Stanisław Dziwisz

Stanisław Kardinal Dziwisz
Wappen Stanisław Kardinal Dziwisz

Stanisław Jan Kardinal Dziwisz[1] [staˈɲiswaf ˈdʑivʲiʃ] (* 27. April 1939 in Raba Wyżna bei Krakau, Polen) ist ein polnischer Geistlicher und emeritierter römisch-katholischer Erzbischof von Krakau. Er war zuvor langjähriger Sekretär von Papst Johannes Paul II. und ist Mitglied in vielen polnischen Organisationen und Stiftungen.

Leben

Nach Beendigung des Allgemeinbildenden Lyzeums in Nowy Targ im Jahre 1957 besuchte Dziwisz das Höhere Geistliche Seminar in Krakau, wo er Philosophie und Theologie studierte.

Dziwisz empfing am 23. Juni 1963 durch den damaligen Krakauer Weihbischof Karol Wojtyla und späteren Papst Johannes Paul II. die Priesterweihe. Zwischen 1963 und 1965 war er Vikar in Maków Podhalański, danach vertiefte er seine theologischen Studien, die er 1967 mit dem Lizentiat abschloss. 1981 folgte die Promotion. Das Thema seiner Doktorarbeit lautete: Kult des heiligen Bischofs Stanislaus bis zum Konzil von Trient.

1966 wurde er Sekretär des Krakauer Erzbischofs Wojtyła,[2] Er galt als verschwiegen, ließ sich nach Berichten von Zeitzeugen nicht von der Geheimpolizei einschüchtern und war ein hervorragender Skifahrer, der seinen Erzbischof beim Wintersport begleiten konnte.[3] 1978 folgte er Wojtyła nach dessen Wahl zum Papst in den Vatikan. Am 18. Juni 1979 verlieh ihm Johannes Paul II. den Ehrentitel Kaplan Seiner Heiligkeit[4] (Monsignore) und am 3. Oktober 1985 den Titel Päpstlicher Ehrenprälat.[5] Am 7. Februar 1998 ernannte ihn Johannes Paul II. zum Titularbischof von San Leone und zum Beigeordneten Präfekten des Päpstlichen Hauses. Die Bischofsweihe spendete ihm Johannes Paul II. am 19. März desselben Jahres im Petersdom; Mitkonsekratoren waren Kardinalstaatssekretär Angelo Sodano und Kardinal Franciszek Macharski, Erzbischof von Krakau.[6] Am 29. September 2003 wurde er unter Beibehaltung seines Titularbistums zum Titularerzbischof pro hac vice erhoben. Er diente Johannes Paul II. bis zu dessen Tod am 2. April 2005.

Dziwisz gehörte zu dem kleinen Kreis derjenigen Geistlichen, die in der Sterbestunde des Papstes in seinen Gemächern anwesend waren. Dziwisz war ungewöhnlicherweise schon während seiner Tätigkeit als päpstlicher Privatsekretär zum Bischof geweiht worden. Spekulationen darüber, er könnte von Johannes Paul II. darüber hinaus auch zum Kardinal in pectore ernannt worden sein, bestätigten sich nach dem Tod des Papstes jedoch nicht. Insbesondere in den letzten Lebensjahren des Papstes galt Dziwisz als einer der einflussreichsten Geistlichen im Vatikan, vor allem, weil er entscheidenden Einfluss darauf nehmen konnte, welche Besucher Johannes Paul II. empfing. Selbst Einfluss auf Bischofsernennungen wurde ihm nachgesagt.

Am 1. Juni 2005 wurde die Ernennung durch Papst Benedikt XVI. zum Erzbischof von Krakau mit Wirkung zum 3. Juni 2005 bekannt gemacht. Der Vorgänger Dziwisz’, Kardinal Franciszek Macharski, hatte dem katholischen Kirchenrecht entsprechend schon drei Jahre zuvor, mit Erreichen des 75. Lebensjahres, seinen Rücktritt angeboten. Die Amtseinführung Dziwisz’ als Erzbischof von Krakau fand am 27. August 2005 statt. Dziwisz kündigte an, sein Amt im Geiste Wojtyłas ausüben zu wollen. Er war als Erzbischof von Krakau auch für einen Teil des durch Benedikt XVI. eingeleiteten Prozesses zur Seligsprechung Johannes Pauls II. verantwortlich. Am 31. August 2005, vier Tage nach seiner Amtseinführung, nahm er als Gesandter Benedikts XVI. an den Feierlichkeiten zum 25-jährigen Bestehen der Gewerkschaft Solidarność in Gdańsk teil. Papst Benedikt XVI. nahm ihn im Feierlichen Konsistorium am 24. März 2006 als Kardinalpriester mit der Titelkirche Santa Maria del Popolo in das Kardinalskollegium auf. Nach dem Rücktritt Benedikts XVI. nahm Kardinal Dziwisz am Konklave 2013 teil.

Dziwisz verfasste mehrere Schriften, z. B. Erinnerungen zum Papst-Attentat von 1981. Darüber hinaus ist er Vizepräsident der Stiftung Johannes Paul II.

Im November 2016 initiierte er die feierliche „Krönung Jesu Christi zum König Polens“.[7] Papst Franziskus nahm am 8. Dezember 2016 seinen altersbedingten Rücktritt vom Amt des Krakauer Erzbischofs an.[8]

Im Juli 2018 sprach sich Kardinal Dziwisz öffentlich für einen Seligsprechungsprozess für die Eltern Johannes Pauls II. aus, der im März 2020 im Erzbistum Krakau initiiert wurde.[9]

Kritik am Amtsverzicht des Papstes

Als Papst Benedikt XVI. am 11. Februar 2013 mit Wirkung zum 28. Februar 2013 auf sein Amt verzichtete und damit die erste freiwillige Amtsniederlegung eines Papstes seit 718 Jahren einleitete, kommentierte Kardinal Dziwisz als ehemaliger Papstsekretär Johannes Pauls II. diese Entscheidung des Papstes kritisch mit den bereits von Johannes Paul II. verwendeten Worten, dass man nicht vom Kreuz herabsteige[10]. Bei seiner letzten Generalaudienz am 27. Februar 2013 sagte Benedikt XVI. dazu: “Non abbandono la croce, ma resto in modo nuovo presso il Signore Crocifisso.” (deutsch: „Ich steige nicht vom Kreuz herab, sondern bleibe in neuer Weise dem gekreuzigten Herrn nahe.“).[11]

Kritik an Dziwisz

Papst Benedikt XVI. wurde vorgehalten, Dziwisz an die Spitze des Erzbistums Krakau berufen zu haben, obwohl diesem „das intellektuelle Format seiner Vorgänger“ gefehlt habe und er den nationalistischen Strömungen in der polnischen Kirche nichts habe entgegensetzen können.[12]

2007 warf die italienische Tageszeitung La Stampa Dziwisz vor, dem Papst Informationen über pädophile Verbrechen von Geistlichen vorenthalten zu haben.[13] Nach Publikationen über die pädophilen Übergriffe des Erzbischof von Washington, Theodore Edgar McCarrick, wurde Dziwisz 2020 vorgeworfen, zwei Jahrzehnte zuvor im Vatikan eine Überprüfung der damals bereits intern bekanntgewordenen Vorwürfe verhindert zu haben.[14] Eine Fernsehdokumentation von Marcin Gutowski unter dem Titel „Don Stanislao. Das zweite Gesicht des Kardinals Dziwisz“, in der auch Opfer pädophiler Übergriffe durch polnische Geistliche zu Wort kamen,[15] fand in Polen ein starkes Echo.[16] 2021 wurde der Dokumentarfilm auf dem World Media Festival in Hamburg ausgezeichnet.[17]

2021 widmete die polnische Rockband Big Cyc Dziwisz das Spottlied „Ostatni Don“ (Der letzte Don), in dem sie seine vorgebliche Vergesslichkeit bei der Aufklärung pädophiler Verbrechen aufs Korn nahm.[18]

Mitgliedschaften

Stanisław Kardinal Dziwisz ist Mitglied folgender Institutionen der römischen Kurie:

Auszeichnungen

Weblinks

Commons: Stanisław Dziwisz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Postanowienie nr rej. 36/2017 Prezydenta Rzeczypospolitej Polskiej z dnia 27 stycznia 2017 r. o nadaniu orderu. Abgerufen am 4. November 2019.
  2. Johannes Paul II. wollte Chinesisch lernen. In: Kath.net. 27. Januar 2007, abgerufen am 18. Februar 2016.
  3. Matthias Drobinski/Thomas Urban: Johannes Paul II. Der Papst, der aus dem Osten kam. München 2020, S. 102.
  4. Annuario Pontificio per l’anno 1982, Città del Vaticano 1982, S. 1774.
  5. Annuario Pontificio per l’anno 1987, Città del Vaticano 1987, S. 1846.
  6. Dziwisz, Stanisław. In: Salvador Miranda: The Cardinals of the Holy Roman Church. (Website der Florida International University, englisch), abgerufen am 22. August 2016.
  7. Oficjalnie: Jezus Chrystus "Królem Polski". Prezydent, posłowie i 6 tys. ludzi wzięło udział w uroczystości, gazeta.pl, 19. November 2016.
  8. Rinuncia dell’Arcivescovo Metropolita di Kraków (Polonia) e nomina del successore. In: Tägliches Bulletin. Presseamt des Heiligen Stuhls, 8. Dezember 2016, abgerufen am 8. Dezember 2016 (italienisch).
  9. Seligsprechungsprozess für Eltern von Johannes Paul II. startet. domradio.de, 12. März 2020, abgerufen am 2. April 2020.
  10. Feature: "Vom Kreuz steigt man nicht herab". In: Die Welt. 12. Februar 2013, abgerufen am 16. Mai 2018.
  11. Benedetto XVI Udienza Generale. 27. Februar 2013, abgerufen am 18. Februar 2016 (italienisch).
  12. Matthias Drobinski/Thomas Urban: Johannes Paul II. Der Papst, der aus dem Osten kam. Biographie. München 2020, S. 305.
  13. Giacomo Galeazzi: Preti pedofili, il segreto di Stanislao. La Stampa, 22. Februar 2007, archiviert vom Original am 29. August 2007; abgerufen am 15. Januar 2023 (italienisch).
  14. Matthias Drobinski, Oliver Meiler: Er nannte sie Neffen. sueddeutsche.de, 10. November 2020, abgerufen am 16. Oktober 2021.
  15. Marcin Gutowski: Moja sprawa nie jest jedyną, którą krył i kryje nadal kardynał Dziwisz. tvn24.pl, 9. November 2020, abgerufen am 16. Oktober 2021 (polnisch).
  16. Mocne oskarżenia pod adresem kardynała Stanisława Dziwisza. Reportaż TVN24. wprost.pl, 9. November 2020, abgerufen am 16. Oktober 2021 (polnisch).
  17. In den Medien www.worldmediafestival.org, 5. Juli 2021.
  18. Tomasz Gdaniec: Big Cyc uderza w kard. Dziwisza. "Powiadam Wam zaprawdę - ja nic nie wiedziałem. onet.pl, 15. Oktober 2021, abgerufen am 16. Oktober 2021 (polnisch).
  19. Nomina di Membri e di Consultori del Pontificio Consiglio per gli Operatori Sanitari. In: Tägliches Bulletin. Presseamt des Heiligen Stuhls, 5. Januar 2011, abgerufen am 18. Februar 2016 (italienisch).
  20. Aufstellung aller durch den Bundespräsidenten verliehenen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich ab 1952 (PDF; 6,9 MB)
VorgängerAmtNachfolger
Franciszek Kardinal MacharskiErzbischof von Krakau
2005–2016
Marek Jędraszewski

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His Eminence Stanisław Cardinal Dziwisz (born April 27, 1939 in Raba Wyżna), is a Polish prelate of the Roman Catholic Church
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(c) I, SajoR, CC BY-SA 2.5
Coat of Arms of the Polish Cardinal Stanisław Dziwisz, Archbishop of Cracow.