Sonnenallee (Film)

Film
TitelSonnenallee
ProduktionslandDeutschland
OriginalspracheDeutsch
Erscheinungsjahr1999
Länge92 Minuten
Altersfreigabe
Stab
RegieLeander Haußmann
DrehbuchThomas Brussig,
Detlev Buck,
Leander Haußmann
ProduktionClaus Boje,
Detlev Buck
MusikStephen Keusch,
Paul Lemp
KameraPeter Krause
SchnittSandy Saffeels
Besetzung

in kleineren Rollen u. a.: Us Conradi (Bürgerin der BRD), Robert Alan Packard (Indianer), Paul Faßnacht (Grenzsoldat), Jonathan Meese (Irrer Künstler), Leander Haußmann (Betrunkener)

Sonnenallee ist eine deutsche Filmkomödie von Leander Haußmann aus dem Jahr 1999. Sie thematisiert das Leben Ost-Berliner Jugendlicher im Angesicht der Berliner Mauer in der DDR der 1970er Jahre. Der Titel des Films bezieht sich auf die gleichnamige Straße in Berlin. Am südlichen Ende der Sonnenallee befand sich während der deutschen Teilung ein Grenzübergang zwischen West- und Ost-Berlin.

Das Drehbuch wurde gemeinsam von Thomas Brussig, Detlev Buck und Leander Haußmann entwickelt. Brussigs Roman Am kürzeren Ende der Sonnenallee erschien im selben Jahr. Bis 2003 sahen in Deutschland mehr als 2,6 Millionen Kinobesucher den Film.[1] Die Free-TV-Premiere auf Sat.1 sahen am 6. Oktober 2002 über 6,5 Millionen Zuschauer.[2]

Handlung

Erzählt wird in teils locker zusammenhängenden Episoden die Geschichte von Michael Ehrenreich und seinem besten Freund Mario. Beide wohnen am kürzeren Ende der Sonnenallee, besuchen die EOS (Erweiterte Oberschule) Wilhelm Pieck und stehen, wie die anderen Jungs aus der Clique, kurz vor dem Abitur. Neben der Frage, ob man sich um des Studiums willen für drei Jahre bei der NVA verpflichten soll, spielen die größtenteils verbotene West-Pop- und Rockmusik der 1970er Jahre, vor allem die der Rolling Stones, und natürlich die erste Liebe bzw. Mädchen für sie eine große Rolle. Dabei kämpfen sie auch mit dem Erwachsenwerden in einer Welt, in der sie von den Schikanen und Gefahren des DDR-Grenzregimes umgeben sind.[3]

Michas Onkel Heinz aus West-Berlin kommt sehr oft auf Besuch zur Familie Ehrenreich nach Ost-Berlin und klagt immer darüber, dass alles mit Asbest gebaut sei, und wie schlecht die DDR überhaupt sei, ganz zu schweigen von deren Zukunftsaussichten. Er ist es jedoch, der schließlich an Lungenkrebs stirbt.

Die Tatsache, dass Michaels Freund Mario sich aus privaten und existenziellen Gründen – seine Freundin ist schwanger – zur Stasi verpflichtet, ist für Michael ein schwerer Schlag im Hinblick auf ihre Freundschaft. Die Schlusssequenz zeigt, dass Michaels Werben um seine große Liebe Miriam endlich Erfolg hat.

Hintergrund

In dem Film wird auf humoristische Weise das Leben Jugendlicher in Ost-Berlin bzw. an der Berliner Sektorengrenze im Jahr 1973 geschildert. Dabei ist der Film nicht immer geschichtstreu und überzeichnet zum Teil bewusst typische Probleme der DDR-Bürger, um eine Handlung zu schaffen, die jeder versteht, ohne vorher ein Geschichtsbuch gelesen haben zu müssen, wie Haußmann im Interview anmerkt.

Dem Film ging eine fast dreijährige Vorbereitungsphase voraus. Er war Haußmanns erster Kinofilm; der Regisseur war zu diesem Zeitpunkt noch Intendant am Schauspielhaus Bochum. Die Hauptrollen spielten damals noch unbekannte Schauspieler, während viele Nebenrollen mit hoch dekorierten Schauspielern besetzt sind.

Viele Kritiker und auch der Delphi Filmverleih sehen in Haußmanns Film NVA die indirekte Fortsetzung von Sonnenallee, allerdings mit anderen Charakteren und Darstellern.

Kritiken

„Eine Geschichte im engeren Sinne hat das Regiedebüt des Bochumer Theaterfürsten Leander Haußmann nicht. Doch wer seine großartigen Schauspieler so gut führt, braucht nicht mehr als einige wiederkehrende Motive. […] Fazit: Kleiner DDR-Alltag ganz groß.“

„Haußmanns Kunststück besteht darin, zehn Jahre nach dem Mauerfall nicht noch mal mit einer Jammer-Arie über den Unrechtsstaat DDR zu langweilen, sondern sich Zeit und Herz zu nehmen für die Schilderung einiger ganz gewöhnlicher Jung-Ossis.“

Marianne Wellershoff: Der Spiegel[5]

„Abgegriffene Gags, die oft auf Schadenfreude basieren, sowie vorrangig auf oberflächliche Wiedererkennungseffekte hin angelegte Anekdoten machen ihn zum unzusammenhängenden Nummernprogramm. Hinzu kommt eine fahrlässige politische Unbekümmertheit.“

„[S]atirisches Nummernprogramm mit manchmal leicht durchhängendem roten Faden. […] Das saukomische, durchgängig von exzellenten Schauspielern getragene Hohelied auf die Jugendzeit zeugt von der Souveränität jener Ossis, die die DDR zwar nicht wiederhaben wollen, sich die Erinnerung an ihr darin gelebtes Leben aber auch nicht von Pharisäern vergällen lassen.“

Auszeichnungen

Musik

Zu den Gruppen, die den Film musikalisch unterstreichen, gehören:

Anmerkungen

  • Der Stromausfall in der Sonnenallee zu DDR-Zeiten hat wirklich stattgefunden,[8] jedoch nicht wegen der im Film verwendeten West-Stereoanlage.
  • Die Filmkulisse mit ihren Altbauten, der Straßenecke dicht an der Mauer und einer in Rufweite gelegenen westlichen Aussichtsplattform (die Berliner Straße auf dem Gelände des Filmstudios Babelsberg) ähnelt der Ecke Bernauer Straße/Eberswalder Straße. Mit der Umgebung des echten Grenzübergangs Sonnenallee gibt es dagegen nur wenig Ähnlichkeit.
Pausenhof der ehemaligen 30. POS „Paul Wengels“ in Berlin-Köpenick, Allende-Viertel II
  • Die Aufnahmen zu der legendären Tanzszene wurden in der ehemaligen 30. POS „Paul Wengels“ im Allende-Viertel II in Berlin-Köpenick gemacht. Da diese ehemalige Schule seit Sommer 1991 nicht mehr als solche genutzt wurde, sich aber in ihrer Ausstattung noch fast im Originalzustand befand, bot sie die ideale Kulisse für den Film. Einige wenige Außenaufnahmen wurden auch auf dem Pausenhof gemacht.
  • Die Kinofassung und die auf DVD und Video veröffentlichte Version sind gegenüber der Fernsehfassung leicht gekürzt.[9] In erster Linie wurden ernstere Szenen gekürzt.
  • Auf der Treppe zu Miriams Wohnung begegnet Micha Winfried Glatzeder, der in dem erfolgreichen DEFA-Spielfilm Die Legende von Paul und Paula von 1973 die Rolle des Paul gespielt hatte. Als Musik läuft das Lied „Geh zu ihr“ von den Puhdys, was auch aus „Die Legende von Paul und Paula“ stammt. Winfried Glatzeder bietet ihm ein Beil an, das Micha jedoch nicht braucht. Als Glatzeder in der gegenüberliegenden Wohnung verschwindet, sieht man auf der Wohnungstür ein Schild mit „Paul und Paula“.
  • Der zu Beginn gezeigte „West-Reisebus“ mit dem Kennzeichen B-V 2081 ist ein für den Film angemieteter Wagen der Berliner Verkehrsbetriebe BVG, der im Alltag für die Fahrschule und gelegentliche Sonderzwecke verwendet wurde.
  • Der gelbe Zeitungskiosk aus dem Film befand sich bis zum Herbst 2020 auf dem Gelände des Filmparks Babelsberg.
  • Die Schallplatte, die Wuschel das Leben rettet, als auf ihn geschossen wird („Sie ist kaputt – alle beide! Es war ‘n Doppelalbum ...“), ist Exile on Main St von den Rolling Stones.
  • In der 71. Minute sieht man ein Poster im Zimmer von Micha hängen, auf dem der Gitarrist von Black Sabbath, Tony Iommi, zusammen mit dem Drummer Cozy Powell zu sehen ist. Cozy Powell spielte bei Black Sabbath jedoch erst ab Mitte der 1980er Jahre.

Adaption

  • In der österreichischen Hauptstadt Wien wurde im 22. Gemeindebezirk eine Straße in Anlehnung an den Film benannt.[10]

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Filmhitliste: Jahresliste (deutsch) 2003 (Memento desOriginals vom 20. Februar 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.ffa.de, Filmförderungsanstalt, abgefragt am 25. September 2009.
  2. Thomas Lückerath: "Sonnenallee" beschert SAT.1 Traumquoten. In: DWDL.de. 7. Oktober 2002, abgerufen am 24. Januar 2022.
  3. Jasmin Herzog: Eine fast normale Jugend. Abgerufen am 16. Oktober 2019.
  4. Sonnenallee. In: cinema. Abgerufen am 3. Mai 2021.
  5. Marianne Wellershoff: „Sonnenallee“: Musik der Freiheit. In: Spiegel.de. 4. Oktober 1999, abgerufen am 3. Mai 2021.
  6. Sonnenallee. In: Lexikon des internationalen Films. Filmdienst, abgerufen am 2. März 2017.
  7. Renate Holland-Moritz: Die Filmhelden des Ostens. In: Eulenspiegel, 45./53. Jg., Nr. 12/99, ISSN 0423-5975, S. 46 f., hier S. 46.
  8. Sonnenallee. Interview mit Leander Haußmann und Thomas Brussig. Abgerufen am 25. Juni 2019.
  9. www.schnittberichte.com: Vergleich der Normalfassung und TV Extended Version
  10. Sonnenallee im Wien Geschichte Wiki der Stadt Wien

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Autor/Urheber: Susan Liebe, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Pausenhof der ehemaligen 30. POS Paul Wengels in Berlin Köpenick Allende Viertel II