Stehbolzen

Stehbolzen sind Metallbolzen, die mit einer ihrer Schnittkreisflächen fest mit einem Bauteil verbunden sind und somit auf diesem „stehen“. Über die Stehbolzen können dann weitere Bauteile mit dem ersten verbunden werden. Sie dienen als Befestigungsteile in vielen Bereichen des Maschinenbaus und der Elektrotechnik. Es gibt sie mit und ohne Gewinde.

Stehbolzen mit Gewinde

Stehbolzen (nach vorne) am Zylinderkopf eines Automotors
Zylinderkopf einer NSU Quickly mit Stehbolzenbefestigung (vier Zuganker)
Zuganker (untere Ecken) am Motor eines VW Käfer mit Kolbenschaden infolge abgerissenen Auslassventils

Stehbolzen mit Gewinde sind die heutzutage übliche Ausführung. Sie sind Befestigungsteile ähnlich den Schrauben, haben jedoch keinen Schraubenkopf zur Betätigung.

Zweck

Zweck eines Stehbolzens ist die Verbindung zweier oder mehrerer Maschinenteile. Es schafft bei einem teuren Maschinenteil eine Möglichkeit, an einer mechanisch sauber bearbeiteten, glatten und teils abdichtbaren Fläche ein anderes Bauteil anzuflanschen. Oftmals sind beide zu verbindenden Teile zwecks Abdichtung eben und glatt zu bearbeiten, in der Regel mittels Fräsen. Der teurere Teil wird geschützt, indem die Stehbolzen in ihm verbleiben. So wird das Gussteil (hier im Beispiel der Zylinderkopf) nicht der Gefahr ausgesetzt, dass ein Befestigungsgewinde durch oftmaliges Ein- und Ausschrauben beschädigt werden könnte, wie es bei einer Gewindebohrung für Schrauben geschehen kann.

Aussehen und Funktion

Zur Beschreibung der Funktion eines Stehbolzens ist die Betrachtung beider Gewindeenden vonnöten.

  1. Mit dem einen Gewinde wird der Stehbolzen in ein (in der Regel teures) Gehäuseteil eingeschraubt, das zu diesem Zweck mit Gewindebohrungen versehen wurde. Dieser Gewindeteil wird oftmals nie mehr wieder bewegt, bzw. erst dann, wenn ein Schaden am Stehbolzen eintritt.
  2. Das andere Gewindeende dient dem Befestigen eines anzuflanschenden weiteren Teils.

Im einfachen Fall besteht ein Stehbolzen lediglich aus einem durchgehenden Stück Gewindestange, das durch Umformen (Drahtziehen des Stabes und anschließendes Gewinderollen) hergestellt wird. Oftmals sind aber lediglich an beiden Enden die Gewinde des Stehbolzens durch Umformen (Gewinderollen) hergestellt; der Mittelteil bleibt zylindrisch, d. h. ohne Gewinde. Meist sind Einschraubgewinde und Befestigungsgewinde von gleicher Größe und Steigung. Mitunter befindet sich ein abgesetzter Bund in der Mitte des Stehbolzens.

Der Einschraubteil des Bolzens, mit dem er in ein Bauteil eingeschraubt wird, verbleibt in der Regel in dem Bauteil, ohne dass das Gewinde noch bewegt wird. Der aus dem Gehäuse herausragende Teil des Bolzengewindes dient der Befestigung eines mit einem Flansch ausgerüsteten Teils. Der Flansch des aufmontierten Teiles trägt Bohrungen für die Stehbolzen. Nach Aufstecken auf die Stehbolzen wird die Flanschverbindung fixiert, indem mit Unterlegscheiben und Muttern auf den Stehbolzen verschraubt wird.

Im Bild ist der Zylinderkopf eines PKW-Motors zu sehen, in umgedrehter Lage, mit den Verbrennungsräumen oben. Dem Betrachter zugewendet ist die Flanschseite, an der fünf Stehbolzen zu sehen sind, die dem Befestigen des Auspuffkrümmers dienen. Am Auspuffkanal ganz links, der zum Auslassventil führt, ist nur der untere Stehbolzen zu sehen, der obere fehlt. An den beiden nächsten Auspuffkanälen sind beide Stehbolzen eingeschraubt. Am rechten Auspuffkanal fehlen beide Stehbolzen. Die unteren Kanäle sind die Gaswege des Benzin-Luft-Gemisches zu den Einlassventilen.

Zur Montage von Stehbolzen werden Sackgewindehülsen oder Konterschrauben verwendet. Manche Stehbolzen haben einen Innensechskant oder einen Außentorx, sodass man sie mit einem Standardwerkzeug ein- und herausschrauben kann.

Eine Schraube ist ein Stahlteil, dessen Gewinde härter ist als das in ein Aluminium-Gussstück eingeschnittene Gewinde. Wird nun in ein teures Aluminiumgussteil eine Schraube schief oder versetzt montiert, so besteht hohe Gefahr, dass das schwächere Gewinde im teuren Aluminiumgussteil beschädigt wird. Man zieht daher vor, in das Aluminiumgewinde des teuren Teils einen Stahlgewindebolzen als Stehbolzen einzuschrauben, der dann in der Regel immer in dieser Bohrung verbleibt und mit seinem außen überstehenden Gewinde eine Befestigungsmöglichkeit für Flanschteile bietet.

Riskiert wird bei Verschraubungsfehlern nun nur noch der aus dem teuren Teil herausragende Gewindeteil des Stehbolzens. Im Fall einer Beschädigung des Bolzengewindes lässt sich ein Stehbolzen jedoch oft recht einfach austauschen. In aller Regel verbleiben somit Stehbolzen lange im wertvolleren Gehäuseteil. Sie können jedoch ausgewechselt werden, wenn zum Beispiel das obere, herausragende Befestigungsgewinde beschädigt sein sollte. Dann wird mit zwei gekonterten Muttern der Stehbolzen herausgedreht, oder aber er wird abgeschnitten und ausgebohrt, und gegen ein entsprechendes Neuteil ausgewechselt. Dieser Wechselvorgang ist risikobehaftet. Oftmals sind die unterschiedlichen metallischen Materialien dafür verantwortlich, dass durch elektrochemische Kontaktkorrosion die Verbindung im teuren Grundgehäuse oxidiert. Das weniger edle Metall des Gehäuseteiles, korrodiert. Damit wird das Herausdrehen eines stählernen Stehbolzens zum Risiko, indem das im Leichtmetall-Gussteil bestehende Gewinde beim Ausbau beschädigt werden kann. Zum Ausdrehen von Stehbolzen sollten daher zuvor korrosionslösende Mittel gesprüht werden und über mehrere Stunden einwirken.

In solchen Fällen einer Beschädigung des Grundgewindes wird oftmals ins Gehäuse ein Reparaturgewinde eingeschnitten, ein Gewinde mit größerer Bohrung und gleicher Steigung. In dieses größere Gewinde wird ein Reparatur-Gewinderohr mit Doppelgewinde innen und außen eingeschraubt, z. B. Helicoil, in dem wiederum ein Stehbolzen der ursprünglichen Gewindegröße neuen Halt hat.

Zuganker sind eine besondere, lange Bauform von Stehbolzen. Sie finden oftmals in der Motorentechnik zur Verbindung von Zylinderkopf, Zylindern und Motorengehäuse luftgekühlter Motoren Anwendung. Stehbolzen bzw. Zuganker finden sich auch in mittig verschlankter Ausführung, ähnlich den Dehnschrauben.

Letztlich sind Stehbolzen eine preiswerte und bewährte Möglichkeit, haltbare, öfter mal lösbare Befestigungsgewinde an teuren Werkstücken anzubieten, ohne dass ein Bohrungsgewinde in teuren Gusswerkstücken durch gelegentliches Hineindrehen von Schrauben gefährdet wird: der Stehbolzen wird einmal herstellerseitig montiert und verbleibt dann meist dauerhaft im teuren Gussteil. Damit wird das Risiko von Gewindeschäden aus dem teuren Gussteil heraus auf das stählerne Ende des Stehbolzens verlagert.

Daher findet man Stehbolzen in vielen Anwendungen der Elektrotechnik, des Maschinen- und Fahrzeugbaus.

Stehbolzen ohne Gewinde

Hinteres Ende eines aufgeschnittenen Dampflokomotivkessel. Die Nummern 2.1 und 2.3 zeigen die Stehbolzen.

Bei Stehbolzen ohne Gewinde wird das zweite Bauteil zum Beispiel mittels Nieten mit dem ersten verbunden. Ein Beispiel für Stehbolzen ohne Gewinde ist die Verbindung der Feuerbüchse mit dem Rest des Stehkessels bei Dampflokomotiven.

Weblinks

Commons: Stehbolzen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Stehbolzen – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

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Firebox cutaway.jpg
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Hinteres Ende des Schnittmodells eines Dampfkessels der Lokomotive 99 232 der Bad Doberaner Schmalspurbahn („Molli“). Gebaut von „Orenstein und Koppel“ Berlin-Drewitz 1932. Ausgestellt im „Mollimuseum“ in Kühlungsborn-West. Zu sehen sind:
  • die Feuerbüchse mit Feuertür (rechter Bildrand)
  • eingehängte Roststäbe (1.2) und Schmelzpfropfen (rot, 1.3)
  • Deckenstehbolzen (2.1)
  • Queranker des Stehkessels (2.2)
  • Stabstehbolzen der Stehkesselrückwand (2.3)
  • Bodenanker des Stehkessels (2.4)
  • Flansch des Dampfentnahmestutzens (2.5)
  • Flansch des Sicherheitsventils (2.6)
  • Dampfdom (3.5)
  • Im Langkessel davor liegend die Rauchrohre mit den eingeschobenen Überhitzerrohren.
QuicklyKopf.png
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Zylinderkopf einer NSZU Quickly Bj. 1964
Zylinderkopf VW1,8l 8V 4Zylinder.jpg
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Zylinderkopf eines Volkswagen-Motors mit 1,8 Litern Hubraum, 4 Zylindern, 8 Ventilen, Baujahr 1988, Motorkennbuchstabe RP. Oben zu sehen die eigentliche Unterseite, d.h. die Seite mit den Brennkammern, die zum Motorblock zeigt. Pro Zylinder ein Ein- und ein Auslassventil, wobei letzteres kleiner ist. In die dritte, kleinste Öffnung wird jeweils die Zündkerze eingeschraubt. Vorne zu sehen die entsprechenden Ein- und Auslasskanäle (letztere deutlich stärker verschmutzt), hier werden Ein- und Auslasskrümmer angeschraubt.
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Motorschaden VW Kaefer 03