Schullehrer-Seminar zu Hannover

Das Schullehrer-Seminar zu Hannover,[1] auch: Königliches Evangelisches Schullehrerseminar,[2] war ein Mitte des 18. Jahrhunderts in Hannover gegründetes Lehrerseminar. Es ging aus einer Stiftung des Kaufmannes Ernst Christoph Böttcher hervor[1] und war der Vorläufer der Pädagogischen Hochschule Hannover, die heute ein Teil der Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover ist.[3]

Geschichte

In der seinerzeit errichteten Aegidienneustadt (unten rechts auf der Karte) gründete Böttcher 1751 sein Lehrerseminar mit Freischule;
Stadtplan Hannover um 1750 von Matthäus Seutter nach Tobias Conrad Lotter
Kriegsfreiwillige Seminaristen des Reserve-Jäger-Bataillons Nr. 23
Erst 1934 konnten die pädagogischen Ausbildungen in dem durch die Architekten Franz Erich Kassbaum und Willi Palaschewski errichteten Akademiegebäudes an der Bismarckstraße in der Südstadt von Hannover wieder aufgenommen werden

Zur Zeit der Personalunion zwischen Großbritannien und Hannover und der dadurch lange „verwaisten“ Residenzstadt des Kurfürstentums Hannover[4] stiftete der als Seidenkaufmann wohlhabend gewordene, jedoch kinderlos gebliebene Ernst Christoph Böttcher[3] 1751 das Lehrerseminar und eine damit verbundene Freischule, „nachdem er mehrfach vergeblich versucht hatte, die Unterstützung der hannover’schen Regierung für diesen seinen Lebenszweck zu erwirken“.[5] Als Mitbegründer der Stiftung gilt der Theologe Gabriel Wilhelm Goetten.[6]

Standort des von Böttcher errichteten Gebäudes war die Große Aegidienstraße 15 am sogenannten „Hundemarkt[3] in der Aegidienvorstadt,[7] jener der unter Bürgermeister Christian Ulrich Grupen durch den Stadtbaumeister Ernst Braun und insbesondere den Festungsbaumeister Georg Friedrich Dinglinger geschaffenen ersten Stadterweiterung Hannovers.[8]

Nachdem die Ausbildungsstätte für Schullehrer zur Zeit des Königreichs Hannover als „Königliches Evangelisches Schullehrerseminar“ fortgeführt worden war,[2] wurde die Einrichtung nach der Gründung des Deutschen Kaiserreichs ab 1882 als Lehrerseminar an den Volgersweg verlegt, wo die Bildungsanstalt in den letzten drei Jahren bis 1932 als Pädagogische Akademie betrieben wurde.[3] Das dortige Gebäude diente noch zur Zeit der Weimarer Republik bis Ostern 1932 unter dem ersten Akademie-Direktor Rudolf Münch der Ausbildung von Pädagogen, während unterdessen mit dem Bau der Pädagogischen Hochschule an der Bismarckstraße begonnen worden war. Der weiteren Arbeiten wurde jedoch aufgrund von Sparzwängen der preußischen Regierung zunächst eingestellt, das Gebäude wurde erst nach der Machtergreifung und zur Zeit des Nationalsozialismus 1934 auf Anordnung des Gauleiters Bernhard Rust fertiggestellt. Ein erneuter Lehrbetrieb wurde schließlich im Frühjahr 1935 aufgenommen.[9]

Literatur (Auswahl)

  • Johann Philipp Trefurt: Historische Nachrichten über die funfzigjährige Stiftungsfeyer des Königlichen Schullehrer-Seminarii und dessen Freischule zu Hannover / Von Johann Philipp Trefurt, Inspector des Königlichen Schullehrer-Seminarii. Hannover: Hahn, 1801; Digitalisat über die Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung (BBF)
  • Johann Christoph Salfeld: Böttcher und Götten, die Stifter des Hannoverschen Schullehrer-Seminarii ... aus des Abts ... Salfeld Beyträge zur Kenntniß und Verbesserung des Kirchen und Schulwesens, Hannover, 1802
  • Friedrich Gottfried Rettig: Das Schullehrerseminarium in Hannover, in: Die Deutsche Schule. Eine allgemeine Zeitung für Unterricht, Schulwesen und Pädagogik überhaupt, Leipzig: Verlag der Expedition der Deutschen Schule, Bd. 2 (1833), dreiteilig:
  • Johann Heinrich Böttcher: 6. Böttcher bauet und stiftet selbst die Freischule und das Schullehrer-Seminar zu Hannover 1751, in ders.: Böttcher und seine Stiftungen. Eine Festgabe zur Jubelfeier der hundertjährigen Gründung des Schullehrer-Seminars und dessen Freischule. (Hannover den 16. und 17. September 1851.) Den Mitbürgern und Zöglingen des Stifters dargeboten. Aus dem schriftlichen Nachlasse des Stifters zusammengestellt von Pastor Böttcher zu Kirchrode. (Mit einem Bildnisse, dem Siegel und der Handschrift Böttchers.) (Der Überschuss ist dem Schullehrer-Waisen-Fonds bestimmt.), Hannover: Carl Rümpler, 1851; Digitalisat der Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung (BBF)
  • Otto Friedrich Röbbelen (Mitarb.): Einladung zur hundertjährigen Jubelfeier des Schullehrer-Seminars in Hannover : erlassen vom Königlichen Consistorium Abtheilung für Volksschulsachen ... darin: Zugefügt ist Ein Blick auf die Geschichte des Schullehrer-Seminars zu Hannover / vom Oberschulinspector Röbbelen. Hannover: Culemann, 1851.
  • ... Arendt: Das Schullehrer-Seminar zu Hannover: (Schluß). In: Allgemeine Schulzeitung. Nr. 155 vom 27. Dezember 1853; Spalten 1329–1336; (Digitalisat über die BBF)
  • Hermann Müller: Leben und Streben im Seminar zu Hannover während der Jahre 1790 - 94. Als Beitrag zur Geschichte des Seminarwesens nach Acten und Tagebüchern dargestellt / von Hermann Müller. Hannover: Helwing, 1877.
  • Hans-Dieter Schmid: Eine Pädagogische Akademie, die nie eine Pädagogische Akademie war: Bismarckstraße 2. In: Sid Auffarth (Hrsg.): Die Universität Hannover. Ihre Bauten, ihre Gärten, ihre Planungsgeschichte, Petersberg: Imhof, 2003, ISBN 3-935590-90-3, S. 317–324 (illustriert)
  • Hans-Dieter Schmid: Weltverwandlung durch Menschenverwandlung. Die Gründung des hannoverschen Lehrerseminars aus dem Geist des Pietismus, in ders. (Hrsg.): Weltverstehen und gesellschaftlicher Wandel : zur Tradition und Geschichte der Lehrerbildung und der Geistes- und Sozialwissenschaften in Hannover, Bielefeld: Verlag für Regionalgeschichte, 2007, ISBN 978-3-89534-751-1.

Einzelnachweise

  1. a b Schullehrer-Seminar zu Hannover. In: Hof- und Staats-Handbuch für das Königreich Hannover auf das Jahr 1865. Druck und Verlag der Berenbergschen Buchdruckerei [Theaterplatz Nr. 1], S. 723; Digitalisat über Google-Bücher
  2. a b Vergleiche die Angaben unter der GND-Nummer der Deutschen Nationalbibliothek
  3. a b c d Dirk Böttcher: BÖTTCHER, (2) Ernst Christoph. In: Hannoversches Biographisches Lexikon. S. 62; Vorschau über Google-Bücher
  4. Klaus Mlynek: Hauptstadt(funktionen). In: Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein (Hrsg.) u. a.: Stadtlexikon Hannover. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Schlütersche, Hannover 2009, ISBN 978-3-89993-662-9, S. 274.
  5. Karl Ludwig Grotefend: Böttcher, Ernst Christoph. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 3, Duncker & Humblot, Leipzig 1876, S. 201.
  6. Gottfried Heinrich Böttcher: Ernst Christoph Böttcher. Ein biographischer Versuch, in Johann Christoph Salfeld (Hrsg.): Beyträge zur Kenntniß und Verbesserung des Kirchen- und Schulwesens in den Königlich Braunschweig-Lüneburgschen Churlanden, Vierter Band, Drittes Heft, Hannover: Gebründer Hahn, 1802, S. 271–300; Digitalisat der Staatsbibliothek Berlin
  7. Wolfgang Eriksen, Adolf Arnold (Hrsg.): „Hannover und sein Umland. Festschrift zur Feier des 100jährigen Bestehens der Geographischen Gesellschaft zu Hannover 1878–1978“ (= Jahrbuch der Geographischen Gesellschaft zu Hannover 1978), Hannover: Geographische Gesellschaft zu Hannover, S. 190; Vorschau über Google-Bücher
  8. Arnold Nöldeke: Weichbildentwicklung. In: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover. Band 1, H. 2, Teil 1, Denkmäler des "alten" Stadtgebietes Hannover. Hannover: Selbstverlag der Provinzialverwaltung, Schulzes Buchhandlung, 1932 (Neudruck Verlag Wenner, Osnabrück 1979, ISBN 3-87898-151-1), S. 22–40, hier v.a, S. 31f.
  9. Hugo Thielen: Pädagogische Hochschule (PH) Hannover (ab 1969 Niedersachsen). In: Stadtlexikon Hannover. S. 493.

Koordinaten: 52° 21′ 18,9″ N, 9° 45′ 58,7″ O

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Um 1750: Plan der mit einer gemeinsamen Verteidigungsanlage umschlossenen Calenberger Neustadt (westlich des Leine-Flusses) und Hannover (östlich der Leine), im Südwesten auf einer ehemaligen Bastion die Aegidienneustadt.
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Kriegsfreiwillige Seminaristen des Reserve-Jäger-Bataillons Nr. 23
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Autor/Urheber: ChristianSchd Christian Schröder, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Der Standort Bismarckstraße 2 (Südstadt) der Universität Hannover.