Siegmund (Österreich-Tirol)

Sigismund von Tirol (Alte Pinakothek, München)

Si(e)gmund oder Sigismund genannt der Münzreiche, auch Herzog Siegmund von Tirol (* 26. Oktober 1427 in Innsbruck; † 4. März 1496 in Innsbruck) war Titularerzherzog von Österreich und Regent von Oberösterreich (Tirol und Vorderösterreich).

Wahlspruch: Um einen mit eingelegter Lanze rechts einsprengenden gepanzerten Reiter die Devise: Laudanda est voluntas.[1]

Leben

Siegmund gehörte der leopoldinischen Linie der Habsburger an. Er war der Sohn Herzog Friedrichs IV. und seiner zweiten Ehefrau Anna von Braunschweig-Göttingen (1390–1432), Tochter Herzog Friedrichs und seiner Ehefrau Anna von Sachsen.

Als sein Vater starb, war Siegmund gerade einmal zwölf Jahre alt. Friedrich III., dessen Vetter er war, wurde zu seinem Vormund bestellt. Um den Einfluss gegen Westen auszuweiten, sollte Siegmund die französische Königstochter Radegunde ehelichen, die Älteste Karls VII. des Siegreichen. Diese verstarb aber vor der Eheschließung im Jahre 1445. Da Tirol eine lukrative Einnahmequelle für Friedrich war, hielt er Sigmund bis zu seinem 19. Lebensjahr praktisch gefangen. Erst als die Tiroler Stände ihm mit Krieg drohten, ließ er den jungen Sigmund ziehen.

Unter Siegmund errichtete Zollstätte in Kollmann bei Barbian in Südtirol

1446 nahm Sigmund seine Regentschaft über Tirol und Vorderösterreich auf, sein Regierungssitz wurde Innsbruck. Er hatte, bis zu dessen Tod, einen Konflikt mit Nikolaus Cusanus, dem damaligen Bischof von Brixen, um die Gebiete des Inn-, Eisack- und Pustertales. Am 12. Februar 1449 heiratete Sigmund in Innsbruck in erster Ehe Prinzessin Eleonore von Schottland (1431–1480), Tochter König Jakobs I. von Schottland und seiner Ehefrau Joan Beaufort.

1451 erwarb er die halbe Grafschaft Bregenz[2] von Elisabeth von Hochberg (Hachberg), der Erbtochter des Wilhelm VII. von Montfort († 1422). 1453 gewann er auch Tannberg und Mittelberg (Großes und Kleines Walsertal) und setzte seine Gemahlin Eleonore als Herrscherin ein.[3] Im selben Jahr bestätigte er dem Augsburger Bischof Peter von Schaumberg die Rechte des Hochstifts Augsburg über dessen Besitzungen im Inntal und an der Etsch.[4] Am 10. Mai 1458 erhielt er im Erbstreit Habsburgisch-Schwaben von Erzherzog Albrecht VI., das er jedoch 1461 wieder an diesen abtrat.[5]

Der Konflikt mit dem inzwischen zum Kardinal gekürten Nikolaus Cusanus, der sich an besitzrechtlichen Problemen entzündete, wuchs sich zu einem Grundsatzstreit zwischen kirchlicher und weltlicher Gewalt aus und hatte für Sigmund 1460 den Kirchenbann durch Papst Pius II. zur Folge.[6]

Prinzessin Katharina von Sachsen

Da er wegen seines ausschweifenden und zügellosen Lebensstils eine große Menge an Schulden anhäufte, verpfändete er 1469 durch den Vertrag von Saint-Omer an Karl dem Kühnen (dem Herzog von Burgund) die Grafschaft Pfirt (das Erbe seiner Urgroßmutter), die Landgrafschaft Elsaß, den Breisgau und einige weitere Städte, behielt aber den Sundgau und für sich das Recht auf Rückkauf.[7] Dafür erwarb er 1474 mit der Grafschaft Sonnenberg, die er Eberhard I. von Waldburg-Sonnenberg abkaufte, weiteres Gebiet im späteren Vorarlberg.[3]

1453 wurde Sigmund von Kaiser Friedrich (gemeinsam mit ihm selbst und den anderen Habsburgerherzögen) offiziell zum Erzherzog erhoben.

Am 24. Februar 1484 heiratete er in Innsbruck in zweiter Ehe die 16-jährige Prinzessin Katharina von Sachsen (1468–1524), Tochter Herzog Albrechts des Beherzten von Sachsen und seiner Ehefrau Sidonie von Böhmen. Die Ehe blieb kinderlos. Allerdings soll Siegmund eine große Zahl unehelicher Kinder gehabt haben. Diese Kinder begannen – zu Ehren ihres Großvaters – seinen Kosenamen zu führen.

Noch im gleichen Jahr verlegte er die Tiroler landesfürstliche Münzprägestätte von Meran nach Hall in Tirol, wodurch er für diese Stadt – als damaliges Zentrum des Tiroler Salzhandels und westliche Kopfstation der Innschifffahrt – den Aufstieg zur wichtigsten Handelsstadt des Landes einleitete. Der Münzreiche gilt somit auch als Vater des in Hall 1486 erstmals geprägten, berühmten Guldiners, der ein Vorbild für die gesamte Europäische Talerprägung (16.–18. Jahrhundert) wurde.[8] Zugleich – im Laufe des gesamten letzten Viertel des 15. Jahrhunderts – ließ Sigmund die bei Bozen gelegene Burg Firmian zur monumentalen, nach ihm benannten Militärfestung Sigmundskron ausbauen, um über eine Garnison an der Grenze zum oberitalienischen Raum zu verfügen.[9]

Portalwappenstein Herzog Sigmunds an der Feste Sigmundskron bei Bozen, datiert 1474
6 Kreuzermünze mit Porträt Sigismunds des Münzreichen
Rückseite der 6 Kreuzermünze mit Wappen

Herzog Siegmund förderte an seinem Hof humanistische Literaten und Übersetzer wie Heinrich Steinhöwel sowie die Produktion juristischer, historiografischer und anderer Schriften und besoldete bedeutende Mediziner seiner Zeit wie Ulrich Ellenbog und Adolph Occo oder Klaus von Matrei als Leibärzte.[10]

1486 kaufte der Herzog von Bayern-Landshut Georg von Sigmund für 52.011 Gulden die an den Bischof von Augsburg verpfändete Markgrafschaft Burgau einschließlich Günzburg. 1487 kaufte Georg zusammen mit seinem Vetter Albrecht IV. von Bayern-München für 50.000 Gulden von Herzog Sigmund für 10 Jahre die Verwaltung der vorderen Lande Tirols. Dies missfiel jedoch Kaiser Friedrich III. Gegen die Expansionsbestrebungen der beiden Wittelsbacher rief er den Schwäbischen Bund ins Leben. 1489 musste Georg als Preis für den Friedensschluss mit dem Kaiser nicht nur 36.000 Gulden bezahlen, sondern auch auf die Markgrafschaft Burgau verzichten. Am 10. Juli 1489 schloss Georg auch Frieden mit dem Schwäbischen Bund und trennte sich von Albrecht.

Sigmund begann derweil 1487 einen Angriffskrieg gegen Venedig, der jedoch beiden Seiten keinen Gebietsgewinn brachte. Eine Folge dieses Konflikts war die Verlegung der bedeutenden Bozner Märkte nach Mittenwald, und in Abhängigkeit von seinem Geldgeber Georg Gossembrot, dem Burgherrn von Ehrenberg bei Reutte, erließ Siegmund im Jahr 1488 eine Weisung, Waren nach Augsburg über Telfs und den Fernpass und nicht mehr über den Zirler Berg, Seefeld und Scharnitz zu transportieren.[11] 1490 musste er auf massives Drängen der Tiroler Stände hin die Regierungsangelegenheiten an König Maximilian I. übergeben, und das ganze Habsburgerreich kam wieder in gemeinsame Hand.

Als Erzherzog Sigmund 1496 starb, erlosch die Tiroler Nebenlinie der leopoldinischen Linie. Er wurde im Stift Stams beigesetzt, wo eine Statue im so genannten Österreichischen Grab an ihn erinnert.

Genealogie

Vorfahren

 
 
 
 
 
Albrecht der Weise/Lahme (1298–1358), Herzog von Österreich
Haus Habsburg
 
 
 
 
Leopold der Gerechte (1351–1386), Herzog von Österreich, dann Herzog von Innerösterreich
 
 
 
 
 
Johanna von Pfirt (1300–1351)
Haus Scarponnois
 
 
 
Friedrich mit der leeren Tasche (1382–1439), Herzog in Oberösterreich
 
 
 
 
 
 
Bernabò Visconti (1323–1385), Herr von Mailand
Haus Visconti
 
 
 
Viridis Visconti (1350–1414)
 
 
 
 
 
Beatrice della Scala († 1384)
Familie der Scaliger
 
 
 
Siegmund der Münzreiche (1427–1496), Erzherzog in Oberösterreich
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Magnus II. Torquatus (1324–1373), Herzog zu Braunschweig-Lüneburg
Haus der Welfen
 
 
 
Friedrich I. (1357/8–1400), Herzog zu Braunschweig und Lüneburg
 
 
 
 
 
Katharina von Anhalt-Bernburg
 
 
 
Anna von Braunschweig (1390–1432)
 
 
 
 
 
 
 
 
Wenzel I. (1337–1388), Herzog von Sachsen-Wittenberg
Haus der Askanier
 
 
 
Anna von Sachsen-Wittenberg († 1426)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Cäcilia von Carrara
 
 

Nachkommen

Aus erster Ehe 1449 mit Prinzessin Eleonore (1431–1480), Tochter des Königs Jakob I. von Schottland und dessen Ehefrau Joan Beaufort gab es keine Nachkommen. (Dass es einen – verschiedentlich in der Literatur erwähnten – Sohn Wolfgang (*/† 20. November 1480) gegeben habe, gilt inzwischen als widerlegt. Hier dürfte eine Verwechslung mit dem bereits als Kind verstorbenen gleichnamigen älteren Bruder des Herzogs vorliegen.[12])

Auch aus zweiter Ehe 1484 mit Prinzessin Katharina (1468–1524), Tochter des Herzog Albrecht des Beherzten von Sachsen und dessen Ehefrau Prinzessin Sidonie von Böhmen erwuchsen keine Nachkommen.

Mit Sigismund endete die Tiroler Nebenlinie der Habsburgischen Leopoldiner.

Varia

Im Wiener Schloss Belvedere befindet sich ein Porträt von Sigismund dem Münzreichen, bei dem auf dem Wams des Dargestellten eine Fliege abgebildet ist.[13] Es ist unklar, ob diese Fliege als Symbol der Vergänglichkeit interpretiert werden muss oder als Trompe-l’œil: Bereits bei Flavius Philostratos findet sich die Geschichte eines Malers, der das Talent eines Konkurrenten anerkennen musste, nachdem er versucht hatte, eine gemalte Fliege zu verjagen. Ähnliches wurde auch über den jungen Giotto und seinen Lehrmeister berichtet.

Literatur

Weblinks

Commons: Siegmund, Erzherzog von Österreich – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Übersetzt nach Fugger: „Der Will’ hat Lob/Auch ohne Prob’.“ Jakob Fugger: Spiegel der Ehren des Hochlöblich Kaiser- und Königlichen Erzhauses Oesterreich. Nürnberg, 1668. S. o. A., zitiert nach Lit. Wurzbach: Biographisches Lexikon 7, S. 146, Sigismund von Tirol
  2. Die ältere Herrschaft, die andere Hälfte kaufte Ferdinand I. 1523.
  3. a b Manfred Scheuch: Österreich – Provinz, Weltreich, Republik. Ein historischer Atlas. Verlag Das Beste, Wien 1994, ISBN 3-87070-588-4, Das Werden Vorarlbergs, S. 46 f.
    Den Titel der Grafen von Bregenz und Sonnenberg führen die Habsburger bis 1918 im Großen Titel
  4. Die tirolischen Weisthümer. I. Theil: Unterinntal. Braumüller, Wien 1975, S. 1–3.
  5. Konstantin Moritz A. Langmaier: Erzherzog Albrecht VI. von Österreich (1418–1463). Ein Fürst im Spannungsfeld von Dynastie, Regionen und Reich. Köln u. a. 2015, S. 522f.
  6. Oswald Stimpfl: Südtirol, S. 55. Verlag Karl Baedeker, Ostfildern
  7. Nach neueren Forschungsergebnissen ist diese Information unrichtig. Sigmund hat alle diese Gebiete nicht an Karl den Kühnen verkauft, sondern diesem nur verpfändet, weswegen sie auch in der Folge als die Burgundischen Pfandschaften bezeichnet wurden. Baum weist überzeugend nach, dass die Schulden, wegen deren Begleichung Sigmund diese Verpfändung durchgeführt hat, nicht mit seinem Lebenswandel zusammenhingen, sondern mit seinem letzten Krieg gegen die Eidgenossen, vgl. dazu Wilhelm Baum: Sigmund der Münzreiche. Zur Geschichte Tirols und der habsburgischen Länder im Spätmittelalter, Bozen 1987.
  8. Gerald Aichner: Hall in Tirol und die Salzregion. Berenkamp, ISBN 3-85093-043-2
  9. Hannes Obermair: How to record a conflict? In: Communities and Conflicts in the Alps from the Late Middle Ages to Early Modernity. Ed. by Marco Bellabarba et al., Bologna-Berlin 2015. ISBN 978-3-428-14821-9, S. 105.
  10. Peter Assion: Siegmund von Tirol. In: Verfasserlexikon. Band VIII, Sp. 1212–1214.
  11. Thomas Kühtreiber: Straße und Burg. Anmerkungen zu einem vielschichtigen Verhältnis, S. 286. In: Kornelia Holzner-Tobisch, Thomas Kühtreiber, Gertrud Blaschitz (Hrsg.): Die Vielschichtigkeit der Straße. Kontinuität und Wandel in Mittelalter und früher Neuzeit, Veröffentlichungen des Instituts für Realienkunde des Mittelalters und der frühen Neuzeit 22, Wien 2012, S. 263–301.
  12. Klaus Brandstätter: Die Tiroler Landesfürstinnen im 15. Jahrhundert. In: Margarete Maultasch. Zur Lebenswelt einer Landesfürstin und anderer Tiroler Frauen des Mittelalters. Hrsg. v. Julia Hörmann-Thurn und Taxis. (= Schlern-Schriften 339). 2007, S. 180, Fußnote 30
  13. Abbildung: https://digital.belvedere.at/objects/3645/bildnis-sigismund-der-munzreiche-erzherzog-von-tirol
VorgängerAmtNachfolger
Friedrich IV.Graf von Tirol
Graf von Feldkirch
Markgraf von Burgau
Graf von Kyburg
etc.
(Vorderösterreich)

1439–1490
Maximilian I.
Friedrich IV.Graf von Pfirt
Landgraf im Elsaß
(Vorderösterreich)
1439–1469
Karl der Kühne
Elisabeth von HochbergGraf von Bregenz
1451–1490
Maximilian I.
Eberhard I. von Waldburg-SonnenbergGraf von Sonnenberg
1474–1490
Maximilian I.

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