Schultheiss-Brauerei

Schultheiss-Ausschank in Magdeburg
Behrenstraße 49, Bierpalast der Schultheiss-Brauerei 1897

Die Schultheiss-Brauerei AG war eine Brauereigruppe mit Sitz in Berlin. Sie ist benannt nach dem Gastwirt Jobst Schultheiss.

Geschichte

19. Jahrhundert

Als offizieller erster Standort der Schultheiss-Brauerei gilt die Kleinbrauerei, die der Apotheker August Heinrich Prell in der Neuen Jakobstraße 26 in Berlin gründete. Das Grundstück in der Schönhauser Allee (die spätere Abteilung I) vor den Toren Berlins diente anfangs nur als Lagerkeller. Brauerei und Brauereiausschank wurden 1853 von Jobst Schultheiss übernommen. Er verkaufte krankheitsbedingt das Unternehmen an Adolf Roesicke. Sein Sohn Richard Roesicke, der das Unternehmen leitete, verlegte dessen Sitz Ende der 1860er Jahre in die Schönhauser Allee und wandelte es im Mai 1871 in eine Aktiengesellschaft um. 1891 fusionierte die Schultheiss-Brauerei mit der etwa gleich großen Brauerei-Gesellschaft Tivoli. Damit kamen unter anderem das Grundstück in der Chausseestraße 88, die Brauerei am Kreuzberg (Berlin) und eine Brauerei und Mälzerei in Fürstenwalde/Spree zum Unternehmen. 1896 wurden die bereits im Eigentum der Familie Roesicke befindliche Brauerei zum Waldschlösschen in Dessau und 1898 die Brauerei Borussia in Niederschöneweide übernommen.

Ende des 19. Jahrhunderts hatte die Schultheiss-Brauerei AG 1834 Beschäftigte. Sie arbeiteten in einer der genannten Brauereien oder in einer der beiden Mälzereien (Pankow, Fürstenwalde). Ferner hatte die Schultheiss-Brauerei 43 mit Eiskeller verbundene Niederlagen in Angermünde, Aschersleben, Bernau (Mark), Bernburg, Bitterfeld, Brandenburg an der Havel, Cöthen i. A., Coswig (Anhalt), Cottbus, Dobrilugk-Kirchhain, Eberswalde, Erkner, Frankfurt (Oder), Friedrichshagen, Fürstenwalde/Spree, Golßen, Gransee, Halle (Saale), Jessen (Bez. Halle), Jüterbog, Kremmen, Leipzig, Leopoldshall, Lichterfelde-Lankwitz, Luckenwalde, Lübben, Magdeburg, Mittenwalde, Nauen, Neubrandenburg, Neuendorf bei Potsdam, Oranienburg, Prenzlau, Radegast, Spandau, Swinemünde, Templin, Vetschau, Wittenberg, Wittstock/Dosse, Zerbst, Ziesar und Zossen.

Erste Hälfte des 20. Jahrhunderts

Mit einem Jahres-Ausstoß von 850.000 Hektoliter Bier startete die Schultheiss-Brauerei als größte Brauerei in Deutschland in das 20. Jahrhundert. Die Expansion wurde mit den Übernahmen der Brauerei Pfeifferhof Carl Scholtz in Breslau im Jahr 1909 und der Unions-Brauerei in Berlin im Jahr 1914 fortgesetzt. Damit war die Schultheiss-Brauerei die größte Lagerbierbrauerei der Welt. Für den dadurch hohen Malzbedarf wurde 1914 bis 1917 die Malzfabrik Schöneberg gebaut.

Gleich zu Beginn des Ersten Weltkriegs wurden über 1000 Arbeitnehmer Soldat. Daneben wurde 700 Pferde und ein großer Teil der Wagen und Autos an das Militär abgegeben. Es kam zu Reduzierungen bei Braukontingenten und Gerstenzuteilungen. Im November 1917 wurden Biere mit nur 2 % Stammwürzgehalt zugelassen. Ebenfalls 1917 wurde die Abteilung VI stillgelegt. Andererseits wurde die seit 1840 existierende Spandauerberg-Brauerei vormals C. Bechmann AG übernommen.

In der Nachkriegszeit wurde die Brauerei Pfefferberg vormals Schneider & Hillig AG in der Schönhauser Allee durch Fusion angegliedert. Damit gingen auch Braukontigente der stillgelegten Germaniabrauerei auf Schultheiss über. Die größte Fusion erfolgte 1920 mit der Patzenhofer Brauerei AG zur Schultheiss-Patzenhofer-Brauerei AG. Neben der Patzenhofer-Stammbrauerei „Friedrichshöhe“ gingen damit auch deren Standorte in Spandau, in Moabit und die Berliner Bock Brauerei in die Brauereigruppe über. Nach der Fusion wurden mehrere Braustandorte und Niederlagen geschlossen.

Ab Oktober 1920 waren wieder Biere mit 8 % Stammwürzgehalt erlaubt. Erst 1924 durfte wieder Vollbier mit über 10 % Stammwürzgehalt hergestellt werden.

1921 wurde ein Interessengemeinschaftsvertrag mit den Unternehmen Ostwerke AG und CAF Kahlbaum abgeschlossen. Damit verbunden waren auch branchenfremde Aktivitäten. Es folgten weitere gesellschaftsrechtliche Änderungen in diesem Zusammenhang. Anfang der 1930er Jahre stellte sich heraus, dass diese Transaktionen insgesamt negativ für die Brauereigruppe waren.

Bereits im ersten Jahr des Zweiten Weltkriegs wurden 30 % der Schultheiss-Mitarbeiter zur Wehrmacht eingezogen. Die erste angeordnete Senkung des Stammwürzgehaltes der Biere erfolgte zum 1. Januar 1941; weitere Senkungen folgten. Ab 1941 arbeiteten in den Brauereien auch polnische, französische und italienische Kriegsgefangene. In einem für Telefunken für die Rüstungsproduktion zur Verfügung gestellten Brauereikeller wurden auch ukrainische Zwangsarbeiterinnen eingesetzt.[1] Zum Zeitpunkt des 100-jährigem Jubiläum bestand Schultheiss aus 21 Betrieben und 100 Nebenbetrieben (meist Niederlagen).

In der Nachkriegszeit in Deutschland wurden die Brauereistandorte Abteilungen I, IV und NO in Berlin, die Abteilung III in Dessau, Malzfabriken in Pankow, Fürstenwalde und Frankfurt und die Beteiligung an der Brauerei Eberswalde volkseigen. Teilweise wurde hier bis in die 1960er Jahre unter dem Namen Schultheiss weiter gebraut.

Ebenso gehörten die Standorte und Beteiligungen in Ost-Brandenburg und Schlesien wie zum Beispiel die Abteilung V (Breslau) nicht mehr zur Schultheiss AG. Die Gebiete gehören jetzt zur Republik Polen.

Als Ergebnis des Zweiten Weltkriegs verblieben bei der Schultheiss AG die Abteilungen II, NW, Spandau und M und die Malzfabrik Schöneberg.

Zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts

Auf der ersten Hauptversammlung nach dem Krieg und der Währungsreform 1948 (Westdeutschland) wurden im September 1951 die Aktien von Reichsmark auf Deutsche Mark umgestellt.

Standorte (Auswahl)

  • Abteilung I: Schultheiss Brauerei Schönhauser Allee, siehe Kulturbrauerei
  • Abteilung II: Schultheiss-Brauerei am Kreuzberg, siehe Tivoli-Brauerei (Berlin)
  • Abteilung III: Schultheiss-Brauerei Dessau, siehe Brauerei zum Waldschlösschen
  • Brauerei Schultheiss, Abteilung IV, siehe Bärenquell-Brauerei
  • Abteilung V: Brauerei „Pfeifferhof“ in Breslau
  • Abteilung VI: Schultheiss in der Hasenheide, siehe Berliner Unions-Brauerei
  • Abteilung NW von Schultheiss[2] Schultheiss-Brauerei Moabit in der Stromstraße
  • Schultheiss-Brauerei in Hakenfelde/Spandau
  • Spandauerberg-Brauerei, die 1917 von Schultheiss übernommen wurde, siehe Spandauer Bock
  • Abteilung NO, siehe Aktien-Brauerei-Gesellschaft Friedrichshöhe

Marke

Bier der Marke „Schultheiss“ wird durch die Berliner-Kindl-Schultheiss-Brauerei hergestellt. Die Markenrechte liegen bei der Dortmunder Brau und Brunnen Brauereien GmbH.[3]

Weblinks

Commons: Schultheiss – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit: Bier – enthielt Spuren von Zangsarbeit, abgerufen am 27. November 2023.
  2. https://wertmarkenforum.de/Downloads/WMF-Jg_16_2010_Ausgabe_6.pdf
  3. Mehrere Einträge im Markenregisters des DPMA, zum Beispiel Registernummer 890349.
  • Erich Borkenhagen: 125 Jahre Schultheiss-Brauerei, Berlin 1967

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Bierpalast der Schultheiss-Brauerei in der Behrenstr. 49