Schweizer Parlamentswahlen 1928

1925Gesamterneuerungswahlen
des Nationalrats 1928
1931
Wahlbeteiligung: 78,8 %
 %
30
20
10
0
27,36
27,36
21,44
15,78
2,95
1,84
1,33
0,70
0,42
0,82
Gewinne und Verluste
im Vergleich zu 1925
 %p
   2
   0
  -2
  -4
+1,51
−0,41
+0,53
+0,21
−0,04
−0,16
−0,38
−0,23
−0,07
−0,99
Bundeshaus in Bern:
Sitz des Schweizer Parlaments

Die Schweizer Parlamentswahlen 1928 fanden am 28. Oktober 1928 statt. Dabei waren alle 198 Mandate des Nationalrats sowie 25 der 44 Mandate im Ständerat neu zu vergeben. Diese 28. Legislaturperiode dauerte drei Jahre bis Oktober 1931.

Bei den Nationalratswahlen gewann die SP erstmals (knapp) mehr Stimmen als die FDP, hielt aber nach wie vor deutlich weniger Sitze als diese. Den grössten Sitzgewinn verbuchen konnten die Katholisch-Konservativen (plus vier). Zu den Wahlverlierern zählten neben der FDP auch Liberale, Demokraten und Kommunisten.[1]

In den beiden Kantonen Appenzell Ausserrhoden und Glarus kam es zu einer stillen Wahl, da es nur gleich viele Kandidaturen wie zu vergebende Sitze gab.

Im Ständerat gewann die BGB zwei Sitze. Die FDP büsste eines ihrer 21 Mandate ein und die SP verlor ihre beiden Sitze. Im Kanton Genf wurde ein Vertreter der Rechtsaussenpartei UDE gewählt.

Die durchschnittliche Wahlbeteiligung bei den Nationalratswahlen 1928 betrug 78,8 %, mit kantonalen Werten zwischen 22,9 % in Nidwalden und 92,5 % in Schaffhausen.[2]

Wahlmodus

Nationalrat

Die Nationalräte werden seit 1919 nach dem Proporzwahlsystem gewählt, d. h. die Sitze werden nach dem Wähleranteil der Parteilisten in den einzelnen Kantonen verteilt und erst innerhalb der Liste gemäss den Personenstimmen. Die Anzahl Sitze pro Kanton werden anhand der Einwohnerzahl bestimmt.

Ausführlicher hierzu: Nationalrat (Schweiz) – Wahlverfahren

Ständerat

Jeder Kanton wählt seit 1848 zwei Vertreter für den Ständerat (ehemalige Halbkantone: einen Vertreter). Die Ständeratswahlen richten sich nach kantonalem Recht. In den meisten Kantonen wurde am 28. Oktober auch die Ständevertretung gewählt. In den Kantonen Appenzell Innerrhoden, Glarus, Nidwalden und Obwalden wählten die Landsgemeinden im Frühjahr die Ständeräte. Die Kantone hatten nicht nur abweichende Wahltermine, sondern auch noch verschieden lange Amtsperioden (1–4 Jahre). In den Kantonen Bern (Novembersession), Freiburg (1 Person in der Maisession, 1 Person in der Novembersession), Neuenburg (gleichentags mit den Nationalratswahlen) und St. Gallen (in der Frühjahrssession) wurden die Ständeräte vom Kantonsparlament gewählt. In allen anderen Kantonen wurden die Ständeräte bei Urnenwahlgängen ermittelt, normalerweise am gleichen Tag wie die Nationalratswahlen. Abweichend davon wählten die Stimmberechtigten in den Kantonen Graubünden (erster Sonntag im März), Tessin (letzter Sonntag im Februar) und Zug (im November).

Ausführlicher hierzu: Ständerat – Wahlverfahren

Resultate Nationalrat

Anmerkungen zu den Wählerzahlen

In den Mehrpersonenwahlkreisen hat jeder Wähler so viele Stimmen, wie in seinem Kanton Sitze zu vergeben sind (im Kanton Bern 34, im Kanton Zug 2). Diese Stimmen kann er an beliebige Kandidaten der sich zur Wahl stellenden Listen vergeben (Panaschieren). Eine Stimme für einen Kandidaten ist gleichzeitig eine Stimme für dessen Partei. Hat ein Wähler nicht alle seine Stimmen an Kandidierende vergeben, gehen diese Stimmen als sogenannte „Zusatzstimmen“ an die von ihm gewählte Liste. Wenn der Wähler keine Liste auswählt, sondern einen so genannten „Wahlzettel ohne Parteibezeichnung“ – auch Blankoliste genannt – verwendet, verfallen nicht benutzte Stimmen (sog. Leere Stimmen).

Um zu überkantonal vergleichbaren Ergebnissen zu kommen, muss zuerst die Anzahl fiktiver Wähler pro Kanton und Partei berechnet werden. Und die Summe aller fiktiven Wähler der einzelnen Kantone sind dann die Wähler auf Landesebene (z. B. FDP auf 220'141 Wähler gerundet). Ein Aargauer "Wähler" kann aber auch aus 12 Personen bestehen, die nur je einen Kandidaten der betreffenden Partei auf ihrer Liste aufgeführt haben.

Das Bundesamt für Statistik benutzt daher den Begriff "fiktiver Wähler" für den Wähler, da ein effektiver Wähler auch nur ein Teilwähler sein kann. Die Zahl der Wähler entspricht der Anzahl gültiger Wahlzettel. Auf Kantonsebene ist die Summe aller Parteistimmen (Summe der Kandidatenstimmen von Kandidierenden einer Partei plus Zusatzstimmen = leere Felder einer Parteiliste) Berechnungsgrundlage. Beispiel: Partei A erzielt im Kanton X 12000, Partei B 27000 und Partei C 48000 von 87000 Parteistimmen. Die Anzahl gültiger Wahlzettel beträgt 25000. Somit hat Partei A in diesem Kanton 3448,28 (12000:87000 × 25000), Partei B 7758,62 (27000:87000 × 25000) und Partei C 13793,10 (48000:87000 × 25000) fiktive Wähler. Alle drei Parteien zusammen total 25000 Wähler.

Die gewählten Mitglieder des Nationalrats sind im Bundesblatt Nr. 48 vom 28. November 1928 aufgelistet.[3]

Parteien, Wähler, Sitze

Die landesweiten Ergebnisse sahen wie untenstehend dargestellt aus. Resultate aus den Kantonen finden sich unter Schweizer Parlamentswahlen 1928/Resultate Nationalratswahlen.

Insgesamt 198 Sitze
Stärkste Parteien in den Kantonen und Sitzverteilung
ParteiWähler%(+/-)Sitze(+/-)
Sozialdemokratische Partei220'14127,36 %+1,51 %50+1
Freisinnig-Demokratische Partei220'13527,36 %−0,41 %58−2
Konservative Volkspartei172'51621,44 %+0,53 %46+4
Bauern-, Gewerbe- und Bürgerparteien1126'96115,78 %+0,21 %31+1
Liberale Partei der Schweiz23'7522,95 %−0,04 %6−1
Kommunistische Partei der Schweiz14'8181,84 %−0,16 %2−1
Demokratische Partei10'6831,33 %−0,38 %2−2
Evangelische Volkspartei5'6180,70 %−0,23 %1±0
Parti progressiste national (NE)3'3900,42 %−0,07 %1±0
Union de défense économique et d’action nationale (GE)22'8960,36 %−0,76 %1±0
Freie Evangelisch-Soziale (ZH)31'1850,15 %+0,15 %0±0
Demokratische Fortschrittspartei (SG)41'0430,13 %+0,13 %0±0
(Unabhängige) Freisinnige Partei Baselland (BL)7690,10 %−0,06 %0±0
Schuldner-, Pächter- und Mieterliste (BL)1090,01 %+0,01 %0±0
Vereinzelte Stimmen in Einerwahlkreisen5910,07 %−0,01 %0±0
Total804'607100 %198±0
1 inklusive: Paysans, artisans et bourgeois jurassiens (deutsch: Jurassische Bauern-, Gewerbe- und Bürgerpartei)
2 auf deutsch (sinngemäss): Vereinigung zur Verteidigung der (freien) Wirtschaft und Nationale Aktion. Vergleich des Wähleranteils mit jenem der gemeinsamen Liste, die LP, KVP und UDE 1925 im Kanton Genf eingereicht hatten.
3 Liste von envangelischen Gewerkschaftern, die mit der politischen Linie der EVP nicht einverstanden waren.[4]
4 Abspaltung von den St. Galler Demokraten.[5]

Wähleranteile in den Kantonen (mit mehreren Sitzen)

Wählerzahlen, Prozente kleinerer Parteien und Namen der Gewählten unter Schweizer Parlamentswahlen 1928/Resultate Nationalratswahlen.

KantonSPFDPKVPBGBLPSKPSDPEVP
Kanton Aargau Aargau36,3 %20,1 %22,2 %21,4 %
Kanton Basel-Landschaft Basel-Landschaft31,1 %27,8 %12,6 %16,2 %6,1 %
Kanton Basel-Stadt Basel-Stadt28,8 %11,8 %10,9 %12,3 %12,4 %20,1 %3,7 %
Kanton Bern Bern33,2 %17,7 %6,3 %42,6 %0,2 %
Kanton Freiburg Freiburg7,6 %21,9 %65,0 %5,5 %
Kanton Genf Genf36,7 %21,8 %12,5 %17,1 %0,7 %
Kanton Graubünden Graubünden12,9 %27,2 %37,4 %22,5 %
Kanton Luzern Luzern13,0 %36,5 %50,5 %
Kanton Neuenburg Neuenburg41,4 %24,3 %3,3 %17,4 %
Kanton Schaffhausen Schaffhausen12,6 %24,9 %7,4 %29,5 %25,7 %
Kanton Schwyz Schwyz20,4 %32,1 %47,6 %
Kanton Solothurn Solothurn28,3 %46,2 %25,5 %
Kanton St. Gallen St. Gallen22,0 %30,5 %41,4 %4,3 %
Kanton Tessin Tessin13,5 %43,9 %35,6 %6,6 %0,4 %
Kanton Thurgau Thurgau23,7 %15,6 %19,4 %32,0 %9,3 %
Kanton Waadt Waadt24,9 %45,2 %13,2 %16,3 %0,5 %
Kanton Wallis Wallis13,3 %18,9 %67,8 %
Kanton Zug Zug22,7 %33,0 %44,3 %
Kanton Zürich Zürich37,9 %28,8 %7,3 %18,1 %3,4 %3,5 %
Schweiz27,4 %27,4 %21,4 %15,8 %3,0 %1,8 %1,3 %0,7 %

Sitzverteilung in den Kantonen

Wählerzahlen, Prozente kleinerer Parteien und Namen der Gewählten unter Schweizer Parlamentswahlen 1928/Resultate Nationalratswahlen.[6]

KantonTotalFDPSPKVPBBLPSDemKPSEVPPPNUDE
Kanton Aargau Aargau122433
Kanton Appenzell Ausserrhoden Appenzell Ausserrhoden321
Kanton Appenzell Innerrhoden Appenzell Innerrhoden11
Kanton Basel-Landschaft Basel-Landschaft41−111+11
Kanton Basel-Stadt Basel-Stadt7121111
Kanton Bern Bern34611−1215+1
Kanton Freiburg Freiburg725
Kanton Genf Genf923121
Kanton Glarus Glarus211
Kanton Graubünden Graubünden621+12−11
Kanton Luzern Luzern9315
Kanton Neuenburg Neuenburg72311
Kanton Nidwalden Nidwalden11
Kanton Obwalden Obwalden11
Kanton Schaffhausen Schaffhausen3111
Kanton Schwyz Schwyz310−12+1
Kanton Solothurn Solothurn7322
Kanton St. Gallen St. Gallen15537+10−1
Kanton Tessin Tessin8413
Kanton Thurgau Thurgau712+1130−1
Kanton Uri Uri11
Kanton Waadt Waadt16842+12−1
Kanton Wallis Wallis61−15+1
Kanton Zug Zug211
Kanton Zürich Zürich27811+12+15−10−11
Schweiz19858−250+146+431+16−12−22−11±01±01±0

Ergebnisse der Ständeratswahlen

Die gewählten Mitglieder des Ständerats sind im Bundesblatt vom 28. November 1928 aufgelistet.[7]

Sitzverteilung

Insgesamt 44 Sitze
ParteiWahlen 1928Wahlen 1925
SPS02
KVP1818
LPS11
FDP2021
BGB31
DP11
Sonst.10

Gewählte Ständeräte

Kanton1. Ständeratssitz2. Ständeratssitz
Kanton Aargau AargauPeter Emil Isler, FDP (bisher)Gottfried Keller, FDP (bisher)
Kanton Appenzell Ausserrhoden Appenzell AusserrhodenJohannes Baumann, FDP (bisher)nur ein Sitz
Kanton Appenzell Innerrhoden Appenzell InnerrhodenCarl Rusch, KVP (bisher)nur ein Sitz
Kanton Basel-Landschaft Basel-LandschaftGustav Johann Schneider, FDP (bisher)nur ein Sitz
Kanton Basel-Stadt Basel-StadtErnst-Alfred Thalmann, FDP (neu)nur ein Sitz
Kanton Bern BernPaul Charmillot, FDP (bisher)Carl Moser, BGB (bisher)
Kanton Freiburg FreiburgEmile Savoy, KVP (bisher)Bernard Weck, KVP (bisher)
Kanton Genf GenfAlexandre Moriaud, FDP (bisher)Jean-Martin Naef, UDE (neu)
Kanton Glarus GlarusEdwin Hauser, DP (bisher)Philippe Mercier, FDP (bisher)
Kanton Graubünden GraubündenFriedrich Brügger, KVP (bisher)Andreas Laely, FDP (bisher)
Kanton Luzern LuzernJakob Sigrist, KVP (bisher)Josef Winiger, KVP (bisher)
Kanton Neuenburg NeuenburgErnest Béguin, FDP (bisher)Pierre de Meuron, LPS (bisher)
Kanton Nidwalden NidwaldenAnton Zumbühl, KVP (bisher)nur ein Sitz
Kanton Obwalden ObwaldenWalter Amstalden, KVP (neu)nur ein Sitz
Kanton Schaffhausen SchaffhausenHeinrich Bolli, FDP (bisher)Johannes Winzeler, BGB (neu)
Kanton Schwyz SchwyzMartin Ochsner, KVP (bisher)Adolf Suter, KVP (neu)
Kanton Solothurn SolothurnHugo Dietschi, FDP (neu)Robert Schöpfer, FDP (bisher)
Kanton St. Gallen St. GallenJohannes Geel, FDP (bisher)Anton August Messmer, KVP (bisher)
Kanton Tessin TessinBrenno Bertoni, FDP (bisher)Antonio Luigi Riva, KVP (neu)
Kanton Thurgau ThurgauAlbert Böhi, FDP (bisher)Anton Schmid, BGB (neu)
Kanton Uri UriIsidor Meyer, KVP (neu)Ludwig Walker, KVP (neu)
Kanton Waadt WaadtNorbert Bosset, FDP (neu)Émile Dind, FDP (bisher)
Kanton Wallis WallisPierre Barman, KVP (neu)Ramond Evéquoz, KVP (neu)
Kanton Zug ZugJosef Andermatt, KVP (bisher)Josef Hildebrand, KVP (bisher)
Kanton Zürich ZürichGustav Keller, FDP (bisher)Oskar Wettstein, FDP (bisher)

Fraktionen in der 28. Legislaturperiode

Fraktionen sind Zusammenschlüsse der Parlamentsmitglieder einer oder mehrerer Parteien.[8] Untenstehende Tabelle gibt den Stand zu Beginn der Legislaturperiode wieder.

FraktionGesamtNationalratStänderat
Radikal-Demokratische Gruppe (FDP)785820
Katholisch-Konservative644618
Sozialdemokraten50500
Bauern-, Gewerbe und Bürgerfraktion34313
Liberal-Demokratische Gruppe761
Sozialpolitische Gruppe (DP, PPN)431
ohne Fraktionszugehörigkeit541

Weblinks

Einzelnachweise

  1. «Nationalratswahlen: Mandatsverteilung nach Parteien, 1919–2015»
  2. Tabelle «Nationalratswahlen: Wahlbeteiligung, 1919–2015»
  3. Mitglieder des Nationalrats, Seiten 957–988
  4. SVEA-Nachrichten 1. November 1928 — e-newspaperarchives.ch. Abgerufen am 28. März 2021.
  5. Neue Zürcher Nachrichten 4. Juli 1928 — e-newspaperarchives.ch. Abgerufen am 28. März 2021.
  6. Nationalratswahlen: Mandatsverteilung nach Parteien und Kanton. Bundesamt für Statistik, 1. Dezember 2015, abgerufen am 4. Mai 2022.
  7. Mitglieder des Ständerats, Seiten 989–991
  8. Fraktionen seit 1912

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