendundeine Nacht häufig fälschlich gleichgesetzt mit Märchen für Kinder, was der Rolle des Originals als Geschichtensammlung für Erwachsene mit zum Teil sehr erotischen Geschichten in keiner Weise gerecht wird. Ursache für dieses Missverständnis ist vermutlich die erste europäische Übersetzung des französischen Orientalisten Antoine Galland, der die Geschichten 1704–1708 übertrug und dabei die religiösen und erotischen Komponenten des Originals entschärfte oder tilgte. Diese Übertragung durch Galland hatte in der Folge eine unerwartet große Wirkung.

August Ernst Zinserling übersetzte den Text nach der französischen Übertragung von Joseph von Hammer ins Deutsche (Stuttgart und Tübingen 1823–1824).

Eine auf der Übertragung von Galland fußende vollständige Übersetzung („Zum ersten Mal aus einer Tunesischen Handschrift ergänzt und vollständig übersetzt“) lieferte Max Habicht zusammen mit Friedrich Heinrich von der Hagen und Karl Schall (Breslau 1825).

Die erste deutsche Übersetzung aus arabischen Originaltexten stammt von dem Orientalisten Gustav Weil. Sie wurde 1837–1841 veröffentlicht und war nur cum grano salis werkgetreu: die Poesie- und Reimprosapartien waren nicht formgetreu, das Repertoire entstammte einer Auswahl aus verschiedenen Versionen. Die erste wirklich werkgetreue Übersetzung stammt von Richard Francis Burton, der die Geschichten in 16 Bänden 1885–1888 unter dem Titel The Book of the Thousand Nights and a Night veröffentlichte und damit im viktorianischen England einen Skandal auslöste. Auf Grundlage der Burtonschen Übersetzung entstand eine deutsche Übersetzung durch Felix Paul Greve.

Ebenfalls auf Burtons Übersetzung basierte eine, zwischen 1906 und 1914 in Wien erschienene Ausgabe, die zunächst durch Cary von Karwath, später von Adolf Neumann herausgegeben wurde. Auf dem Titelblatt wurde die 18 Bände umfassende Übertragung als „vollständige und in keiner Weise gekürzte (bzw. zensierte) Ausgabe nach den orientalischen Texten“ bezeichnet, doch lehnte sie sich nicht nur an den arabischen Urtext, wie auch alle zuvor publizierten deutschen Übersetzungen an, sondern folgte in den erotischen Textpassagen, wie auch im Titel („Das Buch der Tausend Nächte und der einen Nacht“), deutlich dem Vorbild Burtons. Die lediglich für Subskribenten bestimmte, erotisch illustrierte und bibliophil ausgestattete Auflage von 520 Exemplaren löste wegen der freizügigen Textstellen und der von Franz von Bayros, Raphael Kirchner u. a. geschaffenen Illustrationen bald nach dem Erscheinen in der k.u.k.-Monarchie und im Deutschen Reich einen Skandal aus. Die Illustrationen der Ausgabe – z. T. auch die kompletten Bände – wurden durch die Behörden indiziert und beschlagnahmt.

Gustav Weils Übersetzung erschien ab 1837 (vollständig umgearbeitet 1865) und basierte auf den Texten der ersten arabischen, sogenannten Bulaq-Ausgabe von 1835 und der Breslauer Ausgabe. Eine weitere deutsche Übersetzung besorgte Max Henning für die Reclams Universal-Bibliothek in 24 Bänden. Sie erschien ab 1896 und stützte sich auf eine spätere Bulaker Ausgabe sowie auf eine Auswahl weiterer Ausgaben und Quellen.

1918 wurde der Tübinger Orientalist Enno Littmann vom Insel Verlag mit einer Überarbeitung der Greveschen Übersetzung beauftragt. Er entschloss sich jedoch zu einer fast völligen Neuübersetzung, der er die redigierte, in Indien gedruckte arabische Ausgabe von 1839–1842 (Calcutta II) zugrunde legte.[10]

Die erste Übersetzung aus dem arabischen Text der Wortley Montagu-Handschrift, einer 1764 in Ägypten entstandenen und wenig später in die Oxforder Bodleian Library gebrachte Sammlung, schuf Felix Tauer. Sie wird als Ergänzungsband zur Littmanschen Übertragung betrachtet.

Mahmud Tarshuna, ein tunesischer Arabist, veröffentlicht Mi’at layla wa-layla auf der Grundlage von sechs arabischen Handschriften aus dem 18. und 19. Jahrhundert.[1]

Der 1926 geborene Arabist und Islamwissenschaftler Muhsin Mahdi legte im Jahr 1984 nach fünfundzwanzigjähriger Arbeit eine kritische Edition der Galland-Handschrift vor. Damit ist der Text der ältesten erhaltenen arabischen Fassung in seiner ursprünglichen Form verfügbar. Im Jahr 2004 erschien von der Arabistin Claudia Ott erstmals eine deutsche Übersetzung dieser Edition.[11] Ihr Ziel war eine bis in die Klanggestalt und Metrik textgetreue Übertragung. Otto Kallscheuer hebt in der Zeit ihr „klares, lebhaftes Deutsch“ hervor und dass sie auf „orientalisierende Ausschmückungen“ verzichtet habe.[12]

Siehe auch

Ausgaben

(chronologisch geordnet)

Arabischer Text

  • Calcutta I: The Arabian Nights Entertainments. In the Original Arabic. Published under the Patronage of the College of Fort William, by Shuekh Uhmud bin Moohummud Shirwanee ool Yumunee. Zwei Bände. Kalkutta 1814–1818 (Band 1).
  • Bulak-Ausgabe: Kitâb alf laila wa-laila. Zwei Bände. Bulaq (Kairo) 1835. (Erste nichteuropäische Ausgabe. Textgrundlage ist eine sprachlich bearbeitete Handschrift der von Hermann Zotenberg erkannten um 1775 kompilierten Egyptian Recension [ZER]. Weitere Ausgaben erschienen in den folgenden Jahren.)
  • Calcutta II: The Alif Laila or Book of the Thousand Nights and one Night, Commonly known as „The Arabian Nights Entertainments“. Now, for the first time, published complete in the original Arabic, from an Egyptian manuscript brought to India by the late Major Turner. Edited by W. H. Macnaghten, Esq. Vier Bände. Kalkutta 1839–1842.
  • Breslauer bzw. Habicht-Ausgabe: Tausend Und Eine Nacht Arabisch. Nach einer Handschrift aus Tunis herausgegeben von Maximilian Habicht. Nach seinem Tod fortgesetzt von M. Heinrich Leberecht Fleischer. Sechs Bände. Breslau 1825–1843.

Persischer Text

  • Hazār va yakshab. Herausgegeben von Musâ Farhang. 7 Bände. Teheran 1960, OCLC 609640290.

Deutsche Übersetzungen

  • Der Tausend und Einen Nacht noch nicht übersezte Mährchen, Erzählungen und Anekdoten, zum erstenmale aus dem Arabischen in’s Französische übersezt von Joseph von Hammer, und aus dem Französischen in’s Deutsche von Aug. E. Zinserling, Professor. 3 Bände. Cotta, Stuttgart & Tübingen 1823 f. (Digitalisat von Band 1, Band 2 und Band 3 bei Google Books). Nachdruck: Olms, Hildesheim 1976. Auch als: Märchen aus hundert und einer Nacht (= Die Andere Bibliothek, Band 15). Greno, Nördlingen 1986, ISBN 3-921568-72-2.
  • Tausend und eine Nacht. Arabische Erzählungen. Zum Erstenmale aus dem arabischen Urtext treu übersezt von Dr. Gustav Weil. Herausgegeben und mit einer Vorhalle von August Lewald. Mit 2000 Bildern und Vignetten von F. Groß. 4 Bände. Verlag der Classiker, Stuttgart und Pforzheim 1839–1841 (Digitalisat von Band 1, Band 2, Band 3 und Band 4 im Internet Archive).
  • Tausend und eine Nacht. Aus dem Arabischen übertragen von Max Henning. 24 Bände. Reclam, Leipzig 1896–1900.
  • Das Buch der tausend Nächte und der einen Nacht. Vollständige und in keiner Weise gekürzte Ausgabe nach den vorhandenen orientalischen Texten besorgt von Cary von Karwath,[13] Adolf Neumann,[14] mit Illustrationen von Choisy Le Conin (das ist Franz von Bayros),[15] E. Rantzi,[16] M Mathieux,[17] R. Chapelin,[18] Ferdinand d´Or,[19] Raphael Kirchner.[20] 18 Bände als „Privatdruck nur für Subskribenten […] mit 520 handnumerierten Exemplaren [deren] Nr. 1 bis 20 die Luxusausgabe [...] vom Herausgeber signiert, [in Seide gebunden und mit einem Messingschild versehen] ist.“ C. W. Stern Verlag, Wien 1906–1914; (verkleinerter) Nachdruck bei: Bibliotheca Historica, 2013.
  • Die Erzählungen aus den tausendundein Nächten. Vollständige deutsche Ausgabe in zwölf Bänden aufgrund der Burton’schen englischen Ausgabe besorgt von Felix Paul Greve. Zwölf Bände. Insel, Leipzig 1907–1908; auch in: Digitale Bibliothek, Band 87. Directmedia, Berlin 2003 (Neuausgabe in elektronischer Form). ISBN 3-89853-187-2.
  • Die Erzählungen aus den Tausendundein Nächten. Vollständige deutsche Ausgabe in sechs Bänden. Nach dem arabischen Urtext der Calcuttaer Ausgabe aus dem Jahr 1830. Übertragen von Enno Littmann. Insel, Wiesbaden und Frankfurt am Main 1953 und 1976; erneut Komet, Frechen 2000. ISBN 3-89836-308-2.
  • Die Erzählungen aus den tausendundein Nächten. Die in anderen Versionen von ‚Tausendundeine Nacht‘ nicht enthaltenen Geschichten der Wortley-Montague-Handschrift der Oxforder Bodleian Library, aus dem arabischen Urtext vollständig übertragen und erläutert von Felix Tauer. Insel-Verlag, Leipzig 1983.
  • Erzählungen der Schehersâd aus den tausendundein Nächten. Deutsch von Max Henning, in: Taschenbibliothek der Weltliteratur, Aufbau-Verlag, Berlin und Weimar 1983.
  • Tausendundeine Nacht. Übersetzt von Claudia Ott. Zehnte, durchgesehene Auflage. C. H. Beck, München 2009 (nach der bis dato ältesten bekannten arabischen Handschrift in der Ausgabe von Muhsin Mahdi: Alf laila wa-laila). ISBN 3-406-51680-7.
  • Claudia Ott (Übers.): 101 Nacht. Aus dem Arabischen erstmals ins Deutsche übertragen von Claudia Ott nach der Handschrift des Aga Khan Museums. Manesse, Zürich 2012 (nach der ältesten Handschrift aus Andalusien von 1234. Enthält auch bislang unbekannte Geschichten). ISBN 3-7175-9026-X.
  • Claudia Ott (Übers.): Tausendundeine Nacht. Das glückliche Ende. Nach der Handschrift der Rasit-Efendi-Bibliothek Kayseri erstmals ins Deutsche übertragen von Claudia Ott. C. H. Beck München 2016. ISBN 978-3-406-68826-3

Rezeption

Fiktionale Literatur

Diverse Schriftsteller verfassten Fortsetzungen oder sich mehr oder minder stark anlehnende Erzählungen, darunter:

Film

  • Der Silhouetten-Film Die Abenteuer des Prinzen Achmed von Lotte Reiniger (1926) basiert auf den Geschichten aus Tausendundeine Nacht.
  • Arabische Nächte, 1942, USA
  • Der Film 1001 Nacht aus dem Jahr 1945 basiert auf Aladin und die Wunderlampe[23]
  • Aladins Abenteuer (1961), Italien
  • Aladins Wunderlampe (1966), UdSSR
  • Tausend und eine Nacht (1968) Abenteuerkomödie, I/E Original-Titel: Sharaz
  • Aladin und die Wunderlampe (1969), französischer Zeichentrickfilm
  • Pier Paolo Pasolini verfilmte 1974 einige Schlüsselepisoden unter dem Titel Il fiore delle mille e una notte (deutsch: Erotische Geschichten aus 1001 Nacht)
  • Aladdin (1986), Italien/Frankreich
  • 1992 entstand aus der Geschichte Aladin und die Wunderlampe der Disney-Film Aladdin
  • 2000 entstand aus der Geschichte um Scheherazade der Film Arabian Nights – Abenteuer aus 1001 Nacht
  • Ali Baba und die 40 Räuber (2007), Frankreich
  • Miguel Gomez adaptiert die Geschichte in seiner Trilogie "1001 Nacht" in die Teile "Volume 1: Der Ruhelose", "Volume 2: Der Verzweifelte" und "Volume 3: Der Entzückte" (As Mil e Uma Noites: O Inquieto, O Desolado und O Encantado)
  • Auf den Titel des Märchens Der wunderbare Reisesack[24] (Zweihundertfünfundneunzigste Nacht aus dem Zyklus "Tausendundeine Nacht") geht der Name des Films Meschok bes dna aus dem Jahr 2017 unter der Regie von Rustam Chamdamow zurück.

Oper

Operette

Musik

Musical

Ballett

Theater

Hörspiel

  • Helma Sanders-Brahms: Tausendundeine Nacht. 1. bis 14. Nacht. Mit Eva Mattes, Dieter Mann, Ulrich Matthes u. a. Musik: Günter „Baby“ Sommer. Regie: Robert Matejka (1-12) und Helma Sanders-Brahms (13-14). Produktion: RIAS (später: DLR Berlin), 1993–2001. (CD-Ausgabe: Der Hörverlag, 2005. ISBN 3-89940-647-8; ausgezeichnet mit dem Corine-Hörbuchpreis 2005.)
  • Helma Sanders-Brahms: Tausendundeine Nacht. 15. bis 17. Nacht. Regie: Helma Sanders-Brahms. Produktion: DLR Berlin, 2002.

Sonstiges

Forschungsliteratur

(chronologisch geordnet)

  • Adolf Gelber: 1001 Nacht. Der Sinn der Erzählungen der Scheherazade. M. Perles, Wien 1917.
  • Stefan Zweig: Das Drama in Tausendundeiner Nacht. In: Rezensionen 1902–1939. Begegnungen mit Büchern. 1983 E-Text Gutenberg-DE.
  • Heinz Grotzfeld: Neglected Conclusions of the Arabian Nights: Gleanings in Forgotten and Overlooked Recensions. In: Journal of Arabic Literature. Berlin 1985,16. ISSN 0030-5383.
  • Johannes Merkel (Hrsg.): Eine von tausend Nächten. Märchen aus dem Orient. Weismann, München 1987, 1994. ISBN 3-88897-030-X.
  • Walther Wiebke: Tausend und eine Nacht. Artemis, München/Zürich 1987, ISBN 3-7608-1331-3.
  • Abdelfattah Kilito: Welches ist das Buch der Araber? In: Islam, Demokratie, Moderne. C. H. Beck, München 1998, ISBN 3-406-43349-9.
  • Robert Irwin: Die Welt von Tausendundeiner Nacht. Insel, Frankfurt am Main/Leipzig 1997, 2004, ISBN 3-458-16879-6.
  • Walther Wiebke: Die kleine Geschichte der arabischen Literatur. Von der vorislamischen Zeit bis zur Gegenwart. Beck, München 2004, ISBN 3-406-52243-2.
  • Katharina Mommsen: Goethe und 1001 Nacht. Bonn 2006, ISBN 3-9809762-9-7.
  • Hedwig Appelt: Die sagenhafte Welt von Tausendundeine Nacht. Theiss, Stuttgart 2010, ISBN 978-3-8062-2305-7.

Weblinks

Commons: Tausendundeine Nacht – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c Ursprung und Überlieferung von Tausendundeine Nacht. Abgerufen am 7. Mai 2023.
  2. Jacob W. Grimm: Selected Tales. Penguin Books, Harmondsworth 1982, ISBN 0-14-044401-7, S. 19.
  3. Jack David Zipes, Richard Francis Burton: The Arabian Nights. The Marvels and Wonders of the Thousand and One Nights. Signet Classic, New York 1991, ISBN 0-451-52542-6, S. 585.
  4. Jürgen Leonhardt: Latein: Geschichte einer Weltsprache. C.H. Beck, 2009. ISBN 978-3-406-56898-5. S. 180.Online-Teilansicht
  5. Rachel Schnold, Victor Bochman: The Jews and “The Arabian Nights”. In: Ministry of Foreign Affairs (Hrsg.): ARIEL. The Israel Review of Arts and Letters. Band 103, 1996, ISSN 0004-1343, ZDB-ID 1500482-X (englisch, mfa.gov.il [abgerufen am 20. Juli 2014]).
  6. Nachwort von Bernard Heyberger. In: Diyab, Hanna, Von Aleppo nach Paris: die Reise eines jungen Syrers bis an den Hof Ludwigs XIV. Unter Berücksichtigung der arabischen Handschrift aus der französischen Übertragung übersetzt von Gennaro Ghirardelli, Berlin: Aufbau Verlag, 2022, S. 442-482. ISBN 978-3-8477-2045-4
  7. a b Ijoma Mangold: Die Nacht Nummer 283. In: Die Zeit. 10. Juni 2010, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 30. November 2023]).
  8. Weltpremiere | Claudia Ott - Hundertundeine Nacht - Manesse. Abgerufen am 30. November 2023.
  9. A. Gelber vertritt allerdings die These die Reihenfolge der Geschichten folge einem wohldurchdachten dramatischen Aufbau. Dabei bleibt freilich unklar, wie lange dieser Formwille auf die Gestaltung eingewirkt haben müsste.
  10. Enno Littmann: 1001 Nacht. Band 6. Insel Verlag, Wiesbaden 1953, S. 649.
  11. Tausendundeine Nacht – das unbekannte Original, (Memento vom 4. August 2007 im Internet Archive) Website zum Buch.
  12. Zusammengefasste Rezensionen der Übersetzung Claudia Otts aus NZZ, FR, SZ, Zeit, taz und FAZ. In: Perlentaucher.de
  13. Band 1–10
  14. Band 11–18
  15. Band 1, 11
  16. Band 2, teilweise 4–6
  17. Band 3, teilweise 4–6
  18. Band 7–10
  19. Band 12
  20. Band 13–18
  21. Dawn B. Sova: Critical Companion to Edgar Allan Poe. A Literary Reference to His Life and Work. Facts on File / Infobase, New York 2007, S. 177 f. (online).
  22. Jules Verne: Scheherazade’s Last Night and Other Plays. First English Translation. North American Jules Verne Society / BearManor Media, Albany/GA 2018 (online).
  23. Tausendundeine Nacht. Internet Movie Database, abgerufen am 22. Mai 2015 (englisch).
  24. Der wunderbare Reisesack - Märchen aus tausend und einer Nacht. hekaya.de, abgerufen am 15. April 2023.
  25. 1001 Notsch auf Klassika

Auf dieser Seite verwendete Medien

FvB-AN-204.jpg
Das Bild illustriert eine Szene aus der „Geschichte des Prinzen Kamar es-Saman“.
Zwei geflügelte Ifrite, dämonische Fabelwesen aus der arabischen Welt, und zwar die Dschinnije Maimune, Tochter eines Königs der Dschinn , und Dahnasch, ein Ifrit , der von einer Insel Chinas herbeigeflogen kam, streiten heftig darüber, wer das schönste Menschenkind sei, welches sie je gesehene haben. Maimune meint, es sei Prinz Kamar es-Saman, der Sohn des Königs Schariman, den sein Vater gerade, nur mit einem dünnen Hemd und einem Seidentuch über dem Gesicht bekleidet, in den Kerker geworfen hat, weil sich der Prinz einer Heirat verweigert. Dahnasch dagegen schwärmt von der Prinzessin Budur, der Tochter von König El-Ghajur aus dem Lande China. Um die Schönheit der beiden Menschen miteinander vergleichen zu können, hat der Ifrit die tiefschlafende Prinzessin auf seinen mächtigen Schwingen herbeigebracht und neben den ebenfalls schlafenden Königssohn gebettet. Die beiden Ifrite werden sich aber in ihrem Urteil nicht einig und so wird beschlossen, die Menschenkinder nacheinander zu wecken, um zu sehen, wer in größerer Liebe für den anderen entbrennt. Zuerst wecken sie Kamar es-Saman.
Das Bild entspricht folgender Textstelle auf Seite 204:
“Darob packte ihn basses Erstaunen; flugs richtete er sich empor, blickte seitlings, um festzustellen, was sich dorten befände und siehe da: es war ein Mägdelein gleich einer köstlichen Perle, schlank und 5 Spannen groß. Da er nun also der Herrin Budur ansichtig wurde und wahrnahm, daß sie ohne Hosen, nur mit dem venezianischen Hemde bekleidet, in all ihrer herrlichen Anmut neben ihm schlafend ruhte, entflammte er in sinnlichem Begehren, wie die Natur es fügte und Gott erfüllte sein Herz mit heißem Verlangen. So wandte er sich zu ihr und löste den Halsschluß ihres Hemdes, also daß er ihren Leib und ihren Busen enthüllte und Liebesglut und Sinnengier noch wuchsen.“
1001 Nacht.jpg
"Hier beginnen die Tausend Nächte und die eine Nacht" - Zwischentitel von Choisy le Conin [d.i. Franz von Bayros]
Speaker Icon.svg
Símbolo de un registro de audio (viñeta).
Arabian nights manuscript.jpg
Two pages from the [Galland manuscript, the oldest text of The Thousand and One Nights. Arabic manuscript, back to the 14th century from Syria in the Bibliotheque Nationale in Paris [1]