Schweizer Parlamentswahlen 1971

1967Gesamterneuerungswahlen
des Nationalrats 1971
1975
Wahlbeteiligung: 56,9 %
 %
30
20
10
0
22,90
21,82
20,32
11,07
7,63
4,03
3,20
2,58
2,19
4,26
Gewinne und Verluste
im Vergleich zu 1967
 %p
   6
   4
   2
   0
  -2
  -4
−0,63
−1,88
−1,73
−0,85
−1,42
+4,03
+2,57
−0,31
−0,21
+0,38
Bundeshaus in Bern:
Sitz des Schweizer Parlaments

Die Schweizer Parlamentswahlen 1971 fanden am 31. Oktober 1971 statt. Dabei waren die 200 Mandate des Nationalrats sowie 31 der 44 Mandate im Ständerat neu zu vergeben. Diese 39. Legislaturperiode dauerte vier Jahre bis Oktober 1975. Es waren die ersten Nationalratswahlen, bei denen Männer und Frauen stimmberechtigt waren.

Grosse Wahlsieger waren die beiden „Überfremdungsparteien“, die Republikaner (REP) und die Nationale Aktion. Die Nationale Aktion steigerte sich von 1 auf 4 Sitze, die Republikaner waren neu mit 7 Mandaten vertreten. Ein kleinerer Wahlsieger war die EVP, die ihren Wähleranteil klar steigern konnte, jedoch keinen Sitz gewann. Die neugegründete SVP erreichte einen leicht tieferen Wähleranteil als ihre Vorgängerparteien (BGB und Bündner Demokraten) und gleichviele Sitze. Die drei Grossparteien, die LPS und die Wahlsieger von 1967 (LdU und PdA) verloren Wähleranteile. Dabei kam es zu aussergewöhnlich hohen Sitzverlusten für die Sozialdemokraten (5 ihrer bisherigen 51 Sitze) und den Landesring (13 statt 16 Mandate).[1]

Im Ständerat gab es keine grossen Veränderungen. SPS und legten um 2 Sitze zu. Die SVP verzeichnete reell ein Mandatsverlust, weil sie nur einen der beiden demokratischen Ständeratssitze aus Glarus halten konnte.

Die Wahlbeteiligung bei den Nationalratswahlen 1971 erreichte mit 56,9 % ihren damals tiefsten Wert seit der Einführung der Proporzwahl 1919, sie sank aber bei folgenden Wahlen noch weiter und erreichte 1995 mit 42,2 % ihren vorläufigen Tiefpunkt.[2]

Wahlmodus

Nationalrat

Die Nationalräte werden seit 1919 nach dem Proporzwahlsystem gewählt, d. h. die Sitze werden nach dem Wähleranteil der Parteilisten in den einzelnen Kantonen verteilt und erst innerhalb der Liste gemäss den Personenstimmen. Die Anzahl Sitze pro Kanton werden anhand der Einwohnerzahl bestimmt.

Ausführlicher hierzu: Nationalrat (Schweiz) – Wahlverfahren

Ständerat

Jeder Kanton wählt seit 1848 zwei Vertreter für den Ständerat (ehemalige Halbkantone: einen Vertreter). Die Ständeratswahlen richten sich nach kantonalem Recht. In den meisten Kantonen wurde am 29. Oktober auch die Ständevertretung gewählt. Dabei kam es zu mehreren 2. Wahlgängen. In den Kantonen Appenzell Innerrhoden, Nidwalden und Obwalden wählten die Landsgemeinden die Ständeräte. Die Kantone Graubünden (Wahlperiode von 1968 bis 1972) und Zug (1970–1974) hatten abweichende Wahltermine. In den Kantonen Bern und Freiburg wurden die Ständeräte vom Kantonsparlament gewählt. In 7 Kantonen (GL, GR, SG, SZ, TG, UR und ZG) und 4 Halbkantonen (AI, AR, NW und OW) waren Frauen für die Ständeratswahlen nicht stimmberechtigt.

Ausführlicher hierzu: Ständerat – Wahlverfahren

Resultate Nationalrat

Parteien, Stimme, Sitze

Die landesweiten Ergebnisse sahen wie untenstehend dargestellt aus. Resultate aus den Kantonen finden sich unter Schweizer Parlamentswahlen 1971/Resultate Nationalratswahlen.

Insgesamt 200 Sitze
ParteiWähler%(+/-)Sitze(+/-)
Sozialdemokratische Partei456'23322,90 %−0,53 %461-5
Freisinnig-Demokratische Partei2434'72121,82 %−1,88 %49−1
Christlichdemokratische Volkspartei404'76320,32 %−1,73 %44−1
Schweizerische Volkspartei3220'48711,07 %−0,85 %23±0
Landesring der Unabhängigen152'0867,63 %−1,42 %13−3
Republikanische Bewegung80'3094,03 %+4,03 %7+7
Nationale Aktion gegen die Überfremdung von Volk und Heimat63'7813,20 %+2,57 %4+3
Partei der Arbeit51'3412,58 %−0,31 %5±0
Liberale Partei der Schweiz43'7102,19 %−0,15 %6±0
Evangelische Volkspartei42'7782,15 %+0,58 %3±0
Unabhängige Christlich-soziale Parteien (BE, FR)5'9460,30 %+0,30 %0±0
Partito Socialista Autonomo (PSA) (TI)45'2710,26 %+0,26 %0±0
Vigilance (GE)4'3910,22 %+0,05 %0±0
Team 67 (AG)3'7600,19 %−0,13 %0±0
Landsektionen der nationalen Aktion (ZH)53’0600,15 %+0,15 %0±0
Mouvement sociale indépendant (VS)62'9180,15 %+0,01 %0±0
Freie Stimmberechtigte und parteilose Wähler (AG)2'6750,13 %−0,08 %0±0
Wir wollen wählen (SZ)2'6050,13 %+0,13 %0±0
Parti progressiste national (NE)72'4260,12 %+0,12 %0±0
Europäische Föderalistische Partei (ZH, AG, SG)2'1800,11 %+0,11 %0±0
Progressive Organisationen der Schweiz (BS+SG)1'8200,09 %+0,09 %0±0
Erwa-Bund (Kampf für Recht und Umweltschutz) (ZH)1'1470,06 %+0,06 %0±0
Helvetische Volksbewegung gegen die Überfremdung (ZH)9310,05 %+0,05 %0±0
Die Initianten (ZH)7100,04 %+0,04 %0±0
Freie Wähler für Bildung und Fortschritt (AG)5960,03 %+0,03 %0±0
Freie Oppositionelle Partei Basel (BS)2880,01 %+0,01 %0±0
Schweizervolk-Partei (ZH)2600,01 %−0,02 %0±0
Volkstümlich (BE)1550,01 %+0,01 %0±0
Vereinzelte Stimmen in Einerwahlkreisen (AI, GL, NW, OW, UR)9060,04 %+0,01 %0±0
Total1'992'316100 %200±0
1 
1967 war Karl Dellberg auf einer unabhängigen sozialdemokratischen Liste in den Nationalrat gewählt worden, hatte sich danach aber wieder der SP-Fraktion angeschlossen. Ohne Berücksichtigung dieses Sitzes hätte die SP nur vier Sitze verloren.
2 
Ergebnis 1967 inklusive DP Zürich
3 
Ergebnis 1967 inklusive DP Graubünden
4 
auf deutsch: Unabhängige Sozialistische Partei
5 
Infolge von parteiinternen Konflikten traten einige Zürcher NA-Sektionen von ausserhalb der Stadt Zürich mit einer eigenen Liste zu den Nationalratswahlen an und verbündeten sich mit den Republikanern.[3]
6 
auf deutsch: Unabhängige Sozialbewegung
7 
auf deutsch (sinngemäss): Nationale Fortschrittspartei

Wähleranteile in den Kantonen (mit mehreren Sitzen)

Wählerzahlen, Prozente kleinerer Parteien und Namen der Gewählten unter Schweizer Parlamentswahlen 1971/Resultate Nationalratswahlen

KantonSPFDPCVPSVPLdUREP/VNAPdALPSEVP
Kanton Aargau Aargau23,9 %15,9 %20,0 %12,5 %9,4 %5,8 %3,4 %3,8 %
Kanton Appenzell Ausserrhoden Appenzell Ausserrhoden37,4 %62,5 %
Kanton Basel-Landschaft Basel-Landschaft28,2 %23,0 %13,3 %11,8 %13,8 %10,0 %
Kanton Basel-Stadt Basel-Stadt30,4 %11,5 %11,2 %12,7 %4,9 %8,0 %6,1 %13,0 %
Kanton Bern Bern31,0 %17,2 %5,4 %29,3 %6,3 %2,1 %3,7 %4,1 %
Kanton Freiburg Freiburg19,9 %24,7 %41,5 %8,7 %
Kanton Genf Genf19,1 %19,2 %6,2 %5,4 %1,4 %20,9 %14,0 %
Kanton Graubünden Graubünden13,9 %14,8 %37,3 %34,0 %
Kanton Luzern Luzern12,4 %30,0 %48,8 %8,7 %
Kanton Neuenburg Neuenburg30,6 %24,3 %10,1 %13,7 %16,0 %
Kanton Schaffhausen Schaffhausen40,2 %33,1 %8,1 %12,2 %6,4 %
Kanton Schwyz Schwyz29,0 %20,4 %38,5 %
Kanton Solothurn Solothurn26,3 %34,3 %27,7 %7,2 %4,6 %
Kanton St. Gallen St. Gallen14,6 %23,6 %44,0 %7,0 %7,0 %3,0 %
Kanton Tessin Tessin13,2 %38,4 %34,8 %2,4 %1,7 %2,7 %
Kanton Thurgau Thurgau20,7 %16,9 %23,4 %26,0 %8,8 %4,2 %
Kanton Waadt Waadt25,0 %26,0 %5,3 %7,7 %4,1 %2,9 %4,2 %12,2 %12,4 %
Kanton Wallis Wallis15,5 %19,3 %61,6 %
Kanton Zürich Zürich20,9 %16,8 %9,5 %12,2 %16,5 %10,4 %5,0 %1,6 %5,2 %
Schweiz22,9 %21,8 %20,3 %11,1 %7,6 %4,3 %3,2 %2,6 %2,2 %2,0 %

Sitzverteilung in den Kantonen

Stimmen und Prozente in den Kantonen sowie die Namen der Gewählten unter Schweizer Parlamentswahlen 1971/Resultate Nationalratswahlen.

KantonTotalFDPS1SPCVPSVPS2LdUREPNALPSPdAEVP
Kanton Aargau Aargau143+13−13±02±02±01+1
Kanton Appenzell Ausserrhoden Appenzell Ausserrhoden21±01±0
Kanton Appenzell Innerrhoden Appenzell Innerrhoden11±0
Kanton Basel-Landschaft Basel-Landschaft72+12±01±01±01+1
Kanton Basel-Stadt Basel-Stadt71−12−11±01±01+11±0
Kanton Bern Bern315−110−21−110±02±01+11+11±0
Kanton Freiburg Freiburg62±01±03±0
Kanton Genf Genf112±02±02+10−12±03+1
Kanton Glarus Glarus10−11±0
Kanton Graubünden Graubünden51±00±02±02±0
Kanton Luzern Luzern93±01±05±0
Kanton Neuenburg Neuenburg52+12±01±00−1
Kanton Nidwalden Nidwalden11±0
Kanton Obwalden Obwalden11±0
Kanton Schaffhausen Schaffhausen21±01±0
Kanton Schwyz Schwyz31±01±01±0
Kanton Solothurn Solothurn73±02±02±0
Kanton St. Gallen St. Gallen123−12±06±01±0
Kanton Tessin Tessin84+11±03±0
Kanton Thurgau Thurgau61±01−11±02±01+1
Kanton Uri Uri11±0
Kanton Waadt Waadt165−14±01±01±01+12±02±0
Kanton Wallis Wallis71±01±05±0
Kanton Zug Zug21±01±0
Kanton Zürich Zürich356±08±03−15±06−34+41±02±0
Schweiz20049−146−544−123±013−37+74+36±05±03±0
S1 
Ergebnis 1967 inkl. DP Zürich
S2 
Ergebnis 1967 inkl. DP Graubünden

Ergebnisse der Ständeratswahlen

Sitzverteilung

Insgesamt 44 Sitze
ParteiWahlen 1971Wahlen 1967
CVP1718
FDP1514
SVP956
SP44
LPS23
LdU11
9 
inklusive Glarner und Bündner Demokraten

Gewählte Ständerätinnen und Ständeräte

Detaillierte Ergebnisse mit Stimmen aller Kandidierenden unter [4]

Kanton1. Ständeratssitz2. Ständeratssitz
Kanton Aargau AargauRobert Reimann, CVP (bisher)Willy Urech, FDP (neu)
Kanton Appenzell Ausserrhoden Appenzell AusserrhodenHans Nänni, FDP (bisher)nur ein Sitz
Kanton Appenzell Innerrhoden Appenzell InnerrhodenRaymond Broger, CVP (neu)nur ein Sitz
Kanton Basel-Landschaft Basel-LandschaftWerner Jauslin, FDP (bisher)nur ein Sitz
Kanton Basel-Stadt Basel-StadtWilli Wenk, SP (bisher)nur ein Sitz
Kanton Bern BernFritz Krauchthaler, BGB/SVP (neu)Maurice Péquignot, FDP (bisher)
Kanton Freiburg FreiburgGustave-Laurent Roulin, CVP (bisher)Paul Torche, CVP (bisher)
Kanton Genf GenfLise Girardin, FDP (neu)Olivier Reverdin, LPS (bisher)
Kanton Glarus GlarusPeter Hefti, FDP (bisher)Fridolin Stucki, DP/SVP (bisher)
Kanton Graubünden GraubündenArno Theus, DP/SVP (bisher)Gion Clau Vinzenz, CVP (bisher)
Kanton Luzern LuzernPeter Knüsel, FDP (neu)Franz-Xaver Leu, CVP (bisher)
Kanton Neuenburg NeuenburgPierre Aubert, SP (neu)Carlos Grosjean, FDP (bisher)
Kanton Nidwalden NidwaldenEduard Amstad, CVP (bisher)nur ein Sitz
Kanton Obwalden ObwaldenJost Dillier, CVP (bisher)nur ein Sitz
Kanton Schaffhausen SchaffhausenKurt Bächtold, FDP (bisher)Konrad Graf, BGB/SVP (bisher)
Kanton Schwyz SchwyzHeinrich Oechslin, CVP (bisher)Josef Ulrich, CVP (bisher)
Kanton Solothurn SolothurnUlrich Luder, FDP (bisher)Walter Weber, SP (neu)
Kanton St. Gallen St. GallenMatthias Eggenberger, SP (neu)Paul Hofmann, CVP (bisher)
Kanton Tessin TessinFerruccio Bolla, FDP (bisher)Alberto Stefani, CVP (bisher)
Kanton Thurgau ThurgauHeinrich Herzog, BGB/SVP (bisher)Hans Munz, FDP (bisher)
Kanton Uri UriLeo Arnold, CVP (neu)Franz Muheim, CVP (neu)
Kanton Waadt WaadtLouis Guisan, LPS (bisher)Jean-Pierre Pradervand, FDP (bisher)
Kanton Wallis WallisHermann Bodenmann, CVP (bisher)Marius Lampert, CVP (bisher)
Kanton Zug ZugOthmar Andermatt, FDP (neu)Hans Hürlimann, CVP (bisher)
Kanton Zürich ZürichAlbin Heimann, LdU (bisher)Fritz Honegger, FDP (bisher)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Statistik der Fraktionen seit 1912 (Memento desOriginals vom 28. November 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.parlament.ch
  2. Tabelle «Nationalratswahlen: Wahlbeteiligung, 1919–2015» (Memento desOriginals vom 15. Februar 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.bfs.admin.ch
  3. Neue Zürcher Nachrichten 23. Oktober 1971 — e-newspaperarchives.ch. Abgerufen am 3. März 2021.
  4. Ständeratswahlen in der 39. Legislaturperiode

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