Straßenbahn Nordhausen

Straßenbahn
Straßenbahn Nordhausen
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Combino-Zweirichtungstriebwagen 106
Basisinformationen
StaatDeutschland
StadtNordhausen
Eröffnung25. August 1900
BetreiberStadtwerke Nordhausen
Infrastruktur
Streckenlänge18,0 km
Spurweite1000 mm (Meterspur)
Stromsystem600 V = Oberleitung / Dieselmotor
Haltestellen32
Betrieb
Linien3
Takt in der HVZ15 min (1,2), 60 min (10)
FahrzeugeCombino, 3 Combino Duo
Höchst­geschwindigkeit50 km/h
Netzplan
Netzplan

Die Straßenbahn Nordhausen ist eine von den Stadtwerken Nordhausen betriebene Straßenbahn im äußeren Norden Thüringens. Sie verkehrt auf drei Linien innerhalb der Stadt Nordhausen und über die Harzquerbahn bis ins Umland nach Ilfeld. Die Spurweite beträgt 1000 mm. Nordhausen hat einen der kleinsten Straßenbahnbetriebe Deutschlands.

Geschichte

Die ersten 90 Jahre

Blick vom Kornmarkt in die Töpferstraße um 1912
Gotha-Wagen (1989)
Ein SSB GT4 an der Haltestelle Parkallee (2006)

Im Jahre 1898 vereinbarte die Stadt Nordhausen, die damals etwa 35.000 Einwohner hatte, mit der Elektrizitäts-AG (vormals Schuckert & Co. in Nürnberg), dass diese ein Elektrizitätswerk und eine Straßenbahn baut und selbst betreibt. Zum 1. April 1920 wurde die Stadt Eigentümerin des Unternehmens.

Der Straßenbahnbetrieb wurde am 25. August 1900 auf einem meterspurigen Netz von 5,04 Kilometern Länge eröffnet. Eine Linie mit weißem Signal führte vom Bahnhof in die Altstadt zum Kornmarkt und weiter über den Neumarkt zum Gehege am Geiersberg (2,6 Kilometer). Die andere war eine 2,3 Kilometer lange Ringlinie, die vom Bahnhof – mit rotem Signal – ebenfalls zum Kornmarkt fuhr, dann durch enge Gassen zum Altentor gelangte und von dort über die Grimmel-Allee, wo sich Depot und E-Werk befanden, zum Bahnhof zurückkam. Die Wagen der Gegenrichtung trugen ein grünes Signal.

Gleisrest der 1922 stillgelegten Verbindung Kornmarkt–Altentor

Nach dem Ersten Weltkrieg kam es zu ersten Einschränkungen. Ab 29. Januar 1922 entfiel die Fahrt durch die Altstadt zwischen Kornmarkt und Altentor; ebenso endete ab 1927 die Linie zum Gehege bereits an der Riemannstraße. Als man ab 8. Juli 1934 auch das kurze Stück von der Stolberger Straße zur Riemannstraße aufgab, verlängerte man das Gleis zum Pfingstweg/Friedrich-Naumann-Straße. Bis 1945 wurde das 4,25 Kilometer lange Netz von einer roten Linie vom Bahnhof zum Pfingstweg und einer grünen Linie vom Bahnhof zum Altentor befahren. Die im Jahre 1900 beschafften 13 Triebwagen wurden 1934 durch acht neue ersetzt.

Durch die Luftangriffe auf Nordhausen am 3. und 4. April 1945 sind Stromanlagen, Oberleitungen, Wagenpark und Gleisanlagen zerstört worden. Nur 900 m Gleisnetz blieben unversehrt. Die Wiederinbetriebnahme fand am 2. September 1945 statt. Nach der Besetzung Nordhausens durch die Rote Armee im Sommer 1945 ging der Straßenbahnbetrieb von den „Städtischen Elektrischen Werken Nordhausen“ im Jahr 1949 auf das „Kommunale Wirtschafts-Unternehmen (KWU) der Stadt Nordhausen“ über und wurde 1951 zum „VEB (K) Verkehrsbetriebe Nordhausen“. Trotz der starken Zerstörung der Stadt wurde die Straßenbahn wieder im früheren Umfang von etwa vier Kilometern Länge in Betrieb genommen. Kleinere Erweiterungen gab es erst in den 1980er Jahren; ab dem 7. Oktober 1981 fuhr die Linie 1 von der Stolberger Straße 800 Meter weiter bis zum Kreiskrankenhaus und seit dem 21. Dezember 1983 endet die Linie 2 an der Parkallee 700 Meter vom Altentor entfernt.

Entwicklung nach der Wiedervereinigung

Mit der Wiedervereinigung Deutschlands im Jahr 1990 stand die Existenz der Straßenbahn zur Diskussion; es wurde jedoch entschieden, die Straßenbahn zu erhalten. In den folgenden Jahren sanierte man das Schienennetz von Grund auf und man kaufte neue (zunächst alte brauchbare) Fahrzeuge. Am 3. Oktober 1993 kam noch eine Neubaustrecke hinzu, die vom Theaterplatz 1,8 Kilometer in den Ostteil der Stadt führt.

Am 15. Oktober 2013 beschloss der Stadtrat der Stadt Nordhausen eine Taktausdünnung von 20 auf 30 Minuten an Wochenenden und Feiertagen für die Linien 1 und 2. Dadurch sollten 107.000 € jährlich eingespart werden. Die Umsetzung erfolgte am 15. Dezember 2013.[1]

Am 5. Mai 2021 beschloss der Stadtrat auf Antrag der CDU-Fraktion eine Taktausdünnung von 10 auf 15 Minuten Montag bis Freitag tagsüber für die Linien 1 und 2. Dadurch sollen 600.000 € eingespart werden. Die Umsetzung erfolgte am 12. Dezember 2021.[2]

Linie 10 nach Ilfeld
Linie 10 auf dem Verbindungsgleis zur Harzquerbahn
Ein Combino Duo bei Niedersachswerfen

Nach der Wiedervereinigung kam es zu Bestrebungen, die beiden Gleisnetze von Nordhäuser Straßenbahn und Harzer Schmalspurbahn (HSB) zu verknüpfen, um eine durchgehende Verbindung nach dem Tram-Train-Prinzip zu schaffen. Dies war wegen gleicher Spurweiten (Meterspur) leicht möglich. Beim 100-jährigen Jubiläum der HSB im September 1999 unterzeichneten HSB und Stadtwerke Nordhausen zunächst eine Absichtserklärung, bis zur Landesgartenschau im Jahr 2004 dies Vorhaben zu realisieren.[3] Im Jahr 2002 begannen die Bauarbeiten für diesen Lückenschluss. Dabei wurde ein Gleis von der Straßenbahnhaltestelle Bahnhofsvorplatz entlang der Oskar-Cohn-Straße zu den Abstellgleisen der Harzquerbahn am Bahnhof Nordhausen Nord errichtet und damit die bestehenden Gleisanlagen erreicht.

Da die Strecke der Harzquerbahn nach Ilfeld jedoch keine Fahrleitung besitzt und eine Elektrifizierung abgelehnt wurde, mussten für den als Linie 10 bezeichneten Abschnitt neue Fahrzeuge mit Zweikraftantrieb beschafft werden. Im Rahmen der Feierlichkeiten zum 100-jährigen Jubiläum der Straßenbahn Nordhausen wurde am 3. Juni 2000 die erste Zweikrafttriebwagen Twino präsentiert. Es handelte sich dabei um einen mit einem Fünf-Zylinder-Pkw-Dieselmotor erweiterten GT4-Triebwagen, der der praktischen Erprobung des Zweikraftantriebs diente. Bis zum 1. Mai 2004 beschafften die Stadtwerke drei Fahrzeuge des Typs Combino Duo. Innerhalb der Stadt Nordhausen beziehen diese ihren Antriebsstrom direkt aus der Fahrleitung; auf den Gleisen der Harzquerbahn erfolgt der Antrieb dieselelektrisch. Für den Dieselantrieb ist ein ursprünglich für PKWs vorgesehener Motor der Marke BMW eingebaut. Die Kombination von Meterspur und Dieselantrieb ist in ihrer Form weltweit einzigartig und wird heute – analog zu den Modellen in Chemnitz, Karlsruhe beziehungsweise Zwickau – als Nordhäuser Modell bezeichnet.

Die Straßenbahnen fahren seitdem umsteigefrei vom Südharz-Klinikum durch die Nordhäuser Innenstadt und über den Bahnhofsvorplatz – auf einer Strecke von 11,4 Kilometern nutzen sie dann das Gleis der Harzquerbahn bis zum Haltepunkt Ilfeld Neanderklinik. Zugleich verkehrt auch ein Großteil der HSB-Triebwagen bis zum Bahnhofsvorplatz. Hierzu waren Ertüchtigungen an den Fahrzeugen und eine Zulassung gemäß BOStrab nötig.

Liniennetz

Seit der Vollendung des lange geplanten Lückenschluss zur Harzquerbahn im Jahr 2004 gibt es in Nordhausen die folgenden drei Straßenbahnlinien:

LinieVerlaufLängeTakt
1Südharz-Klinikum – Rathaus/Kornmarkt – Nordbrand – Bahnhofsplatz3,2 kmMo.–Fr.: 15 min
Sa.–So.: 30 min
2Parkallee – Landratsamt – Nordbrand – Rathaus/Kornmarkt – Nordhausen Ost4,6 kmMo.–Fr.: 15 min
Sa.–So.: 30 min
10Südharz-Klinikum – Rathaus/Kornmarkt – Nordbrand – Bahnhofsplatz – Niedersachswerfen Ost – Ilfeld Neanderklinik14,6 kmMo.–Fr.: 60 min
Sa.–So.: 120 min

Fahrzeuge

Aktueller Fahrzeugpark

Combino 102 und 107 in der Rautenstraße

Im Linienverkehr werden seit 2012 ausschließlich Neubau-Fahrzeuge des Typs Combino von Siemens eingesetzt, von denen seit dem Jahr 2000 insgesamt zwölf Stück beschafft wurden. Sechs dieser Wagen sind Einrichtungsfahrzeuge (101–104, 108–109), drei Zweirichtungsfahrzeuge (105–107) und weitere drei Zweirichtungsfahrzeuge vom Typ Combino Duo mit Zweikraftantrieb für die Strecke nach Ilfeld (201–203).

  • Combino (Einrichtungswagen) 101 + 102 (Siemens Düsseldorf, 2000)
  • Combino (Einrichtungswagen) 103 + 104 (Siemens Krefeld, 2002)
  • Combino (Zweirichtungswagen) 105 + 106 + 107 (Siemens Krefeld, 2002)
  • Combino (Einrichtungswagen) 108 + 109 (Siemens Krefeld, 2011)
  • Combino Duo (Zweirichtungswagen) 201 + 202 + 203 (Siemens Krefeld, 2004)

Sonderfahrzeuge

Historischer Triebwagen 23 (2014)

Hinzu kommen noch zwei historische Triebwagen und ein Partywagen:

  • Historischer Triebwagen 23 (Waggonfabrik Wismar, Baujahr 1934)
  • Historischer Triebwagen 40 (Gotha, 1959 – 1969 ex Gera 143 – 1994 ex Nordhausen 43)
  • Partywagen Triebwagen 59 (Gotha, 1961 – 1991 ex Erfurt 154, 1986 mit dem Wagenkasten Leipzig 1216 aufgebaut) ist in schwarzer Lackierung im Einsatz.

Ehemalige Fahrzeuge

Anfang der 1990er Jahre hatte man aus Stuttgart und Freiburg GT4-Gelenkwagen übernommen. Zuletzt befanden sich noch vier dieser Fahrzeuge als Reserve im Einsatz:

  • GT 4 (Gelenk-Einrichtungswagen) 79 (Stuttgart, 1959)
  • GT 4 (Gelenk-Einrichtungswagen) 80 (Stuttgart, 1962)
  • GT 4 (Gelenk-Einrichtungswagen) 81 (Stuttgart, 1964)
  • GT 4 (Gelenk-Zweirichtungswagen) 94 (Freiburg, 1965)

Die Einrichtungsfahrzeuge wurden 2012 an die Straßenbahn Iași in Rumänien abgegeben, das Zweirichtungsfahrzeug 2013 verschrottet.[4]

Literatur

  • Ekkehard Grimm, Paul Lauerwald, Arndt Forberger: 100 Jahre Straßenbahn in Nordhausen. 1900 – 2000. Neukirchner, Nordhausen 2000, ISBN 3-929767-40-6.

Weblinks

Commons: Straßenbahn Nordhausen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Bürgerinformationssystem - Auszug - Änderung des Nahverkehrsplanes für die Stadt Nordhausen 2009 - 2014. Abgerufen am 25. Januar 2022.
  2. Bürgerinformationssystem - Auszug - Antrag der CDU-Fraktion vom 09.11.2020 in der geänderten Fassung vom 15.04.2021: Veränderung der Taktung der Straßenbahn auf 15 Minuten. Abgerufen am 24. Januar 2022.
  3. Der Fahrgast, PRO BAHN Zeitung, 4/2000, S. 33–36 (PDF; 377 kB)
  4. Wagenparkliste Stadtwerke Nordhausen - Verkehrs- und Stadtreinigungsbetrieb GmbH, auf: http://www.tram-info.de, abgerufen am 7. Mai 2019

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Gleis-Reste der 1922 stillgelegten Straßenbahnverbindung zwischen Kornmarkt und Altentor
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Sinnbild Straßenbahn. Eingeführt mit der deutschen Straßenverkehrsordnung 1991.
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Die Rautenflagge des Freistaates Bayern seit 1971. Das Seitenverhältnis ist nicht vorgegeben, Abbildung 3:5.
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Triebwagen 203 ("Combino Duo") der Nordhäuser Straßenbahn bei Niedersachswerfen auf den Gleisen der Harzquerbahn, 23. 03. 2005
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Ansichtskarte 75 Jahre Straßenbahn Nordhausen 1975, um 1912, Blick vom Kornmarkt in die Töpferstraße

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Zwei Siemens Combino (102 und 107) in der Rautenstraße in Nordhausen (Thüringen)
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Tram 106 in Nordhausen (Germany)
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Historischer Triebwagen 23 in der Rautenstraße. Gebaut 1934 in Wismar.
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(#F9C700) ist aber nicht das heraldische Gold (#FCDD09)
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Nordhausen Gotha Tram nr 46 to Altentor, Arnoldplatz August 1989 - Flickr - sludgegulper.jpg
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An early evening tram waits at Arnoldplatz. Nordhausen had an attractive fleet of yellow DDR made cars. This was a side route to Altentor along which the tram depot lay. The Tramway celebrated its centenary in 2000 The main north-south route was served by equally attractive articulated cars in a similar GDR style. These single cars were double ended, and could operated without a turning circle. One of these trams has been preserved by the undertaking, Stadtwerke Nordhausen..... shown here in the same livery with centenary celebration graphics. home.arcor.de/heuer.c/gothawagen/staedte/nordhausen/nordh... Unfortunately, No 46 did not survive. This T57 Gotha car from 1959 arrived in Nordhausen from Gera. It was withdrawn in 1992 and spent some time as a school bisto before being scrapped.

Seen elsewhere at the same time and place, but from a front-on perspective
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Liniennetzplan der Straßenbahn Nordhausen
Swn80parkallee.jpg
Triebwagen 80 der Nordhäuser Straßenbahn (Gelenktriebwagen GT4 in den Farben der Stuttgarter Straßenbahnen AG) an der Haltestelle Parkallee, 23. 03. 2005
Nordhausen DUO TramTrain.jpg
A Nordhausen "DUO" tramtrain on the linking track between the urban tramway (where they are electrically powered via overhead wires) and the rural heavy rail HSB (Harzer Schmalspurbahn / Harz Narrow-Gauge Railway) - where they are powered via an onboard diesel engine. This vehicle is passing alongside the HSB station, the advertising board promotes the HSB's steam train services.
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Die Flagge des Landes und der Stadt Berlin.
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