Sepulkralkultur

Eine verzierte Urne

Sepulkralkultur (lat. sepulcrum, „Grab[lege]“) umfasst die Kultur des Todes, des Sterbens, des Bestattens sowie des Trauerns und kann im weitesten Sinne auch als Trauer- und Begräbniskultur sowie als Gesamtheit aller Riten im Bereich eines Grabes verstanden werden. Der Begriff Funeralkultur (lat. funus, „Begräbnis“) ist synonym, aber weniger etabliert.[1] Teil der Begräbniskultur sind Bestattungsorte wie Kirch-/Friedhöfe und Krematorien, Naturbestattungen, Gräberfelder, Nekropolen, Särge und Grabbeigaben sowie Gegenstände und Dokumente des Totengedenkens wie Grabmale, Inschriften und Haarbilder[2] sowie schriftliche Zeugnisse, sogenannte Funeralschriften, wie Totengedenkbücher, Trostgedichte, Briefe, Trauerkompositionen und Leichenpredigten.

In Kassel gibt es das Zentralinstitut und Museum für Sepulkralkultur, das sich der wissenschaftlichen Erforschung der Thematik widmet. Es zeigt eine Dauer- und Wechselausstellungen zur Geschichte der Sepulkralkultur.

An der Universität Regensburg gibt es seit Wintersemester 2020/2021 den Masterstudiengang Perimortale Wissenschaften, der sich aus interdisziplinärer Perspektive mit den Themen der Sepulkralkultur beschäftigt.

Funeralkunst

(c) Martin Thurnherr, CC BY-SA 4.0
Totenschädel am Eingang zum Friedhof in Widnau

Zur Sepulkralkultur zählt auch die Sepulkralkunst (oder Funeralkunst). Dazu gehören etwa Kruzifixe, kunstvoll gestaltete Grabsteine und Kunstwerke, die oft ein ganzes ikonografisches Programm umfassen. So schuf der Schweizer Bildhauer Albert Wider 1973 auf dem Friedhof in Widnau mittels seiner Figurengruppen und architektonischer Elemente (Nischen, vorspringende Quader, Mauern) eine Bühne, um seine religiöse Botschaft für die Besucher des Friedhofs ins Bild zu setzen. Das typische Vanitas-Symbol, der Totenschädel am Eingang zum Friedhof, konfrontiert die Eintretenden mit ihrem eigenen Tod, dem Ende ihres eigenen Lebens. Sie betreten das Reich des Todes. Wenige Schritte weiter treffen sie auf die tröstliche Auferweckung des Jünglings von Naïm und jener der Tochter des Jaïrus. Auf dem Höhepunkt dieser Wunder treffen sie auf die unglaubliche Erweckung des Lazarus, der mehrere Tage nach seinem Tod bereits Zeichen der Verwesung aufweist und nun als Lebender seinem Grab entsteigt. Gegenüber der Leichenhalle sitzt ein reich gekleideter Jüngling auf einer Bank. Es ist der Osterengel. Er weist mit seiner Linken auf das leere Grab und mit seiner Rechten in den Himmel. Die Geste ist leicht verständlich. Christus ist auferstanden. Und wer an mich glaubt, wird ewig leben.

Siehe auch


Literatur

  • Reiner Sörries, Wolfgang Neumann: Kisten, Kutsche, Karavan. Auf dem Weg zur letzten Ruhe. (= Begleitpublikation zur gleichnamigen Ausstellung im Museum für Sepulkralkultur). Arbeitsgemeinschaft Friedhof und Denkmal, Kassel 1999, ISBN 3-924447-17-9.
  • Zentralinstitut für Sepulkralkultur Kassel (Hrsg.): Großes Lexikon der Bestattungs- und Friedhofskultur. Wörterbuch zur Sepulkralkultur. 5 Bände. Thalacker Medien, Braunschweig seit 2002, DNB 963152122.
    • Band 1: Volkskundlich-kulturgeschichtlicher Teil: Von Abdankung bis Zweitbestattung. Thalacker-Medien, Braunschweig 2002, ISBN 3-87815-173-X.
    • Band 2: Archäologisch-kunstgeschichtlicher Teil: Von Abfallgrube bis Zwölftafelgesetz. Thalacker-Medien, Braunschweig 2005, ISBN 3-87815-182-9.
    • Band 3: Praktisch-aktueller Teil. Von Abfallbeseitigung bis Zwei-Felder-Wirtschaft. Praxis und Gegenwart. Thalacker-Medien, Braunschweig 2010, ISBN 978-3-940087-67-6.
    • Band 4: (noch nicht erschienen).
    • Band 5: Biographien. Biographischer Teil: von Abraham â Sancta Clara bis Johannes Zwingli. Thalacker-Medien, Braunschweig 2016, ISBN 978-3-943787-53-5.
  • Märkisches Museum Berlin (Hrsg.): Grabmalskunst aus vier Jahrhunderten. Epitaphien und Grabdenkmäler in der Nikolaikirche zu Berlin. Katalog der Sepulkralplastik. Bearbeitet von Knut Brehm in Zusammenarbeit von Donata Kleber, Hans-Joachim Veigel und Uwe Winkler. Märkisches Museum und Argon Verlag, Berlin 1994, ISBN 3-87024-270-1.
  • Martin Sonntag (Hrsg.): Auf Leben und Tod! Cartoons und Karikaturen. 2. Auflage. Lappan Verlag GmbH, Hamburg 2017, ISBN 978-3-8303-3453-8.
  • Norbert Fischer: Vom Gottesacker zum Krematorium. Eine Sozialgeschichte der Friedhöfe in Deutschland seit dem 18. Jahrhundert. Köln/Weimar/Wien 1996 (Online).
  • Ute Ecker: Grabmal und Epigramm. Studien zur frühgriechischen Sepulkraldichtung. Stuttgart 1990.
  • Kristian Fechtner: Trauerkulturen im Umbruch. In: Internationale Zeitschrift für Philosophie und Psychosomatik (E-Journal) 1/2012 (Digitalisat).
  • Heike Christina Mätzing: Friedhöfe als historische Lernorte. Eine Problemskizze. In: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 7+8/2013, S. 455–469.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Sörries 2002, S. 103.
  2. Sörries 2002, S. 282f.

Auf dieser Seite verwendete Medien

Albert Wider Totenkopf 01.jpg
(c) Martin Thurnherr, CC BY-SA 4.0

Der Bronzeschädel findet sich am östlichen Eingang zum Friedhof. Von der Josefskirche führt der direkte Weg über den Kirchplatz vorbei an Albert Widers Schöpfung zu diesem Eingang mit dem bekannten Vanitas-Symbol für die Vergänglichkeit allen Irdischen. Die ursprünlich begleitende Schlange des Schädels, die an den ersten Sündenfall der Menschheit im Paradies erinnerte, ist seit Jahren verschwunden. Der Totenschädel konfrontiert die Besucher mit deren eigenem Sterben und Lebensende. Man betritt hier das Reich des Todes. Umso wunderbarer erscheinen die nachfolgenden drei Erweckungsszenen: die Erweckung des Jünglings von Naîm, der Tochter des Jaïrus und des Lazarus.

Forget me not (25789505395).jpg
Autor/Urheber: Sheila Sund from Salem, United States, Lizenz: CC BY 2.0

Do not stand at my grave and weep
I am not there. I do not sleep.
I am a thousand winds that blow.
I am the diamond glints on snow.
I am the sunlight on ripened grain.
I am the gentle autumn rain.
When you awaken in the morning's hush
I am the swift uplifting rush
Of quiet birds in circled flight.
I am the soft stars that shine at night.
Do not stand at my grave and cry;
I am not there. I did not die.

~Mary Elizabeth Frye