Strafanwendungsrecht (Deutschland)

Im Strafanwendungsrecht geht es um die Frage, unter welchen Voraussetzungen das Strafrecht Deutschlands auf Auslandssachverhalte anwendbar ist.[1]

Das Strafanwendungsrecht ist in §§ 3 ff. des Strafgesetzbuchs (StGB) geregelt.[2]

Außer im Inland gilt das Strafrecht Deutschlands auch auf allen Schiffen und in allen Luftfahrzeugen, die berechtigt sind, Hoheitszeichen der Bundesrepublik Deutschland zu führen (§ 3, § 4 StGB – Gebiets- oder Territorialitätsgrundsatz und Flaggenprinzip). Dabei gilt gemäß § 9 StGB als Ort der Tat nicht nur, wo gehandelt wurde oder gehandelt werden sollte, sondern auch, der Ort „an dem der zum Tatbestand gehörende Erfolg eingetreten ist oder nach der Vorstellung des Täters eintreten sollte“.

Das Strafrecht Deutschlands gilt unabhängig vom Recht des Tatorts auch für bestimmte Auslandstaten mit besonderem Inlandsbezug (§ 5 StGB) sowie bestimmte Auslandstaten gegen international geschützte Rechtsgüter (§ 6 StGB, § 1 Völkerstrafgesetzbuch -Weltrechtsprinzip).

Im Übrigen gilt das deutsche Strafrecht nach § 7 StGB, wenn die Tat am Tatort mit Strafe bedroht ist oder der Tatort keiner Strafgewalt unterliegt und

  • die Tat gegen einen Deutschen begangen wurde (§ 7 Abs. 1 StGB - passives Personalitätsprinzip) oder wenn
  • der Täter
    1. zur Zeit der Tat Deutscher war oder es nach der Tat geworden ist (§ 7 Abs. 2 Nr. 1 StGB - aktives Personalitätsprinzip) oder
    2. zur Zeit der Tat Ausländer war, im Inland betroffen und, obwohl das Auslieferungsgesetz seine Auslieferung nach der Art der Tat zuließe, nicht ausgeliefert wird, weil ein Auslieferungsersuchen innerhalb angemessener Frist nicht gestellt oder abgelehnt wird oder die Auslieferung nicht ausführbar ist (§ 7 Abs. 2 Nr. 2 StGB - Grundsatz der stellvertretenden Strafrechtspflege, aut dedere aut iudicare = ausliefern oder selbst bestrafen).

Literatur

  • Edward Schramm: Internationales Strafrecht: Strafanwendungsrecht, Völkerstrafrecht, Europäisches Strafrecht (Jura kompakt), München 2011
  • Christoph Safferling: Internationales Strafrecht: Strafanwendungsrecht - Völkerstrafrecht - Europäisches Strafrecht. Springer-Verlag, 2011
  • Christian Caracas: Verantwortlichkeit in internationalen Konzernstrukturen nach § 130 OWiG - Am Beispiel der im Ausland straflosen Bestechung im geschäftlichen Verkehr, Nomos Verlag, Baden-Baden 2014, ISBN 978-3-8487-0992-2. Rezension von Marc Engelhart in Journal der Wirtschaftsstrafrechtlichen Vereinigung WiJ, 25. Oktober 2015 sowie von Bjoern Rohde-Liebenau in Compliancedigital - Erich Schmidt Verlag, Quelle: ZRFC Risk, Fraud & Compliance Heft 5/2014 und von Christian Heuking in Transparency International Deutschland e.V. Scheinwerfer 67, April 2015; siehe auch Caracas in Corporate Compliance Zeitschrift 2015, S. 167 ff. und S. 218 ff.
  • Andrés Payer: Territorialität und grenzüberschreitende Tatbeteiligung, Dike Verlag, Zürich/St. Gallen 2021
  • Helmut Satzger: Internationales und Europäisches Strafrecht, Nomos, 6. Aufl. 2013. ISBN 978-3-8487-0273-2 (Leseprobe)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Kai Ambos: Strafanwendungsrecht & Europäisches Strafrecht (Memento desOriginals vom 26. Dezember 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.department-ambos.uni-goettingen.de 2015
  2. Martin Heger: Das Strafanwendungsrecht der §§ 3 ff. StGB (Memento desOriginals vom 26. Dezember 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/heger.rewi.hu-berlin.de 2015